Von Kamil Kłysiński
Zusammenfassung
Die Wahrnehmung des belarussischen Verbündeten durch die russische Regierungselite hat sich in den letzten zwei Jahren grundlegend geändert. Die gewandelte russische Perspektive hat viel mit den Entwicklungen in der Ukraine zu tun, die in Moskau verstärktes Misstrauen gegenüber jeglichen Anzeichen von Eigenverantwortung bei postsowjetischen Staaten hervorgerufen hat, vor allem bei Verbündeten wie Belarus. Vor diesem Hintergrund lancierten etliche russische Experten eine Reihe von Anschuldigungen gegen Belarus wegen angeblicher Illoyalität gegenüber Russland. Im Kontext einer zunehmenden Uneinigkeit über das künftige Kooperationsmodell zwischen Russland und Belarus griff die negative russische Sicht 2016 von engen Expertenkreisen auf die russische Medienöffentlichkeit über. Zusätzlich benutzte Russland Medienmanipulationen und Provokationen, während die russische Regierung gleichzeitig die Rhetorik einer Partnerschaft mit dem belarussischen Verbündeten aufrechterhielt. Es fällt schwer, die unter belarussischen Experten verbreitete Erklärung einfach abzutun, nach der es sich beim russischen Druck um reine Routine handelt und beide Seiten früher oder später zur bisherigen Kooperation und Integration zurückkehren werden. Andererseits regen etliche Faktoren zum Nachdenken über eine versteckte Agenda des aktuellen Konflikts zwischen Russland und Belarus an. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Kreml derzeit ein äußerst ambitioniertes Spiel mit seinem belarussischen Partner spielt, das das Beziehungsmodell der beiden Länder komplett verändern könnte.