Analyse Von Diana Schmidt
Im April 2006 erschien die erste Ausführungsverordnung zum so genannten NGO-Gesetz. Das war der erste konkrete Schritt, die umstrittenen neuen Registrierungs- und Rechenschaftspfl ichten von Nichtregierungsorganisationen in Russland umzusetzen. Der erste Gesetzesentwurf wurde in Reaktion auf die scharfe Kritik aus internationalen Kreisen und seitens der russischen Zivilgesellschaft in einigen Punkten abgemildert, dennoch verstärkt der neue gesetzliche Rahmen die staatliche Kontrolle über russische und ausländische Organisationen. Die Maßnahmen sind höchst ambivalent, nicht zuletzt weil offi zielle Rhetorik und bürokratische Praxis nicht übereinstimmen. Die Regierung argumentiert mit dem Kampf gegen Terrorismus und Geldwäsche, die Gesetzestexte bieten aber Anlass zur Besorgnis, dass die Regelungen vor allem dazu dienen, die Aktivitäten der Zivilgesellschaft zu behindern. (…)
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Analyse Von Jens Siegert
Die Gesellschaft in Russland hat sich in den vergangenen Jahren weit stärker verändert, als von außen wahrgenommen wurde. Im Laufe dieses Wandels wurden zunehmend Widersprüche sichtbarer, die Politik und Sozialentwicklung nachhaltig prägen. Die beiden wichtigsten politischen Ziele Putins – wirtschaftliche Modernisierung und Machterhalt – stehen zueinander in einem Gegensatz. Die Gesellschaft ist sozial und geographisch gespalten, aber auch soziokulturell: ein modern-postmodernes und profanes und ein vormodern-patriarchalisches, tief religiöses Russland stehen sich gegenüber. Die Bedeutung dieser Faktoren für die aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklung wurde aber erst durch den Protest des Winters 2011/12 allgemein deutlich. (…)
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