Analyse Von Franz Preißler
Im zurückliegenden Jahr 2007 schienen die Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Staaten – den USA, der NATO, aber auch der EU – in eine Krise geraten zu sein. Viele Beobachter schlossen aus der harten außenpolitischen Linie Präsident Putins, dass Russland, gestützt auf die Energieressourcen des Landes, in Zukunft vor allem eigenen (Großmacht-)Interessen folgen, ja die Beziehungen zum Westen insgesamt neu aushandeln möchte. Festgemacht wurde dies nicht zuletzt an der Aussetzung des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) durch Russland im Dezember 2007. Am Beispiel dieses Ausstiegs wird aufgezeigt, dass obige Interpretation der Außenpolitik Russlands zu weit geht: Der zeitliche Ablauf der Aussetzung dieses Vertrages sowie zentrale Formulierungen im betreff enden Erlass Putins vom 13. Juli 2007 deuten darauf hin, dass die Putin-Führung den Ausstieg in erster Linie zur Mobilisierung der Bevölkerung bei den Duma- und Präsidentschaftswahlen benutzte, ja er Handlungsmöglichkeiten für den Fall eröff nen sollte, wenn im Prozess der Installierung des Wunschnachfolgers Probleme aufgetreten wären. (…)
Zum Artikel Analyse Von Reinhard Krumm
In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich in der russischen Gesellschaft die Wahrnehmung von Europa und Deutschland stabilisiert. Dem allgemeinen politischen Schmerz und den oftmals persönlichen wirtschaftlichen Sorgen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist eine realistische Einschätzung Russlands in der Weltpolitik gefolgt. Nicht eine Wiederherstellung des Weltmachtanspruchs der Sowjetunion wünschen sich die Bürger, sondern ein Staat unter mehreren zu sein, allerdings mit weltweitem Einfluss. Doch bei allem Selbstbewusstsein und dem Einzug einer gewissen Normalität sucht Russland nach einer postsowjetischen Identität. Zum einen als eurasisches Land, zum anderen als europäisches Land. (…)
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