Kommentare zur Urteilsverkündung im Prozess gegen Chodorkowskij und Lebedew, 27. – 30. Dezember 2010

16.12.2010: Fragen an W. Putin in der Livesendung »Gespräch mit Wladimir Putin – Fortsetzung«.

N. Simakowa: Guten Tag Wladimir Wladimirowitsch! … Halten Sie es für gerecht, dass Michail Chodorkowskij weiterhin im Gefängnis sitzt? …

Putin: Was Michail Chodorkowskij betrifft, halte ich es so wie die berühmte Figur Wladimir Wysozkijs [Gleb Scheglow im Film »Den Treffpunkt darf man nicht ändern«, 1979], dass ein Dieb ins Gefängnis gehört. Und gemäß Gerichtsentscheidung ist Chodorkowskij des Diebstahls schuldig, und zwar eines massiven Diebstahls. Es handelt sich um Steuerhinterziehung und Betrug im Umfang von Milliarden Rubel. Zudem, was sehr wichtig ist, geht es auch um private Steuerhinterziehung.

In dem Delikt, das man ihm jetzt vorwirft, geht es um Summen von Hunderten Milliarden Rubel. In einem Fall um 900, in einem anderen Fall um 800 Mrd. Rubel, ebenfalls Diebstahl.

Wenn wir uns die Rechtspraxis in anderen Ländern ansehen, so erhielt Mr. Madoff in den USA für das gleiche Vergehen, auch die Summe war ähnlich hoch, 150 Jahre Freiheitsentzug. Bei uns sieht das, meiner Meinung nach, alles um einiges liberaler aus. Dennoch müssen wir davon ausgehen, dass die Straftat Chodorkowskijs juristisch erwiesen ist.

Außerdem, wie Sie wissen, und ich möchte noch einmal daran erinnern, und ich spreche nicht über Chodorkowskij selbst, dass der Leiter des Sicherheitsdienstes von Jukos wegen Mordes im Gefängnis sitzt. Ihm gefiel der Bürgermeister von Neftejugansk, Petuchow, nicht – ermordet. Hier in Moskau weigerte sich eine Frau, ihren kleinen Raum herzugeben – ermordet. Der Auftragsmörder, den sie angeheuert hatten – ermordet. Nur sein Gehirn war, in seiner Garage verteilt, auffindbar. Hat der Leiter des Sicherheitsdienstes all diese Verbrechen etwas auf eigene Faust begangen?

Doch dafür gibt es das Gericht, das bei uns bekanntermaßen eines der humansten der Welt ist, das ist seine Aufgabe. Ich halte mich daran, was das Gericht erwiesen hat.

Quelle: http://premier.gov.ru/events/news/13427/

16.12.2010: Im Anschluss an die Sendung »Gespräch mit Wladimir Putin – Fortsetzung« beantwortet der Premierminister Fragen der Journalisten.

Frage: Glauben Sie nicht, dass Sie mit Ihrem Kommentar über Michail Chodorkowskij Druck auf das Gericht ausgeübt haben?

Putin: … Nein, ich glaube nicht, dass das Druck war. Ich habe mich zuallererst auf das Gerichtsurteil bezogen, den Schuldspruch des Gerichts im vorhergehenden Verfahren. Dieses Urteil hat das Gericht bereits getroffen. … Was das neue Verfahren betrifft, mit dem Chodorkowskij konfrontiert wird, so ist das Gericht objektiv. Die Summen sind ganz andere. Ging es im ersten Fall um 25–30 Mrd. [Rubel] unbezahlter persönlicher Steuern, so geht es jetzt um 800–900 Mrd. Dies unterliegt einer juristischen Untersuchung.

Quelle: http://premier.gov.ru/events/news/13435/ Englisch: http://premier.gov.ru/eng/events/news/13435/

24. 12. 2010: Fernsehinterview mit Dmitrij Medwedew über die Bilanz des Jahres.

Wladimir Kulistikow: Zu Chodorkowskij. Wissen Sie, er erinnert mich an das Bildnis des Dorian Gray der russischen Geschäftswelt. Jeder Geschäftsmann macht genau das, wofür man Chodorkowskij anklagt, doch nur Chodorkowskij und sein Gefährte Lebedew stellen sich der Schuld. Sagen Sie bitte, geht unser Justizsystem nicht zu hart gegen die beiden vor? Was denken Sie darüber, als Jurist und als Mensch?

D. Medwedew: … Als Präsident denke ich darüber folgendermaßen: Weder der Präsident noch irgendeine andere amtsführende Person im Staatsdienst hat das Recht, seine Position über dieses, wie auch über jedes andere Verfahren zu äußern, bevor das Urteil, sei es eine Anklage oder ein Freispruch, verkündet wurde. Das ist völlig klar.

Quelle: http://kremlin.ru/transcripts/9888

US-State Department: Urteilsspruch im Prozess gegen Chodorkowskij und Lebedew. Presseerklärung der Außenministerin Hillary Rodham Clinton, 27. Dezember 2010, Washington DC

Die heutige Verurteilung von Michail Chodorkowskij und Platon Lebedew in ihrem zweiten Verfahren unter der Anklage von Veruntreuung und Geldwäsche wirft ernste Fragen über selektive Strafverfolgung auf und darüber, dass Rechtsstaatlichkeit von politischen Erwägungen überschattet wird. Dieser und ähnliche Fälle haben negative Auswirkungen auf die Reputation Russlands, seinen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen und der Verbesserung des Investitionsklimas gerecht zu werden. Wir begrüßen die Modernisierungspläne von Präsident Medwedew. Ihre Erfüllung verlangt jedoch die Schaffung eines Klimas, in dem faire Gerichtsverfahren und richterliche Unabhängigkeit respektiert werden. Wir werden das Berufungsverfahren verfolgen.

Quelle: http://www.state.gov/secretary/rm/2010/12/153716.htm

Das Weiße Haus, Büro des Pressesekretärs, 27. Dezember 2010.

Wir sind zutiefst besorgt, dass eine russischer Richter heute erklärt hat, dass Michail Chodorkowskij und Platon Lebedew zum zweiten Mal verurteilt werden. Wir sind beunruhigt über Vorwürfe von ernsthaften Verletzungen eines fairen Gerichtsverfahrens und darüber, dass das Gerichtswesen für unlautere Ziele missbraucht wird. Die offensichtliche selektive Anwendung des Gesetzes gegenüber den beiden Personen untergräbt den Ruf Russlands als ein Land, das sich der Vertiefung der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet hat. Die russische Regierung kann keine moderne Wirtschaft fördern, ohne eine unabhängige Justiz zu entwickeln, die das wirtschaftliche Wachstum vorantreibt, Gleichbehandlung vor dem Gesetz garantiert und Gerechtigkeit in einer vorhersehbaren und fairen Weise verbessert. […]

Quelle: http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2010/12/27/statement-press-secretary-12272010

Stellungnahme des Sprechers des russischen Außenministeriums, 28. Dezember 2010

Im Zusammenhang mit Mitteilungen, die in Washington und einer Reihe von Hauptstädten der Europäischen Union zum Prozess gegen M. Chodorkowskij und P. Lebedew zu hören waren, möchten wir zum wiederholten Male hervorheben, dass die betreffende Angelegenheit in die Zuständigkeit des Gerichtssystems der Russischen Föderation fällt. Versuche, auf das Gericht Druck auszuüben, sind inakzeptabel. Der Präsident der Russischen Föderation wies in einem jüngsten Interview mit den Leitern der führenden russischen Fernsehsender darauf hin, dass niemand berechtigt ist, sich in den Hoheitsbereich der Justizorgane einzumischen.

Im Fall von M. Chodorkowskij und P. Lebedew handelt es sich um schwerwiegende Beschuldigungen über Steuerhinterziehung und der Geldwäsche von Einkommen, das auf kriminelle Weise erworben wurde. In jedem Land gelten solche Handlungen als strafbar. In den USA werden solche Taten übrigens mit lebenslänglichen Haftstrafen geahndet. Urteile über irgendeine selektive Anwendung der Rechtsprechung in Russland sind haltlos: in russischen Gerichten werden tausende Fälle untersucht, die die unternehmerische Verantwortung vor dem Gesetz betreffen.

Wir gehen davon aus, dass sich jeder mit seinen Angelegenheiten beschäftigt – bei sich zu Hause wie auch auf internationaler Ebene.

Quelle: http://www.mid.ru/brp_4.nsf/0/ECD8813967CD249EC32578070037C1D6

Glauben die Autoren des Urteils gegen Chodorkowskij und Lebedew nicht an die Existenz des Gerichts der Geschichte?
Mitteilung der Internationalen Gesellschaft »Memorial«

Das Chamowniki-Gericht in Moskau sprach sein Urteil gegen Michail Chodorkowskij und Platon Lebedew. Ein hartes, ungerechtes und rechtswidriges Urteil.

Alles, was hierzu gesagt werden kann, wurde schon gesagt. So bleibt nur noch eines hinzuzufügen: Dies ist nicht die letzte Instanz.

Wir meinen damit nicht das Moskauer Stadtgericht, den Obersten Gerichtshof Russlands und auch nicht den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Wir meinen das Gericht der Geschichte.

Die Autoren des Urteils gegen Chodorkowskij und Lebedew – die tatsächlichen Autoren dieses Urteils – glauben, ähnlich wie ihre sowjetischen Vorgänger, nicht an das Gericht der Geschichte.

Umsonst. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dies noch zu ihrer Lebenszeit urteilen wird.

Der Vorstand der Internationalen Gesellschaft »Memorial«

Dezember 2010

Quelle: http://www.memo.ru/2010/12/31/last_judgement.htm

W. Schirinowskij, Vorsitzender der Staatsduma, Führer der Liberal-Demokratischen Partei Russlands (LDPR)

»Wir sind empört! Was für eine öffentliche Hysterie, was für ein Gejammer um diesen Prozess? In den letzten 20 Jahren haben Chodorkowskij und dergleichen ein ehemals reiches Land zu Grunde gerichtet, seine natürlichen Reichtümer geplündert. Und wohin flossen diese Gelder? Zum Volk? Millionen Menschen wurden in die Armut getrieben, viele sind frühzeitig aus dem Leben geschieden oder wurden zur Flucht gezwungen. Das russische Volk ist gespalten und Russland hat sich von einer Weltmacht zu einer Regionalmacht verwandelt.«

Quelle: http://ldpr.ru/events/Time_to_stop_the_hysteria_surrounding_Khodorkovsky_verdict

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Pressemitteilung Nr.: 499
Die Kanzlerin zur Urteilsverkündung im Fall Chodorkowski. Do, 30.12.2010

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich enttäuscht zur Urteilsverkündung im Fall Chodorkowski geäußert. Die Kanzlerin sagte: »Ich bin enttäuscht über das Urteil gegen Michail Chodorkowski und das harte Strafmaß. Es bleibt der Eindruck, dass politische Motive bei diesem Verfahren eine Rolle gespielt haben. Dies widerspricht Russlands immer wieder geäußerter Absicht, den Weg zur vollen Rechtsstaatlichkeit einzuschlagen.«

Quelle. http://www.bundesregierung.de/nn_1272/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2010/12/2010-12-30-bkin-chordorkowski.html

30.12.2010 Auswärtiges Amt

»Die erneute Verurteilung von Michail Chodorkowski ist der bedauerliche Schlusspunkt eines von vielen Zweifeln begleiteten Prozesses. Die Umstände des Verfahrens werfen ein kritisches Schlaglicht auf die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit in Russland und die Bemühungen um eine Modernisierung des Landes. Es liegt im eigenen russischen Interesse, die Sorgen der internationalen Öffentlichkeit zu dem Ergebnis und Ablauf des Prozesses ernst zu nehmen.«

Quelle: http://www.moskau.diplo.de/__Zentrale_20Komponenten/Arbeitsordnersprachen/Russisch/de/03/Chodorkowski-Urteil__seite.html?site=50291

10.01.2011 Der Unterausschuss für Menschenrechte des Europaparlamentes diskutiert den Chodorkowskij-Prozess in Russland

Jerzy Buzek, EU-Parlamentspräsident: »Ich bin sehr enttäuscht. Die Gerichtsverfahren gegen Michail Chodorkowskij waren der Lackmustest, wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte im heutigen Russland behandelt werden. In Wirklichkeit wurden sie zum Sinnbild aller systemimmanenten Probleme des Rechtswesens.«

Quelle: http://www.europarl.europa.eu/news/public/story_page/015-111414-010-01-03-902-20110110STO11394-2011-10-01-2011/default_en.htm

27.12.2010 Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Interview mit dem Tagesspiegel:

»Das Verfahren lässt rechtsstaatliche Standards vermissen und ist offensichtlich politisch motiviert.« Da wichtige Zeugen zugunsten Chodorkowskis ausgesagt hätten, sei es »kaum nachzuvollziehen, wie es zu diesem Urteil kommen konnte«.

Der erneute Schuldspruch sei »ein harter Rückschlag« für Russland auf dem Weg zum Rechtsstaat, kritisierte die FDP-Politikerin weiter.

»Schon der Eindruck, dass das Strafrecht als Machtinstrument eingesetzt wird, ist verheerend.« Offenbar habe der russische Ministerpräsident Wladimir Putin schon seit einiger Zeit gewusst, wie das Urteil ausfallen würde, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. »Das ist zumindest der Eindruck, der entsteht, wenn er noch während des laufenden Verfahrens sagt: Der Dieb muss im Gefängnis sitzen.« Die FDP-Politikerin bezog sich damit auf frühere Äußerungen Putins, der sich für eine Haftstrafe ausgesprochen hatte. Bundesaußenminister Guido Westerwelle nannte das Verfahren »äußerst bedenklich«.

Quelle: http://www.tagesspiegel.de/politik/empoerung-ueber-chodorkowski-urteil/3682506.html

Gernot Erler (SPD). Pressemitteilung, 27. Dezember 2010

Zur erneuten Verurteilung des früheren Yukos-Chefs Michail Chodorkowski erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gernot Erler:

Der heutige Schuldspruch gegen Michail Chodorkowski ist ein Rückschlag für die Reformbemühungen des russischen Präsidenten. Umso wichtiger ist es jetzt, diejenigen Kräfte in Russland zu unterstützen, die für eine Modernisierung und Öffnung des Landes eintreten.

Der Name Chodorkowski ist längst zum Synonym für die rechtsstaatlichen Probleme Russlands geworden. Dass einem Menschen in derselben Angelegenheit zweimal mit unterschiedlichen Beschuldigungen der Prozess gemacht wird, verletzt auf eklatante Weise grundsätzliche Prinzipien des Rechtsstaats. […]

Quelle: http://www.gernot-erler.de/cms/front_content.php?idcat=120&idart=1154

27.12.2010 Dr. Andreas Schockenhoff (CDU)
Politisch motivierter Schuldspruch für Chodorkowski
Rückschlag für die Bemühungen um mehr Rechtssicherheit in Russland

Zum heutigen Schuldspruch eines Moskauer Gerichts gegen den ehemaligen Yukos-Chef Michail Chodorkowski und seinen früheren Geschäftspartner Platon Lebedew erklärt der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Schockenhoff:

»Der heutige Schuldspruch gegen die beiden Angeklagten bestätigt die Sorge, dass dieser Prozess nicht den rechtsstaatlichen Bedingungen entspricht, zu denen sich Russland verpflichtet hat. […]

Der Verlauf des Prozesses, den ich zwei Mal persönlich in Moskau beobachtet habe, und der Schuldspruch sind ein Rückschlag für die Bemühungen um mehr Rechtssicherheit in Russland. Sie laufen den Modernisierungsbemühungen des russischen Präsidenten zuwider, der sich die Stärkung eines unabhängigen russischen Justizwesens zum Ziel gesetzt hat. Das hat über den konkreten Prozess hinaus Bedeutung: Rechtssicherheit ist eine Voraussetzung für ein modernes und starkes Russland. Vertrauen in eine unabhängige Justiz ist eine Grundbedingung für Investitionen und Innovation.«

Quelle: http://www.cducsu.de/Titel__pressemitteilung_politisch_motivierter_schuldspruch_fuer_chodorkowski/TabID__6/SubTabID__7/InhaltTypID__1/InhaltID__17523/Inhalte.aspx

27.12.2010, Markus Löning (FDP), Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung in den ARD-Tagesthemen:

»Ich halte das für kein faires Verfahren. Das war eine Farce, die dort stattgefunden hat. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein Exempel statuiert werden soll an jemandem, der unbequem ist.« … »Ich halte das für ein Willkür-Urteil«

Quelle; http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Interviews/2010/101227-MRHH-Chodorowskij.html

Marieluise Beck (Grüne) und Ralf Fücks: Chodorkowski-Urteil: Ein Schlag gegen die Hoffnung auf Demokratisierung Russlands

Zum Moskauer Urteil gegen Michail Chodorkowski und Platon Lebedew erklären Marieluise Beck, MdB und Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung: Das Urteil gegen die Angeklagten bestätigt die schlimmsten Befürchtungen. Auf der Basis einer abstrusen Anklage sollen Chodorkowski und Lebedew bis 2017 im Gefängnis verschwinden. Der Richter folgte damit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Ein Aussetzen der Strafe auf Bewährung lehnte er mit der zynischen Begründung ab, dass eine »Besserung der Angeklagten nur unter der Bedingung ihrer Isolierung von der Gesellschaft« möglich sei.

Das Strafmaß ist ein klares Signal, dass man die Hoffnung auf eine Liberalisierung Russlands vergessen kann, solange Ministerpräsident Putin das Sagen hat. Präsident Medwedews Appelle für Rechtsstaatlichkeit und eine starke Zivilgesellschaft sind nur Schall und Rauch. Stattdessen erleben wir eine Verhärtung autoritärer Strukturen. Zur »gelenkten Demokratie« Putins gehört auch eine gelenkte Justiz, die nicht einmal den Schein von Rechtsstaatlichkeit wahrt.

Bundesregierung und Europäische Union müssen jetzt ihre Politik der Modernisierungs­partnerschaft mit Russland überprüfen. Eine nachhaltige Modernisierung des Landes ist ohne Rechtssicherheit, politischen Pluralismus und unabhängige Medien nicht möglich. Die Demokratiefrage muss stärker ins Zentrum der Russlandpolitik rücken. Dazu gehört die Unterstützung der demokratischen Kräfte in Russland, die auf unsere Solidarität angewiesen sind.

Man muss das Moskauer Urteil gegen Chodorkowski und Lebedew im Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen in Weißrussland sehen. Es droht ein autoritäres Staatenbündnis im Osten Europas. Auf diese Herausforderung muss die EU eine Antwort finden.

Quelle: http://www.marieluisebeck.de/themen/chodorkowski/artikel/article/122/chodorkowski-4.html

Zusammengestellt und übersetzt von Christoph Laug

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Analyse

Der zweite JUKOS-Strafprozess gegen Michail Chodorkowskij und Platon Lebedew

Von Otto Luchterhandt
Am 30. Dezember 2010 endete mit der vollständigen Urteilsverkündung der zweite Strafprozess gegen Michail Chodorkowskij und Platon Lebedew vor dem Gericht des Moskauer Stadtbezirks Chamowniki, unweit des Kiewer Bahnhofs. Richter Viktor Danilkin hatte die Verkündung am 27.12. mit dem Schuldausspruch begonnen. Er schloss die Verlesung des 689 Seiten umfassenden Urteils am 30. (…)
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Artikel

Der Umbau der polnischen Justiz

Von Marta Bucholc, Maciej Komornik
Die seit Ende 2015 in Polen amtierende nationalkonservative Regierungspartei PiS hat faktisch die Gewaltenteilung aufgehoben. Mit einer Welle neuer Gesetze hat sie erst das Verfassungsgericht ausgeschaltet und dann wider die Verfassung nahezu die gesamte Justiz unter die Kontrolle der Exekutive gestellt. Sie hat die Institutionen des Rechtsstaats diskreditiert, ihr nicht genehme Richter aller Instanzen und Gerichtszweige als Mitglieder eines post-kommunistischen Klüngels diffamiert und auf der Basis der neuen Gesetze die Unfolgsamen entlassen. Bei der Berufung der Nachfolger spielt die Regierungspartei erstmals seit 1989 wieder eine zentrale Rolle. Ganz im Sinne der Ideologie der PiS ist an die Stelle pluralistischer Machtverteilung ein starker Staat getreten, der vorgibt, im Namen des Volks zu handeln.
Zum Artikel auf zeitschrift-osteuropa.de

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