Prophylaxe für die Wahlen in Russland

Von Andrei Busin (Moskau)

Zusammenfassung
Die Wahlen vom Dezember haben sich in ihrer Fülle an Fälschungen nicht so sehr von den Wahlen 2007 und denen der Jahre zuvor unterschieden, doch die Reaktion der Gesellschaft war diesmal wesentlich schärfer. »Der Russe spannt langsam an, fährt dann aber schnell«: In den vergangenen sechs, sieben Jahren haben wir geduldig zugeschaut, wie die Regierungen der verschiedensten Ebenen der Wahlgesetzgebung und dem Wahlprozess Gewalt antun, und nun bricht es plötzlich heraus … Die Vierte und die Fünfte Staatsduma haben über fünfzig Gesetze verabschiedet, die die Wahlgesetzgebung bis zur Unkenntlichkeit verändert und die Wahlen in ein Schauspiel mit einer im Voraus bekannten Besetzung und einem immer gleichen Regisseur verwandelt haben. Die Verabschiedung der Gesetzesnovellen erfolgte in zwei Phasen: 2005–2007 wurden radikale Änderungen vorgenommen, um Distanz zwischen Bürgern und Wahlen zu schaffen (Einführung des reinen Verhältniswahlrechts bei gleichzeitigem Ausbau eines künstlichen und gelenkten Parteiensystems), und 2008–2011 waren die Abgeordneten nahezu monatlich mit der kosmetischen Präparierung der Wahlgesetze beschäftigt.

Eine verquere Wahlgesetzgebung

Die radikalen Vorschläge des Präsidenten, die er nur kurze Zeit nach seinen völlig entgegengesetzten Äußerungen über den Modus der Gouverneurswahlen und die Zahl der politischen Parteien präsentierte, muten vor dem Hintergrund der Massenkundgebungen wie eine Schreckreaktion an. In einer Situation jedoch, in der diese Vorschläge sich keineswegs auf die nächsten landesweiten Wahlen auswirken, und sie zudem aus dem Munde des scheidenden und nicht des künftigen Präsidenten kamen, stellen sie eher einen Versuch dar, durch eilige Versprechungen das Protestfeuer zu löschen. Gleichzeitig sind rundum Stimmen zu vernehmen, die radikale Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der Dumawahlen fordern, und zwar mit dem Ziel, sowohl die vergangenen Wahlen zu bewerten als auch die nächsten Wahlen fairer ablaufen zu lassen.

Die Wahlen besser machen?

Betrachten wir nun, mit welchen gesetzlichen Mitteln und in welchen Zeiträumen sich die Situation unserer Wahlen verbessern ließe. Methoden, die außerhalb des Gesetzesrahmens liegen, sollen hier nicht erörtert werden – die kommen ganz von selbst zum Einsatz, wenn die Regierung weiterhin sogar die eigens auf sie zugeschnittenen Gesetze ignoriert.

Was nun die Frage der Legitimität der Wahlen und der hieraus hervorgegangenen Duma betrifft, so gibt es zweifellos nur einen gesetzlichen Weg, der zudem auf den ersten Blick nicht allzu kompliziert erscheint: Auf Antrag einer oder mehrerer Parteien erklärt der Oberste Gerichtshof wegen der Verstöße, die eine wahrheitsgetreue Feststellung des Wählerwillens nicht zuließen, die Wahlen für ungültig. Faktische Hinweise hierfür gab es bei den Dumawahlen mehr als genug. Es bliebe nur ein kleiner Haken: Die von der Verfassung vorgegebene Gewaltenteilung ist in Russland nicht vorhanden und das Gerichtswesen ist Teil der Gesamtkorporation der russischen Bürokratie. Und jeder Bürokrat, ob groß oder klein, weiß, was er tut, wenn er sagt: »Ziehen Sie doch vor Gericht!«

Doch die Teilung der Gewalten – das wird sich innerhalb eines Jahr nicht realisieren lassen, und wenn man das nicht angeht, auch nicht innerhalb einer Präsidentschaft. Daher können wir eine juristische Feststellung, dass die Wahlen ungültig sind, sowie eine dadurch begründete Auflösung der Duma getrost vergessen. Allerdings könnte die Staatsduma auch durch den Präsidenten aufgelöst werden, doch wird uns bis zu den jetzt anstehenden Wahlen ein solches Szenario wohl kaum drohen. Nach den Präsidentschaftswahlen könnte sich die Situation dann derart ändern, dass niemand mehr an die Duma denkt.

Zudem wäre die Forderung nach einer Auflösung der Duma sinnlos, bevor nicht ein neues Parteiensystem entstanden ist und solang die derzeitige Wahlgesetzgebung weiter besteht, da wieder dieselben Parteien in die Duma einziehen würden. Noch sinnloser – wenn auch von symbolischer Bedeutung – ist die Forderung nach einem Rücktritt des Leiters der Zentralen Wahlkommission, Wladimir Tschurows. Für eine Entlassung Tschurows gibt es praktisch keine gesetzlichen Wege, und eine Entlassung würde keinerlei Einfluss darauf haben, wie fair die Wahlen verlaufen, da dies von den tatsächlichen Organisatoren der Wahl abhängt, den Beamten in den Administrationen der unterschiedlichen Ebenen.

Für bessere Wahlen müssen wir zweifellos radikal die Wahlgesetze ändern. Dies ist eine unumgängliche, jedoch keine hinreichende Voraussetzung. Im Hinblick auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen ist dies jedoch nicht von aktueller Relevanz, da sie bereits im Gange sind und Änderungen des Wahlverfahrens sich nicht auf bereits angesetzte Wahlen erstrecken.

Reduzierung der Manipulationen bei der Präsidentenwahl

So bleibt die Frage, ob überhaupt etwas unternommen werden kann, damit die Wahl Wladimir Putins fairer oder, genauer gesagt, in größerer Übereinstimmung mit der Verfassung, den russischen Wahlgesetzen und den internationalen Wahlstandards abläuft.

Die Antwort lautet: Im Großen und Ganzen – nein; hinsichtlich der Endphase des Wahlprozesses, nämlich der Abstimmung und der Auszählung der Stimmen – ja! Das größte Manko unserer Wahlen besteht ja nicht in den unmittelbaren Fälschungen, sondern in der fehlenden Wettbewerbssituation und in dem Einsatz administrativer Ressourcen, und dies lässt sich bis zum März kaum abstellen. Eine Reduzierung der Manipulationen, die unmittelbar am Wahltag und bei der Stimmenauszählung vorgenommen werden können, ist jedoch sehr wohl möglich.

Sie ist deshalb möglich, weil die oberste Regierungsetage anscheinend daran interessiert ist, etwas über die tatsächlichen Kräfteverhältnisse zu erfahren. Vom »Führer der Nation« vernehmen wir nicht nur Beteuerungen, dass er für faire Wahlen eintritt, sondern auch konkrete Vorschläge für offenere und transparentere Wahlen.

Auf den ersten Blick könnten die Anbringung von Videokameras in den Wahllokalen und eine größere Transparenz der Wahlurnen als ernstzunehmende Maßnahmen im Einsatz für faire Wahlen erscheinen. Dieser Eindruck ist Folge der landläufigen Meinung, die übrigens von den Medien und den Wahlkommissionen befördert wird, dass die Fälschungen bei den Wahlen ausschließlich durch den massiven Einwurf von Stimmzetteln in die Wahlurnen erfolgen. Auch wenn so etwas merkwürdigerweise immer noch stattfindet, ist diese Methode der Wahlfälschung derart plump und aufwendig, dass sie nur von den dilettantischsten Fälschern angewendet wird. Ein solcher Einwurf von Stimmzetteln kann bemerkt werden und macht zudem die Fälschung von Wahlunterlagen, nämlich des Wählerverzeichnisses erforderlich, woraus sich bereits zwei Straftatbestände ergeben. Zudem gibt es eine Vielzahl weniger riskanter, weniger aufwendiger und zuverlässigerer Methoden der direkten Wahlfälschung, die mithilfe von Videokameras oder transparenter Urnen keineswegs feststellbar sind.

Mit Webcams gegen Fälschung?

Der jüngst aufgekommene schlechte Scherz, dass Wahlbeobachter jetzt mit Hilfe von Videokameras der Zentralen Wahlkommission den Fälschungen nachspüren könnten, macht die Lage der Dinge deutlich. Die Fälscher werden sich für ihr schmutziges Werk wohl kaum ausgerechnet jene Stellen aussuchen, auf die die Kameras gerichtet sind. Es gibt da andere, komfortablere Orte, etwa die territorialen Wahlkommissionen, wo sich ganz bequem, unter Leitung eines Fachmanns aus der Verwaltung vor Ort, die Protokolle der Wahlkommissionen in den Stimmbezirken einfach umschreiben lassen.

Dieses kleine ABC der Wahlfälschungsmethoden soll an dieser Stelle nicht weiter fortgesetzt werden. Ganz gleich von welchen Überlegungen der »Führer der Nation« bei seinem Vorschlag mit den Videokameras geleitet wurde: Diese Neuerung wäre allenfalls ein hervorragendes Mittel, 14 Milliarden Haushaltsgelder in die richtigen Taschen wandern zu lassen.

Für jene, die mit der Praxis bei unseren Wahlen gut vertraut sind, sind derartige Vorschläge schlicht und einfach nur lächerlich. Der Prozess der Stimmabgabe und der Stimmenauszählung ist durch die Gesetzgebung genauer reglementiert als alle anderen Stadien einer Wahl, und die Strafen für eine Missachtung dieser Regularien sind recht streng. Das Problem ist nur, dass das Gesetz Jahr für Jahr missachtet wird und hierauf – mit äußerst seltenen Ausnahmen – keine Strafen folgen. Im Gegenteil – oft folgt auf eine Verletzung der Wahlgesetze eine Belobigung. Unter solchen Umständen hat sich bei denjenigen, die die Wahlen organisieren der Hang entwickelt, die Gesetze zu ignorieren, und die Furcht vor dem Strafgesetzbuch ist verflogen.

Mehr echte Wahlbeobachter!

Das fehlende Vertrauen in diejenigen, die die Wahlen organisieren, weckt den Wunsch nach einer massiven Beobachtung der Arbeit in den Wahlkommissionen. Ein Wahlbeobachter unterscheidet sich von einer Videokamera dadurch, dass er in verschiedene Richtungen schauen, sich in eine Situation einfinden kann und weiß, dass Wahlfälschungen auf vielfältige Art vorgenommen werden können. Aus eben diesem Grund bedeuten echte Wahlbeobachter (es gibt auch unechte!), im Unterschied zu Kameras und durchsichtigen Wahlurnen, eine Gefahr für die Wahlfälscher. Sie sind derart unerwünscht, dass versucht wird, sie unter Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Prozeduren des Platzes zu verweisen, wie es in der Vergangenheit bei allen Wahlen massenhaft zu beobachten war.

Das Erste, was die Schutzpatrone ehrlicher Wahlen ansprechen sollten, wäre also, mit der Praxis Schluss zu machen, dass Wahlbeobachter aus den Wahllokalen verwiesen werden. Ein solcher Vorschlag kam übrigens unlängst von dem Präsidentschaftskandidaten Michail Prochorow. Könnte man es nicht mal versuchen? Könnte die Zentrale Wahlkommission nicht Ausführungsbestimmungen zur Frage von Platzverweisen für Wahlbeobachter erlassen? Ein entsprechender Text ist der Zentralen Wahlkommission übrigens bereits einen Monat vor den Parlamentswahlen vorgelegt worden. Zudem ließe sich noch eine Änderung im Strafgesetzbuch über die ungesetzliche Entfernung von Wahlbeobachtern vornehmen – sie würde rechtzeitig zu den Präsidentenwahlen in Kraft treten. Durch all dies könnten auch die erwähnten 14 Milliarden eingespart werden, da die Wahlbeobachter dann mit eigenen Kameras und für eigenes Geld das erledigen würden, wofür diese Haushaltsmittel eingesetzt werden sollen.

Zweitens. Es ist an der Zeit, mit der demagogischen Argumentation aufzuhören, der zufolge Wahlbeobachter das Datenschutzgesetz verletzten, indem sie die Ausgabe der Stimmzettel und die Wählerverzeichnisse inspizieren. Hinter solchen Argumenten steht meist der Wunsch, manipulierte Wählerverzeichnisse und die gesetzeswidrige Ausgabe von Stimmzetteln zu verbergen. Ein Wahlbeobachter muss das Recht haben, jederzeit erkennen zu können, welche Einträge in das Wählerverzeichnis gemacht werden und ob diese gesetzeskonform sind.

Ganz allgemein müssen die Wahlkommissionen darauf hingewiesen werden, dass eine Verletzung der Rechte von Wahlbeobachtern einen schwerwiegenden Verstoß darstellt, der zumindest eine Wiederholung der Stimmenauszählung im Wahllokal nach sich zieht. Die Wahlkommissionen müssen daran erinnert werden, dass das Gesetz vorsieht, alle Handlungen der Wahlkommissionen beobachten zu können. Ebenso müssen sie daran erinnert werden, dass das Gesetz keine Einschränkungen für die Bewegungsfreiheit der Wahlbeobachter vorsieht.

Drittens. Die Erfahrung zeigt, dass die Wahlkommissionen in den Stimmbezirken nahezu flächendeckend die gesetzlich vorgeschriebenen Prozeduren bei der Stimmauszählung nicht einhalten (Sortierung der Stimmzettel unter Verlesung der Stimmabgabe, Auszählung der einzelnen Stapel durch Umblättern der Stimmzettel). Diese massenweise Missachtung des Gesetzes bei der Auszählung bleibt ohne Folgen, abgesehen von dem Umstand, dass es dadurch nicht möglich wird, die Korrektheit der Auszählung zu kontrollieren. Nehmen wir jetzt einmal an, die auf Vorschlag eines der Präsidentschaftskandidaten aufgestellten Kameras stellen einen Verstoß fest. Und weiter?

Viertens. Ungeachtet aller Strenge des Gesetzes und der Instruktionen der Zentralen Wahlkommission wird die Praxis fortgesetzt, den Wahlbeobachtern keine Kopie des Wahlprotokolls oder aber nicht oder falsch beglaubigte Kopien auszuhändigen. Gleichzeitig ist kein einziger Fall bekannt, dass hierfür auch nur irgendjemand strafrechtlich belangt worden wäre. Solcherlei Verstöße erlauben es unseren Gerichten übrigens, Beschwerden zurückzuweisen, die verfälschte Wahlergebnisse anfechten.

Fünftens. Die Wahlergebnisse, die in den Wahllokalen ermittelt werden, erfahren in den territorialen Wahlkommissionen auf wundersame Weise eine Transformation. Dies ist unter anderem aus dem schlichten Grunde möglich, dass das Gesetz die Möglichkeit zulässt, so genannte »Wiederholungsprotokolle« zu erstellen. Das Verfahren zur Erstellung dieser Wiederholungsprotokolle wie auch das Verfahren, mit dem Protokolle bei den territorialen Wahlkommissionen angenommen werden, sind im Gesetz nicht hinreichend deutlich beschrieben. Auch hier ist der Zentralen Wahlkommission vorgeschlagen worden, zu dieser Frage Ausführungsbestimmungen zu erlassen (keine Gesetzesänderung, sondern eben Ausführungsbestimmungen, zu denen die Zentrale Wahlkommission befugt ist). Die Zentrale Wahlkommission hat auch diese Möglichkeit nicht wahrnehmen wollen.

Wir haben es mit einer großen Zahl eindeutig strafrechtlich relevanter Vorgänge zu tun, wenn die Protokollkopien, die Wahlbeobachtern ausgehändigt wurden, und die offiziellen Wahlergebnisse Diskrepanzen aufweisen. Entgegen dem gesunden Menschenverstand und trotz eindeutiger Indizien weigern sich unsere Gerichte jedoch, in solchen Fällen die Wahlergebnisse in den betroffenen Stimmbezirken für ungültig zu erklären.

Sechstens. Das Gesetz legt die Ordnung, in der »alle Handlungen der Kommissionsmitglieder zur Annahme der Protokolle untergeordneter Kommissionen, zur Aufsummierung der Daten dieser Protokolle und zur Erstellung eines Protokolls über das Ergebnis der Abstimmung« stattfinden müssen, fest und zwar derart, dass »sie im Blickfeld der Mitglieder der Wahlkommission und der Wahlbeobachter liegen«. Dessen ungeachtet finden wichtigste Handlungen, wie die Eingabe der Daten in das Staatliche Automatisierte System »Wybory« [»Wahlen«] und die endgültige Annahme (oder verweigerte Annahme) der Wahlprotokolle der Wahlkommission in den Stimmbezirken eben gerade außerhalb des Sichtbereichs der Wahlbeobachter, in abgetrennten Räumen statt. Diese Praxis muss und kann geändert werden.

Echte Wahlen ohne administrative Einmischung

Es gibt also eine Reihe einfach zu treffender Maßnahmen, falls der Wunsch nach ehrlichen Wahlen und einer ebensolchen Stimmenauszählung ein echter ist. Und diese Maßnahmen liegen vollauf in der Macht derer, die Videokameras und transparente Urnen vorschlagen; sie belasten den Steuerzahler zudem sehr viel weniger. Es sind Maßnahmen zur Anwendung der Gesetze und nicht aus dem Bereich der Gesetzgebung.Dabei nehmen diejenigen, die die Gesetze anwenden,, selbst wenn sie nominell nicht von der Regierung abhängig sind, schnell die Signale wahr, die vom Zentrum der Macht ausgehen.

Die Zentrale Wahlkommission könnte Ausführungsbestimmungen über die Entfernung von Wahlbeobachtern erlassen, über die Beglaubigung von Protokollkopien und über die Ordnung, in der die Annahme der Protokolle in den übergeordneten Kommissionen zu erfolgen hat (praktischerweise sind diese Erläuterungen bereits für die Zentrale Wahlkommission ausformuliert worden), und sie könnte deren Einhaltung streng kontrollieren.

Der Oberste Gerichtshof könnte den Gerichten niederer Instanz verdeutlichen, dass die vorgelegten Kopien von Protokollen ebenso zu behandeln sind wie gewöhnliche schriftliche Beweisstücke – ungeachtet möglicher Fehler bei der Beglaubigung, für die die Beglaubigenden und nicht die Wahlbeobachter die Verantwortung tragen. Darüber hinaus könnte der Oberste Gerichtshof klarstellen, dass eine gesetzeswidrige, unter Verletzung der Prozeduren erfolgende Entfernung von Wahlbeobachern einen schwerwiegenden Verstoß darstellt, für den der Vorsitzende der betroffenen Wahlkommission nach § 5.6 des russischen Gesetzbuches über verwaltungsrechtliche Gesetzesverstöße zu belangen ist, was wenigstens eine erneute Auszählung im Stimmbezirk mit sich bringen würde.

Den Staatsanwaltschaften könnte die Anweisung erteilt werden, dass verwaltungsrechtliche Verfahren wegen Verletzung von Wählerrechten schneller einzuleiten sind, und die Ermittittlungsbehörden könnten angewiesen werden, dass bei Fälschung von Wahlunterlagen oder Wahlergebnissen schneller Strafverfahren eingeleitet werden.

Den Regierungsstellen sollte eingeschärft werden, dass sie endlich aufhören, sämtliche der genannten Behörden fernzusteuern, und dass sie – und sei es zähneknirschend – endlich eines der Grundprinzipien echter Wahlen beachten sollen, nämlich die Nichteinmischung der Exekutive in den Wahlprozess.

Dann wird es auch keine Requisiten in Form von Videokameras und gläsernen Urnen brauchen.

Übersetzung: Hartmut Schröder

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Zum Artikel auf zois-berlin.de

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