Neue rechtsextreme Intellektuellenzirkel in Putins Russland: das Anti-Orange Komitee, der Isborsk-Klub und der Florian-Geyer-Klub

Von Andreas Umland (Kiew)

Zusammenfassung
In jüngeren Publikationen zum russischen Nationalismus wird häufig auf verschiedene extrasystemische Rechtsradikale sowie deren Verbindungen zur neuen urbanen Protestbewegung der RF eingegangen. Mindestens ebenso wichtig sind jedoch Entwicklungen im intrasystemischen Ultranationalismus des Putin-Regimes. In diesem Beitrag soll auf einige neue, extrem antiwestliche Intellektuellenzirkel eingegangen werden, die sich in den letzten beiden Jahren in Russland konstituiert haben. Im Angesicht der neuen Polarisierung zwischen Pro- und Anti-Putin-Kräften kommt es zu einem partiellen Schulterschluss des autoritären Regimes und seiner Propagandisten mit dem rechtsextremen Literati-Milieu sowie zu verstärkter Kooperation zwischen ehemals konkurrierenden antiwestlichen Intellektuellen, wie Sergej Kurginjan, Aleksandr Dugin und Aleksandr Prochanow. Die drei neuen, rabiat antiamerikanischen Diskussionsklubs, die hier kurz vorgestellt werden, schließen ein breites Spektrum von Publizisten, Journalisten, Politikern und Akademikern ein.

Der antiwestliche Diskurs

Seit der Wiederbelebung der russischen Demokratiebewegung im Dezember 2011 haben sich einige westliche Beobachter des russischen Ethnozentrismus auf die partielle Zusammenarbeit zwischen Demokraten und Ultranationalisten bei den Protesten konzentriert (z. B. Popescu 2012; Satter 2012). In den letzten Monaten kristallisiert sich allerdings das Problem eines radikal antiwestlichen Nationalismus als relevantes Thema weniger in Bezug auf die Entwicklung der russischen Opposition, denn bezüglich des Herrschaftsregimes Präsident Putins heraus. Zwar ist die Forcierung des zuvor schon präsenten Antiamerikanismus in der öffentlichen Rhetorik und Politik von Putin & Co. in erster Linie als PR-Manöver des Kremls zur Ablenkung der Öffentlichkeit von Themen wie Korruption, Wahlmanipulation, Modernisierungsprobleme oder Staatsaufblähung anzusehen. Gleichwohl sollten weder der existierende gesellschaftliche Nährboden der TV-Kampagnen, noch die Rückwirkungen der eskalierenden Dämonisierung der USA auf den russischen öffentlichen Diskurs als bloße Randerscheinungen vernachlässigt werden. Das haben die Auswirkungen ähnlicher, früherer russischer Medienhysterien deutlich gemacht, so derjenigen im Zusammenhang mit der NATO-Bombardierung Serbiens 1999, den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City, der US-geführten Irak-Invasion 2003 und des russisch-georgischen Fünftagekrieges 2008. Die öffentliche Meinung in der Russischen Föderation ist im Gefolge dieser Kampagnen immer kritischer gegenüber den USA und teils auch der EU geworden.

Eine wachsende »unzivile Gesellschaft«

Die neuerliche »polittechnologische« Ankurbelung antiwestlicher Diskurse führt zu einer gefährlichen Gemengelage und beschleunigt die Herausbildung einer Art »unzivilen Gesellschaft« (Umland 2007). Der antidemokratisch ausgerichtete Teil des russischen Dritten Sektors stellt ein Netzwerk teils kooperierender, teils konkurrierender extrem antiliberaler Gruppierungen, Organisationen und Publikationsorgane dar. Diese zeichnen sich derzeit zwar vor allem durch ihre Förderung durch die Staatsorgane sowie aktive Bewerbung durch kremlkontrollierte Fernsehkanäle aus. Sie stellen sich eher als GONGOs (Government-Organized Non-Governmental Organizations), denn genuin zivilgesellschaftliche Initiativen dar. Es ist jedoch zu befürchten, dass sich infolge der verstärkten Hetzkampagne vor allem gegen die USA sowohl eine konspirologisch-paranoide Weltsicht als legitimes Interpretationsmuster internationaler Ereignisse, als auch entsprechende Klubs als signifikante Akteure im russischen Gesellschaftsdiskurs dauerhaft etablieren werden.

Es scheint sich ein aggressiv antiwestlicher Rechtsextremismus im politischen Leben der Russischen Föderation als stabiler dritter Pol zwischen dem autoritären Regime und der demokratischen Opposition zu bilden. (Die Kommunisten haben im Putinschen System eine Hybridfunktion: Sie sind sowohl Teil des Regimes als auch Oppositionspartei und zudem über ihren radikalen Antiamerikanismus eng mit dem russischen Rechtsextremismus verbunden.) Offenbar ist eine Restrukturierung des öffentlichen Lebens mittels zunehmender Inkorporierung von Ultranationalisten ins politische Establishment ein im Kreml gewolltes Szenario. Das Ideologiespektrum Russlands wird dadurch soweit nach rechts verschoben, dass der ebenfalls virulente Nationalismus von Putin & Co. vor dem Hintergrund weit radikalerer Forderungen »von unten«, d. h. von prominenten Rechtsextremisten, als relativ zentristisch erscheint (Umland 2009).

Etliche ultranationalistische Gruppierungen und Führer haben Verbindungen – zum Teil durch ein- und dieselben Personen – sowohl in die Regierung, als auch in die Opposition. Ein Beispiel ist der im rechtsradikalen Milieu unter dem Pseudonym »Wladimir Thor« bekannte Blogger und Aktivist Wladlen Kralin, der Mitglied sowohl des Koordinationsrates der Opposition, als auch zweier nationalistischer Organisationen unter der Führung des heutigen stellvertretenden Ministerpräsidenten Dmitrij Rogosin war bzw. ist (»Rodina« und »Welikaja Rossija«). Die Funktionsweise des Herrschaftssystems Putins und der Massenmedien Russlands bringt es allerdings mit sich, dass rechtsextremen Kontakten in der Regierung ein höherer politischer Stellenwert zukommt, als der – unter den russischen Demokraten ohnehin umstrittenen – Beteiligung von Ultranationalisten an den Protestaktionen. Es gibt innerhalb der Demokratiebewegung eine artikulierte Minderheit, die sich ausdrücklich gegen die Zusammenarbeit der Opposition mit den radikalen Nationalisten wendet und beispielsweise in der Facebookgruppe »Russland ohne Hitler! Nein zu Meetings mit Faschisten, Nazis und Nationalisten« https://www.facebook.com/groups/knbor/ organisiert ist.

Besondere Aufmerksamkeit unter den zwar häufig »polittechnologisch« inspirierten, jedoch deswegen nicht notwendigerweise irrelevanten Kräfteverschiebungen in der Landschaft ultranationalistischer Zusammenschlüsse verdienen rechtsextreme Intellektuelle sowie deren Vereine, Publikationsorgane und Medienauftritte. Handelt es sich doch hierbei um Publizisten, Fernsehkommentatoren und (Pseudo-)Akademiker, die durch ihren Einfluss insbesondere unter Studierenden, Nachwuchswissenschaftlern und politischen Aktivisten, aber auch auf die breite Öffentlichkeit das gesellschaftliche Klima und den politischen Willensbildungsprozess mitbestimmen.

Rechtsextreme Konsolidierungstendenzen

Zwar erscheint es derzeit so, als sei das rechtsextreme politische Parteienspektrum in ein Pro- und ein Anti-Putin-Lager geteilt. Es haben sich jedoch seit der Ankündigung von Putins Rückkehr ins Präsidentenamt im September 2011 innerhalb des radikal antiwestlichen Intellektuellenmilieus gleichzeitig zwei weitere Tendenzen verstärkt, die zuvor schon präsent waren. Zum einen findet eine teilweise Konsolidierung des extrem antiwestlichen Publizistenmilieus statt. Dies bedeutet, dass ehemals manifeste Differenzierungen zwar ähnlich ausgerichteter, jedoch trotzdem separater Intellektuellenklubs und ihrer jeweiligen Interpretationen der russischen Geschichte und Weltpolitik schrittweise an Bedeutung verlieren. Die noch in den Neunzigern manifeste Konkurrenz unter den verschiedenen »Slawophilen« – etwa zwischen solchen ethnonationalistischer und »eurasischer« Ausrichtung – verringert sich vor dem Hintergrund der neuen Polarisierung zwischen dem zunehmend antiwestlichen Regime einerseits und der weitgehend prowestlichen Opposition andererseits. Dies wird etwa durch die jüngste Kooperation zweier der profiliertesten Theoretiker und Fernsehkommentatoren in diesem Spektrum, Sergej Kurginjan und Aleksandr Dugin, illustriert. In den neunziger Jahren hatte Kurginjan als Propagandist einer Wiedererrichtung des Sowjetsystems unter neuen Vorzeichen Dugin in dessen Eigenschaft eines offen neofaschistisch auftretenden Publizisten harsch kritisiert. Inzwischen jedoch ist sich Kurginjan, der bereits dem spätsowjetischen konservativen Establishment nahestand, nicht mehr zu schade, öffentlich mit dem ehemals politisch randständigen SS-Bewunderer Dugin zusammenzuarbeiten.

Zum anderen verstärken sich die bereits seit Ende der 1990er Jahre zu beobachtenden Tendenzen einer Kooperation zwischen extrasystemischen Ultranationalisten einerseits und intrasystemischen Sympathisanten ihrer Verschwörungstheorien andererseits. Es kommt teilweise zu einer Kooptation marginaler, ehemals am äußersten politischen Rand agierender Publizisten in kremlnahe Strukturen, ja zum Teil in staatliche Institutionen. Ein Beispiel ist die steile akademische Karriere des erwähnten Neofaschisten Dugin, der seit einigen Jahren als Professor und amtierender Lehrstuhlleiter für internationale Soziologie an Russlands führender Hochschule, der Moskauer Staatlichen Lomonossow-Universität, lehrt.

Belegt werden sollen die rechtsextremen Konsolidierungstendenzen hier anhand dreier neuer Intellektuellenklubs, die es 2009, als Marlene Laruelle ihre einschlägige Rundschau russischer nationalistischer Think-Tanks veröffentlichte, noch nicht existierten.

Kurginjans Anti-Oranges Komitee

Das von Kurginjan auf Grundlage seiner sog. Bewegung »Sutj wremeni« (Essenz der Zeit) kreierte Anti-Orange Komitee http://anti-orange.ru/ war die bislang sichtbarste, jedoch womöglich nur ephemere neue Struktur. Sie schließt unter anderem den erwähnten Dugin, die prominenten Fernsehjournalisten Michail Leontjew und Maksym Schewtschenko, den neostalinistischen Publizisten Nikolaj Starikow sowie den Redakteur des wichtigsten rechtsextremen Wochenblatts »Sawtra« (Morgiger Tag), Aleksandr Prochanow ein. Das Komitee war ein Ergebnis der von Kurginjan am 4. Februar 2012 auf dem sogenannten Gebetsberg (Poklonnaja gora) in Moskau organisierten proputinschen Gegendemonstration zur gleichzeitigen Oppositionsveranstaltung auf dem Bolotnaja-Platz. Der Name des Klubs bezieht sich auf die ukrainische Orange Revolution, die sowohl von außersystemischen Rechtsextremisten, als auch von vielen Repräsentanten und Apologeten des Putin-Regimes als von der CIA gesteuerte, ja »faschistisch« inspirierte Verschwörung interpretiert wird.

Die Verbindung der Orangen Revolution zum »Faschismus« wird in der russischen antiwestlichen Konspirologie – exemplarisch in Leontjews TV-Propagandafilm »Die Orangen Kinder des Dritten Reiches« (2010) http://www.youtube.com/watch?v=Xg5K8TTJqc0 – durch die Rolle einiger ukrainischer Emigranten, allen voran der zweiten Ehefrau des ehemaligen Präsidenten Wiktor Juschtschenkos Kateryna Tschumatschenko, bei dem Wahlaufstand von 2004 hergestellt. Tschumatschenko wurde in den 1970er und 1980er Jahren in den USA in der nationalistischen ukrainischen Diaspora sozialisiert. Das nordamerikanische Emigrantenmilieu wird von Anhängern der sog. Bandera-Fraktion der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B) dominiert, die zu Beginn des Zweiten Weltkrieges faschistisch ausgerichtet war. Die Beteiligung zurückgekehrter Diaspora-Nationalisten sowie einiger einheimischer rechtsextremer Splittergruppen, etwa der Minipartei UNA-UNSO (Ukrainische Nationalversammlung – Ukrainische Selbstverteidigung des Volkes), an der Orangen Revolution stellt eine Hypothek des ukrainischen Wahlaufstandes dar. Sie dient kremlorientierten Konspirologen als willkommener Vorwand, um sowohl die ukrainische als auch die russische Demokratiebewegung als kryptofaschistische »Orange Pest« zu verunglimpfen.

Das extrem antiamerikanische Anti-Orange Komitee traf sich allerdings – laut seiner Webseite – lediglich zwei Mal im Februar 2012. Obwohl die Webseite des Komitees weiterhin online ist und zur Unterzeichnung eines »Anti-Orangen Pakt« auffordert, ist unklar, ob die Struktur noch funktioniert.

Prochanows Isborsk-Klub

Ein bislang weniger bekanntes, ideologisch ähnlich aufgestelltes, jedoch politisch weitflächigeres und womöglich langlebigeres Projekt ist der im September 2012 gegründete sog. Isborskij klub http://www.dynacon.ru – benannt nach dem Ort seines ersten Treffens, Isborsk im Gebiet Pskow in Nordwestrussland. Dieser vom Altmeister des russischen Rechtsextremismus Prochanow ins Leben gerufene relativ große Intellektuellenzirkel will die »Roten« (Nationalkommunisten) und »Weißen« (Rechtsnationalisten) vereinigen. Er basiert auf dem Institut für dynamischen Konservatismus und ist offenbar als Gegenstück zum Waldai-Klub von RIA-Novosti gedacht. Letzterer besteht aus ausländischen Osteuropaexperten und Journalisten sowie russischen Politikern, Wissenschaftlern und Intellektuellen. Prochanow ist Mitglied des Waldai-Klubs und hat von diesem für den antiwestlerischen Isborsk-Klub sowohl das Format einer geographischen Bezeichnung, als auch die Vielseitigkeit der personellen Komposition sowie die Treffen außerhalb Moskaus übernommen.

In Prochanows Klub tauchen ähnliche Namen auf wie im Anti-Orangen Komitee, z. B. Dugin, Leontjew, Starikow und Schewtschenko. Das Mitgliederspektrum ist jedoch weiter und schließt auch weitere prominente antiwestliche Publizisten ein, so Sergej Glasjew, Leonid Iwaschow, Natalja Narotschnizkaja, Archimandrit Tichon alias Schewkunow, Jurij Poljakow und Michail Chasin. Die Bindung an den Kreml ist womöglich noch enger als im Falle von Kurginjans Komitee. Dies wurde etwa dadurch deutlich, dass an dem Gründungstreffen des Klubs in Isborsk der russische Kulturminister Wladimir Medinskij teilnahm, der u. a. durch Plagiatsvorwürfe in Bezug auf seine Doktorarbeit bekannt wurde. Prochanows Klub scheint gut finanziert zu sein und hat bislang Treffen in den Städten Chimki, Jekaterinburg sowie Uljanowsk durchgeführt. Der Isborsk-Klub gibt eine gleichnamige illustrierte Zeitschrift mit einer Auflage von 999 Exemplaren heraus.

Der Florian-Geyer-Klub von Gejdar Dshemal

Die erstaunlichste Neugründung im rechtsextremen Intellektuellenmilieu ist jedoch ein kleiner Zirkel, der sich Konzeptioneller Klub »Florian Geyer« http://www.flor iangeyer.ru/ nennt und am 22. September 2011 gegründet wurde. Angeführt von dem berüchtigten Islamisten und bekennenden Antiwestler Gejdar Dshemal benutzt die Gruppe den Namen einer deutschen Bauernkriegsfigur. Die historische Gestalt Geyer ist in Russland unbekannt, ja dürfte selbst in Deutschland nur wenigen ein Begriff sein. Der Name »Florian Geyer« ist hingegen Zeithistorikern gut bekannt – als Bezeichnung der 8. Kavallerie-Division des SS, die 1943–1944 an der Ostfront zum Einsatz kam.

Freilich berufen sich Dshemal, Dugin und Schewtschenko, die Gründer des Florian-Geyer-Klubs, lediglich auf den einstigen Bauernkrieger und nicht auf die SS-Division. Die Vergangenheit insbesondere Dugins weist jedoch darauf hin, dass den Klubgründern die Verwendung des Namens im Dritten Reich bekannt sein dürfte, und dass hier gezielt mit der doppelten historischen Referenz von »Florian Geyer« gespielt wird. Dshemal und Dugin waren 1980–1990 Mitglieder eines kleinen Moskauer Okkultistenzirkels, der sich »Schwarzer Orden der SS« nannte. In den 1990er Jahren äußerte sich Dugin sowohl unter seinem Pseudonym »Aleksandr Schternberg« als auch unter seinem eigenen Namen wiederholt affirmativ zu Sympathisanten, Angehörigen und Abteilungen der SS, etwa zum Institut »Ahnenerbe«, zum italienischen Waffen-SS-Bewunderer Julius Evola, zum »Reichsführer« Heinrich Himmler und dem »Obergruppenführer« Reinhard Heydrich.

Die in der russischen Öffentlichkeit wahrscheinlich bekannteste Führungsfigur des Florian-Geyer-Klubs, der bereits erwähnte TV-Moderator Schewtschenko, gab zwar nicht den Bezug zur SS-Division zu, konzidierte jedoch in seiner Eröffnungsrede zur Gründung des Klubs: »Dieser Name wurde auch von den deutschen Nationalsozialisten (seinem linken Flügel) benutzt, die mit dem Nationalbolschewismus verbunden waren. Und das Florian-Geyer-Lied, das die junge Generation aus dem Schaffen der Gruppe Rammstein kennt, war sehr populär in jenen linken und rechten Kreisen, die eine antielitäre und antiliberale Position einnahmen.« http://www.floriangeyer.ru/lectures/sovremennaya-demokratiya-kak-politicheskij-institut. Um so erstaunlicher ist daher, dass – neben etlichen Rechtsextremisten – auch einige Intellektuelle an den bisherigen Rundtischgesprächen des Klubs teilnahmen, die nicht in diesen Kontext passen, darunter der Historiker Igor Tschubais, der Jurist Mark Fejgin und der Soziologe Boris Kagarlizkij. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass an den Sitzungen des Klubs auch antiamerikanische Aktivisten aus dem Ausland zu Wort kommen, z. B. der italienische »Traditionalist« Claudio Mutti.

Ein weiterer erwähnenswerter Mitwirkender des Klubs ist der schillernde Publizist Wladimir Kutscherenko, besser bekannt unter seinem Pseudonym »Maksim Kalaschnikow«, der gleichzeitig Mitglied des Isborsk-Klubs ist. Er sympathisiert, wie Dugin, mit Aspekten des Nationalsozialismus und entwickelt in seinen Publikationen ebenfalls extravagante politische Traumwelten. In dem in großer Auflage erschienenen Buch »Vorwärts zu einer UdSSR-2« (2003) phantasiert Kalaschnikow beispielsweise von einer »Neurowelt«, die eine »Struktur« wäre, die Charakteristika »einer Kirche, eines gewaltigen Medienkonzerns sowie eines Finanzimperiums« kombinieren würde und »mit einem Geheimdienst ausgestattet« wäre.

Wie im Falle des Anti-Orangen Komitees ist unklar, ob der Klub trotz seiner fortgesetzten Internetpräsenz derzeit noch aktiv ist. Das letzte auf der Klubwebseite dokumentierte Treffen fand im Juni 2012 statt.

Russische Antiwestler auf dem Vormarsch?

Seit der Ankündigung von Putins dritter Präsidentschaft im September 2011 ist eine Neustrukturierung des ultranationalistischen Intellektuellenmilieus im Gange, wobei dem Isborsk-Klub die größte Bedeutung zukommt. Die rechtsextremen Publizisten äußern sich zumeist kritisch zu den heutigen Zuständen in Russland, entwerfen gar apokalyptische Szenarien für die Zukunft des Landes. Sie können dennoch frei agieren, treten häufig im Staatsfernsehen auf und werden vom Kreml wohlwollend geduldet, wenn nicht gezielt gefördert. Sollten sich diese Tendenzen fortsetzen, wird sich die ohnehin kritische russische öffentliche Meinung gegenüber den USA noch verschlechtern und sich die Entfremdung zwischen Russland und dem Westen weiter vertiefen.

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