Warum Putin Institutionen der Demokratie braucht: Die Gouverneurswahlen in der Region Perm

Von Maria V. Syropyatova [Ivanova] (Perm)

Zusammenfassung
Die Gouverneurswahlen in der Region Perm vom 10. September 2017 haben ein eindeutiges Ergebnis hervorgebracht: Der von Präsident Wladimir Putin vorgeschlagene Kandidat Maxim Reschetnikow siegte mit 82 Prozent der Wählerstimmen – bei einer deutlich gestiegenen Wahlbeteiligung von 42 Prozent. In den ersten Gouverneurswahlen seit 17 Jahren in der Region Perm haben Bevölkerung und Eliten – bei eingeschränktem Angebot – den Kandidaten Putins somit mit einem großen Vertrauensvorschuss ausgestattet. Dieses Ergebnis wirft die Frage auf, welchen Einfluss Wahlen auf die Etablierung demokratischer Institutionen haben. Wie haben sich die Sanktionen und die Wirtschaftskrise auf die Entscheidung der russischen Wähler und lokalen Eliten ausgewirkt? Warum war in der Region überhaupt eine Direktwahl des Gouverneurs notwendig, wo doch auch eine Ernennung per Akklamation durch das Regionalparlament möglich gewesen wäre – und weshalb erhielt ausgerechnet der Kandidat Maxim Reschetnikow diese breite Unterstützung? Das Ergebnis der Gouverneurswahlen in Perm zeigt, dass im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2018 die Wähler in den Regionen effektiv zur Unterstützung eines Kreml-Kandidaten mobilisiert werden können.

Direkte versus indirekte Wahl des Gouverneurs der Region Perm

Der Prozess der Gouverneurswahl in der Region Perm begann praktisch am 6. Februar 2017, an dem Tag, als Präsident Wladimir Putin Maxim Reschetnikow zum kommissarischen Gouverneur der Region ernannte. Die Wahlen waren seit langem erwartet worden, weil Gouverneur Viktor Bassargin, ein »Waräger« (ein Auswärtiger, der nicht aus der betreffenden Region hervorgegangen ist), von den Permer Eliten isoliert war. Putin hätte jedoch nicht unbedingt Direktwahlen abhalten lassen müssen.

Gemäß der russischen Gesetzgebung sind zwei Verfahren möglich, um das Mandat für den Posten des Oberhauptes einer Region zu erlangen. Das erste sieht vor, dass der Präsident Russlands den Abgeordneten des Regionalparlaments einen Kandidaten für das Gouverneursamt vorschlägt. Dabei kann der Präsident, falls sein Vorschlag abgelehnt wird, dem Regionalparlament zwei weitere Male einen Kandidaten vorschlagen. Wird auch der dritte Vorschlag durch das Parlament abgelehnt, so hat sich das Parlament aufzulösen. Das zweite Verfahren, das nun in den meisten Regionen befolgt wird, sieht eine Direktwahl des Gouverneurs vor. Allerdings muss ein Kandidat für eine erfolgreiche Nominierung (Registrierung als Kandidat) die Unterschriften kommunaler Abgeordneter einholen, die dadurch ihre Unterstützung für den Kandidaten bezeugen.

Für Kandidaten, die die von den russischen Wahlgesetzen vorgesehenen kommunalen Filter überwunden haben, liegt dann die Hauptaufgabe darin, die »eigenen« Wähler an die Urnen zu bekommen. Um aber andere Wähler zu mobilisieren, müssen relevante Politiker und Wirtschaftsleute gewonnen werden. Mit Blick auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen eignen sich hierfür die Gouverneurswahlen besonders gut.

Die Region Perm gehört allerdings traditionell zu den für die Zentralregierung schwierigen Regionen. Seit langem gibt es hier eine der landesweit niedrigsten Wahlbeteiligungen. Liberale Parteien sind populär wie nirgendwo sonst. Diese erreichen bei Wahlen unterschiedlicher Ebenen doppelt bis dreimal so hohe Stimmenanteile wie im russischen Landesdurchschnitt. So sorgte die »Union rechter Kräfte« (SPS) für großes Aufsehen, als sie 2006 in der Region Perm bei den regionalen Parlamentswahlen 16,35 Prozent erhielt. Auch der Anteil der Protestwähler ist hoch: Bei den vom Oppositionspolitiker Alexej Nawalnyj initiierten Demonstrationen vom 26. März 2017 lag Perm bei der Teilnehmerzahl landesweit nach Moskau und St. Petersburg an dritter Stelle. Warum waren also Wahlen notwendig – wäre es nicht einfacher, den neuen Gouverneur auf einer Sitzung des Parlaments, der Gesetzgebenden Versammlung der Region Perm, wählen zu lassen?

Eine Direktwahl des Gouverneurs einer Region könnte dann hilfreich sein, wenn man bei den Präsidentschaftswahlen 2018 selbst kandidieren oder »seinen« Kandidaten antreten lassen will: Denn gerade bei Gouverneurswahlen können die Wahlmaschinen für anstehende landesweite Wahlen getestet werden. Da die letzten Gouverneurswahlen in der Region Perm 17 Jahre zurücklagen, waren diese entsprechend wenig entwickelt. Zudem strahlt die Unterstützung für einen bei regionalen Wahlen erfolgreichen Kandidaten auch auf den Wahlkampf und die Ergebnisse bei den Präsidentschaftswahlen aus.

Seit einem Jahr steht die politische Agenda in Russland ganz im Zeichen der im März 2018 anstehenden Präsidentschaftswahlen. Hauptzweck dieser Wahlen ist es, die Legitimität des Regimes sicherzustellen. Unabhängig davon, ob bei diesen Wahlen Wladimir Putin oder sein Nachfolger antreten wird – eine Legitimität lässt sich nur über eine Unterstützung durch die Bevölkerungsmehrheit gewährleisten.

Hier aber gibt es ein Problem. Bekanntermaßen stehen weltweit, auch in Russland, regionale und landesweite Wahlen in einem wechselseitigen Zusammenhang. Wenn Wähler auf regionaler Ebene nicht zu den Urnen gehen, wird ihr Elan auch bei landesweiten Wahlen geringer sein.

Die in Russland in den letzten Jahren bei Parlamentswahlen auf regionaler wie föderaler Ebene verfolgte Strategie einer Erodierung der Wahlbeteiligung hat dazu geführt, dass das Interesse der Bevölkerung an Wahlen abnimmt. Angesichts fehlender Konkurrenz für die Kandidaten des herrschenden Regimes lässt sich nur schwerlich ein intensiver und interessanter Wahlkampf organisieren. Die Verschiebung des Wahltermins (des »einheitlichen Wahltags«) in den September hat dazu geführt, dass viele lieber die letzten warmen Tage nutzen, statt zur Wahl zu gehen.

Unter normalen Umständen ist die Wahlbeteiligung bei landesweiten Wahlen stets höher als bei Regional- oder Kommunalwahlen. Landesweite Wahlen sind wichtiger und das Problem einer niedrigen Wahlbeteiligung ist hier weniger akut. Allerdings war im Jahr 2016 bei den Wahlen zur Staatsduma, dem Unterhaus des russischen Parlamentes, die Wahlbeteiligung gegenüber den Dumawahlen von 2011 um 12 Prozentpunkte zurückgegangen, in der Region Perm waren es sogar 13. Hier gingen bei den Wahlen zur russischen Staatsduma lediglich 35,1 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne. Das war eine der geringsten Wahlbeteiligungen in ganz Russland. Somit ist es besonders in der Region Perm wichtig, sich gut auf die Präsidentschaftswahlen vorzubereiten.

Warum gerade Maxim Reschetnikow?

Um bei den Präsidentschaftswahlen viele Wähler zu mobilisieren, muss zunächst auch bei den Wahlen in der Region selbst ein überzeugendes Ergebnis erzielt werden. Und die Bürger werden kaum in die Wahllokale gehen, wenn es niemanden gibt, für den sie stimmen könnten. Vor diesem Hintergrund war der Kandidat Maxim Reschetnikow eine ausgezeichnete Wahl. Er hatte von Anfang an alle Chancen auf einen Sieg. Reschetnikow ist ein junger, energischer Bürokrat und stammt aus der Region Perm. Nachdem er als Software-Entwickler begonnen hatte, wechselte er in den Staatsdienst. Die Rechnung ging auf: Fast alle Vertreter der Wirtschaft und der politischen Klasse unterstützten ihn. Alle bisherigen – ernannten – Gouverneure hatten sich entweder heftiger Kritik ausgesetzt gesehen, sich in eine Isolierung manövriert oder als zu kraftlos erwiesen, um irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Besonders gut sah Reschetnikow im Vergleich zu Viktor Bassargin aus, dem letzten ernannten Gouverneur. Dessen Abgang war von vielen herbeigesehnt worden, weil ihm Hilflosigkeit gegenüber den Problemen der Region vorgeworfen wurde.

Die Eliten der Region haben eine komplexe Struktur. Meist sind jedoch die einzelnen Vertreter und Gruppen über ein System horizontaler, vor allem wirtschaftlicher Beziehungen miteinander verbunden. Gleichzeitig sind die Eliten offen für neue »Mitglieder«, unabhängig von deren Herkunft oder Status. Falls jemandes Einfluss in diesem oder jenem Bereich groß genug ist, kann er in das System der Zusammenarbeit eingebunden werden. In diesem System herrscht äußerst starker Wettbewerb und für die Anführer der unterschiedlichen Gruppen ist es oft schwer, sich untereinander zu einigen. Und es war eben Reschetnikow, dem es sofort nach seiner Rückkehr in die Region gelang, die Eliten um sich zu scharen. Sogar der bekannte Regisseur Teodor Kurensis, der die Kulturpolitik der Regionalregierung unter Reschetnikows Vorgänger Viktor Bassargin vehement kritisiert hatte, unterstützte nun öffentlich die Kandidatur Reschetnikows.

Die Region Perm gehört zu den führenden Industrieregionen Russlands (zur Wirtschaft der Region s. eingehender den Informationstext über die Region Perm, S. 14–15 dieser Ausgabe). Wegen der Wirtschaftskrise und der Sanktionen ist jedoch der Zugang Russlands zu ausländischen Technologien eingeschränkt. Daher ist eines der Hauptthemen der Permer Wirtschaft, wie ausbleibende Importe ersetzt werden können (Importsubstitution). Zudem haben die Industrieunternehmen einen Bedarf an Investitionen, die es erlauben würden, Perm in ein neues Silicon Valley zu verwandeln.

So liegt es auf der Hand, dass die Entscheidung für einen Kandidaten Reschetnikow eine Antwort auf die Bedürfnisse der Industrieunternehmer ist. Er wird als jemand wahrgenommen, der sich mit den Spezifika der Hightech-Branche in Russland auskennt. Seine Erfahrung in der Verwaltung dient zudem als Beleg, dass er als Mittler zwischen Unternehmen und den Behörden auftreten kann. Er wird als Beamter gesehen, der die nötigen Voraussetzungen für eine Entwicklung der Hightech-Industrie schaffen kann. So war es nur logisch, dass sich die Vertreter der Großunternehmen sofort nach seiner Ernennung zum kommissarischen Gouverneur um ihn scharten.

Allerdings gab es auch einige Ausnahmen von der nahezu umfassenden Unterstützung für Reschetnikow bei der Wahl. Zwei oppositionell eingestellte Wettbewerber strebten die Registrierung als Kandidaten bei den Gouverneurswahlen an. Einer von ihnen war Konstantin Okunew, ehemaliger Besitzer einer Handelskette und offiziell ein Bankrotteur. Er hat das Verfahren zur Registrierung als Kandidat nicht erfolgreich abschließen können, da er nicht die nötige Menge Unterschriften kommunaler Abgeordneten sammeln konnte. Der zweite war Oleg Charaskin, ein ehemaliger Landwirtschaftsminister der Region. Er hatte zwar die notwendigen Unterschriften zusammenbekommen, doch stellte sich später heraus, dass drei Abgeordnete auch für die Nominierung von Andrej Stepanow, einem anderen potentiellen Kandidaten, unterschrieben hatten. Ein Gericht entschied schließlich zu Gunsten Stepanows. Personen des öffentlichen Lebens warfen Reschetnikow vor, Druck auf die kommunalen Abgeordneten ausgeübt und letztlich das Angebot für die Wähler beschnitten zu haben. Und tatsächlich haben die Beobachter fast einstimmig vom völligen Fehlen jeglicher Möglichkeiten gesprochen, dass die Kandidaten, die letztendlich registriert wurden, Reschetnikow bei den Wahlen einen echten Wettbewerb liefern könnten.

Politisch gesehen zeigte sich die Unterstützung durch die Bevölkerung und die Eliten im Wahlergebnis mit 82 Prozent der Stimmen für Reschetnikow. Die Wahlbeteiligung lag bei 42 Prozent, während sie in der Region bei den Wahlen zur Staatsduma 2016 noch bei 35 Prozent gelegen hatte. Eine solche Zunahme in einer einzelnen Region innerhalb eines Jahres ist recht einmalig, da die Wahlbeteiligung bei regionalen Wahlen gewöhnlich niedriger ist, als bei landesweiten. Dies ist umso bemerkenswerter, als die statistischen Berechnungen von Sergej Schpilkin zeigen, dass es in der Region Perm bei der Wahlbeteiligung keine Abweichungen von der normalen Verteilung gibt. Folglich kann man kaum von erheblichen Fälschungen der Wahlergebnisse sprechen. Die Beobachter der NGO »Golos«, die im ganzen Land die Wahlen beobachtet haben, sind insgesamt zum Schluss gekommen, dass die Wahlkommissionen in den Wahllokalen regelkonform vorgegangen sind. Allerdings heben sie hervor, dass es in einer Reihe von Wahllokalen zu Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung gekommen ist, und dass beobachtet wurde, wie Wähler zum Wahllokal gefahren wurden.

Wie lässt sich also diese Zunahme der Wahlbeteiligung erklären? Bezeichnend ist, dass die Wahlbeteiligung vor allem in Gebieten mit Industrieunternehmen zugenommen hat. Wahrscheinlich ist dieser Effekt darauf zurückzuführen, dass die Arbeitgeber Anreize für eine Wahlbeteiligung gegeben hatten. In der Regel bedeutete dies aber keine unmittelbare Nötigung zur Stimmabgabe. Der Arbeitgeber kann hier nur einfach drängen und die Mitarbeiter zum Urnengang aufrufen. Und in Zeiten der Krise lässt sich ein solcher Aufruf nur schwer öffentlich zurückweisen. Die Bürger sind in höherem Maße abhängig, weil sie bei einer Entlassung nur schwer wieder Arbeit finden würden. Allerdings liegt der Grad der Kontrolle über das Wahlverhalten nahezu bei null – die Arbeitgeber haben keine Verbindungen zu den Wahlkommissionen. Anders gesagt: Niemand kann genau wissen, ob jemand zur Wahl gegangen ist, oder nicht. Ein weiterer Faktor, der die Wahlbeteiligung ansteigen ließ, waren die um zwei Stunden verlängerten Öffnungszeiten der Wahllokale: Wer vom Wochenende vor der Stadt nach Hause kam, hatte noch bis zum Ende des Tages die Möglichkeit, ins Wahllokal zu gehen. Bemerkenswert ist, dass die Wahlbeteiligung in den Wahlbezirken der Stadt Perm relativ gering gestiegen ist (um 2,8 Prozentpunkte), wobei dieser Anstieg teilweise auf die Aktion einer Kinokette zurückzuführen sein dürfte: Am Wahltag wurden an alle Wähler zwischen 18 und 35 Jahren Flyer verteilt, die man in Freikarten fürs Kino eintauschen konnte.

Ein Wahlkampf, der keiner war

Der Wahlkampf fand ohne echte Konkurrenz statt und wurde vollständig von Reschetnikows Team kontrolliert. Er bereiste die verschiedenen Gegenden der Region, traf sich mit Vertretern der Wirtschaft und von öffentlichen Einrichtungen sowie mit Arbeitern. Zu den Themen seiner Wahlkampfauftritte gehörten der Bau eines neuen Gebäudes für das Permer Opern- und Ballett-Theater, die Renovierung der Staatlichen Permer Kunstgalerie, die Probleme bei der Erweiterung des Städtischen Zoos und die Pläne für den Ausbau des Bahnhofs zu einem neuen Verkehrsknotenpunkt. Mit anderen Worten: Der Wahlkampf bestand aus Diskussionen über die Aufgaben, die der kommissarische Gouverneur Reschetnikow angehen müsse, sobald er ins Amt gewählt worden ist.

Am 8. September, als eine Reihe von Festivals und die Sommerbiathlon-WM in der Stadt Tschaikowskij (Region Perm) zu Ende gingen, stattete Präsident Wladimir Putin Perm einen Besuch ab. Die Unterstützung durch Putin war wichtig; Wähler und Eliten schätzten die gute Bewertung des Potentials der Region durch den Präsidenten. Zur Umsetzung der Infrastrukturprojekte und für die in der Region benötigten Investitionen braucht es Unterstützung von der Zentralregierung. Und Maxim Reschetnikow gelang es in den entscheidenden letzten Tagen vor der Wahl, eine solche zu erhalten. Nach den Wahlen wurde dann bekannt, dass Putin eine Anweisung an die Regierung über die Finanzierung eines Neubaus des Permer Opern- und Ballett-Theaters sowie den Ausbau eines Fernstraßen-Abschnitts in der Region unterzeichnet hat. Reschetnikow hat bereits mit der Russischen Eisenbahn den Ausbau einer Eisenbahnstrecke auf dem Gebiet der Region Perm abgestimmt, bei dem eine zusätzliche Brücke über die Kama gebaut werden soll. Von Reschetnikow wird ein engagiertes Vorgehen zur Einwerbung von Investitionen, zur Gründung neuer Unternehmen und zur Entwicklung der Hightech-Branchen in der Region erwartet.

Die wirtschaftliche Entwicklung der Region stärkt unweigerlich die Position der Mittelschicht, auch wenn die Wirtschaftssanktionen und die Krise unweigerlich zu einer stärkeren Geschlossenheit der Eliten geführt haben. Der Kandidat Putins errang mit 82 Prozent einen überzeugenden Sieg, der von den Eliten und der Bevölkerung unterstützt wurde.

Gleichwohl musste Wladimir Putin bei der Entscheidung zugunsten von Gouverneurswahlen auch den Kontext berücksichtigen, d. h. die Besonderheiten der Region Perm. Das Wahlergebnis hat gezeigt, dass die Bevölkerung den Kandidaten des Präsidenten unterstützt. Und es wurde klar, dass nicht nur der Präsident in der Lage ist, einen effektiven Verwaltungschef zu bestimmen, sondern die Bürgerinnen und Bürger auch bereit sind, einen solchen zu unterstützen. Früher oder später werden die Politik der Importsubstitution und die Entwicklung der Hightech-Industrie Bedingungen schaffen, unter denen politischer Wettbewerb und ein ungehinderter Zugang aller Kandidaten zu Wahlen notwendig werden – ganz so, wie das bereits in anderen Ländern erfolgt ist.

Fazit

Die Region Perm hat zwar wegen der Sanktionen Rückschläge erfahren, doch werden diese nicht von Dauer sein. Das gilt umso mehr, als in der Region auf die Erfahrung demokratischer Wahlen zurückgegriffen werden kann. Es ist kein Zufall, dass Perm eine lebendige Kulturszene hat und als eine der Hochburgen gilt, in denen sich die Zivilgesellschaft entwickelt.

Bereits im 19. Jahrhundert war es der Traum der städtischen Eliten, ein Operntheater mit einem eigenen Ensemble einzurichten. 1870 dann wurde das Opern- und Ballett-Theater gebaut. Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte Sergej Djagilew, dessen Onkel einer der Hauptmäzene beim Bau des Theaters und der Gründung des Ensembles gewesen war, das russische Ballett für Europa. Eines der beiden Orchester des Theaters, »MusicAeterna«, eröffnete 2017 mit seinem Konzert die Salzburger Festspiele. Wirtschaftskreise aus Perm haben einen gewichtigen Anteil an der Förderung Theaters. Träume können wahr werden!

Es mag unwahrscheinlich erscheinen, doch es ist durchaus möglich, dass in der Region Perm in einigen Jahren eine echte Demokratie entsteht, eine Demokratie ohne Adjektive wie »souverän« oder »gelenkt«. In der Region Perm zumindest bestehen hierfür alle Voraussetzungen.

Übersetzung aus dem Russischen: Hartmut Schröder

Lesetipps / Bibliographie

  • Golosov, Grigorii V.: Machine Politics: The Concept and Its Implications for Post-Soviet Studies, in: Demokratizatsiya, 21.2013, Nr. 4, S. 459–80.
  • Sharafutdinova, Gulnaz; Jevgenijs Steinbuks: Governors Matter, in: Economics of transition, 25.2017, Nr. 3, S. 471–493.

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