Die Privatisierung militärischer Aufgaben wird in europäischen Diskussionen häufig mit dem Einsatz westlicher privater Dienstleister im Irak und in Afghanistan assoziiert. Inzwischen mehren sich aber Berichte über weitere Akteure, die private militärische Dienstleister nutzen. Die Auslagerung staatlicher Aufgaben an private Anbieter im Sicherheitsbereich, oder die Schaffung neuer Sicherheitsaufgaben unter nominell privaten Vorzeichen ist kein rein westliches Phänomen. Bei der Nutzung privater Dienstleister durch nicht-demokratische Staaten stechen insbesondere China und Russland ins Auge – letzteres formell eine »gelenkte« Demokratie, die sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer stärker zu einem autoritären Staat entwickelte. Beide Mächte haben in jüngerer Vergangenheit in ihren jeweiligen regionalen Kontexten explizit auf Instrumente zurückgegriffen, mit denen rechtliche Grauzonen ausgenutzt werden konnten. Dazu gehört, dass sie zunehmend nominell private Militär- und Sicherheitsdienste jenseits der eigenen Grenzen einsetzen, um nationale Interessen durchzusetzen und zu sichern. Ihr Einsatz folgt jedoch ganz unterschiedlichen Herangehensweisen: So ähnlich die Grundvoraussetzungen auf den ersten Blick erscheinen mögen, so unterschiedlich ist die Praxis. Deshalb ist ein genaueres Verständnis der jeweiligen Konfiguration und des Einsatzes privater Gruppen durch diese beiden autoritären Staaten umso wichtiger. Die Dienste privater Militär- und Sicherheitsdienstleister können grundsätzlich in Unterstützungsleistungen, darunter Logistik, militärische und nachrichtendienstliche Aufklärung, Ausbildung und Beratung lokaler Kräfte einerseits, sowie Schutz- und Kampfaufträge andererseits eingeteilt werden. In Einsatzgebieten sind diese Unterschiede indes mitunter schwer zu ziehen: Ausbildung im Feld kann effektiv in Kampfeinsätzen münden, unabhängig davon, ob dies ursprünglich beabsichtigt war. Um das volle Spektrum privater Leistungen im Sicherheits- und Verteidigungsbereich darzustellen, hat sich die Bezeichnung Privater Militär- und Sicherheitsdienstleister (Private Military and Security Contractor, PMSC) durchgesetzt. In dieser Analyse wird von Militärdienstleistern gesprochen, wenn Kampfhandlungen explizit Teil der Auftragsstellung einer privaten Gruppe sind, während dies für Sicherheitsunternehmen lediglich ein Extremszenario darstellt. Die hier betrachteten Fälle Russland und China zeigen die Vielfalt privater Sicherheits- und Militärakteure auf: Während der Kreml und die oligarchische Elite Russlands private Militärfirmen sowohl für Kampfeinsätze im nationalen Interesse, als auch zur Selbstbereicherung einsetzen, sucht Peking sein wachsendes globales Netzwerk von Infrastrukturen, seit 2013 unter dem Namen Belt and Road Initiative (BRI) bekannt, durch eigene Sicherheitsdienste zu schützen.
Moskaus nützliches Werkzeug
Die Nutzung privater Dienstleister durch Russland ist insbesondere aufgrund ihres Einsatzes während des Ukraine-Krieges seit 2014 ein Thema von großem internationalem Interesse. Allerdings sind gesicherte Fakten schwer zu ermitteln. Recherchen russischer und internationaler Investigativportale wie Fontanka und Proekt Media beschäftigen sich vor allem mit der »Gruppe Wagner«, deren Einsatz in der Ukraine und in Syrien als bestätigt gilt. Das investigative Kollektiv Bellingcat zählte bis zu 2500 Wagner-Söldner in Syrien im Jahr 2015, jedoch ist unklar, wie viele Mitglieder dieser Gruppe insgesamt angehören. Die de facto Spezialeinheit »Gruppe Wagner« ist damit zwar der bekannteste russische Militärdienstleister – jedoch keineswegs der einzige. Die »Gruppe Wagner« wurde in Russland zwar nie als Unternehmen registriert, allerdings von Russlands Präsident Wladimir Putin selbst auf einer Pressekonferenz im Jahr 2018 erwähnt. Putin betonte, die Gruppe könne ihren geschäftlichen Interessen in jedem Teil der Welt nachgehen, sofern sie dabei keine russischen Gesetze bräche. Solche Äußerungen sollen zwei Signale aussenden: Es sollen genug Informationen offenbart werden, um Moskaus vermeintlichen globalen Einfluss zu verdeutlichen, ohne dass jedoch präzise Informationen wie die Namen einzelner Söldner oder Einsatzpraktiken an das Licht der Öffentlichkeit gelangen. Zeugnis dieser Politik ist zudem, dass der Begriff »Gruppe Wagner« heute zu einer Art Sammelbegriff geworden ist, der viel mehr eine Aktivität privater russischer Militärdienstleister beschreibt, als dass ihr eine organisatorische Struktur eindeutig zuzuschreiben wäre.
Zudem bedeutet »privat« im russischen Kontext keinesfalls »vom Staat unabhängig«. Stattdessen verbinden sich in diesen Dienstleistern ohnehin schwer voneinander zu trennende oligarchische und staatliche Interessen. Dies wird im Fall der »Gruppe Wagner« selbst durch ihre Nähe zum militärischen Geheimdienst (GRU) einerseits, und zu Geschäftsleuten mit einem klaren Bereicherungsinteresse andererseits unterstrichen. Sicher ist, dass diese Dienstleister zwar nicht immer im Auftrag des russischen Staates agieren müssen, aber nie gegen dessen Interessen eingesetzt werden. Inwiefern ein Einsatz direkt vom Kreml gesteuert wird, variiert und ist selten eindeutig festzustellen.
Die Gruppe Wagner
Die Anfänge der mittlerweile berüchtigten »Gruppe Wagner« liegen in der »Moran Security Group«, einer russischen privaten Sicherheitsfirma. Die »Gruppe Wagner« entstand 2014 im Rahmen der russischen Intervention in der Ukraine unter dem Kommando des ehemaligen Spezialeinheitsoffiziers Dmitrij Utkin. Dessen ideologische Nähe zum Dritten Reich handelte ihm den Kampfnamen »Wagner« ein, nach dem die Gruppe in der Folge benannt wurde. In ihrer Nähe zum GRU ist die »Gruppe Wagner« lange für einzigartig gehalten worden. Es ist umstritten, ob und inwiefern inzwischen andere russische Dienstleister wie Shield und Patriot zusätzlich oder statt der »Gruppe Wagner« unter enger Führung der russischen Geheimdienste zum Einsatz kommen.
Die »Gruppe Wagner« ist zudem Teil eines von Jewgeni Prigoschin, einem russischen Geschäftsmann und langjährigen Bekannten Putins, geschaffenen Netzwerks an Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen. Während die Gruppe zunächst in der Ukraine und später in Syrien vor allem das russische Militär flankierte oder entlastete, sind seit 2018 die Frequenz und der Umfang von Aktivitäten auf dem afrikanischen Kontinent gestiegen, zum Beispiel in Libyen, wofür Prigoschin kürzlich auf eine Sanktionsliste der EU gesetzt wurde. Aber auch in Mosambik, Madagaskar, im Sudan und in weiteren Ländern wurde die Gruppe gesichtet. Beobachterinnen und Beobachter vermuten, dass diese Handlungen eher mit dem Ziel der Bereicherung Prigoschins durchgeführt werden, auch wenn sie staatlichen Interessen nicht zuwiderlaufen. Als Teil des von Prigoschins geschaffenen Ökosystems oligarchischer Interessen führt die »Gruppe Wagner« unter anderem Sicherheits-, Trainings-, Wach- und Kampfdienste aus. In der Zentralafrikanischen Republik trainieren zum Beispiel Wagner-Einheiten lokale Sicherheitskräfte, gleichzeitig hat Prigoschin exklusive Abbaurechte an einer Goldmine erhalten.
Eine zunehmende Belastung?
Neben der doppelten, ans Ausland gerichteten Informationspolitik, folgt der Einsatz privater Sicherheitsdienstleister auch einer innenpolitischen Logik: Verlustzahlen des regulären militärischen Personals in Kriegsgebieten werden auf diese Weise minimiert. Allerdings stellen private Gruppen auch eine Herausforderung für die russische Regierung dar.
Zum einen wird die zunehmende Dokumentation der Operationen der »Gruppe Wagner« zur Herausforderung für Moskau: Sie schädigt nicht nur Russlands Ruf, sondern fördert auch konkrete Informationen über Personal und Einsatzmuster zutage, die Moskau eigentlich geheim halten möchte.
Zum anderen ist das Verhältnis zwischen der russischen Regierung und privaten bewaffneten Gruppen ambivalent. Ein Beispiel dafür ist die rechtliche Situation privater Militärdienstleister. Während es in Russland legal ist, eine private Sicherheitsfirma zu betreiben, sind private Militärfirmen, welche militärische Dienste durch Söldner anbieten, laut dem russischen Strafgesetzbuch verboten. Gleichzeitig ist aber gemeinhin bekannt, dass private russische Militärdienstleister existieren. Diese paradox wirkende Situation nützt der russischen Regierung insofern, als sie private Militärdienstleister besser kontrollieren kann, gerade weil sie illegal sind. Die Illegalität öffnet ein Fenster der Willkür: So ist es etwa möglich, dass einerseits im Jahr 2013 zwei Mitglieder der Privateinheit »Slavonic Corps« nach verrichteter Mission in Syrien im Auftrag des russischen Inlandsgeheimdienstes (FSB) bei ihrer Rückkehr nach Russland ohne ersichtlichen Grund für illegale Söldneraktivitäten drei Jahre ins Gefängnis gebracht wurden. Andererseits erhielten Söldner der »Gruppe Wagner« nur wenige Jahre später militärische Auszeichnungen.
Das volle Ausmaß dieser Willkür wird durch einen Zwischenfall im Osten Syriens im Jahr 2018 deutlich: Einheiten der »Gruppe Wagner« hatten einen Überraschungsangriff auf ein von US-Streitkräften bewachtes Ölfeld bei Deir ez-Zor versucht. Es ist unklar, inwiefern die Gruppe hier im staatlichen Auftrag handelte. Als der russische Generalstab trotz wiederholter Nachfrage konsequent abstritt, dass es sich dabei um Truppen unter russischem Kommando handelte, kamen bei anschließenden US-Luftschlägen dutzende russische Söldner ums Leben. Dieses Beispiel unterstreicht, dass sich private bewaffnete Gruppen in politisch komplexen Lagen leicht zu einem Problem für die russische Regierung entwickeln können. Es zeigt aber auch, wie komplex das Verhältnis des Kremls zu seinen privaten Gruppen ist. Um ein solches, politisch ambivalentes Szenario zu vermeiden, hat China einen anderen Ansatz in der Nutzung privater Dienstleister gewählt.
Sicherheitslücke im Ausland?
Pekings Infrastrukturprojekte im Rahmen der BRI resultieren nicht nur in einer Steigerung des politischen und wirtschaftlichen Gewichts Chinas auf regionaler und globaler Ebene (siehe CSS Analysen Nr. 195, 249 und 254), sondern ziehen auch einen beträchtlich anwachsenden Sicherheitsbedarf nach sich – und damit auch einen lukrativen Markt für chinesische, lokale und westliche Sicherheitsunternehmen. Insbesondere Infrastrukturen wie Docks, Minenanlagen und Raffinerien sowie ihr chinesisches Personal müssen in fragilen Regionen wie etwa in Ostafrika und in Zentralasien bewacht und geschützt werden. Gerade weil das Projekt als Element politischer Einflussnahme und nicht lediglich als Ausbau von Handelsrouten wahrgenommen wird, will China die BRI jedoch nicht militarisieren. Um den Eindruck einer imperialistischen Außenpolitik zu vermeiden, entstehen auf der Sicherheitsseite Probleme und Dilemmata für Peking.
Der gesteigerte Sicherheitsbedarf ergibt sich nicht nur durch die stetig wachsende Zahl im Ausland tätiger chinesischer Bürgerinnen und Bürger, sondern auch durch das bewusst verstärkte globale Profil Pekings. Angriffe auf chinesische Infrastrukturen und Geiselnahmen von Personal werden in der Folge attraktiver für terroristische und kriminelle Organisationen. Zudem kann sich der wachsende logistisch-ökonomische Fußabdruck Chinas selbst zu einem destabilisierenden Faktor entwickeln, der seinerseits einen verstärkten Sicherheitsansatz erfordert. So etwa, wenn chinesische Investitionen lokale Machtgleichgewichte stören und dies bewaffneten Widerstand gegenüber Peking nach sich zieht. Gleichzeitig scheint die chinesische Regierung bisher nicht gewillt, ihre Streitkräfte für den Schutz der BRI heranzuziehen.
So wird die Marine der Volksbefreiungsarmee (VBA) zwar verstärkt zu Anti-Piraterie-Missionen herangezogen, ihre Möglichkeit, auf dem Land zu intervenieren ist allerdings auf küstennahe Bereiche beschränkt. Während beispielsweise 2015 etwa 900 chinesische und weitere ausländische Staatsangehörige aufgrund einer dramatisch verschlechterten Sicherheitslageüber den Hafen Aden aus dem Jemen evakuiert wurden, gestalten sich derartige Operationen im Landesinnern oftmals wesentlich komplexer.
Der Anschlag auf das Radisson Blu Hotel in Bamako in Mali im November 2015, bei dem drei leitende Mitarbeitende der China Railway Construction Corporation getötet wurden, zeigt diese Problematik deutlich auf: Chinesische Truppen, die sich in Mali befanden, waren als Teil der Friedensmission MINUSMA der UN unterstellt und konnten somit nicht herangezogen werden. Auch wenn die VBA seitdem ihre Kontakte mit afrikanischen Streitkräften ausbaut und 2017 eine Marinebasis in Dschibuti in Betrieb nahm, bleibt eine Sicherheitslücke bestehen. Lokal angeworbene Milizen und Sicherheitsdienste würden einen logischen Ausweg bilden, allerdings haben chinesische Unternehmen hier schlechte Erfahrungen gemacht. So etwa 2010 in Sambia, als mit scharfer Munition auf streikende Arbeiterinnen und Arbeiter einer Kohlemine geschossen wurde.
Private chinesische Dienstleister, die im Ausland chinesische Interessen sichern, wären somit eine ideale Lösung. Seit 2009 sind Sicherheitsunternehmen in China erlaubt. Für sie böte Chinas wachsendes politisches und wirtschaftliches Gewicht im Ausland einen lukrativen Markt. Überraschenderweise stellten 2018 jedoch lediglich 20 der 5000 in China registrierten Sicherheitsunternehmen ihre Dienste im Ausland zur Verfügung. Die Gründe hierfür lassen sich auch im Verhalten der chinesischen Regierung finden, welche weder über die Sicherheit noch die Außenwahrnehmung der BRI die Kontrolle verlieren will. Auch »private« chinesische Sicherheitsdienste sind folglich keineswegs »staatlich unabhängig«.
Entwaffnende Zielkonflikte
Die politische Wahrnehmung der BRI ist dabei von entscheidender Bedeutung, denn auch der Einsatz von Söldnern könnte den Eindruck einer vermeintlichen Militarisierung des Projekts erwecken, was um jeden Preis verhindert werden soll. Im Ausland tätigen chinesischen Sicherheitsunternehmen ist es deshalb gesetzlich untersagt, Waffen zu tragen. Dies beschränkt ihre Dienste darauf, Sicherheitstrainings und -analysen durchzuführen, sowie vor Ort als taktische Beraterinnen und Berater für lokale Kräfte zu agieren. Eine Ausnahme sind maritime Schutzdienste, die sich auf See mit Waffengewalt verteidigen dürfen. Daneben diktiert Peking, dass chinesische Sicherheitsunternehmen im Ausland ausschließlich für chinesische Firmen arbeiten sollen. Dieser Druck durch die chinesische Regierung zielt allerdings auf beide Seiten der Gleichung: So übt Peking auch Druck auf an der BRI beteiligte Staatsunternehmen aus, damit diese im Ausland auf chinesische Sicherheitsanbieter zurückgreifen. Bisher bevorzugten diese Unternehmen westliche Sicherheitsfirmen mit mehr Einsatzerfahrung, insbesondere in Hochrisikogebieten.
Neben dem Waffenverbot haben chinesische Sicherheitsunternehmen einen weiteren entscheidenden Nachteil gegenüber westlichen Firmen: Die VBA stellt keinen Pool kampferprobter Veteraninnen und Veteranen für bewaffnete Wach- und Eskorteinsätze bereit, auf den sie zugreifen könnten. Der Druck, ausnahmslos auf chinesische Rechnung zu handeln, führt dazu, dass private Dienstleister diese fehlenden Einsatzerfahrungen nicht außerhalb von BRI-Aufträgen machen können. Gleichzeitig fehlen lokale Kenntnisse und Kontakte, welche beispielsweise kleinere afrikanische Unternehmen aufweisen.
Solange die oben beschriebenen Regulierungen insbesondere zum Waffengebrauch nicht aufgeweicht werden, können chinesische Privatanbieter nicht effektiv in Hochrisikogebieten operieren. Somit ist es derzeit nicht wahrscheinlich, dass sich chinesische Wagner-Äquivalente bilden werden. Das Primat der chinesischen Führung, zunächst den Eindruck einer militarisierten BRI zu verhindern, kann jedoch mittelfristig den strategischen Interessen Chinas zuwiderlaufen, da Peking die Sicherheit seiner Investitionen im Ausland gegenwärtig nicht vollständig garantieren kann. Eine punktuelle Veränderung dieses Primats hin zu einem stärker militärischen Verhalten ist deshalb nicht ausgeschlossen. Dies macht die Beobachtung der Entwicklung chinesischer Sicherheitsdienstleister umso wichtiger.
»Private« Staatsdiener
Die unterschiedliche Nutzung privater Dienstleister durch Russland und China beruht auf unterschiedlichen strategischen Prioritäten: Moskau will sich als möglichst militärisch effektiv und mächtig zeigen und versucht, mit »verdeckten« Einsätzen im Ausland Einfluss zu nehmen. Peking möchte wohlwollend auftreten und scheint zumindest für den Moment darauf bedacht, den Eindruck aufrechtzuerhalten, die BRI sei ein Projekt pragmatisch-wirtschaftlicher Prioritäten ohne Sicherheitsimplikationen.
In der Praxis unterliegen also sowohl in Russland, als auch in China private Militär- beziehungsweise Sicherheitsdienstleister den Regeln des autoritären Staates, der sie entweder gewähren lässt oder aktiv steuert. Dabei entstehen systemimmanente, und somit für jedes Land unterschiedliche Zielkonflikte. Im russischen Fall werden militärische Misserfolge und öffentliches Bekanntwerden der Aktivitäten privater Dienstleister teilweise zur Belastung für den Kreml. China versucht, seine Sicherheitsindustrie so eng mit der BRI zu verknüpfen, dass am Ende weder die Bedürfnisse der an der BRI beteiligten Unternehmen, noch die Profitabilität chinesischer Sicherheitsanbieter garantiert sind.
Die größte Gemeinsamkeit stellt das eingeschränkte Potenzial für eigenständiges Handeln der jeweiligen Militär- beziehungsweise Sicherheitsdienstleister dar, welches in beiden Fällen lediglich an den Rändern des jeweils staatlich definierten Aufgabenspektrums besteht. Im Gegensatz zu ihren westlichen Äquivalenten stellen diese Dienstleister zuallererst »patriotische Unternehmen« dar, von denen die jeweiligen Regierungen Loyalität erwarten. Während westliche PMSC als private Firmen durchaus den Interessen der USA oder einzelner NATO-Staaten zuwider handeln können, ist es nicht vorstellbar, dass russische Dienstleister wie die »Gruppe Wagner« oder chinesische Sicherheitsfirmen aufgrund monetärer Anreize für einen anderen Staat arbeiten würden. Es ist folglich falsch und irreführend, diese Dienstleister in einem autokratischen Kontext als »privat« zu bezeichnen, denn die dabei suggerierte Gemeinsamkeit zwischen westlichen, russischen und chinesischen Firmen ist nicht gegeben. Statt ein westliches Verständnis von »privat« im Sinne von »marktwirtschaftlich« anzuwenden, sollten PMSC in Russland und China jeweils einzeln gedacht, verstanden und bewertet werden.
Der Text wurde am 04. November 2020 als CSS Analyse von der ETH Zürich hier veröffentlicht https://css.ethz.ch/ueber-uns/css-news/2020/11/mercenaries-in-the-service-of-authoritarian-states.html. Die Redaktion der Länderanalysen bedankt sich für die Möglichkeit, den Text nachzudrucken.