Erklärung der Russländischen Rektorenkonferenz

Einleitung der Zeitschrift OSTEUROPA:

Die Russländische Rektorenkonferenz stellt sich in einer öffentlichen Erklärung zum Krieg gegen die Ukraine auf die Seite der Staatsführung. Das Dokument, das an die Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reichs aus dem Jahr 1914 erinnert, rechtfertigt den Angriffskrieg und schwört die Hochschulen auf eine patriotische Erziehung der Jugend ein. Mehr als 700 Rektorinnen und Rektoren haben die Erklärung unterzeichnet. Der Druck auf unabhängige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Russland wird so weiter massiv erhöht. Die DGO und die Zeitschrift Osteuropa setzen sich weiterhin für die individuelle Unterstützung aufrichtiger und mutiger Menschen ein, deren Denken und Schreiben der Wahrheit verpflichtet ist.

4.3.2022

Sehr verehrte Kollegen!

Vor unseren Augen spielen sich Ereignisse ab, die jeden Bürger Russlands betreffen. Russland hat die Entscheidung getroffen, die achtjährige Konfrontation zwischen der Ukraine und dem Donbass endlich zu beenden, eine Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine durchzusetzen und sich so vor einer wachsenden militärischen Bedrohung zu schützen.

Wir, die Hochschulrektoren der Russländischen Föderation, haben über viele Jahrzehnte die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine im Bereich von Wissenschaft und Bildung unter gegenseitiger Wertschätzung aufgebaut und gestärkt. Unsere gemeinsame Forschung hat einen enormen Beitrag zur globalen Wissenschaft geleistet, weshalb die seit vielen Jahren anhaltende Tragödie im Donbas unsere Herzen mit besonderem Schmerz und Bitterkeit erfüllt.

In diesen Tagen ist es sehr wichtig, unser Land zu unterstützen, unsere Armee, die unsere Sicherheit verteidigt, unseren Präsidenten zu unterstützen, der die vielleicht schwierigste Entscheidung seines Lebens getroffen hat, eine unter Schmerzen errungene, aber notwendige Entscheidung.

Es ist wichtig, dass wir unsere grundlegende Pflicht nicht vergessen: die Kontinuität der Lehre aufrechtzuerhalten und die Jugend zu Patriotismus zu erziehen, zum Bestreben, ihrer Heimat zu helfen.

Die Universitäten waren stets eine Stütze des Staates. Unser vorrangiges Ziel ist es, Russland zu dienen und sein intellektuelles Potenzial zu entwickeln. Heute, da wir zahlreichen wirtschaftlichen und medialen Angriffen ausgesetzt sind, müssen wir mehr denn je Selbstgewissheit und Festigkeit zeigen, uns in Wort und Tat um unseren Präsidenten scharen, unserer Jugend ein Beispiel für Optimismus und Glauben an die Kraft der Vernunft geben und die Hoffnung auf baldigen Frieden wecken.

Gemeinsam sind wir stark!

Es folgen die Unterschriften der Rektoren von über 700 Hochschulen in Russland.

Originalquelle: http://www.rsr-online.ru/news/2022-god/obrashchenie-rossiyskogo-soyuza-rektorov1/ Im Juni 2022 ist die Erklärung allerdings von der Webseite gelöscht worden, das Original ist im Internet Archive weiterhin zugänglich: https://rsr-online.ru/news/2022-god/obrashchenie-rossiyskogo-soyuza-rektorov1/ Übersetzung der Erklärung durch die Redaktion der Zeitschrift OSTEUROPA: https://zeitschrift-osteuropa.de/blog/russische-rektorenkonferenz/.

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Analyse

Russische Wissenschaft und der Krieg in der Ukraine

Von Dmitrij Dubrowskij
Bis zum Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine hatte der Kreml versucht, die Stärke russischer Universitäten und Forscher:innen in den internationalen Rankings zu demonstrieren. Jetzt führen die wegen des Krieges verhängten Sanktionen des Westens dazu, dass russische Wissenschaftler:innen isoliert werden. Als Reaktion sind jene Teile der russischen Wissenschaft, die traditionell eine Zusammenarbeit mit dem Westen ablehnten, bestrebt, national definierte Maßstäbe zu etablieren. Russland wird wohl eine neue Form der akademischen Internationalisierung anstreben und dabei seine Aufmerksamkeit weniger gen Westen richten als vielmehr auf China, Indien und den Iran.
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Analyse

Die Zerstörung der akademischen Freiheit und der Sozialwissenschaften in Russland

Von Theodore Gerber, Hannah Chapman
Die jüngsten innenpolitischen Repressionen der russischen Regierung und die plötzliche Isolierung russischer Wissenschaftler:innen von internationalen Kooperationspartner:innen werden die russische Wissenschaft, insbesondere die Sozialwissenschaften, wahrscheinlich zerstören. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind die russischen Sozialwissenschaften praktisch aus dem Nichts entstanden und haben sich zu einer wichtigen Quelle für wissenschaftliche Forschung, Verbindungen zu globalen akademischen Netzwerken und Einblicke in die Funktionsweise der russischen Gesellschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft entwickelt. Der zu erwartende Verlust der russischen Sozialwissenschaften wird eine wichtige Quelle für unser Verständnis für Russland versiegen lassen. Obwohl sich die Unterstützungsprogramme für geflüchtete Wissenschaftler:innen derzeit (zu Recht) auf die Hilfe für ukrainische Forscher:innen und Studierende konzentrieren, sollten westliche Regierungen, Universitäten und große Förderorganisationen Maßnahmen ergreifen, um russische Sozialwissenschaftler:innen im Exil einen Verbleib zu organisieren und sie zu schützen. Und zwar nicht nur kurzfristig, sondern bis sich die Bedingungen in Russland ändern und eine Wiederaufnahme der Sozialwissenschaften dort möglich sein wird.
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