Die politische Elite Georgiens und ihre Verbindungen zu Russland
- Bidsina Iwanischwili: Der Milliardär und ehemalige georgische Premierminister Iwanischwili erwarb in den 1990er Jahren in Russland durch Investitionen im Banken-, Metallurgie- und Telekommunikationssektor ein beträchtliches Vermögen. Obwohl er sich von seinen offiziellen politischen Ämtern zurückgezogen hat, gilt er weithin als graue Eminenz der Regierungspartei »Georgischer Traum«. Kritiker:innen behaupten, dass Georgien unter seinem Einfluss eine Hinwendung zu Russland und eine Abkehr von seinem prowestlichen Kurs vollzogen habe. Im Dezember 2024 verhängten die USA Sanktionen gegen Iwanischwili, weil er angeblich die Demokratie untergrabe und Russland begünstige. Zudem äußerte er sich offen antiwestlich und erklärte im Wahlkampf 2024, Georgien solle sich bei Russland für den Krieg von 2008 entschuldigen.
- Chwitscha Makazarija und Mamuka Togonidse: Diese georgischen Geschäftsleute halten einen Anteil von 24,5 Prozent an JSC Telasi, dem Unternehmen, das für die Stromversorgung und -verteilung in Tbilissi zuständig ist. Die Mehrheitsbeteiligung (75,5 Prozent) gehört der russischen Inter RAO, was auf eine starke russische Präsenz im georgischen Energiesektor hindeutet.
- Micheil Kawelaschwili: Der ehemalige Fußballprofi wurde unter heftigen Protesten als »Präsident« Georgiens vereidigt. Seine Machtübernahme wird mit Bidsina Iwanischwili in Verbindung gebracht, was Kritiker:innen dazu veranlasst, seine Präsidentschaft als Versuch zu sehen, Georgien enger an Russland zu binden und das Land von der europäischen Integration abzubringen.
- David Jakobaschwili: Der russisch-georgische Geschäftsmann Jakobaschwili hat 2014 einen Anteil von 49 Prozent an Petrocas Energy an die staatliche russische Ölgesellschaft Rosneft verkauft. Petrocas Energy ist Eigentümer eines strategisch wichtigen Ölterminals in Poti an der georgischen Schwarzmeerküste. Trotz des Verkaufs bleibt Jakobaschwilis Unternehmen Mehrheitsaktionär, was auf anhaltende Geschäftsbeziehungen mit dem russischen Staat hindeutet.
- Wachtang Gomelauri: Als georgischer Innenminister wurde Gomelauri für Maßnahmen kritisiert, die als im Einklang mit russischen Interessen gesehen wurden. Am 24. Oktober 2024 kündigte er den Kauf neuer Wasserwerfer für die Bereitschaftspolizei an, was als Vorbereitung auf mögliche Proteste nach den Parlamentswahlen gewertet wurde. Darüber hinaus verhängten die USA am 6. Januar 2025 Sanktionen gegen Gomelauri wegen seiner Beteiligung an schweren Menschenrechtsverletzungen gegen Demonstranten.
- Otar Partschaladse: Der ehemalige georgische Generalstaatsanwalt Partschaladse wurde am 14. September 2023 vom Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums wegen seiner Zusammenarbeit mit dem russischen Föderalen Sicherheitsdienst (FSB) mit Sanktionen belegt. Er erwarb die russische Staatsbürgerschaft mit Hilfe des FSB-Offiziers Alexander Onischtschenko und war in russische Geschäfte verwickelt, einschließlich Beteiligungen an in Moskau ansässigen Beratungsfirmen.
- Irakli Garibaschwili: Garibaschwili war georgischer Premierminister und ist Mitglied der Partei »Georgischer Traum«. Unter seiner Führung wurde die Regierung für ihre Politik der Annäherung an Russland kritisiert, einschließlich des umstrittenen Gesetzes über »ausländische Einflussnahme«, das erhebliche Proteste im Land und internationale Besorgnis auslöste. In seine Amtszeit fiel auch die Verschlechterung der Beziehungen zur Ukraine. Er warf dem Westen vor, in Georgien eine zweite Front eröffnen zu wollen. Außerdem machte er den Westen für den Beginn der großangelegten Invasion in die Ukraine verantwortlich.
- Irakli Kobachidse: Als ehemaliger Vorsitzender der Partei »Georgischer Traum« und jetziger Premierminister spielt Kobachidse eine wichtige Rolle in der Politikgestaltung. Der Partei »Georgischer Traum« wird vorgeworfen, Georgien in Richtung Russland und weg von westlichen Bündnissen zu lenken. Gesetzesinitiativen wie das Gesetz über »ausländische Einflussnahme« und der Plan, die georgische Opposition und den NGO-Sektor bis 2025 zu zerstören, untermauern diese Vorwürfe. Außerdem hat er die EU-Integration bis 2028 ausgesetzt und sich autoritären Regimen wie China, Russland, Aserbaidschan und dem Iran angenähert.
Russische Unternehmen und das georgische Wirtschaftswachstum
Bis Ende 2022 waren rund 110.000 Russ:innen nach Georgien gezogen, die sich hauptsächlich in Tbilissi und Batumi niederließen. Diese Migration führte auch dazu, dass russische Staatsbürger:innen seit Beginn der großflächigen Invasion in der Ukraine fast 30.000 neue Unternehmen registrierten. Das zugewanderte russische Unternehmertum hatte einen erheblichen Einfluss auf die georgische Wirtschaft und trug nach Angaben des Wirtschaftswissenschaftlers Davit Keschelawa mindestens zwei Prozentpunkte zum zehnprozentigen Wachstum des georgischen BIP im Jahr 2022 bei. Der Zustrom hat jedoch auch die Mietpreise in die Höhe getrieben und soziale Spannungen verschärft und war von steigender Inflation begleitet. Während die meisten russischen Einwander:innen den Krieg und Wladimir Putin ablehnten, wurden sie von vielen Georgier:innen mit der russischen Aggression in Verbindung gebracht. Dabei wurde auf historische Missstände wie die Invasion 2008 und die anhaltende Unterstützung der abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien verwiesen. Die antirussische Stimmung, insbesondere unter jüngeren Georgier:innen, äußerte sich in Graffiti und politischen Kampagnen, in denen für eine restriktivere Einwanderungspolitik geworben wurde.
Obwohl der anfängliche Zustrom einen positiven Beitrag zur georgischen Wirtschaft leistete, weisen die Daten aus dem Jahr 2023 auf einen Abwanderungstrend der russischen Migrant:innen hin. So verließen in der ersten Jahreshälfte mehr Russ:innen Georgien als immigrierten. Diese Verschiebung deutet darauf hin, dass die langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen komplexer sein könnten und genau beobachtet werden sollten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Umsiedlung russischer Unternehmen und Einzelpersonen nach Georgien einen messbaren Einfluss auf das BIP des Landes hatte, ähnlich wie es in Armenien der Fall war. Die damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen unterstreichen jedoch die Notwendigkeit einer ausgewogenen Politik, um solche demografischen und wirtschaftlichen Verschiebungen innenpolitisch zu bewältigen.
Direktflüge zwischen Russland und Georgien
Russland setzte[1] den Flugverkehr mit Georgien 2019 aus, nachdem massive Proteste gegen den Besuch des russischen Duma-Abgeordneten Sergej Gawrilow stattgefunden hatten, der versucht hatte, sich vom Rednerpult des georgische Parlamentes an das Plenum zu wenden. Die georgischen Bürger:innen empfanden dies als Schande, da russische Entscheidungsträger:innen von der Gesellschaft nicht akzeptiert[2] werden.
Bis zum 10. Mai 2023 gab es keine Direktflüge zwischen Russland und Georgien. An diesem Tag unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin ein Dekret, das seine frühere Entscheidung aufhob und Direktflüge wieder erlaubte. Ebenfalls aufgehoben wurden die Visabeschränkungen für georgische Staatsbürger:innen, die Russland als Tourist:innen besuchen[3] wollen (Russ:innen benötigen kein Visum für die Einreise nach Georgien).
Als erste Fluggesellschaft durfte die russische Asimut Airlines am 16. Mai 2023 den Flugbetrieb wieder aufnehmen, gefolgt von Georgian Airlines am 18. Mai. Asimut wird weder von den Vereinigten Staaten noch von der Europäischen Union sanktioniert, das US-Außenministerium äußerte sich jedoch besorgt über die Entscheidung Georgiens, den Flugverkehr mit Russland wieder aufzunehmen. Demnach besteht die Möglichkeit, georgische Flughäfen aufgrund dieser Entscheidung zu sanktionieren.[4]. Die Ukraine sanktionierte Georgian Airways und deren Eigentümer:innen wegen der Wiederaufnahme von Flügen.
Anfangs gab es 7 Flüge pro Woche zwischen Tbilissi und Moskau. Später wurde das Angebot auf zwei weitere Flughäfen in Georgien, Kutaisi und Batumi, sowie auf andere Städte in Russland ausgeweitet. Dieser Anstieg war darauf zurückzuführen, dass eine weitere russische Fluggesellschaft, Red Wings, ihren Betrieb in Georgien aufnahm. Im Juli 2023 genehmigte die russische Luftfahrtagentur Rosawiazija 284 wöchentliche Flüge zwischen russischen Städten und Georgien, die später auch von der georgischen Regierung genehmigt wurden. [5]
Im Juni 2024 fanden bereits über 400 Flüge zwischen Russland und Georgien statt, davon 153 von Red Wings, 145 von Asimut und 103 von Georgian Airways. Für Direktflüge benötigen die Fluggesellschaften eine Genehmigung der georgischen Luftfahrtbehörde. Im Gegensatz zu den Vorjahren, in denen das Programm auf der Website[6] veröffentlicht wurde, ist dies in diesem Jahr nicht mehr der Fall. Die Informationen sind daher nur auf den Internetseiten der Fluggesellschaften verfügbar.
Im Sommer 2024 fanden zwischen Juni und Oktober 1.760 Flüge zwischen Georgien und Russland statt[7], was 13 Prozent aller Flüge von georgischen Flughäfen aus entspricht. Im gleichen Zeitraum gab es in Georgien insgesamt mehr als 13.500 Flüge, von denen 18 Prozent nach Europa und 17 Prozent in die Länder des Persischen Golfs führten.
Im Kontext der europäischen Sanktionen gegen Russland hat die Aufhebung der Flugbeschränkungen zwischen beiden Ländern Georgien zu einem Transitland für Russ:innen gemacht, die die Sanktionen umgehen wollen.[8]
Quelle: Recherche und Zusammenstellung der Dokumentation durch Erekle Gozalishvili.
Verweise
[1] https://tabula.ge/ge/news/701281-rusetsa-sakartvelos-shoris-prenebi-shesadzloa-16
[2] https://www.businessinsider.ge/ka/ruset-sakartvelos-shoris-pirdapiri-frenebi-aghdgenilia-azimuth-airlines-is-borti-ukve-tbilisshia
[3] https://tabula.ge/ge/news/701281-rusetsa-sakartvelos-shoris-prenebi-shesadzloa-16
[4] https://www.businessinsider.ge/ka/ruset-sakartvelos-shoris-pirdapiri-frenebi-aghdgenilia-azimuth-airlines-is-borti-ukve-tbilisshia
[5] https://georgiatoday.ge/rosaviatsia-issues-permission-for-284-weekly-flights-between-the-cities-of-russia-and-georgia/
[6] https://www.radiotavisupleba.ge/a/32955251.html
[7] https://interfax.com/newsroom/top-stories/102534/
[8] https://www.themoscowtimes.com/2023/07/13/georgia-to-become-transit-hub-for-russians-traveling-to-europe-airline-executive-a81831