Import-Export: Strukturen, Hintergründe und Versuche der Bekämpfung des Frauenhandels in Russland

Von Loretta Ihme

Zusammenfassung
Russland ist das Land, aus dem die meisten in Deutschland aufgegriffenen Opfer von Menschenhandel kommen, wie Grafik 1 auf Seite 6 zeigt. Die Gesamtzahl der Menschen, die jährlich vor allem aus mittel-und osteuropäischen Ländern nach Deutschland gehandelt werden, ist schwer einzuschätzen. Klar scheint nur, dass die Zahl wächst. Perspektivlosigkeit und Not lassen den Menschen kaum eine andere Wahl als die Migration. Der Not gegenüber stehen restriktive Grenzregime, die Migration zu unterbinden suchen. Diese Not und die gleichzeitige De-facto-Unmöglichkeit der Migration machen sich die transnationalen Netzwerke organisierter „Schlepper“ zu nutze. Denn der Handel mit Menschen ist ein profitables Geschäft – und zudem risikoarm. Russland stellt Herkunfts-, Transit- und Zielland von Frauenhandel dar. Die spezifische Armut von Frauen, ihre Stellung in der russischen Gesellschaft sowie die Strukturen organisierter Kriminalität in Russland stellen zentrale Ursachen dieses Phänomens dar. Nachdem 2003 strafrechtliche Reformen auf eine Effektivierung der Bekämpfung des Frauenhandels hoffen ließ, wird inzwischen deutlich, wie groß die Schwierigkeiten bei der Implementierung sind. Offen bleibt, welche Rolle der russische Staat bei der Bekämpfung des Frauenhandels einnehmen kann – und will.

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Analyse

Vorerst gescheitert: »Pussy Riot« und der Rechtsstaat in Russland

Von Caroline von Gall
Die Bilder der »Pussy Riot«-Musikerinnen Nadeschda Tolokonnikowa, Jekaterina Samuzewitsch und Maria Alechina auf der Anklagebank im Moskauer Chamowniki-Gericht gingen um die Welt. Wie kein anderes Verfahren bestimmte der Prozess die politische Debatte in diesem Sommer und rief auch in Deutschland starken öffentlichen Protest hervor. Aus juristischer Perspektive zeigt das Verfahren dagegen nur exemplarisch die bekannten Mängel der russischen Strafjustiz: Die russische Verfassung und die Europäische Konvention für Menschenrechte (EMRK) sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) werden bei der Auslegung der relevanten Normen nicht beachtet. Die Auseinandersetzung mit den Tatbestandsvoraussetzungen bleibt in Anklage und Urteil an der Oberfläche. Wenn auch in diesem Fall eine politische Einflussnahme nicht nachgewiesen werden kann, fehlt es den politischen Eliten seit langem am erkennbaren Willen, die Strafjustiz zu professionalisieren, die Urteile des EGMR systematisch umzusetzen und die Unabhängigkeit der Justiz deutlich zu verbessern. (…)
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