Pressestimmen zum Fall Pawlitschenko

Der Fall Pawlitschenko

Gastbeitrag des Vorsitzenden der Ukrainischen Juristischen Vereinigung, Oleh Beresjuk, Ukrainskaja Prawda, 29.01.2013

Aufgrund der Tatsache, dass der Fall von Vater und Sohn Pawlitschenko erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit erhalten hat, muss die Staatsanwaltschaft die Schuld der Pawlitschenkos nun nicht mehr nur vor Gericht beweisen.

Angesichts des geringen Maßes an Vertrauen in die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden, wird jede in nichtöffentlicher Sitzung getroffene Entscheidung und Aussage zu weiteren Vertrauensverlusten in der Gesellschaft führen.

Ein Ausweg aus dieser Situation kann nur die vollständige Umsetzung des Artikels 27 der Strafprozessordnung zur Transparenz der Strafjustiz sein, um das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit und Fairness des Urteils zu fördern. Eine öffentliche Bearbeitung dieses Falles würde die Rechtmäßigkeit des Urteils stärken und das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung fördern. (…)

Der Prozess gegen Pawlitschenko sollte offen sein, mit einer Live-Übertragung im ersten Kanal des staatlichen Fernsehens. So könnte jeder Richter sein und seine eigenen Schlüsse über die Schuld oder Unschuld der Pawlitschenkos ziehen.

Quelle: http://www.pravda.com.ua/rus/columns/2013/01/29/6982436/

Ukrainer glauben, dass Polizei und Gerichte die Mächtigen vor dem Volk schützen

Vlasti.net (Russland), 16.01.2013

Die Bürger glauben, dass Polizei und Gerichte nur die Mächtigen vor den normalen ukrainischen Bürgern schützen. Aus diesem Grund wird die Proteststimmung gegen die Richter und Vollzugsbeamten weiter anwachsen. Diese Meinung vertrat Irina Bekeschkina, die Geschäftsführerin der Stiftung »Demokratische Initiative« in einer Ausgabe [des Onlinemagazins] tyzhden.ua. (…). »Die Menschen vertrauen der Rechtsprechung überhaupt nicht. Der überwiegende Teil der Bevölkerung hält Selbstjustiz für die einzige Möglichkeit, um Gerechtigkeit wiederherzustellen. Und sie haben viele Beispiele hierfür. (…) Jeden Tag lesen die Menschen Beispiele im Internet, was sich dann schnell verbreitet. Manchmal sehen sie es auch im Fernsehen: Das Gesetz gilt nicht für alle. Daher hat sich die Einschätzung durchgesetzt, dass man das Gesetz selbst in die Hand nehmen muss.« (…)

Sie hat beobachtet, dass der grausame Mord an dem Charkiwer Richter keine Missbilligung und kein Bedauern hervorgerufen habe. »Einige schrieben sogar, als bekannt wurde, dass er mutmaßlich umgebracht wurde – gut, dass er umgebracht wurde, er hat es verdient«, bemerkte die Soziologin.

Quelle: http://vlasti.net/news/158252

Ausgewählt und übersetzt von Eva Wachter und Jan Matti Dollbaum

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Analyse

Die Ukraine – ein streitbarer Rechtsstaat

Von Angelika Nußberger
Die Ukraine versteht sich nach ihrer Verfassung als »Rechtsstaat«. Strittig ist allerdings, wie diese verfassungsrechtliche Vorgabe eingelöst werden kann. Besonders großen Handlungsbedarf gibt es beim Umbau des Justizsystems, bei der Neudefinition der Rolle der Staatsanwaltschaft, bei der Verwirklichung der Grundrechte und bei der Stärkung der Autorität des Verfassungsgerichts. Die anhaltenden politischen Machtkämpfe haben zielgerichtete Reformen über Jahre hin sehr erschwert; seit der Machtübernahme von Viktor Janukowitsch wird versucht, den Reformstau im Eiltempo abzuarbeiten.
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Analyse

Neues Justizgesetz – alte Probleme

Von Caroline von Gall
Die ukrainische Justiz ist heute weniger unabhängig als noch vor zehn Jahren, eine Bilanz der Orangen Revolution fällt insofern negativ aus. Es ist nicht gelungen, den Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz in der Ukraine zu festigen, denn die notwendigen Reformen scheiterten am politischen Nahkampf der Parteien. Nach der Wahl von Präsident Janukowytsch im Februar 2010 wurde innerhalb kürzester Zeit ein neues Justizgesetz verabschiedet. Damit demonstrierte der neue Präsident Handlungsfähigkeit, die Chancen für eine unabhängige Justiz stiegen indes nicht. Das unter Janukowytsch verabschiedete Gesetz trägt wieder eine stark politische Handschrift. (…)
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