Einleitung
Infolge der Wahl Wiktor Juschtschenkos zum Präsidenten im Dezember 2004 verbesserten sich die Beziehungen der Ukraine zu den USA und zur NATO noch stärker als die Beziehungen zur EU. Im Februar und im April 2005 traf Juschtschenko den damaligen US-Präsidenten George W. Bush in den NATO-Hauptquartieren in Brüssel und Washington. Daraufhin wurde das Verhältnis im Mai 2005 offiziell zum Intensivierten Mitgliedschaftsdialog, der Vorstufe des MAP (Membership Action Plan) hinaufgesetzt. Juschtschenko jedoch verhielt sich ungeschickt, indem er aufgrund seiner Ablehnung einer Rückkehr Julija Tymoschenkos in das Amt der Ministerpräsidentin nach den Wahlen vom März 2006 nicht rasch genug eine »orange Koalition« aufstellte. So zogen sich die Koalitionsgespräche bis Juni 2006 hin. In diesem Monat hatte George Bush in die Ukraine reisen sollen, um dort seine Unterstützung für einen MAP-Eintritt der Ukraine beim NATO-Gipfel im November in Riga zu bekräftigen – wegen der andauernden Uneinigkeit über eine Regierungskoalition wurde das Treffen jedoch verschoben. Drei Monate später wurde Wiktor Janukowytsch, Chef der Partei der Regionen, unerwartet zum Ministerpräsidenten ernannt und teilte im September der NATO mit, dass die Ukraine an einem MAP nicht interessiert sei. Dies zerstörte die Hoffnungen auf einen Aktionsplan zur Mitgliedschaft in Riga, wenngleich dieser Versuch unter allen vier (2002, 2004, 2006 und 2008) die besten Aussichten auf Erfolg gehabt hatte.
Im Januar 2008, am Vorabend des NATO-Gipfels in Bukarest, bat die Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko gemeinsam mit Wiktor Juschtschenko und dem Parlamentssprecher Arsenij Jazenjuk die NATO um die Aufnahme in den MAP. Tymoschenkos angebliche Zurückhaltung in Beitrittsfragen wird in einer Depesche der US-Botschaft in Kiew nicht bestätigt. Dort hieß es, man sei »beeindruckt von ihrer Fähigkeit, um einen Aktionsplan zur Mitgliedschaft zu werben.« Um seine Unterstützung zu unterstreichen, reiste Präsident Bush vor dem NATO-Gipfel nach Kiew. Außenministerin Condoleezza Rice schrieb in ihren Memoiren, »der ukrainische Präsident weinte beinah. ›Es wird eine Katastrophe, eine Tragödie, wenn wir den Aktionsplan nicht bekommen‹, flehte er.« Auf dem Gipfel bot die NATO weder Georgien noch der Ukraine einen MAP an, sondern verlegte sich auf einen Kompromiss zwischen denen, die einen Aktionsplan für die Ukraine befürworteten (v. a. die osteuropäischen Staaten, die USA, Großbritannien und einige andere) und denen, die sich dagegen aussprachen (u. a. Deutschland und Frankreich): die Ukraine und Georgien würden in Zukunft Mitglieder werden. Dies war ein sehr ungewöhnlicher Schritt – das diplomatische Gegenstück einer Verlobung ohne Festlegung des Hochzeitstages.
Sechs Gründe gegen einen MAP
Sechs Faktoren beeinflussten den Antrag der Ukraine auf einen MAP in Bukarest zum Negativen. Erstens gab die politische Instabilität (wie im Jahr 2006) einigen westeuropäischen Skeptikern in der NATO Anlass, auf mangelnde Einheit innerhalb des reformorientierten Lagers hinzuweisen. Die US-Außenministerin berichtete, dass Deutschland sich gegen einen Aktionsplan für die Ukraine aussprach, weil »die ukrainische Regierungskoalition ein einziges Chaos« sei.
Zweitens befürworteten nur ca. 25 % der ukrainischen Bevölkerung eine NATO-Mitgliedschaft. Besonders niedrig waren die Zustimmungsraten im von der Partei der Regionen dominierten Osten und Süden des Landes. Die Informationskampagne, die stärkere Unterstützung einer NATO-Mitgliedschaft einwerben sollte, war aus Sicht der US-Botschaft in Kiew »kraftlos und schwach organisiert« und hatte ein geringes Budget zur Verfügung, das zudem auf unsachgemäße Weise ausgegeben wurde.
Drittens hatte George Bush im Jahr 2008 geringeren Einfluss innerhalb der NATO, da er sich in seinem letzten Amtsjahr befand und die optimistische Vorstellung, die Orange Revolution würde die Ukraine rasch in den Westen eingliedern, nur noch eine blasse Erinnerung war.
Viertens führten anti-NATO- und antiamerikanische Demonstrationen auf der Krim dazu, dass die »Seabreeze«-Manöver 2006 und 2009 abgebrochen wurden, was in einigen westeuropäischen Mitgliedsstaaten die Befürchtung weckte, die Ukraine könnte durch eine NATO-Mitgliedschaft destabilisiert werden. Einige russische Politiker fachten diese übertriebene Sorge an. Unter ihnen war auch Präsident Wladimir Putin, der einer NATO-Russland-Kommission auf dem Gipfel in Bukarest mitteilte, die Ukraine sei ein »künstlicher Staat«, der an einer NATO-Mitgliedschaft zerbrechen werde. Im Jahr 2009 wurden russische Diplomaten aus der Ukraine ausgewiesen, da Kiew sie der verdeckten Förderung separatistischer Bestrebungen verdächtigte.
Fünftens hatte Russland durch politische, wirtschaftliche und energieinfrastrukturelle Verbindungen immensen Einfluss auf bedeutende europäische Länder wie Deutschland und Italien. Für Kiew bestätigte sich die wahrgenommene »Russia-first«-Politik Deutschlands mit der Nord Stream Gaspipeline des damaligen deutschen Kanzlers Gerhard Schröder, die die Ukraine als Transitland umgeht.
Sechstens schließlich beklagte Präsident Juschtschenko Deutschlands Ablehnung einer ukrainischen NATO-Mitgliedschaft, während der Ministerpräsident Janukowytsch während seiner Amtszeit von August 2006 bis November 2007 Deutschland beschuldigte, in der EU eine Mitgliedschaftsperspektive der Ukraine zu blockieren. Der ehemalige Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates Wolodymyr Horbulin sagte dem amerikanischen Botschafter, es gebe »zwei russische Botschaften in Kiew, eine davon spricht Deutsch.« Juschtschenkos und Janukowytschs Beschwerden waren bis zu einem gewissen Grad gerechtfertigt. Beide zeigten jedoch – typisch für Entscheidungsträger der Ukraine und post-sowjetischer Staaten – keinerlei Bereitschaft, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die erklärten Ziele der NATO- und EU-Mitgliedschaft persönlichen Konflikten untergeordnet worden waren. Juschtschenko sagte beispielsweise im Prozess gegen Julija Tymoschenko aus und trug so dazu bei, dass die Beziehungen zur EU infolge Tymoschenkos Inhaftierung stark abflauten.
Nach dem Gipfel von Bukarest
Am 2. und 3. Dezember 2008 rief die NATO zu einem Treffen, bei dem der Fortschritt Georgiens und der Ukraine in Richtung eines von den NATO-Mitgliedern akzeptierten Niveaus überprüft werden sollte. Zwischen den Gipfeln im April und Dezember hatte die militärische Auseinandersetzung zwischen Georgien und Russland sowie die politische Instabilität in der Ukraine die Aufnahme in den Aktionsplan für beide Länder noch unwahrscheinlicher gemacht. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in Brüssel, »ich hoffe, dass wir uns darauf einigen werden, bei der Vereinbarung aus Bukarest zu bleiben. Ich sehe im Moment keinen Anlass, darüber hinaus zu gehen.«
Der NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte nach dem Treffen im Dezember, »alle Teile – ich wiederhole, alle Teile – der Georgien und die Ukraine betreffenden Entscheidungen, die die Staats- und Regierungschefs der NATO getroffen haben, besitzen weiter Gültigkeit.« Er führte weiter aus: »Und das schließt ein, dass sie eines Tages Mitglieder sein werden, wenn sie es wünschen. Und, was wichtig ist hinzuzufügen, wenn sie die NATO-Standards erfüllen.«
Der ehemalige US-Botschafter Steven Pifer stellte einen »Plan B« vor, in dem die NATO wiederholt bestätigen würde, dass sie die beiden Staaten als zukünftige Mitglieder betrachtet, Dmitrij Medwedews Forderung nach einer russischen Zone »privilegierter Interessen« in der GUS zurückweist und ihre Kooperation mit Georgien und der Ukraine weiter ausbaut.
Die Ukraine hat seit dem NATO-Gipfel 2002 in Prag zehn jährliche Aktionspläne (ANP, engl. Annual National Programme) erfüllt, die sich im Umfang kaum vom MAP unterscheiden. Der ehemalige Verteidigungsminister Jevhen Martschuk erklärte, »der ANP ist de facto ein Membership Action Plan, da beinahe alle Maßnahmen des MAP auch im ANP vorgesehen sind.« Auch Pifer sagte, beide Pläne deckten sich inhaltlich zu 95 %. So erklärte denn auch Präsident Juschtschenko: »Wir funktionieren de facto bereits seit einiger Zeit nach dem MAP. Die Ukraine erfüllt komplett die jährlichen Zielvorgaben.« Die jährliche Light-Version des MAP umfasst Reformen in Politik, Wirtschaft, Justiz und in der Sicherheit. Die NATO-Aktionspläne hätten militärische Reformen in der Ukraine nach sich gezogen, die das Land näher an NATO-Standards herangeführt hätten, erklärte Präsident Juschtschenko. Die ukrainischen Streitkräfte seien »bereit für eine umfassende Integration in das vereinte System der Allianz.« Auch wenn dies der Wahrheit entspricht, so ignoriert es doch den Problemkreis, zu dem Juschtschenko selbst beigetragen hat: politische Instabilität und die beinahe komplette Abwesenheit von Reformen im aufgeblähten und ineffizienten nicht-militärischen Sicherheitsapparat. Beide Bereiche sind zusammen die größte Bedrohung der demokratischen Entwicklung in der Ukraine.
MAP: R.I.P.?
Nach Bukarest begannen amerikanische und britische Diplomaten die Bedeutung des MAP herunterzuspielen, er sei »zu symbolträchtig.« Beim NATO-Prüfungstreffen stellte die US-Außenministerin Rice die »britische Idee« einer Umgehung des MAP durch Georgien und die Ukraine vor. So sollte jeweils die Rolle des NATO-Ukraine-Komitees und des NATO-Georgien-Komitees gestärkt werden: »Jeder, der außerhalb der NATO-Bürokratie steht, fragt sich womöglich, worum es bei dieser ganzen Aufregung überhaupt geht.« Der stellvertretende US-Außenminister für Europa und Eurasien Dan Fried führte aus, dass die MAP-Debatte »ein Eigenleben entwickelt« habe und dass die Ukraine und Georgien auf anderen Wegen in die NATO geführt werden könnten. Fried erklärte: »Der MAP war nie ein Selbstzweck und ist nicht der einzige Weg in die NATO.«
Frankreich, Deutschland, Norwegen, Luxemburg, Spanien und Italien sprachen sich gegen Versuche aus, den MAP zu umgehen. Ein amerikanischer Diplomat äußerte sich gereizt über die deutsche Haltung: »Sie kleben am MAP, aber sie weigern sich, ihn zu benutzen. Sie werden ihn nur einsetzen, wenn ein Land schon bereit zur NATO-Mitgliedschaft ist, warum also darauf bestehen? Sie sagen, man brauche den MAP als letzte Hürde. Wir sagen: da sich alle einig sind, lasst uns aus dem Hamsterrad ausbrechen und die Dinge voranbringen.«
Die Verabschiedung der NATO
Diese Versuche, die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu retten, wurden 2009–2010 bedeutungslos, als die politische Krise in der Ukraine sich verstärkte, der Konflikt zwischen Juschtschenko und Tymoschenko außer Kontrolle geriet und Janukowytsch zum Präsidenten gewählt wurde. Zuerst war die Sorge nicht groß, da vermutet wurde, Janukowytsch würde zur multi-vektoriellen Außenpolitik Kutschmas zurückkehren und dabei das hohe Kooperationsniveau mit der NATO aufrecht erhalten, das seit 1994 durch das Partnership for Peace (PfP)-Programm bestand.
Ein weiterer Faktor, der einen radikalen Wandel der Außenpolitik unwahrscheinlich machte, war das chamäleonartige Wesen und der Populismus ukrainischer Politiker. Juschtschenko und »Unsere Ukraine«, die leidenschaftlichsten Befürworter eines NATO-Beitritts, hatten dieses Ziel beispielsweise nie in ihren Wahlprogrammen formuliert. Janukowytschs Wahlkampf im Jahr 2004 umfasste eine massive antiamerikanische Kampagne – gleichzeitig steuerte die Ukraine das drittgrößte Militärkontingent zu den US-geführten Koalitionskräften im Irakkrieg bei. In den Jahren 2002 und 2004 hatte Kutschma in Prag und Istanbul um die Aufnahme in den MAP gebeten, zur Zeit der Ministerpräsidentschaft Janukowytschs. In den Wahlprogrammen der Partei der Regionen der Jahre 2006 und 2007 und in Janukowytschs Programm von 2010 wurde die Unmöglichkeit einer gleichzeitigen Mitgliedschaft in EU und der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herausgestellt und eine NATO-Mitgliedschaft abgelehnt. Das größte Chamäleon war der jüngere Arsenij Jazenjuk, Außenminister unter Juschtschenko und 2008 Parlamentspräsident mit den Stimmen der Partei »Block Julija Tymoschenko«, der im Jahr 2008 eine NATO-Mitgliedschaft unterstützt hatte und zwei Jahre später, im Zuge seines Programms zur Präsidentschaftswahl, die exakte Gegenposition vertrat und eine ostslawische Union forderte.
Einmal an der Macht, ignorierten Janukowytsch und die Partei der Regionen ihre Unterstützung einer Mitgliedschaft in der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Zollunion mit Russland und Kasachstan. Gleichzeitig verfolgte Janukowytsch drei Ziele aus seinem Wahlprogramm, die er auch in privaten Gesprächen mit europäischen und amerikanischen Diplomaten bekräftigt hatte.
Erstens unterstrich er seine ablehnende Haltung zu einem ukrainischen MAP aus dem Jahr 2006, indem er der ukrainischen Außenpolitik im Juli 2010 offiziell blockfreien Status bescheinigte. Er wurde damit zum ersten der vier ukrainischen Präsidenten, der sich gegen eine NATO-Mitgliedschaft stellte. Während dies für sich genommen schon das Interesse der Ukraine an der Kooperation innerhalb des PfP-Programms reduzierte, verschlechterten sich zudem die Beziehungen zu Europa und den USA seit 2011, insbesondere durch den Prozess gegen Julija Tymoschenko. Eine Erklärung des NATO-Gipfels in Chicago vom Mai 2012 stellte die Schlüsselrolle einer »unabhängigen, souveränen und stabilen Ukraine, die entschieden der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verschrieben ist,« für die euro-atlantische Sicherheitslage heraus. Die NATO bekräftigte in Chicago ihre Politik der offenen Tür, Janukowytsch jedoch schlug diese Tür zu. So zählte die NATO die Ukraine nicht zu den 13 strategischen Partnern, mit denen sie eine separate Konferenz während des Gipfels abhielt: Sie hatte Bedenken aufgrund »selektiver Anwendung von Recht und politischer Verfolgung führender Mitglieder der Opposition und deren Haftbedingungen.«
Das Rasumkow-Zentrum für wirtschaftliche und politische Studien schrieb in einer NATO-Sonderausgabe seines Magazins für nationale Sicherheit:
»Aufgrund der traditionell offenen Ablehnung der regierenden Partei der Regionen gegenüber der NATO und des Zickzackkurses der ukrainischen Außenpolitik erfahren die auf höchster Ebene erlassenen Absichtserklärungen konstruktiver Zusammenarbeit mit der NATO nicht immer angemessene Unterstützung seitens der Exekutive. Unter diesen Umständen ist es für westliche Partner schwer, sowohl in die Ernsthaftigkeit zu vertrauen, mit der für die Fortführung intensiver Zusammenarbeit mit der NATO geworben wird, als auch die wirkliche Bedeutung einer solchen Zusammenarbeit für die ukrainischen Verantwortlichen einzuschätzen. Es wäre jedenfalls ein Fehler, alles als eine Konsequenz der Politik der letzten zwei Jahre zu verstehen – inkonsistente innere Reformen und eine multi-vektorielle Außenpolitik waren kennzeichnend für die gesamte moderne Geschichte der Ukraine.«
Dazu kam, zweitens, die unverhohlen pro-russische Position Janukowytschs, der jede der Forderungen Dmitrij Medwedews aus dem Jahr 2009 verwirklichte, und so z. B. den russischen Vorschlag einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur auf Basis der OSZE unterstützte, der die Rolle der NATO und der USA in Europa einschränken sollte. Die Partei der Regionen verkündete gleichfalls ihre Anerkennung der Unabhängigkeit der georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien im Herbst 2008, was keine GUS-Regierung außer Russland getan hatte.
Drittens setzte die Regierung gegen die Opposition zweier Parlamentskomitees und die Neutralität eines weiteren durch, dass die russische Schwarzmeerflotte bis 2047 in Sewastopol stationiert bleibt. Im Jahr 1997 hatten Russland und die Ukraine ein »vorläufiges« Stationierungsabkommen über 20 Jahre geschlossen. Die Verlängerung verstieß gegen die ukrainische Verfassung, die keine ausländischen Militärstützpunkte auf ukrainischem Territorium erlaubt, und verletzte zudem den neuen Status eines blockfreien Landes. Russland hat währenddessen verlautbaren lassen, dass es seine Schwarzmeerflotte modernisieren wolle, nun da die Basis de facto dauerhaft besteht.
Fazit
Die heutige Ukraine hat keine strategischen außenpolitischen Ziele. Kiews Beziehungen zu NATO, EU und IWF sind aufgrund sich verschlechternder demokratischer Bedingungen, selektiven Einsatzes der Justiz und des Mangels an Reformen miserabel. Ukrainischen Politikern ist die Arbeitsweise von EU und NATO fremd und sie überschätzen die geopolitische Bedeutung der Ukraine für den Westen. Obwohl Janukowytschs Team verschiedene Schritte unternommen hat, um Russlands Ansprüchen nachzukommen, sind Kiews Beziehungen zu Russland ebenfalls schlecht. Die beiden russischen Forderungen, die Kiew bislang nicht umgesetzt hat, sind die Verwirklichung einer russischen Beteiligung an den ukrainischen Erdgaspipelines (die einige Mitglieder aus Janukowytschs Team in privaten Gesprächen durchaus unterstützten) und die Mitgliedschaft in der von Russland geführten Zollunion, die die Partei der Regionen in jedem Wahlkampf öffentlich gefordert hatte. Da die Beziehungen zur EU weiterhin eisig bleiben und das Assoziationsabkommen nicht unterzeichnet werden wird, könnte die Versuchung, auch die beiden letzten russischen Forderungen zu erfüllen, mit dem Heranrücken der Präsidentschaftswahlen 2015 steigen. Für Präsident Janukowytsch ist seine Wiederwahl strategisch weitaus bedeutsamer als die europäische Integration der Ukraine.
Aus dem Englischen übersetzt von Jan Matti Dollbaum