Obwohl der Euromaidan schon ein Jahr her ist, hat der Kampf gegen Korruption, welcher auch einer der vielen Auslöser für die Proteste war, noch lange kein Ende gefunden. Immer wieder berichtet auch die deutsche Presse über das Problem der Korruption in der Ukraine.
Der ukrainische Präsident Poroschenko sagte zwar: »Korruption gibt es auf der ganzen Welt, das ist kein rein ukrainisches Problem.« (Handelsblatt, 02.04.15), dennoch verweisen mehrere Zeitungen auf die Nichtregierungsorganisation Transparency International, nach der die Ukraine – auch noch nach der Absetzung von Viktor Janukowitsch – das korrupteste Land Europas sei.
»Seit dem Machtwechsel in Kiew vor einem Jahr haben die Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung zugenommen«, berichtete der Spiegel (25.03.15). Dass sich die Situation de facto nicht gebessert hat, berichtet auch die International Business Times (02.04.15): Die Ukraine habe zwar eine Regierung, die den Willen der Leute direkter repräsentiert, aber strukturell sei sie immer noch dasselbe Land wie vor der Absetzung von Janukowitsch. Aus gesetzlicher Sicht seien alle Voraussetzungen für ein Ende der Korruption gegeben (ZEIT, 28.02.15). An der Umsetzung hapere es jedoch. Die Versuche der Regierung, gegen die Korruption vorzugehen, seien halbherzig (Handelsblatt, 02.04.15). »Jeder der reformbedürftigen Bereiche leidet an ihr [der Korruption] wie an einer chronischen Krankheit.« (Die Welt, 16.12.14).
Deshalb müsste eigentlich konsequent und mit ganzer Kraft dagegen vorgegangen werden. Denn die Korruption betrifft nicht nur die Wirtschaft des Landes, sondern auch den Alltag der Bevölkerung. »Auch im Gesundheitswesen grassiert die Korruption. (…) Eigentlich ist die Gesundheitsversorgung kostenlos, doch dieses Recht existiert nur auf dem Papier.« (Handelsblatt, 10.12.14). Für viele ist also ein Arztbesuch mangels Geld kaum möglich und die Gesundheitsversorgung ist nicht der einzige Bereich, indem die ukrainische Gesellschaft die Korruption zu spüren bekommt.
Ein Zeichen setzen gegen die Korruption wollte Poroschenko mit der Verhaftung von Zivilschutzchef Sergej Botschkowski und dessen Stellvertreter Wassili Stojezki während einer Regierungssitzung vor laufender Kamera. Laut Innenminister Arsen Awakow ist diese Festnahme eine »Vorbeugemaßnahme gegen korrupte Beamte« (ZEIT, 25.03.15). Bürgerrechtler Vitali Schabunin und Parlamentarier Sergej Leschtschenko sehen das eher als eine PR-Aktion. Für sie sei das keine ernsthafte Korruptionsbekämpfung (Handelsblatt, 02.04.15).
Der tatsächliche Kampf gegen die Korruption geht wohl größtenteils von der Bevölkerung aus. Über 5.000 private Initiativen seien entstanden, »die sich persönlich gegen den ›inneren Feind‹ (…) zur Wehr setzen wollen.« (ZEIT, 28.02.15). Ein großer Erfolg sei der Rücktritt des Generalstaatsanwalts Jarema gewesen, welcher aufgrund öffentlichen Drucks erfolgte. Aus allen Berichten der überregionalen Zeitungen lässt sich herauslesen, dass beim Kampf gegen die Korruption in der Ukraine in nächster Zukunft noch kein nennenswerter Erfolg zu erwarten ist. Es gibt zwar mittlerweile Gesetze, aber sie sind, ebenso wie ihre Durchführung, noch ausbaufähig. Allerdings befindet sich die Ukraine auf dem richtigen Weg, da zum einen das Bewusstsein für das Problem sowohl in der Regierung als auch in der Bevölkerung vorhanden ist und zum anderen erheblicher Druck von außen zum Beispiel von internationalen Geldgebern kommt. Diese »fordern Reformen und mehr Transparenz ein, damit die Hilfsmilliarden nicht in dunklen Kanälen versickern.« (ZEIT, 28.02.15).