Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms

26.02.2022: Mykolajiw

Durch russischen Beschuss auf das Ölterminal im Hafen von Mykolajiw bricht ein Feuer aus.

28.02.2022: Demydiw (Oblast Kyjiw)

Ein Staudamm am Fluss Irpin wird, um den russischen Vormarsch auf Kyjiw aufzuhalten, zerstört. Mehrere Dörfer werden überflutet und es gibt zahlreiche Berichte von Wasserverschmutzung.

12.03.2022: Oblast Kyjiw

In der Nähe des Dorfes Kwitnewe gerät ein Lagerhaus für Tiefkühlprodukte in Brand. Ca. 50.000 Tonnen Tiefkühlfisch und -fleisch verbrennen. Durch den mehrere Tage anhaltendenden Schwelbrand entweichen große Mengen Giftgas in die Athmosphäre. Aufgrund des anhaltenden Beschusses gestaltet sich die Abfallentsorgung schwierig und dauert über mehrere Monate an.

12.03.2022: Wassilkow (Oblast Kyjiw)

Bei einem russischen Luftangriff treffen mindestens sechs Raketen einen Militärflugplatz. Dabei gerät ein Munitionsdepot in Brand.

23.03.2022: Kalyniwka (Oblast Kyjiw)

Eine russische Granate trifft ein Öllager, was einen Brand verursacht.

27.03.2022: Lwiw

Infolge von russischem Beschuss in der Region fängt ein Öldepot Feuer.

29.03.2022: Klewan (Oblast Riwne)

Infolge von russischem Beschuss in der Region fängt ein Öldepot Feuer.

03.04.2022: Odesa

Mehrere russische Marschflugkörper schlagen in die Ölraffinerie und das Öldepot in Odesa ein und verursachen massive Brände und beschädigen die Treibstofftanks. Die Stadt ist von dichtem schwarzen Rauch bedeckt. Da Odesa am Schwarzen Meer liegt, droht Öl in die Gewässer zu gelangen und das marine Ökosystem zu bedrohen.

07.04.2022: Tschornobyl (Oblast Kyjiw)

Während der Besetzung der Region durch russische Truppen zwischen Februar und April wird im »Roten Wald«, einer stark radioaktiv kontaminierten Region in der Nähe des AKW Tschornobyl, durch verschiedene Arten der Zerstörung des Bodens Radioaktivität erneut freigesetzt.

05.05.2022: Oblast Cherson

Aus ubekannten Gründen kommt es in der Region zu einem großflächigen Waldbrand, welcher das einzigartige und sensible Ökosystem der Region massiv bedroht. Die russischen Besatzer untersagen das Löschen des Brandes.

09.05.2022: Otschakiw (Oblast Mykolajiw)

In der Region kommt es zu mehreren Bränden in Naturschutzgebieten. Mindestens 1.800 Hektar Land werden durch die Brände zerstört.

21.06.2022: Schwarzes Meer

Nach dem Einschlag einer russischen Rakete wird eine Bohrplattform beschädigt. Dies verursacht einen Ölteppich auf dem Meer sowie einen lang anhaltenden Brand auf dem Wasser.

07.07.2022: Schwarzes Meer

Ein Öltanker, welcher über 500 Tonnen Diesel geladen hat, wird durch das russische Militär beschossen und zerstört. Infolge von Ölverschmutzungen bildet sich auf der Wasseroberfläche ein Schlick, der giftig ist für das Meeresleben, von Mikroorganismen bis hin zu großen Säugetieren wie Delfinen.

02.08.2022: Mykolajiw

Durch russischen Beschuss auf das Ölterminal im Hafen von Mykolajiw bricht ein Feuer aus.

09.08.2022: Halizyniwka (Oblast Mykolajiw)

Infolge von russischem Beschuss in der Region entsteht ein großflächiger Waldbrand.

23.08.2022: Enerhodar (Oblast Saporischschja)

Es kommt zu einem Waldbrand in der nähe des Kernkrafwerks Saporischschja, der vermutlich durch russischen Beschuss ausgelöst wurde. Das AKW ist das größte Kernkraftwerk Europas, das in sechs Blöcken etwa ein Fünftel des ukrainischen Stroms erzeugt. Seitdem gibt es wiederholt Berichte über die Zerstörung der Infrastruktur des Kraftwerks: Stromleitungen werden beschädigt, es gibt Beschuss und Explosionen auf dem Gelände des Kraftwerks und mehrfach wird die Stromversorgung unterbrochen, die für die Kühlsysteme der Blöcke von entscheidender Bedeutung ist. Ein längerer Stromausfall oder eine Beschädigung der Kühlsysteme kann den Reaktor beschädigen und zu Strahlungslecks führen. Das kann zu einer Nuklearkatastrophe mit Auswirkungen weit über die Ukraine hinaus führen. Zudem kann die Lage am Dnepr dazu führen, dass radioaktive Strahlung ins Schwarze Meer gelangen kann.

11.10.2022: Ladyschyn (Oblast Winnyzja)

Russische Drohnen greifen zweimal das Kraftwerk Ladyschyn an.

19.01.2023: Kachowka Stausee (Oblast Cherson)

Aufgrund von Schäden an den Absperrschiebern des Kachowka-Staudamms sinkt der Wasserstand im Kachowka-Stausee, was zum Austrocknen der Zuflüsse und zum Absterben von Wasserpflanzen führt.

24.01.2023: Dnepr-Sumpfgebiete (Oblast Cherson)

Die Wasserzufuhr zum Dnepr-Flussnetz über das Kraftwerk Kachowka wird durch Russland gestoppt, der Wasserstand sinkt um fast zwei Meter. Eine solche Situation ist für den Unterlauf des Dnepr äußerst gefährlich und schadet der Bodenflora und -fauna der Überschwemmungsgebiete, von denen es in der Region mehr als 160 gibt. Sie nehmen eine Fläche von etwa 85 km² ein. Unter den Bedingungen einer solch starken, unnatürlichen Austrocknung des Bodens der Stauseen sterben die dort lebenden Mollusken, Krebse und andere Tiere vollständig ab, und es kann Jahrzehnte dauern, bis ihre Population wiederhergestellt ist.

06.06.2023: Nowa Kachowka (Oblast Cherson)

Russland zerstört den Kachowka-Staudamm, was zu einer gewaltigen Katastrophe für Mensch und Natur führt. Auf eine große Überschwemmung flussabwärts, bei der zahlreiche Orte geflutet und Dutzende Menschen ums Leben kommen, folgt das Austrocknen des Kachowka-Stausees, der für das weitverzeweigte Bewässerungssystem der Südukraine große Bedeutung hat. Dadurch kommt es in den kommenden Sommermonaten und darüber hinaus zu Auswirkungen auf die Wasserversorgung von Millionen von Menschen und die Landwirtschaft. Giftstoffe und andere Schadstoffe gelangen in das empfindliche Ökosystem, Nationalparks und das Biosphärenreservat Schwarzes Meer. Auch die Sicherheit des Kernkraftwerks Saporischschja, das mit Wasser aus dem Kachowka-Stausee gekühlt wird, ist unmittelbar gefährdet.

Zusammengestellt von Ingmar Petzold

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Analyse

Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine

Von Oleksandr Opanasenko
Die ökologischen Folgen der russischen Invasion in der Ukraine sind erheblich und zeigen sich in allen Bereichen. Da der Krieg weiterhin andauert, lassen sich die verursachten Schäden nicht genau bestimmen, doch selbst vorläufige Schätzungen deuten auf erhebliche Auswirkungen für die Umwelt hin. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Auswirkung des Krieges auf die Pflanzen- und Tierwelt sowie Gewässer und die Boden- und Luftqualität. Frühere Kriege und Konflikte in der Welt zeigen, dass die Beseitigung ökologischer Kriegsfolgen mehr als ein Jahrzehnt dauert.
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