Die Phasen der Verabschiedung eines Gesetzentwurfs
Bis zur Verabschiedung durchläuft ein Gesetzentwurf einen langwierigen Prozess. Die vier wichtigsten Phasen dieses Prozesses sind die Registrierung, die Prüfung durch den zuständigen Ausschuss, die Lesung im Parlament (und die Unterzeichnung durch den Vorsitzenden der Werchowna Rada im Falle der Annahme) und schließlich die Unterzeichnung durch den Präsidenten der Ukraine. Einige dieser Phasen sind zeitlich klar geregelt, andere hingegen nicht, so dass es recht schwierig ist, die Geschwindigkeit der Verabschiedung eines Gesetzentwurfs vorherzusagen.
Nach der Geschäftsordnung der Werchowna Rada dauert die Registrierung eines Gesetzentwurfs bis zu 5 Tage und die Prüfung im Hauptausschuss bis zu 30 Tage. In dieser Phase kann der Gesetzentwurf zur weiteren Überarbeitung zurückgegeben oder für die erste Lesung vorbereitet werden, was weitere 30 Tage in Anspruch nehmen kann. Die nächste Phase – die Aufnahme in die Tagesordnung – kann ebenfalls bis zu einem Monat dauern. Von diesem Zeitpunkt dürfen bis zur ersten Lesung im Parlament bis zu 30 Tage vergehen.
Nach der Geschäftsordnung kann ein Gesetzentwurf bis zu drei Lesungen durchlaufen:
In der ersten Lesung werden die Grundprinzipien, die Bestimmungen und die Struktur des Gesetzentwurfs erörtert. Das Ergebnis der ersten Lesung kann die grundsätzliche Annahme des Gesetzentwurfs sein. Wenn der zuständige Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf als Ganzes anzunehmen, ist eine endgültige Verabschiedung in diesem Stadium möglich. Dies geschieht jedoch recht selten.In der zweiten Lesung wird der Gesetzentwurf Absatz für Absatz debattiert. Zwischen der ersten und der zweiten Lesung können die Abgeordneten Änderungsanträge einreichen, die systematisiert und vom zuständigen Ausschuss zur Annahme oder Ablehnung empfohlen werden. Ist die/der Antragssteller:in jedoch mit der Schlussfolgerung des Ausschusses nicht einverstanden, wird im Plenum über die Änderungsanträge abgestimmt. In der Regel wird der Gesetzentwurf in dieser Phase in zweiter Lesung und als Ganzes angenommen (oder abgelehnt).In der dritten Lesung wird der Gesetzentwurf in seiner Gesamtheit angenommen (zwischen der zweiten und der dritten Lesung sind nur kleinere technische Korrekturen möglich). In der Praxis wurde dieses Verfahren während der letzten drei Legislaturperioden nur einmal im Jahr 2015 durchgeführt, was dazu führte, dass Petro Poroschenko sein Veto gegen einen Gesetzentwurf einlegte und dieser anschließend aufgehoben wurde. Daher existiert diese Phase heute nur noch auf dem Papier. Derzeit werden Gesetzentwürfe nach der zweiten Lesung oder nach einer wiederholten zweiten Lesung, die dann im Grunde die dritte Lesung ersetzt, als Ganzes angenommen.
Laut Geschäftsordnung sollten zwischen der ersten und der zweiten Lesung nicht mehr als 14 Tage und zwischen der zweiten und der dritten Lesung nicht mehr als fünf Tage liegen (in der Praxis werden diese Fristen jedoch häufig nicht eingehalten – siehe Grafiken 1 und 2 auf S. 10/11). Laut Geschäftsordnung kann die Werchowna Rada auch (höchstens zweimal) beschließen, die erste und zweite Lesung von Gesetzentwürfen zu wiederholen.
Die Werchowna Rada kann einen Gesetzentwurf (mit Ausnahme von Gesetzbüchern und Gesetzentwürfen, die mehr als 100 Artikel enthalten) unmittelbar nach der ersten oder zweiten Lesung als Ganzes annehmen, wenn die Abgeordneten der Meinung sind, dass der Gesetzentwurf keiner weiteren Anpassungen bedarf. Wenn die Abgeordneten jedoch Einwände gegen den Gesetzentwurf haben, können sie ihn bei jeder Lesung zur Überarbeitung an den zuständigen Ausschuss zurückschicken.
Wenn die Volksvertreter:innen einen Gesetzentwurf als Ganzes annehmen, beginnt die letzte Phase der Verabschiedung, für die klar geregelte Fristen gelten:
Fünf Tage sind für die Unterzeichnung des Gesetzentwurfs durch die/den Parlamentsvorsitzenden und für die Übermittlung der erforderlichen Dokumente zur Unterzeichnung durch die/den Präsident:in vorgesehen.Innerhalb von 15 Tagen muss die/der Präsident:in eine von zwei Entscheidungen treffen: Sie/Er kann den Gesetzentwurf unterzeichnen oder ihn mit seinen Vorschlägen zur erneuten Prüfung an das Parlament zurücksenden (Veto). Trifft die/der Präsident:in keine Entscheidung, gilt der Gesetzentwurf als angenommen und muss unterzeichnet werden. In der Praxis geschieht dies jedoch häufig nicht, so dass der Gesetzesentwurf über einen längeren Zeitraum in einem Schwebezustand bleibt.Die Abgeordneten können die Vorschläge der/des Präsident:in mit einer absoluten Mehrheit von 226 Stimmen annehmen (dann beginnt der Prozess wieder bei Punkt 1), oder sie können dafür stimmen, das Veto zu überstimmen. Dazu sind mindestens zwei Drittel der Stimmen aus der verfassungsmäßigen Zusammensetzung der Werchowna Rada (300 Stimmen) erforderlich. Die/der Präsident:in ist verpflichtet, ein solches Gesetz innerhalb von zehn Tagen zu unterzeichnen.
Im Idealfall dauert die Verabschiedung eines in erster Lesung angenommenen Gesetzentwurfs also 126 Tage ab dem Zeitpunkt der Registrierung, 140 Tage für einen in zweiter Lesung angenommenen und 145 Tage für einen in dritter Lesung angenommenen. Diese Berechnungen gelten nur unter der Voraussetzung, dass die Abstimmung im Parlament unmittelbar nach der Entscheidung über die Aufnahme des Gesetzentwurfs in die Tagesordnung stattfindet. In der Realität sind die Fristen für die Prüfung jedoch nicht streng geregelt, sondern werden vom Vermittlungsrat der Rada festgelegt. Ein eingebrachter Gesetzentwurf kann monatelang auf seine Lesung in der Werchowna Rada warten. Verzögerungen sind auch in anderen Phasen möglich (siehe Grafik 2 auf S. 11). Doch wie lange können diese Aufschübe dauern?
Zur Beantwortung dieser Frage werden Daten zu Gesetzentwürfen herangezogen, die das Parlament entweder abgelehnt oder angenommen hat. Bei einigen Etappen ist die durchschnittliche Zeit nur annäherungsweise angegeben, da sich der Status des Gesetzentwurfs in seinem Datenbankprofil auf beide Lesungen gleichzeitig beziehen kann (z. B. kann der Status »Zur Überarbeitung zurückgegeben« bedeuten, dass der Gesetzentwurf entweder für eine erneute erste oder aber zweite Lesung an den Ausschuss zurückgegeben wird). Der Einfachheit halber habe ich derartige Angaben den Phasen zugeordnet, in denen sie am häufigsten vorkommen. Außerdem sind in Grafik 2 auf S. 11 die erste und die wiederholte erste Lesung sowie die zweite und die wiederholte zweite Lesung zusammengefasst.
Häufigkeit der Registrierung von Gesetzentwürfen
Um die IX. Legislaturperiode der Werchowna Rada zu analysieren, habe ich Daten vom 29. August 2019 bis zum 18. Februar 2024 ausgewertet. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 11.142 Rechtsakte registriert, darunter 6.800 Gesetzesentwürfe (61 Prozent) und 4.295 Beschlüsse (38,5 Prozent). In dieser Analyse berücksichtigen wir aber nur Gesetzentwürfe.
Zum Vergleich: Während der gesamten VIII. Legislaturperiode (26. Oktober 2014 bis 29. August 2019) wurden 7.704 Gesetzentwürfe und 5.924 Beschlüsse registriert, eine Rekordzahl seit dem Bestehen der unabhängigen Ukraine. Die aktuelle Versammlung des Parlaments tagt bereits seit 4,5 Jahren. Wenn das Tempo der Gesetzesvorlagen gleichbleibt, sollten in 5 Jahren etwa 7.500 Gesetzesvorlagen zusammenkommen. Natürlich geht es nicht in erster Linie um die Quantität der Gesetzentwürfe, sondern um ihre Qualität. Dennoch werde ich einige quantitative Indikatoren näher betrachten.
Ich vergleiche die Häufigkeit der Registrierungen von Gesetzentwürfen in der derzeitigen und in früheren Legislaturperioden, indem ich die Daten quartalsweise gruppiere. Ich betrachte einen vergleichbaren Zeitraum für die VIII. Legislaturperiode, der sich über 4,5 Jahre erstreckt (vom Beginn der Legislaturperiode bis zum 27. Mai 2019), in dem 7.500 Gesetzesentwürfe registriert wurden.
Aus Grafik 3 auf S. 11 ist ersichtlich, dass die Gesetzgebungstätigkeit beider Legislaturperioden im Laufe der Zeit abgenommen hat. Im ersten Quartal wurden ungewöhnlich viele Gesetzentwürfe registriert, was auf die erneute Einbringung von Gesetzentwürfen aus früheren Legislaturperioden zurückzuführen ist, die üblicherweise zu Beginn der Amtszeit der neuen Werchowna Rada erfolgt. In den ersten drei Monaten wurden in den IX. und VIII. Legislaturperioden 713 bzw. 882 Initiativen verzeichnet. Insbesondere die VIII. Legislaturperiode verzeichnete über neun Monate lang eine hohe Gesetzgebungsaktivität: In den ersten beiden Sitzungsperioden wurden mehr als 2.300 Gesetzentwürfe eingebracht, im Durchschnitt mehr als 140 pro Monat. Im Gegensatz dazu wurden in der IX. Legislaturperiode während des gleichen Zeitraums nur 1.662 Entwürfe registriert, durchschnittlich 125 pro Monat. Unmittelbar nach den ersten beiden Monaten kam es zu einer Verlangsamung der Tätigkeit. Die Zahl der Gesetzesentwürfe ging in der ersten Jahreshälfte für beide Legislaturperioden stark zurück und nahm danach stetig ab.
Im Winter und Frühjahr 2022 sowie im August–September 2023 stieg die Zahl der eingereichten Gesetzesinitiativen jedoch deutlich an. In diesen Zeiträumen brachten die Abgeordneten viele Gesetzentwürfe ein, die das Kriegsrecht betrafen. Im Sommer 2023 intensivierte sich der Prozess der europäischen Integration, der durch die Einbringung von reformorientierten Entwürfen gekennzeichnet war. Beispiele hierfür sind der Gesetzentwurf Nr. 9610, der sich mit der Umsetzung der Rechte und Freiheiten nationaler Minderheiten befasst, und der Gesetzentwurf Nr. 9024-d, der sich mit den Mindestölreserven zur Verbesserung der Energiesicherheit der Ukraine befasst. Im November desselben Jahres erklärte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dass die Ukraine mehr als 90 Prozent ihrer Verpflichtungen für die Aufnahme von Verhandlungen über den EU-Beitritt erfüllt habe. Am 14. Dezember 2023 begannen die Verhandlungen.
In der IX. Legislaturperiode wurden 1.271 Gesetze verabschiedet und unterzeichnet, was weniger als ein Fünftel (18,7 Prozent) der Gesamtzahl der eingebrachten Gesetzentwürfe ausmacht. Dieser Prozentsatz ist jedoch höher als in den letzten Legislaturperioden (siehe Grafik 4 auf S. 12). Die Zahl der abgelehnten Gesetzentwürfe ist fast doppelt so hoch (2.421), wobei die meisten Gesetzentwürfe ohne endgültige Entscheidung »im Schwebezustand« verbleiben. Dennoch ist ihr Anteil geringer als in der letzten Legislaturperiode.
Daher kann der Gesetzgebungsprozess der derzeitigen Rada-Legislaturperiode als Erfolg angesehen werden. Allerdings hat zum Beispiel das polnische Parlament von 2021 bis 2023 63,2 Prozent der eingebrachten Gesetzentwürfe (insgesamt 519) angenommen, während das Vereinigte Königreich 77,2 Prozent (118) verabschiedete. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass die Gesetzentwürfe in anderen Ländern von höherer Qualität sind und weniger »legislativer Spam« produziert wird.
Welche Gesetzentwürfe werden von der Rada am schnellsten verabschiedet?
Alle Gesetzentwürfe werden in der Registrierungsphase in acht thematische Kategorien eingeteilt: Sicherheit und Verteidigung, Industriepolitik, Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie Rechtsstaatlichkeit und humanitäre Maßnahmen, Staatsverwaltung und internationale Verträge. Die Hauptabteilung für parlamentarische Dokumentation der Werchowna Rada bestimmt die Kategorie des Gesetzesvorschlags auf der Grundlage seines Inhalts und gibt ihn in die Datenbank ein. Die Verteilung der angenommenen Gesetzentwürfe nach Kategorien ist in Grafik 5 auf S. 12 dargestellt. Die meisten Vorschläge betrafen die Wirtschaftspolitik und die Industriepolitik (26 und 23 Prozent der verabschiedeten Gesetzentwürfe).
Grafik 6 auf S. 13 visualisiert die Dauer des Gesetzgebungsprozesses von Gesetzentwürfen verschiedener Kategorien. Natürlich wurden Gesetze im Bereich Sicherheit und Verteidigung am schnellsten verabschiedet, wobei die Dauer von der Einbringung des Gesetzentwurfs bis zur Unterzeichnung durch den Präsidenten 110 (im Durchschnitt) bzw. 56 Tage (im Median) betrug.
Am längsten dauerte die Verabschiedung von Gesetzentwürfen im Bereich der Industriepolitik und der Sozialpolitik (durchschnittlich 248 bzw. 247 Tage). Gesetzesänderungen in der Sozialpolitik werden insgesamt am langsamsten verabschiedet: Der Medianwert liegt für diese Kategorie bei 226 Tagen, für die Industriepolitik bei 185 Tagen.
Bei Gesetzesentwürfen in der Kategorie Rechtsstaatlichkeit ist die durchschnittliche Zeit für die Verabschiedung fast doppelt so lang wie der Medianwert. Das lässt sich leicht erklären: Diese Kategorie umfasst mehrere Gesetzesentwürfe, die den Rekord für die langsamste Verabschiedung im Parlament halten. Dazu gehören insbesondere Gesetzesvorschläge, die den Schutz von Arbeitsmigrant:innen vor Betrug und die strafrechtliche Verfolgung von Schmuggel betreffen.
Wer bringt Gesetzentwürfe am schnellsten durchs Parlament?
Im Folgenden betrachte ich die Geschwindigkeit, mit der Gesetzesentwürfe verabschiedet werden sowie den Anteil der angenommenen Gesetzesvorschläge in Abhängigkeit davon, wer den Entwurf ins Parlament eingebracht hat. Die Gesamtzahl der Initiator:innen beträgt 260: die Rada-Abgeordneten, die Regierung und der Präsident.
Die Abgeordneten können einen Gesetzentwurf einzeln oder als Gruppe einreichen (siehe Grafik 7 auf S. 14). Von den 6.800 Entwürfen, die während der IX. Legislaturperiode registriert wurden, wurden 1.645 (24 Prozent) von einzelnen Abgeordneten eingebracht, die Regierung brachte 899 Gesetzesentwürfe (13 Prozent) ein, und der Präsident 260 (4 Prozent).
Von den von der Regierung initiierten Gesetzesvorschlägen gingen 761 mit der Unterschrift des amtierenden Ministerpräsidenten beim Parlament ein. Im Durchschnitt legte er alle 1,6 Arbeitstage einen Gesetzentwurf vor. Die Vorgängerregierung unter Oleksij Hontscharuk legte dem Parlament 115 Gesetzentwürfe vor, also im Durchschnitt einen pro 1,1 Arbeitstage. Seine »Gesetzgebungsgeschwindigkeit« war also etwas höher. Das Parlament der IX. Legislaturperiode »erbte« auch 19 Gesetzentwürfe der Vorgängerregierungen von Wolodymyr Hrojsman und von Arsenij Jazenjuk. Die Geschwindigkeit, mit der Gesetzentwürfe unter der Regierung von Oleksij Hontscharuk geprüft wurden, war ebenfalls höher und betrug durchschnittlich 64 Tage im Vergleich zu 212 Tagen unter der Regierung von Denys Schmyhal. In der Amtszeit der Hontscharuk-Regierung nahm jedoch das neugewählte Parlament seine Arbeit auf, die durch einen »Turbomodus« und einen etwas größeren Enthusiasmus der Abgeordneten gekennzeichnet war.
Die von Präsident Wolodymyr Selenskyj eingebrachten Gesetzentwürfe wurden vom Parlament ebenfalls relativ schnell bearbeitet, durchschnittlich innerhalb von 123 Tagen. Außerdem wurden 78 Prozent der von ihm eingebrachten Gesetzentwürfe angenommen. Diese Werte sind mit denen des vorherigen Präsidenten Petro Poroschenko vergleichbar, dessen Gesetzesinitiativen in 76 Prozent vom Parlament verabschiedet wurden.
Der Anteil der angenommenen Gesetzentwürfe der Regierung ist deutlich geringer und reicht von 21 Prozent während der Amtszeit von Oleksij Hontscharuk bis zu 42 Prozent der Gesetzentwürfe, die von der Regierung Wolodymyr Hrojsman geerbt worden waren. Es ist jedoch bemerkenswert, dass die Ablehnung dieser Entwürfe tendenziell schneller erfolgte als ihre Annahme. Für die derzeitige Regierung und Präsident ist der Trend umgekehrt. Anzunehmen ist, dass die Ablehnung einfach auf unbestimmte Zeit verschoben wird (s. Grafik 9 auf S. 14).
Der geringste Prozentsatz der angenommenen Gesetzesinitiativen entfällt auf ehemalige Mitglieder der Oppositionsfraktion »Plattform für das Leben« (OPSSch), die die parlamentarische Gruppe »Plattform für das Leben und den Frieden« gebildet haben, sowie auf Mitglieder der Allukrainischen Union »Vaterland« (»Batkiwschtschyna«). Die meisten ihrer eingebrachten Gesetzentwürfe werden abgelehnt oder nicht vom Präsidenten unterzeichnet, auch wenn sie von einer Gruppe von Abgeordneten eingebracht werden (s. Grafiken 10 und 11 auf S. 15/16). Die Mitglieder dieser Fraktionen zeigen jedoch auch die geringste Unterstützung für Reformen und stimmen häufiger für reformfeindliche Gesetzentwürfe ab.
Zusammenfassung und Empfehlungen
Die Rada hat in der IX. Legislaturperiode fast ein Fünftel der eingebrachten Gesetzentwürfe angenommen. Das ist mehr als in der vorherigen Legislaturperiode, aber deutlich weniger als etwa in Polen oder Großbritannien. Daher lohnt es sich, den »legislativen Spam« vor der Einbringung ins Parlament herauszufiltern. Das kann insbesondere dadurch erzielt werden, indem die Kosten, die dem Staatshaushalt angelastet würden im Fall der Annahme des Gesetzes, im Vorfeld genau berechnet werden. Dies würde auch die zuständigen Ausschüsse entlasten, die mit der Flut von mangelhaften Gesetzentwürfen und Änderungsanträgen zu kämpfen haben. Dadurch könnten wichtige Gesetzesentwürfe schneller und effizienter bearbeitet werden.Die Ablehnung von Gesetzentwürfen dauert im Durchschnitt doppelt so lange (ein Jahr) wie die Annahme (sechs Monate). Obwohl die Hälfte der Gesetzentwürfe sogar etwas schneller als die in der Rada-Geschäftsordnung festgelegten Frist angenommen wird, ist die durchschnittliche Dauer etwa zwei Monate länger als die vorgeschriebene Zeit. Es kann manchmal Jahre dauern, bis Gesetzentwürfe bearbeitet werden. Da Fristen häufig nicht eingehalten werden, sollte die Rada-Geschäftsordnung diesbezüglich überarbeitet werden.Die längste Wartezeit für Gesetzentwürfe entsteht während der parlamentarischen Bearbeitung, nachdem sie auf die Tagesordnung gesetzt wurden, aber noch vor der ersten Lesung. Für diese Phase gibt es in der Geschäftsordnung keine zeitliche Beschränkung. Es könnte also Sinn machen, dafür eine Frist einzuführen.Gesetzentwürfe, die der Präsident einbringt, werden am häufigsten erfolgreich verabschiedet (in 78 Prozent der Fälle). Seine Gesetzentwürfe werden auch recht schnell bearbeitet, etwa doppelt so schnell wie die der derzeitigen Regierung (aber langsamer als die der Vorgängerregierung, die im »Turbomodus« abgearbeitet wurden).In der Regel reichen die Abgeordneten Gesetzentwürfe als Mitglieder einer Abgeordnetengruppe ein. Unter den Abgeordneten, die als alleinige Initiator:innen zahlreiche Gesetzentwürfe eingebracht haben, sticht Danylo Hetmanzew (Diener des Volkes) mit 38 Prozent verabschiedeter Gesetze hervor.Mitglieder der ehemaligen Oppositionsfraktion »Plattform Für das Leben« (OPSSch) bringen relativ wenige Gesetzentwürfe ins Parlament ein. Ihre Entwürfe werden jedoch in der Regel abgelehnt, selbst wenn sie mit einer Gruppe von Abgeordneten anderer Fraktionen eingereicht werden.
Insgesamt hat der Gesetzgebungsprozess in der Ukraine mit mehreren systemischen Problemen zu kämpfen, die dringend reformbedürftig sind. Gegenwärtig fehlt es an wirksamen Mechanismen, um mangelhafte Gesetzentwürfe noch vor der formalen Einbringung in das Parlament herauszufiltern. Dieses Defizit führt dazu, dass die parlamentarischen Ausschüsse mit einer Vielzahl von mangelhaften und finanziell nicht tragbaren Gesetzentwürfen überschwemmt werden. Dies kann zu Reformstau führen, weil wirklich wichtige Gesetzentwürfe aus zeitlichen Gründen nicht bearbeitet werden können. Darüber hinaus enthält die derzeit gültige Geschäftsordnung der Rada Normen, die in der Praxis nicht eingehalten werden. Diese Normen müssten unbedingt angepasst werden, und es bedarf klarer Regeln für die Bearbeitungsfristen in allen Phasen des Gesetzgebungsverfahrens sowie einer verstärkten Rechenschaftspflicht bei Nichteinhaltung der Fristen.