Von Thomas Bremer
Zusammenfassung
In wohl keinem anderen Staat Mittel- und Osteuropas stellt sich die kirchliche Lage derart kompliziert dar wie in der Ukraine. Gerade dort kommen all die Aspekte zusammen, die in anderen Nachfolgestaaten der UdSSR vereinzelt auftreten. Das führt dazu, dass es heute neben drei orthodoxen und zwei katholischen Kirchen zahlreiche evangelische Gemeinden und Organisationen gibt; außerdem ist der Islam (vor allem auf der Krim, unter den dort lebenden Tataren) sehr verbreitet. Diese komplexe Situation hängt damit zusammen, dass das Gebiet der heutigen Ukraine historisch zu sehr vielen und sehr unterschiedlichen Staaten gehörte. Das hat zum Einen die Ausrichtung der Bevölkerung geprägt, also die Frage beeinflusst, ob sich das Land eher zum Westen oder eher nach Osten (d.h. nach Russland) orientieren sollte; daraus ergeben sich auch kirchliche Implikationen. Zum Anderen hat es auch dafür gesorgt, dass ein ukrainisches Bewusstsein in den verschiedenen Teiles des Landes unterschiedlich entwickelt ist. In manchen Gebieten fühlt man sich sehr deutlich als Ukrainer und als zu Europa gehörig, am stärksten wohl im Westen, dem historischen Galizien, während man im Osten eine enge Verbindung mit Russland für wichtig hält.