Die politische Krise in der Ukraine

Von Gerhard Simon

Zusammenfassung
»Krise« scheint seit längerem die Beschreibung für die Normalität in der Ukraine zu sein. Jedenfalls sind die Zeiträume mit voll arbeitsfähigen Verfassungsorganen Parlament, Regierung und Staatspräsident eher kurz, und die Perioden, in denen zumindest eines dieser Organe nicht voll funktionsfähig ist, sehr lang. Es kommt hinzu, dass auch in Zeiten voller Arbeitsfähigkeit die Konflikte zwischen den Verfassungsorganen den politischen Alltag bestimmen. Das liegt daran, dass der Großteil der politischen Auseinandersetzungen nicht zwischen Regierungskoalition und Opposition stattfindet, sondern innerhalb der regierenden Koalition. Jedenfalls gilt das für die Zeiträume seit der Orangen Revolution, in denen die Orangen Kräfte mit Präsident Juschtschenko an der Spitze die Regierungsverantwortung tragen. Insgesamt ist dies eine Zeitspanne von knapp drei Jahren. Seit Januar 2005 stellte die blau-weiße Opposition unter Ministerpräsident Viktor Janukowitsch lediglich von August 2006 bis Dezember 2007 die Regierung. Aber auch dieser Zeitabschnitt war krisengeschüttelt, weil Präsident und Ministerpräsident den gegensätzlichen Lagern angehörten und weil Juschtschenko im April 2007 das Parlament auflöste und Neuwahlen ausschrieb.

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Analyse

Zensurbestrebungen in der Ukraine: Von moralisch verbrämter Zensur zu einer möglichen politischen Zensur

Von Andreas Stein
Seit dem Amtsantritt von Wiktor Janukowytsch steht die Ukraine unter besonderer Beobachtung in Bezug auf die Einhaltung der Presse- und der Meinungsfreiheit. Nicht registriert wurde dabei jedoch, dass bereits unter Präsident Juschtschenko ein Gesetz aus der Kutschma-Ära Anwendung fand, mit dem eine moralisch verbrämte, mitunter politische Zensur ausgeübt wurde. Über die Regelungen des Gesetzes findet die jetzige Administration Janukowytsch bereits ein fertiges Instrument für Zensurmaßnahmen vor. Unter moralischethischen Gesichtspunkten wird zwar auch in entwickelten Demokratien Zensur ausgeübt, doch existieren hier feste Regeln und Institutionen, die eine willkürliche Anwendung verhindern können. In der Ukraine mit ihren schlecht funktionierenden Institutionen bleibt eine Zensur damit nicht auf den moralisch-ethischen Bereich beschränkt und kann leicht auf politische Meinungen und Ansichten ausgeweitet werden. (…)
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Analyse

Ein Jahr nach den Präsidentschaftswahlen – quo vadis Ukraine?

Von Heike Dörrenbächer, Volodymyr Oliinyk
Nach nur einem Jahr im Amt hat Präsident Janukowytsch eine ungeheure Machtfülle auf sich vereint, mit der ein Übergang zu einem autoritären Staat jederzeit möglich ist. Die Korruption wird vor allem verbal bekämpft und dieser Kampf dazu benutzt, den politischen Gegner in Schach zu halten. Die Pressefreiheit existiert eher formal und muss von den Journalisten und der Gesellschaft verteidigt werden. Der Staat ist stabil, doch wirkliche Reformen sind nicht in Sicht. Die Ukraine nähert sich immer mehr einer »imitierten Demokratie« an – einem Phänomen, das wir bereits aus Russland kennen. (…)
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