Back to the Future? Die russisch-ukrainischen Beziehungen nach den ukrainischen Präsidentschaftswahlen

Von André Härtel

Zusammenfassung
Der Sieg des zweimaligen Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch bei den fünften Präsidentschaftswahlen der Ukraine im Februar dieses Jahres stellt eine wichtige Wegmarke für die innen- wie außenpolitische Entwicklung des Landes dar. Wie nirgendwo sonst sorgte Janukowitschs Sieg in der Russländischen Föderation für Erleichterung und steigende Erwartungen. Seit der sogenannten Orangen Revolution vom Spätherbst 2004 hatten die russisch-ukrainischen Beziehungen eine vormals undenkbare Verschlechterung erlebt. Auf keinem der wesentlichen Themenfelder, von den Energiebeziehungen über die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol, konnte in den letzten Jahren Wesentliches erreicht werden. Obwohl hierfür zumeist der bisherige Präsident Viktor Juschtschenko und dessen pro-westliche Außenpolitik verantwortlich gemacht werden, spielen auch die instabile Natur des ukrainischen Transformationsregimes sowie das Fehlen einer kohärenten Außenpolitik Russlands in der GUS eine Rolle für den Zustand der Beziehungen. Viktor Janukowitsch wird im Gegensatz zu seiner Rivalin Julia Timoschenko zwar als der eher pro-russische Führer wahrgenommen, der die Beziehungen zu Russland wieder auf die pragmatisch-freundschaftliche Ebene der Kutschma-Ära zurückführen könnte. Allerdings zeigt eine kurze Einführung in die jüngere Geschichte der russisch-ukrainischen Beziehungen sowie ein kurzer Überblick über deren wichtigste aktuelle Spannungsfelder, dass ein simpler »back to the future«-Ansatz eher aussichtslos ist.

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Zum Weiterlesen

Analyse

Zur außenpolitischen Orientierung des neuen ukrainischen Präsidenten und der Partei der Regionen

Von Wilfried Jilge
Unmittelbar nach seiner Wahl zum Präsidenten reiste Viktor Janukowitsch zur EU-Kommission nach Brüssel, wo er seinen ersten Antrittsbesuch im Ausland absolvierte. Der früher häufig als prorussisch eingestufte Janukowitsch, für den 2004 die Präsidentenwahlen gefälscht wurden, gab sich in der Pressekonferenz mit José Manuel Barroso ausgesprochen proeuropäisch: Für die Ukraine werde, so Janukowitsch, die europäische Integration ebenso wie die Realisierung systematischer sozioökonomischer Reformen Priorität haben. Experten haben bereits im Wahlkampf darauf hingewiesen, dass der neue Präsident einen auf die Integration der Ukraine in die Strukturen der EU zielenden Kurs – wenn auch vorsichtiger als sein Vorgänger – fortsetzen könnte. Hatte die westliche Berichterstattung Janukowitsch früher meist als moskauhörigen Kandidaten eingestuft (was in dieser Eindeutigkeit schon 2004 nicht ganz richtig war), werden er und seine Rivalin Julia Timoschenko heute immer häufiger als gleichermaßen »prorussisch« wie »proeuropäisch« eingeschätzt. Dies ist keineswegs ausgeschlossen: Bei der Bewältigung der die Ukraine heftig treffenden Finanzkrise ist die Ukraine nicht nur auf Hilfe aus Moskau, sondern auch aus der EU dringend angewiesen. (…)
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Analyse

Die Zukunft des russischen Marinestützpunktes Sewastopol

Von Dmitry Gorenburg
Die vor Kurzem erfolgte Wahl Viktor Janukowitschs zum Präsidenten der Ukraine hat den zukünftigen Status des russischen Marinestützpunktes in Sewastopol wieder ins Zentrum der russisch-ukrainischen bilateralen Beziehungen gerückt. Während der Präsidentschaft Viktor Juschtschenkos war klar, dass sich die ukrainische Regierung entschieden gegen jede mögliche Verlängerung des Nutzungsvertrages wenden würde. Auch wenn viele russische Experten glauben, dass die Wahl Janukowitschs eine Erneuerung des Pachtvertrages wahrscheinlicher macht, ist die Lage vermutlich komplizierter, denn es gibt darüber hinaus verfassungsmäßige, politische und wirtschaftliche Probleme, die allesamt einer Verlängerung im Wege stehen.
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