Von Bahodir Sidikov
Zusammenfassung
Wie der Begriff Zentralasien ist die zusammenfassende Bezeichnung zentralasiatischer Islam ein Hilfskonstrukt. Der Islam ist auch in Zentralasien kein Monolith, sondern er äußert sich in so vielfältigen Erscheinungsformen, dass man mit einiger Berechtigung von einem kasachischen, kirgisischen, usbekischen, turkmenischen und tadschikischen Islam oder auch vom Islam der ehemaligen Nomaden und dem der urbanen Bevölkerung sprechen kann. Damit würde man auch den großen Unterschieden zwischen (sub)ethnischen und lokalen Ausprägungen des Islam in der Region Rechnung tragen. Doch lassen sich auch Gemeinsamkeiten ausmachen. Hierzu zählt die Fähigkeit der zentralasiatischen Ausprägungen des Islam zur Einbeziehung von Verhaltensweisen, die mit klassischen Lehren nicht vereinbar sind. Auch lässt sich, wie in anderen Teilen der islamischen Welt, ein ausgeprägter Radikalismus beobachten, der jedoch eine andere Genese hat. Zudem ist die Struktur des religiösen Fatalismus (Glaube an die absolute Vorherbestimmung des Schicksals durch Gott) eine andere. Nicht zuletzt ist ein »Sonderweg« in den Gleichheitsidealen und einer einmaligen Ritualgläubigkeit zu sehen, die mancherorts den »wahren« Glauben zu ersetzen scheint.