Die Emanzipation der turkmenischen Frau war und ist abhängig von der jeweils bestehenden Herrschaftsform. Diese Abhängigkeit ist für die aktuelle Lage der Frauen und ihre Stellung in der turkmenischen Gesellschaft bedeutsamer als die viel kritisierte staatliche Konstruktion der »traditionellen turkmenischen Kultur«. Formal gesehen begann die Emanzipation der Frau in Turkmenistan mit der ideologischen Arbeit der Kommunistischen Partei (KP) nach der Machtübernahme der Bolschewiki in Zentralasien 1918. Die emanzipatorische Frage wurde unter dem Stichwort der »Befreiung« der zentralasiatischen Frau vom sogenannten »Joch der religiösen und nomadischen Traditionen« für die Durchsetzung der ideologischen Programmatik der KP in der Region instrumentalisiert. Denn aus der Sicht der sowjetischen Ideologie stand eine Nationalstaatlichkeit in strikter Konkurrenz zum Islam in den muslimisch geprägten Teilen Zentralasiens sowie zur Stammes- und Clanstruktur der nomadischen Bewohner der Region. Dieser Eingriff in die Kultur der Region besaß für die KP hohe politische Relevanz und war eine der Zwischenstufen auf dem Weg zum Aufbau einer proletarischen Gesellschaft in einem zuvor als »feudalistisch« bzw. patriarchalisch betrachteten Umfeld.
Gleichberechtigung sowjetischer Art
Die feministischen Kampagnen der Bolschewiki waren besonders gegen die in den Gebieten Zentralasiens mit sesshafter Bevölkerung (dem heutigen Usbekistan und Tadschikistan) übliche Vollverschleierung der Frauen gerichtet. Die bolschewistischen Frauenorganisationen propagierten die Rückständigkeit der Vollverschleierung und organisierten Aktionen der Selbstentschleierung der betroffenen Frauen. Die Vollverschleierung wurde als Symptom der unterdrückerischen patriarchalen Ordnung Zentralasiens angesehen und avancierte in der aufklärerischen Arbeit der Bolschewiki schnell zum Symbol der Unterdrückung der zentralasiatischen Frauen.
Jedoch eignete sie sich nicht als Symbol der Unterdrückung für die Aufklärung im Kontext der nomadischen Gruppen Zentralasiens. Unter turkmenischen Frauen war es zuvor unüblich, Hidschab, Tschador oder Burka tragen. Verheiratete turkmenische Frauen trugen den so genannten »gyňaç« – ein großes Tuch, einmal um den Kopf gebunden, dessen Spitze sie in den Mund nahmen. Unverheiratete Frauen trugen stattdessen zwei lange Zöpfe und eine kleine, nur den oberen Teil des Kopfes bedeckende Kappe, die so genannte »tahya«. Das erweckte unter den Sowjets den Eindruck, dass unter den Nomaden Frauen den Männern gleichgestellt waren. Mit der Zeit stellten sie jedoch fest, dass das streng patriarchalische Gewohnheitsrecht Adat, das bei den Turkmenen parallel zu Scharia seine Gültigkeit bewahrt hatte, sogar höhere Priorität besaß – die Frau demnach viel weniger Rechte hatte als der Mann. Wie Wissenschaftler dargelegt haben, war es jedoch sehr schwierig, ein der Entschleierungskampagne vergleichbares markantes bzw. machtvolles Symbol für den Kampf gegen die Benachteiligung der Frau zu finden. Denn im Gegensatz zur Vollverschleierung lieferte die Kleiderkultur der Turkmeninnen keine eindeutigen Symbole der Unterdrückung. Daher arbeitete man in der Turkmenischen SSR weniger mit Aktionen und Kampagnen. Stattdessen setzte die Kommunistische Partei Emanzipationsprogramme und Planvorgaben ein, die erfüllt werden sollten.
Dank der totalitären Machtausübung des Kreml konnte die formale Erfüllung vieler dieser Programmpunkte durchgesetzt werden. So waren Frauen und Männer im sowjetischen Turkmenistan juristisch bzw. formal gleichberechtigt. Frauen wurde die Erwerbstätigkeit in Bereich der Wirtschaft ermöglicht. Die neugegründeten Universitäten waren verpflichtet, Frauen zu immatrikulieren. Arbeitenden Frauen stand ein Mutterschaftsurlaub von bis zu drei Jahren zu, außerdem galten spezielle Arbeitsschutzbestimmungen. In Schulen und Kindergärten war eine ganztägige Betreuung der Kinder möglich. Auf politisch-institutioneller Ebene existierten zahlreiche Komitees zum Schutz und zur Förderung der Frauen, die Teil der gesamten Parteiadministration des Landes waren. Obwohl die Bemühungen der KP bzgl. der Frauenförderung im Prinzip konstruktiv waren, besaßen sie dennoch eine entscheidende Schwachstelle.
Diese Schwachstelle zeigt sich bei einem vergleichenden Blick auf die Frauenrechtsbewegungen in Europa und den USA Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Diese waren Bewegungen, durch die Formen und Mechanismen der Unterdrückung der Frau sowie Forderungen nach gleichen Rechten und Bildungschancen von den Unterdrückten selbst formuliert und auf die nationale und dann die internationale politische Agenda gebracht wurden. Unter dem Druck der Industrialisierung organisierten sich Frauen untereinander und übten Druck auf die – männlichen – politischen Eliten ihrer Länder aus. Die Auseinandersetzung mit der politischen philosophischen Denktradition stand dabei genauso auf der Tagesordnung wie eine effiziente Lobbyarbeit und lokale, nationale sowie internationale Vernetzung.
Die Frauenbewegung in Russland, die europäische Werte bzw. Ideale wie Nationalstaatlichkeit, Gleichberechtigung und Klassenkampf nach Zentralasien transportiert hat, besaß zunächst einen ähnlichen Charakter. Jedoch ging sie in der sozialistischen Bewegung auf und wurde mit der Zeit zum Teil der KP. Daher wurde die Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frauen in Zentralasien letztlich »von oben« verordnet. In der Turkmenischen SSR gab es weniger eine Frauenbewegung im eigentlichen Sinne, als eine Umsetzung der ideologischen sowie strukturellen Vorgaben der kommunistischen Administration. Hinzu kam noch ein zusätzliches Imageproblem. Denn nachdem die Bolschewiki in Russland 1917 die Macht übernommen hatten, kam es zu einem umfassenden Machtkampf zwischen ihnen und lokalen Kräften – einer faktischen Neueroberung des gesamten zentralasiatischen Gebiets. Somit wurden die ideologischen, strukturellen und administrativen Reformen, die von der KP umgesetzt wurden, inkl. der Frauenförderung, in Zentralasien sowohl als eine Vorgabe der politischen Elite von oben als auch als ein Eingriff von Invasoren in die traditionellen gesellschaftlichen Strukturen markiert. Dabei fehlte es in Turkmenistan an der entscheidenden Verwurzelung der Frauenförderung in der Gesellschaft selbst.
Die politische Instrumentalisierung von Kultur während der Sowjetunion setzte sich nach deren Fall fort und machte mit der Zeit die emanzipatorische Arbeit zunichte. Der ursprünglich von oben verordnete Charakter der Frauengleichstellung trug dazu bei, dass die Frauen in Turkmenistan ihre gleichberechtigte Stellung in der turkmenischen Gesellschaft nach dem Fall der Sowjetunion peu á peu eingebüßt haben.
Rückkehr zu »alten Traditionen«
Der Zusammenbruch der Sowjetunion stellte das nun unabhängige Turkmenistan vor neue, gravierende Herausforderungen. Dem Land fehlte nicht nur eine stabile, breit aufgestellte wirtschaftliche Basis (Turkmenistan war vor allem Rohstofflieferant für die sowjetische Zentralverwaltungswirtschaft) wie auch eine effiziente Administration. Es mangelte auch an etwas, worin alle administrativen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Reformen eingebettet werden konnten und das für alle staatlichen Strukturen eine überbrückende und legitimierende Funktion erfüllt hätte – eine machtvolle und zugängliche Ideologie. Schnell konstruierte die neue Regierung den Mythos der Selbstbefreiung der Turkmenen vom »Joch Russlands« und der Wiederauferstehung des turkmenischen Geistes – »türkmençilik«. Entsprechend wurde die Vergangenheit vor der russischen Machtergreifung im 19. Jahrhundert glorifiziert. »Traditionen«, so fragwürdig sie in ihrer Authentizität auch waren, erlebten einen Aufschwung – und mit ihnen auch alte Geschlechterrollen. Einerseits wurden sie aus Gründen der Wiederbelebung des proklamierten »eigenen« Kulturerbes wiederaufgenommen, andererseits wurde das emanzipatorische Gedankengut als eine fremde, nicht-turkmenische, von oben und außen aufgezwungene Tendenz beiseitegeschoben. Darüber hinaus wurde die Irrelevanz der Emanzipationsbewegung für turkmenische Frauen proklamiert. Dabei benutzte die Regierung wieder eine kulturbezogene Argumentation und verwies auf die angeblich der turkmenischen Kultur immanente Gleichberechtigung der Frauen.
Man kann die Entwicklung der Rolle der Frau im unabhängigen Turkmenistan unter verschiedenen Perspektiven betrachten. Zum einen kann man chronologisch zwei Phasen unterscheiden: die Ära von Saparmurat Nijasow (1991–2006), gefolgt von der Herrschaft des gerade wiedergewählten Gurbanguly Berdymuchammedow. Zum anderen kann man aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive von privaten, beruflichen und öffentlichen Bereichen sprechen, in denen die Stellung der Frau erhebliche Rückschläge erfahren hat.
Mit Blick auf die Ära Nijasow scheinen mehrere Kernereignisse bzw. Kennzeichen als wichtig, um die strategischen Schwachstellen dieser Emanzipation im heutigen Turkmenistan zu begreifen. Die 1990er-Jahre standen in Turkmenistan noch sehr stark unter dem Zeichen des Bruchs mit der Sowjetzeit. Gleichzeitig war, wie auch in Russland und im gesamten postsowjetischen Raum, in Turkmenistan die Rhetorik der Demokratisierung und der angestrebten freien Marktwirtschaft bestimmend. Zudem war Turkmenistan im wirtschaftlichen (durch die Zentralasien-Zentrum-Pipeline) und geopolitischen Sinne noch eng mit Russland verbunden und der Anteil der russischen Bevölkerung in den 1990er-Jahren noch relativ hoch. Dies besaß nicht nur demographische Relevanz, sondern auch kulturelle. Denn der Einfluss, der von der kulturellen und ethnischen Diversität, die zu der Zeit in Turkmenistan noch herrschte, ausging, übte eine für Frauen vorteilhafte Wirkung auf die Geschlechterrollen im Land aus. Auch das Bildungssystem, das für die Emanzipation der turkmenischen Frauen eine wichtige Rolle gespielt hatte, speiste sich in seinen Grundsätzen noch aus dem sowjetischen Erbe. Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre wurden jedoch in Reaktion auf eine zunehmend expansive russische Außenpolitik sehr viele in Turkmenistan geborene und ansässige Russen und andere Ethnien in zwei Etappen zur Ausreise genötigt. Diese faktische Zwangsaussiedlung nicht turkmenischer Bevölkerungsteile begünstigte die Entstehung eines homogenen kulturellen Milieus und somit die Rückkehr zu »traditionalistischen« Geschlechterrollen.
Mehr Rhetorik als Handeln
Zum Zeitpunkt der Machtübernahme Berdymuchammedows und der Konsolidierung des autoritären Regimes zeigte sich in der Innen- und Außenpolitik des Landes sowie in der turkmenischen Gesellschaft ein Phänomen, das typisch auch für andere zentralasiatische Staaten ist: Die Nichtigkeit der formalen Vereinbarungen und höhere Verbindlichkeit der informellen politischen Handlung. Dieses Phänomen stellt eine Schwierigkeit für die Umsetzung der mit der internationalen Gemeinschaft vereinbarten Normen und Reformen dar. Das größte Problem für die Gleichstellung der turkmenischen Frau ist dementsprechend nicht ein Mangel an Reformen und Gesetzen, in dieser Hinsicht bemüht sich Turkmenistan um die Anerkennung seiner Mitgliedschaft in solchen Organisationen wie UN und OSZE, sondern deren Implementierung. Obwohl sich die turkmenische Führung etwa im Rahmen des »Nationalen Maßnahmenplans zur Geschlechtergerechtigkeit in Turkmenistan für 2015–2020« zur Umsetzung internationaler Standards in der Gesetzgebung sowie in politischen und administrativen Strukturen, zur Schaffung gleicher Chancen für Männer und Frauen und zur Förderung der Frauen und ihres Engagements im gesellschaftlichen Leben verpflichtet hat, hapert es an der Umsetzung der damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen. Stattdessen versteckt sich die Regierung hinter wenig glaubhaften Zahlen.
So macht etwa der Anteil von Frauen bei den Beschäftigten nach offizieller Statistik von 2016 ca. 44 % im Staatssektor und ca. 47 % im Privatsektor aus. In dem Mejlis (Parlament) soll knapp ein Drittel der gesamten Abgeordneten weiblich sein. Darüber hinaus sollen Hunderte von Frauen in »repräsentativen Organen der Regierung« sowie Tausende in den »lokalen Organen der Selbstverwaltung« Turkmenistans arbeiten. In den Hochschulen soll der Anteil der Studentinnen je nach Fachrichtung zwischen 46 % und 88 % liegen. Außerdem wurde nach Angaben der Regierung viel in den Bereich Mutter-Kind-Gesundheit investiert.
Das größte Problem bleibt, dass die turkmenische Regierung nicht daran interessiert ist, die vereinbarten Maßnahmen auch sinngemäß umzusetzen. Ein Bericht der exiloppositionellen TIHR (Turkmen Initiative for Human Rights) an die UNCEDAW (United Nations Committee on the Elimination of Discrimination against Women) vermittelt einen Einblick in die in offiziellen Dokumenten nicht erwähnte, tatsächliche Situation bzgl. der Frauenemanzipation in Turkmenistan. Die Beobachtungen der Initiative deuten auf gravierende Missstände in fast allen Bereichen der Rechte bzw. Diskriminierung von Frauen. Die Autoren des Berichts sprechen u. a. eine Doppelbelastung an, der die Frauen in Turkmenistan ausgesetzt sind. Einerseits sind sie wegen der sich rasant verbreiteten Probleme mit Drogen- und Alkoholabhängigkeit unter Männern und der damit verbundenen Kriminalität dazu gezwungen, ihre Familien alleine zu versorgen. Dabei sind sie mit der steigenden Arbeitslosigkeit von bis zu 46 % in den Ballungsräumen und 60 % in der Peripherie konfrontiert. Die Arbeitslosigkeit treibt die Frauen auf der Suche nach Verdienstmöglichkeiten ins Ausland, v. a. die Türkei und Russland, wo sie sich illegal aufhalten und jeglicher Form von Gewalt ausgeliefert sind.
Andererseits sind die Frauen in Turkmenistan, so die Darstellung der turkmenischen Menschenrechtler, auf eine vergleichsweise geringere Zahl von Männern angewiesen. Das resultiert teilweise aus der demographischen Zusammensetzung, teilweise auch aus dem weit verbreiteten Problem der Drogenabhängigkeit und der Kriminalität. Diese Abhängigkeit zeigt sich besonders im verbreiteten Phänomen der Polygamie, sei es in Form von islamischen Eheschließungen (nikah) oder außerehelichen Beziehungen. Ebenso sind Frauen vielfach Gewalt in der Ehe ausgeliefert, welche weder gerichtlich noch gesellschaftlich als Missbrauch anerkannt wird. Darüber hinaus werden Frauen nicht für die entscheidende Machtpositionen zugelassen. Den Angaben der Initiative zufolge ist die Mehrzahl der berufstätigen Frauen in den Bereichen Kultur, Bildung und Gesundheit tätig. Gerade die Beschäftigten dieser Bereiche sind im heutigen Turkmenistan dazu verpflichtet, unzählige Veranstaltungen für eine unüberschaubare Zahl von Festen und Demonstrationen abzuhalten. Das hindert sie daran, ihren eigentlichen Aufgaben nachzugehen und nimmt ihnen jede Chance, beruflich aufzusteigen, geschweige denn einen ernstzunehmenden Beitrag zum kulturellen und politischen Leben Turkmenistans zu leisten. Ebenso gravierend sieht es in der gesundheitlichen Versorgung aus. Hier sind die angehenden Mütter trotz der Bestimmungen des offiziellen Maßnahmenkatalogs oft unterversorgt, es fehlt an funktionierenden Krankenhäusern, an Hygiene- und Pflegemitteln und an einem gut ausgebildeten Personal.
Das grundlegendste Problem für die Emanzipation und Gleichstellung der Frau in Turkmenistan ist jedoch die streng patriarchale gesellschaftliche Ordnung, die gepaart mit der doppelbödigen Logik fast keine Aussichten auf Verbesserung ihrer Lage erhoffen lässt. In diesem Zusammenhang muss man erwähnen, dass in Turkmenistan nur eine einzige, der Regierung unterstellte Frauenorganisation existiert, Türkmenistanyň Zenanlar Birlešigi (Union der Frauen Turkmenistans). Deren Hauptfunktion besteht darin, die offizielle Regierungsprogrammatik bzgl. der Frauenförderung umzusetzen. Auf der Website der Organisation ist zwar vom Engagement und der Partizipation der Frau in der Gesellschaft und den demokratischen Prozessen Turkmenistans die Rede, doch wird diese Teilhabe vor allem als ein Beitrag zur »traditionellen Kultur«, Familienordnung und Gesundheit und somit zur Zementierung eines patriarchalischen Rollenverständnisses dargestellt. So tragen etwa dort veröffentlichte Artikel die Titel »Maşgala. Durmuş. Gözellik« (Familie, Leben, Schönheit) oder »Zenanlar – biziň Watanymyzyň buýsanjydyr!« (Frauen – Stolz und Freude unseres Vaterlandes). Es wird hervorgehoben, wie schön, gut erzogen und vor allem wie respektvoll die turkmenische Frau sei. Die Beiträge berichten auch von Konferenzen mit Teilnehmern aus allen Winkeln des Landes, die zum Thema Erziehung der jungen Mädchen abgehalten werden. Dabei werden besonders die Beiträge älterer Männer (ŷašulylar) hervorgehoben, die Ratschläge bzgl. der Erziehung von Mädchen sowie der Erscheinung und dem Verhalten von Frauen in der Öffentlichkeit, besonders in Anwesenheit von Älteren, erteilen.
Fazit und Perspektive
An diesem Beispiel ist der wichtigste Grund dafür zu erkennen, warum internationale Organisationen auch weiterhin vergeblich auf die faktische Umsetzung vereinbarter Maßnahmen in Turkmenistan warten werden: das Monopol des Regimes über die »kulturelle Identität« des Landes. Diese ist in Turkmenistan ein hochpolitisiertes Thema, das von der Regierung besonders eifrig überwacht und gesteuert wird. Denn die vollständige Kontrolle über die Diskurse über die kulturelle Identität und das kulturelle Erbe des Landes ermöglicht der turkmenischen Regierung die Steuerung des gesellschaftlichen Konsensus bzgl. vieler innenpolitischer Fragestellungen, u. a. auch nach der Machtlegitimierung und -konsolidierung. In Fragen der Emanzipation wird das Regime auch weiterhin argumentieren, turkmenische Frauen seien nie unterdrückt gewesen – weil sie nie vollverschleiert waren. Auch wird das Regime koloniale und post-koloniale Diskurse nutzen, um die zutiefst konservativen Werte zu verteidigen, die die Basis der Macht des Regimes darstellen. Obwohl die Regierung nach Außen ihre Erfolge in der Frauenförderung präsentiert und internationale Abkommen (wie die Deklaration der Vierten UN-Weltfrauenkonferenz in Beijing 1995) unterzeichnet hat, ist sie nach Innen darum bemüht, konservative, traditionelle Geschlechterrollen aufrechtzuerhalten.
Aufgrund der Unverbindlichkeit der formalen Vereinbarungen einerseits und der Intransparenz der informellen politischen Handlung andererseits fällt es außenstehenden Beobachtern schwer, die tatsächliche Situation einzuschätzen und die Lage von außen zu beeinflussen.
Will man jedoch in einem solchen Kontext die Unterwerfung der turkmenischen Frau unter das männliche Diktat im beruflichen, privaten und öffentlichen Bereich überwinden und die Gleichberechtigung sowie die Emanzipation der turkmenischen Frau fördern, muss man das Monopol der Regierung über die kulturelle Identität und das Erbe des Landes aufbrechen. Die Motivation einer Bewegung »von unten« ist hier entscheidend. Diese kann jedoch nicht von außen gesteuert werden, sondern muss in der turkmenischen Gesellschaft fest verankert sein.