Queer in Kirgistan. Zur aktuellen Situation der LGBT-Gemeinschaft in einem unsicheren Umfeld

Von Marc von Boemcken (Bonn)

Zusammenfassung
Eine kürzlich durchgeführte Befragung von 88 Personen in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek, die sich der queeren bzw. LGBT (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender) Gemeinschaft zugehörig fühlen, kam zu dem Ergebnis, dass 84% von ihnen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität physische Gewalt erfahren hatten. Noch erschreckender: Die Zahl der Angriffe gegen LGBT-Personen nimmt nach Einschätzung lokaler Aktivisten seit 2014 kontinuierlich zu. Dafür ist auch ein wachsender Ethnonationalismus in Kirgistan verantwortlich, der Abweichungen von vermeintlich traditionellen Lebensentwürfen und Verhaltensweisen als Bedrohung kirgisischer Identität darstellt. Zudem hielt das Thema durch einen 2014 eingebrachten Gesetzesentwurf gegen die »Popularisierung homosexueller Beziehungen« und das Verfassungsreferendum vom Dezember 2016 verstärkt Einzug ins öffentliche Bewusstsein. Aktuelle Entwicklungen geben dennoch Anlass zu leiser Hoffnung. Das neue kirgisische Parlament legte im Mai 2016 die Gesetzesinitiative vorerst auf Eis. In der Gesellschaft setzen sich eine Reihe lokaler Nichtregierungsorganisationen mit großen Engagement für die Rechte und die Sicherheit von LGBT-Personen ein.

Der einzige und letzte Nachtclub der kirgisischen Queer-Szene liegt in einem unscheinbaren, düsteren Wohnviertel am Rande der Hauptstadt Bischkek. Kein Schild weist die heruntergekommene ehemalige Autowaschanlage als Diskothek oder gar Treffpunkt der hiesigen LGBT (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender) Gemeinschaft aus. Wer eingelassen werden will, benötigt die Empfehlung eines Stammkunden. Und dennoch ziehen neue Gäste misstrauische Blicke auf sich. Das ist kaum erstaunlich. Allein in den letzten zwei Jahren musste das »London« drei Mal die Örtlichkeit wechseln. Der erste Umzug wurde nötig nachdem ein wütender Mob von etwa 30 Personen den Club gestürmt, das Mobiliar zertrümmert und Personal verletzt hatte. Gewalt gegen Menschen und Einrichtungen, die von traditionellen sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten abweichen, ist in dem kleinen, zentralasiatischen Land mittlerweile zur Regel geworden. Das war keineswegs immer so, sondern ist bestimmten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten Jahre geschuldet.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Bischkek als eine Stadt galt, in der Menschen, die sich der LGBT-Gemeinschaft zugehörig fühlen, relativ frei und offen leben konnten. Kirgistan ist im Vergleich zu vielen seiner Nachbarn ein recht liberales und demokratisches Land. Dies spiegelt sich auch in den Rechten sexueller Minderheiten wider. Während etwa Turkmenistan oder Usbekistan homosexuelles Verhalten noch immer mit Gefängnisstrafen ahnden, schaffte Kirgistan die entsprechenden Gesetze aus Sowjetzeiten bereits vor Jahren ab. 1998 entkriminalisierte es sexuelle Beziehungen zwischen Männern, 2004 zwischen Frauen. Tatsächlich schloss die damalige kirgisische Verfassung noch nicht einmal die Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Ehen aus.

Zwischen Tabuisierung und Polizeigewalt

Die vergleichsweise große rechtliche Freiheit bedeutet allerdings nicht, dass das gesellschaftliche Klima LGBT-Personen gegenüber aufgeschlossen und tolerant ist. Ganz im Gegenteil: Homosexualität war in dem patriarchalischen und muslimisch geprägten Land seit jeher stark tabuisiert. Auch wenn sie theoretisch möglich war, eine Ehe zwischen zwei Männern wäre schlicht und einfach undenkbar. Einerseits profitierte die LGBT-Gemeinschaft von der Abwesenheit des Themas im öffentlichen Bewusstsein. Gerade die Kultur des Wegsehens, der Indifferenz, stattete sie mit einer gewissen Unsichtbarkeit aus, die sich für die Schaffung kleiner Freiräume, Orte des Rückzugs zum Anderssein, nutzbar machen ließ.

Das Potenzial für Gewalt ist damit, andererseits, bereits in der Gesellschaft angelegt. Wer sich etwa in der Familie oder vor dem Arbeitgeber als schwul outet, provoziert in aller Regel einen Skandal und hat mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen. Diese reichen vom Ausschluss aus dem Familien- und Freundeskreis über den Verlust der Arbeitsstelle bis hin zu physischer Gewalt. Die Polizei nutzt diesen Umstand schon seit Langem aus. Anfang 2014 veröffentlichte die bekannte Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) einen ausführlichen Bericht, der für den Zeitraum von 2004 bis 2013 die systematische Misshandlung schwuler und bisexueller Männer durch kirgisische Polizeibeamte dokumentiert. In den meisten Fällen ähnelte sich das Muster: Zunächst wird den Opfern gezielt nachgestellt und aufgelauert, um sie dann unter fadenscheinigen Begründungen festzunehmen, meist unter Vorspiegelung einer falschen Rechtslage. Auf der Polizeiwache müssen sie Erniedrigungen, häufig auch Folter und sexualisierte Gewalt, über sich ergehen lassen. Schließlich drohen die Beamten damit, die sexuelle Orientierung der Männer publik zu machen und können auf diese Weise Geld von ihnen erpressen. Vor Sanktionen müssen sie sich dabei kaum fürchten, da in Kirgistan formale Beschwerden über Misshandlungen durch die Polizei die Preisgabe der eigenen Anonymität erfordern. Aus Sicht der Betroffenen ist das Risiko gesellschaftlicher Bloßstellung im Zuge einer offiziellen Untersuchung einfach zu groß.

Ethnonationalismus und Gesetzesimporte aus Russland …

Seit Veröffentlichung des Berichts von HRW vor etwas mehr als drei Jahren hat sich die Situation vieler LGBT-Personen in Kirgistan sogar noch verschlechtert. Daran haben zwei größere Entwicklungen einen Anteil. Zunächst nimmt in gesellschaftlichen wie politischen Diskursen die Popularität ethnonationalistischer Einstellungen zu. Experten führen diese Tendenz auf wachsende ökonomische, kulturelle und sicherheitspolitische Ängste in weiten Teilen der Bevölkerung zurück. Kirgistan ist der zweitkleinste und -ärmste Staat Zentralasiens. Viele Kirgisen fühlen sich von großen Nachbarstaaten wie Usbekistan, Kasachstan oder China bedroht und fürchten externe Einflüsse. Derartige Sorgen forcieren eine Wagenburgmentalität, also die Besinnung auf eine traditionelle kirgisische Identität, die es um jeden Preis zu verteidigen gilt – nicht allein nach Außen, sondern insbesondere auch gegen jene sozialen Gruppen im Inneren, die dieser Identität aus dem einen oder anderen Grund nicht entsprechen. Die Abgrenzung verläuft zum einen entlang ethnischer Linien. Einen traurigen Höhepunkt erreichte sie im Juni 2010 als es in den südkirgisischen Städten Osch und Dschalalabad zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und Pogromen gegen die usbekische Minderheit mit mehreren Hundert Todesopfern kam. Die gefährlichen ethnischen Spannungen dauern bis zum heutigen Tag an. Das Abstecken einer »wahren« und »reinen« kirgisischen Identität erfolgt zum anderen aber auch mit Rückgriff auf sexualmoralische Kriterien. So nehmen etwa Angriffe gegen kirgisische Frauen zu, die sich auf Beziehungen mit nichtkirgisischen Männern einlassen. Und auch die LGBT-Gemeinschaft wird nunmehr als eine konkrete Bedrohung für die Bewahrung traditioneller Werte wahrgenommen. Homosexualität ist nicht mehr ein Tabu, über das man einen Mantel des Schweigens breitet; sie ist vielmehr das zu benennende Andere, das es zu identifizieren und auszumerzen gilt.

Dass gerade LGBT-Personen ins Visier erstarkender ethno-nationalistischer Bewegungen geraten sind, hängt dabei mit einer zweiten Entwicklung der letzten Jahre zusammen, nämlich der politischen Hinwendung der kirgisischen Regierung zu Russland. Anfang des Jahrtausends galt diese noch lange nicht als ausgemacht. US-amerikanische Soldaten nutzten beispielweise bereits seit 2001 den Flughafen Manas bei Bischkek als Logistikbasis für den Afghanistan-Einsatz. Nachdem Präsident Almasbek Atambajew 2011 an die Macht kam, begann er das Land jedoch von der Westausrichtung zu lösen und verfolgte eine dezidiert pro-russische Linie in der Außenpolitik. Wohl nicht zuletzt auf Druck Moskaus schloss er 2014 den amerikanischen Militärstützpunkt. Dieser Kurswechsel stieß durchaus auf Zustimmung in der Bevölkerung – immerhin ist Russisch die zweite Amtssprache und Fernsehsender aus Russland mit ihren oft antiwestlichen und homophoben Botschaften sind in Kirgistan sehr beliebt. Konkret fand die Neuorientierung ihren Niederschlag dann in bestimmten Gesetzesinitiativen, die sich explizit an russischen Vorbildern orientierten. Dazu gehörte zum Beispiel der 2013 eingebrachte Vorschlag für ein neues Gesetz, das Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten, dazu zwingen sollte, sich als »fremdländische Agenten« zu registrieren. Dies hätte auch viele Organisationen im Land betroffen, die sich für LGBT-Rechte einsetzen.

Im Frühjahr 2014 diskutierte das kirgisische Parlament eine weitere Gesetzesvorlage, welche die »Popularisierung homosexueller Beziehungen« unter Strafe stellen sollte. Wer in der Öffentlichkeit »eine positive Einstellung gegenüber nicht traditionellen sexuellen Beziehungen« verbreitet, hätte demnach mit bis zu einem Jahr Haft rechnen müssen. Im Anliegen und Wortlaut ähnelt sie stark dem russischen Gesetz gegen »homosexuelle Propaganda« von 2013, geht mit der Androhung einer Gefängnisstrafe aber noch über dieses hinaus. Um in Kraft zu treten, hätte die Vorlage in drei Lesungen vom Parlament bestätigt und vom Präsidenten unterzeichnet werden müssen. Zwar stimmten die Abgeordneten im Oktober 2014 und Juni 2015 mit überwältigenden Mehrheiten dafür, dann verschob das im Oktober 2015 neu gewählte Parlament die dritte Lesung aber auf unbestimmte Zeit. Allerdings wurden im Rahmen der umstrittenen Verfassungsänderungen vom Dezember 2016 die Rechte von LGBT-Personen beschnitten: Hatte die alte kirgisische Verfassung die Ehe lediglich als Verbindung zwischen »zwei Personen« bezeichnet, wurde sie nun ausdrücklich als Bund zwischen »Mann« und »Frau« definiert.

… und die Folgen

Die kirgisischen Medien stellten diesen Aspekt der Verfassungsänderung besonders heraus und porträtierten ihn teilweise sogar als ein Verbot gleichgeschlechtlicher Beziehungen. Das Thema Homosexualität war bereits mit der Gesetzesinitiative von 2014 Gegenstand vielbeachteter Diskussionen gewesen. Während es vorher in der medialen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit kaum eine Rolle gespielt hatte, geriet es aufgrund dieser politischen Prozesse auf die Tagesordnung eines erregten Kampfes um die Bewahrung traditioneller kirgisischer Identität. Homophobe, menschenverachtende Äußerungen wurden plötzlich salonfähig. So erklärte der Parlamentsabgeordnete Narymbek Maldobajew Anfang 2015, dass, wenn es nach ihm ginge, Schwule und Lesben zusammengetrieben und hingerichtet werden sollten. Nationalistische Gruppierungen sahen sich durch solch ein aufgeheiztes politisches Klima ermutigt, LGBT-Personen und Organisationen nun gezielt anzugreifen.

Unbekannte attackierten am 3. April 2015 die Büroräume der kirgisischen NGO Labrys, die sich für die Rechte der LGBT-Gemeinschaft einsetzt, mit Brandsätzen. Und während wenige Wochen später, am 17. Mai, LGBT-Aktivisten und -Aktivistinnen bei einer privaten Versammlung den Internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie feierten, drangen Angehörige der Gruppen Kyrk-Choro (40 Ritter) und Kalys (Gerechtigkeit) randalierend in den Veranstaltungsraum ein, grölten homophobe Parolen und verletzten eine Frau. Die hinzugerufene Polizei nahm die Opfer dieses Angriffs zur Zeugenaussage mit auf die Wache, wo sie fünf bis sieben Stunden ohne Wasser und Nahrung ausharren und erniedrigende Fragen über sich ergehen lassen mussten. Die Ermittlungen gegen die Angreifer verliefen dagegen im Sande.

Diese Beispiele beleuchten nur den – relativ harmlosen – Gipfel des Eisbergs. Nach Einschätzungen von Labrys stieg die Zahl der gewaltsamen Angriffe gegen LGBT-Personen im Zeitraum zwischen 2014 und 2016 um 300 % im Vergleich zu den Vorjahren an. Die Organisation registrierte etwa fünf bis sechs derartiger Vorfälle im Monat, wobei die Dunkelziffer der nie ans Licht kommenden Misshandlungen mit großer Sicherheit sehr viel höher liegt. In einem besonders schweren Fall schlugen Angreifer 2016 einen schwulen Mann bewusstlos und vergewaltigten ihn mehrfach. Die ebenfalls für LGBT-Rechte arbeitende NGO Kyrgyz Indigo dokumentierte eine starke Zunahme von Gewalttaten kurz vor und nach dem Verfassungsreferendum vom Dezember 2016, als viele Medien über das Thema Homosexualität berichteten. Dazu gehört auch die Vergewaltigung lesbischer Frauen, oft durch die eigenen Brüder, um sie wieder auf den »rechten Weg« zurückzuführen. Bei einer Ende 2016 durchgeführten Befragung von 88 Menschen aus der LGBT-Gemeinschaft in Bischkek fand Kyrgyz Indigo heraus, dass 96 % der Befragten schon einmal psychische Gewalt und 84 % physische Gewalt aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bzw. geschlechtlichen Identität erlitten hatten. Nur eine der befragten Personen gab an, sich nach einer Misshandlung an die Polizei gewandt zu haben. Wie sie weiter ausführte, mündete dies jedoch nicht in strafrechtlichen Konsequenzen für den Gewalttäter. Die NGO schließt ihren Anfang 2017 veröffentlichten Bericht mit der »sehr alarmierenden« Beobachtung, dass seit 2014 Gewalttaten gegen LGBT-Personen von Jahr zu Jahr zunehmen.

Hoffnungsschimmer?

Dieser besorgniserregenden Entwicklungen ungeachtet, ist die Auseinandersetzung um die künftigen Rechte der LGBT-Gemeinschaft in Kirgistan noch nicht entschieden. Tatsächlich geben einige Signale Anlass zur Hoffnung. Das Parlament lehnte den Gesetzesvorschlag zur Registrierung extern finanzierter NGOs im Mai 2016 ab. In Folge scharfer internationaler Kritik, unter anderem seitens der Europäischen Union und des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, entschied ein Parlamentskomitee kurze Zeit später, die Gesetzesinitiative zum Verbot der »Popularisierung homosexueller Beziehungen« vorerst auf Eis zu legen. Das im Oktober 2015 neu gewählte Parlament begründete diesen ungewöhnlichen Schritt mit der der Notwendigkeit, den neuen Abgeordneten die Gelegenheit einer neuerlichen, eingehenden Prüfung des Vorhabens zu geben. Tatsächlich haben zwei der wichtigsten Initiatoren des Gesetzes, Kurmanbek Djikanbajew und Tursunbai Bakir uulu, zuvor den Wiedereinzug in das Parlament verpasst.

Derweil gibt es in Kirgistan mindestens elf Organisationen oder Projekte, die sich mit großem Engagement weiterhin für die Belange der LGBT-Gemeinschaft einsetzen – davon sieben in oder um Bischkek sowie jeweils zwei in der nördlichen Stadt Talas und im südlichen Osch. Zusammen mit der Open Society Foundation arbeitet Kyrgz Indigo derzeit an einem Gesetzesvorschlag, der die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder gewählten Geschlechtsidentität endlich unter Strafe stellen würde. Darüber hinaus laden Sicherheitsbehörden Mitarbeiter/innen von Labrys und Kyrgyz Indigo bereits seit 2012 zu Vorträgen an der Polizeiakademie ein, um angehende Beamte für das Thema LGBT zu sensibilisieren. In einigen, wenngleich wenigen Fällen tragen derartige Maßnahmen möglicherweise Früchte. Der Bericht von Kyrgyz Indigo verweist auf die Geschichte einer Transgender-Frau, die Anfang 2017 mit »Erstaunen« zur Kenntnis nahm, dass Polizisten sie bei einer Personenüberprüfung »human« und mit professionellem Respekt behandelten.

Sorgen um physische Sicherheit dominieren dennoch das Alltagsleben der meisten LGBT-Personen in Kirgistan. Viele wechseln periodisch ihre Handynummern, um einer vermuteten Überwachung zu entgehen. Einige NGOs bieten versteckte Apartments als sichere Treffpunkte an und haben eigene »Rapid Reaction Units« gegründet, um Opfern homophober Angriffe und Misshandlungen schnell zu Hilfe kommen zu können. Der Austausch von Informationen in sozialen Netzwerken spielt ebenfalls eine große Rolle – so etwa die Verbreitung von Erfahrungsberichten, welche Stadtteile relativ sicher scheinen und welche besser zu meiden sind. In der Öffentlichkeit versuchen LGBT-Personen möglichst unauffällig zu bleiben. Schwule Männer berichteten, dass sie zu diesem Zweck maskuline Bewegungen (Körpersprache, Mimik) gemeinsam vor dem Spiegel üben. Transgender-Personen vermeiden jegliche Geschlechtsambivalenz in ihrem äußeren Erscheinungsbild. Auf den Straßen Bischkeks und anderer kirgisischer Städte kann jedwede offen zur Schau getragene Abweichung von sexualmoralischen und geschlechtlichen Normvorstellungen eine erhebliche Bedrohung für Leib und Leben darstellen – währenddessen schwinden die Rückzugsorte zum Ausleben abweichender Identitäten: Das »London« musste im Oktober 2017 schließen, nachdem der Vermieter von der bunten Kundschaft Wind bekommen und den Pachtvertrag gekündigt hatte. Doch die Betreiberinnen wollen noch nicht aufgeben. Sie suchen derzeit – wieder einmal – einen geeigneten Ort für die Wiedereröffnung.

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Töchter an die Macht? Beobachtungen über die Regelung der Erbfolge in Zentralasien

Von Anja Franke-Schwenk
Herrschaft ist in den zentralasiatischen Republiken traditionell und bis heute männlich dominiert, die ehemalige kirgisische Präsidentin Rosa Otunbajewa bestätigt als Ausnahme die Regel in der langen Reihe der Präsidenten, Premierminister und anderer Führungspersonen. Umso auffälliger ist Präsenz und Stellung der Töchter der Präsidenten Kasachstans, Usbekistans und in abgeschwächter Weise Tadschikistans. Der biologische Zufall, Nursultan Nasarbajew und Islam Karimow haben keine Söhne, hat die Töchter in eine außergewöhnliche politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage gebracht, die aber, wie die Autorin zeigt, nicht ohne Tücken ist. Auch wenn sie zu den reichsten Frauen der Welt gehören, müssen Präsidententöchter sich in ihren politischen Aktivitäten stets absolut loyal zu ihrem Vater verhalten, wollen sie ihre Position behalten.
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Traditionelle Werte und problematische Gesundheitspolitik: Einige Aspekte zu den Ursachen der Müttersterblichkeit in Kirgistan

Von Evi-Kornelia Gruber, Esther Werling, Meike Kolfenbach
In Kirgistan ist die Müttersterblichkeit trotz internationaler Unterstützung nach wie vor hoch und das Land ist weit von der Erreichung des MDG 5 entfernt. Dabei sind die Bedingungen für Müttergesundheit auch in Bischkek bekannt, sie umfassen z. B. Aufklärung und Zugang zu modernen Verhütungsmitteln genauso wie kompetente medizinische Geburtsvorbereitung, -betreuung und -nachsorge. Orientiert am Musterbeispiel Estland sehen die Autorinnen insbesondere in der besseren Ausbildung von Hebammen und einer starken Interessenvertretung einen wichtigen Ansatz, um auch in Kirgistan das Geburtsrisiko zu senken. (…)
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