Von Esther Somfalvy
Zusammenfassung
In Kasachstan und Kirgistan gibt es keine Wahlkreise. Die Abgeordneten des kasachstanischen Unterhauses (Madschilis) und des kirgisischen Parlamentes (Dschogorku Kenesch) werden nach Verhältniswahlrecht mittels landesweiter Parteilisten gewählt und sollen, so der explizite Anspruch ihres Mandates, die gesamte Nation repräsentieren und kein bestimmtes Gebiet. Auch ohne formale Bindung an Wahlkreise widmen die Abgeordneten beider Parlamente bei Reisen »in die Gebiete« der Wählerschaft viel Zeit und Ressourcen. Dabei besteht in beiden Staaten ein Zielkonflikt zwischen dem landesweiten Mandat und dem Anspruch, eine enge Bindung mit der lokalen Wählerbasis herzustellen und damit Disparitäten zwischen den Gebieten zu überwinden; die praktische Umsetzung ist unterschiedlich. In Kasachstan findet die Arbeit in den Gebieten in enger Abstimmung mit und koordiniert durch die Parteiorganisationen statt, womit die Herausbildung eines geographischen Fokus in der Bindung des Abgeordneten an das Elektorat unterbunden werden soll. In Kirgistan hingegen werden für die Dauer der Legislaturperiode in den Fraktionen Gebiete verteilt und somit längerfristige Zuständigkeiten geschaffen. In beiden Fällen bestehen aber begründete Zweifel daran, dass die Aktivitäten der Abgeordneten dazu beitragen, das Profil der Institution Parlament als Vertretung der gesamten Bevölkerung zu schärfen