Analyse Von Filipp Bikanow
Die Corona-Pandemie hat die mangelnde Effektivität von Entscheidungen der staatlichen Organe aufgezeigt; viele der in Belarus bestehenden Probleme des Staatsaufbaus sind deutlich geworden und haben sich verschärft. Während die Mediziner sich nach Ansicht von Experten professionell an die Bekämpfung der Pandemie und die Behandlung der Erkrankten machten, hat es der Staat nicht vermocht, rechtzeitig und umfassend Maßnahmen gegen die Pandemie zu ergreifen, die Unternehmen zu unterstützen oder das Bildungssystem an die neuen Realitäten anzupassen. Die Belarus_innen waren gezwungen, die Probleme eigenständig zu lösen: Die Unternehmen mussten ihre Mitarbeiter unterstützen, die Hochschuldozenten hatten einen Fernunterricht zu organisieren und charitative Organisationen mussten Schutzausrüstungen für Ärzte kaufen. Dadurch hat sich die Zivilgesellschaft in Belarus konsolidiert, wobei sie sich der Regierung und deren katastrophaler Kommunikationspolitik entgegenstellte. Es war die schlechte Kommunikationspolitik des Staates während der Pandemie, die vor den Präsidentschaftswahlen 2020 den Anstoß zu einer massenhaften Politisierung der Gesellschaft gab. (…)
Zum Artikel Analyse Von Olga Dryndova
Der erste Fall von Covid-19 wurde in Belarus am 27. Februar registriert, es handelte sich um einen Studenten aus Iran. Seitdem haben die belarussischen Reaktionen auf die Pandemie bereits für internationale Aufmerksamkeit gesorgt: Zum Start der Fußballsaison am 20.3. war Belarus das einzige Land in der Welt, in dem professionelle Fußball- und Eishockeymeisterschaften nicht ausgesetzt wurden; die Staatsgrenzen bleiben bis heute (07.04.2020) offen, während alle fünf Nachbarländer sie geschlossen haben; Präsident Aljaksandr Lukaschenka nannte das Coronavirus eine »Psychose«, und seine Empfehlungen, gegen Covid-19 u. a. mit Wodka, Sauna, Eishockey oder Arbeit auf dem Feld vorzugehen, haben weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Die offiziellen Covid-19-Fallzahlen in Belarus bleiben im Vergleich zu den Nachbarstaaten, wo bereits strenge Quarantänemaßnahmen eingeführt wurden, anomal niedrig: Vom belarussischen Gesundheitsministerium wurden bisher landesweit 700 Fälle bestätigt (Stand: 06.04.2020), davon sollen 13 Menschen verstorben sein. (…)
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