Analyse Von Astrid Sahm
Die belarussische Präsidentschaftswahl von August 2020 stellte auch für die Agenda 2030-Politik in Belarus eine Zäsur dar. Bis dahin diente die Agenda 2030 der Profilierung des Lukaschenka-Regimes gegenüber dem Westen und bot unabhängigen zivilgesellschaftlichen Akteuren neue Beteiligungschancen im Land. Seitdem hat sich die Agenda 2030 zu einem Spielfeld der innenpolitischen Polarisierung und geopolitischen Konfrontation entwickelt. Gleichzeitig erhält Belarus in internationalen Ratings weiterhin hohe Bewertungen. Dies verdankt sich dem Design der 2015 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten Agenda 2030, die einen Kompromiss von Staaten mit unterschiedlichen politischen Regimen darstellt.
Zum Artikel Analyse Die in den letzten Jahren erfolgte Normalisierung der belarussischen Beziehungen zur Europäischen Union und den USA, die geopolitische Instabilität in der Region sowie die erhebliche Verschlechterung der Wirtschaftslage in Belarus haben dazu geführt, dass der Staat sein Verhältnis zu den Strukturen der Zivilgesellschaft revidiert hat. Im Großen und Ganzen wird der Staat allmählich »freundschaftlicher« gegenüber dem NGOSektor und nutzt dabei dessen Potenzial zur Lösung sozialer und finanzieller Probleme; gleichzeitig baut er die Zusammenarbeit mit dem Westen aus und stärkt zudem die nationale Identität der belarussischen Gesellschaft. Trotz allem ist jedoch kein Wandel des bestehenden politischen Systems vorgesehen – dessen Stabilität zu gewährleisten, hat für die Regierung weiterhin unbedingten Vorrang. Andererseits sind auch in der Zivilgesellschaft in den letzten Jahren eindeutig neue Tendenzen auszumachen. In diesem Beitrag wird beschrieben, auf welche Weise in Belarus heute eine »Revision« des Verhältnisses zwischen Staat und Zivilgesellschaft erfolgt und welche die wichtigsten Tendenzen sind, die in diesem Prozess erkennbar werden.
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