Die Polarisierung in der Medienlandschaft ist ein Bestandteil und in gewissem Sinne eine Folge der sogenannten Politisierung der Medien. Dieses Phänomen wurde wiederholt – auch von mir – dargestellt (z. B. Osteuropa 11–12/2006, S. 271–281), daher werde ich es hier nur kurz skizzieren. Die Regierungen nach 1989 kamen entsprechend dem Motto »wer die Medien hat, hat die Macht« zu dem Ergebnis, dass es gut sei, wohlgesonnene Medien auf seiner Seite zu haben; dies betraf natürlich die öffentlich-rechtlichen Medien. Politiker bestimmten denn auch über die Zusammensetzung des in der Verfassung verankerten Organs der Medienaufsicht, des Landesrundfunk- und -fernsehrates (Krajowa Rada Radiofonii i Telewizji – KRRiT). Dieser berief wiederum die Aufsichtsräte der öffentlichen Medien, die ihre Vorstände wählten. Am deutlichsten nutzte die Regierung von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) diese Abhängigkeit, die nach den gewonnenen Wahlen im Jahr 2005 sowohl die Parlamentsmehrheit innehatte als auch das Amt des Staatspräsidenten besetzte und blitzschnell eine Änderung des Rundfunk- und Fernsehgesetzes vornahm. Diese Änderung ermöglichte eine sofortige Umbesetzung des KRRiT und damit einhergehend auch der Aufsichtsräte und der Vorstände der Mediengruppen, was eine erste Welle starker Ideologisierung der Medien bewirkte.
Die Polarisierung und der ideologische Aufruhr in der polnischen Gesellschaft, die eben auch in den polnischen Medien zum Ausdruck kamen, können bei den Lesern in Westeuropa Verwunderung hervorrufen, sind dort die weltanschaulichen Teilungen doch seit vielen Generationen etabliert. In Polen hatte sich indessen aus dem antikommunistischen und aus der Solidarność-Bewegung erwachsenden ideellen Monolith der Zeit des Umbruchs und der Systemtransformation Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre allmählich ein politischer Pluralismus entwickelt. Allerdings führte dieser Pluralismus allein noch nicht zu der gesellschaftlichen Polarisierung. Ein wichtiger Impuls für die Formierung einer bipolaren gesellschaftlichen und politischen Landschaft war die Regierungsphase von PiS, die ein politisches Projekt unter der Bezeichnung IV. Republik vorstellte. Es handelte sich um eine kohärente Vision eines konservativen und in vielerlei Hinsicht autarken Staates. Die Vision sollte eine Alternative zur linksliberalen oder nach Meinung der Konservativen sogar libertären III. Republik sein. Der Wendepunkt, der einen dramatischen Bruch und die Spaltung der polnischen Gesellschaft hervorrufen sollte, war die Flugzeugkatastrophe von Smolensk im April 2010. Bei diesem Unglück kamen 96 Personen ums Leben, die zu der Gruppe der 500 wichtigsten Personen im Staat gehörten, darunter Staatspräsident Lech Kaczyński, der Zwillingsbruder des Parteiführers von PiS, Jarosław Kaczyński. Extrem gegenläufige Interpretationen dieses Ereignisses, von einer einfachen, sich aufdrängenden Erklärung, es habe sich um einen Flugzeugunfall gehandelt, einerseits bis zu komplizierten Verschwörungs- und Anschlagstheorien auf den Staatspräsidenten andererseits sind die Koordinaten der bis heute bestehenden ideologischen Spaltung zwischen dem im weiten Sinne konservativen Lager, verkörpert von PiS, und dem liberalen Lager, das heißt der gegenwärtig regierenden Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO).
Die Spaltung des Medienmarktes
Diese Spaltung spiegelt sich deutlich im Medienmarkt wider. Die Welt, die in den linksliberalen Medien dargestellt wird, ist eine ganz andere als die der konservativen Medien. Ein Symbol erstgenannter sind vor allem die Tageszeitung Gazeta Wyborcza und der Fernsehsender TVN. Die Medien der zweiten Strömung sind die Tageszeitungen Nasz Dziennik und Gazeta Polska, Radio Maryja und Telewizja Trwam. Die starke ideologische Polarisierung hat dazu geführt, dass alle Medien viel von ihrer Glaubwürdigkeit verloren haben. Im jüngsten Bericht des Rates für Medienethik (Rada Etyki Mediów), der den Zeitraum von Mai 2011 bis Dezember 2012 umfasst, wurde festgestellt, dass »die tiefen politischen Spaltungen, die Anerkennung nur der eigenen Wahrheiten und die Zuschreibung niederträchtiger Absichten demjenigen, den der Beschwerde Einlegende als Verfechter anderer, wie er findet, angeblicher, Wahrheiten in der Angelegenheit ›Smolensk‹, aber auch in vielen anderen Fragen ansieht, sich jetzt in deutlich schärferen Beschwerden widerspiegeln als im vorangegangenen Zeitraum«. Zahlreich sind die schriftlich oder telefonisch geäußerten Beschwerden über Journalisten, die die Verfasser der Beschwerden nur deshalb des Ethikmissbrauchs bezichtigen, weil sie andere Ansichten und Meinungen vertreten als sie selbst, ist im Bericht des Rates für Medienethik zu lesen.
Dass das Thema der Flugzeugkatastrophe von Smolensk auch drei Jahre später immer noch aktuell ist und die polnische öffentliche Meinung prägt, zeigt der große Image- und Marktverlust der Tageszeitung Rzeczpospolita, die dem konservativen politischen Spektrum zuzurechnen ist. Sie verzeichnete einen rapiden, 25-prozentigen Rückgang des Verkaufs auf ein Niveau von gut 62.000 Exemplaren. Die Zeitung verlor gewaltig an Glaubwürdigkeit und, was damit einhergeht, den zweiten Platz auf der Liste der meistzitierten Medien. Dies geschah, nachdem auf der Titelseite eine sowohl sensationsheischende als auch falsche Nachricht darüber veröffentlich worden war, dass an Bord des Regierungsflugzeugs, das auf dem Weg nach Smolensk war, Spuren explosiven Materials gefunden worden seien. Dies sollte nach Meinung der Zeitung die Theorie bestätigen, dass das Unglück Ergebnis eines Anschlags war, der mit Sicherheit von den Russen oder von Ministerpräsident Donald Tusk oder von beiden gemeinsam verübt worden war. Rzeczpospolita versucht zurzeit, ihren Ruf wiederzugewinnen. Die Veränderungen in der Redaktion sollen in erster Linie dazu dienen, die früheren loyalen Leser der Zeitung wiederzugewinnen.
Dynamik im konservativen Spektrum
In der Zeit, als den Medienmarkt die Krise traf, bewirkte die politische Spaltung paradoxerweise einen Anstieg der meinungsbildenden Wochenblätter auf dem polnischen Markt. Anfang 2013 stieg der Verkauf aller gesellschaftspolitischen Wochenzeitungen um 230.000 Exemplare im Vergleich zu Dezember 2012. Dies lässt sich auf das Erscheinen zweier neuer konservativer Wochenzeitungen zurückführen. Der Verkaufsanstieg allein in der Gruppe der konservativen Blätter betrug in den letzten zwei Jahren 160.000 Exemplare. Der Konkurrenzkampf auf diesem Markt findet vor allem zwischen drei liberalen und vier konservativen Titeln statt. Hinter letzteren steht ein disziplinierter Käufer, der die Wählerschaft von PiS repräsentiert. Man kann sich denken, dass der Käufer, der die bisherigen Titel dieser Option erstanden hat, auch die beiden neuen kauft. Dass sich dieser Trend auf längere Sicht nicht wird halten können, zeigt allerdings die Tatsache, dass Uważam Rze, einer der konservativen Titel, unlängst einen Rekordrückgang um 80 Prozent beim Verkauf verzeichnete.
Auch unter den linksliberalen Wochenzeitungen lässt sich eine reine Marktkonkurrenz feststellen. Um die Führungsposition kämpfen Polityka, ein Titel mit einer langen Tradition, und Newsweek Polska, die seit 2001 auf dem Markt ist. Neben dem weltanschaulichen Faktor spielt die Generation eine wichtige Rolle. Der Leser von Newsweek ist jünger als der von Polityka und als Konsument zahlreicher Medien erwartet er eine attraktive Darstellungsweise, die beispielsweise die Ereignisse mit Hilfe von Geschichten über Akteure veranschaulicht, was letztlich auf die Art eines illustrierten Magazins hinausläuft. Die stärker erzieherische Art der Polityka bedeutet nicht, dass sich diese Wochenzeitung leicht ergeben würde, ganz im Gegenteil kompensiert sie den Rückgang der Printauflage aktiv mit dem Verkauf von mobil abrufbaren Versionen. In einigem Abstand zu den beiden Marktführern positioniert sich Wprost und wehrt sich gegen einen Rückgang seiner Auflage.
Interessant ist die Tatsache, dass das Leserpotential der vier konservativen Wochenzeitungen fast so groß wie das der drei größten linksliberalen Blätter ist. Ist auf dem Medienmarkt also ein weltanschauliches Gleichgewicht der Kräfte eingetreten?
Derweil wird die konservative Medienszene durch ein weiteres Unternehmen gestärkt, das neu entstandene TV Republika. Dies ist ein Informationskanal, der für die Angehörigen und Visionen von PiS spricht. Als der Sender freigeschaltet wurde, wurde während des gesamten ersten Tages von den Ereignissen um die Warschauer Feierlichkeiten zum dritten Jahrestag der Flugzeugkatastrophe von Smolensk berichtet. Außerdem wurden Archivmaterial, Gespräche mit Studiogästen und Ausschnitte aus Dokumentarfilmen, die sich mit dem Unglück beschäftigen, gezeigt. Die probeweise Ausstrahlung des Programms sahen im Internet zirka 200.000 Zuschauer.
Konsolidierung des Pressemarktes
Auf dem polnischen Pressemarkt finden sich 55 Tageszeitungen und abhängig von der Definition zwischen 2.000 bis sogar 5.500 verschiedene Arten von Zeitschriften. Der größte Anteil des Pressemarktes gehört den »großen Vier«, als da wären die Bauer Media Group, die sich auf die Herausgabe von Zeitschriften und Fernsehmagazinen spezialisiert, Polskapresse, die zur Verlagsgruppe Passau gehört, dem größten Herausgeber regionaler und lokaler Presse, Axel Springer Polska, der Herausgeber des polnischen Zwillings von Bild unter dem Titel Fakt und der meinungsbildenden Wochenzeitung Newsweek Polska, sowie der Medienkonzern Agora, bekannt vor allem als Herausgeber der Gazeta Wyborcza, die weiterhin eine der einflussreichsten Zeitungen in Polen ist. Hier sieht man, dass es in diesem Quartett der größten Herausgeber von Printmedien in Polen 3:1 steht. Drei der Player sind deutsche Konzerne und nur einer ist ein polnisches Unternehmen.
Was den Anteil der Herausgeber von Tageszeitungen am Markt betrifft, steht Axel Springer Polska an der Spitze des Rankings, auf Platz zwei setzte sich Polskapresse nach dem Kauf von Media Regionalne und den dritten belegt Agora. Etwas anders gestaltet sich die Verteilung der Anteile am Zeitschriftenmarkt. Hier ist Bauer der absolute Primus mit über 50 Prozent Marktanteil. Dieses Ergebnis brachten ihm solche populären Titel wie Tele tydzień, Życie na gorąco und Chwila dla Ciebie ein. Axel Springer Polska, der unter den Konkurrenten hier den dritten Platz belegt, hat einen Marktanteil von 8 Prozent, wovon über die Hälfte vom Wochenmagazin Newsweek Polska garantiert wird.
Die Konsolidierung des Pressemarktes nimmt nicht nur auf dem polnischen Markt an Tempo zu. Ein deutscher Konzern verlässt Polen, ein anderer stärkt hier seine Position. Nach der Übernahme von Gruner + Jahr durch Burda im April 2013 wurde dieser nach Bauer der zweite Player auf dem polnischen Zeitschriftenmarkt. Burda hat gegenwärtig über 30 Zeitschriften in seinem Portfolio, 20 Internetportale und Buchverlage. Unterdessen zieht sich Gruner + Jahr aus Mittel- und Osteuropa zurück, vorher hatte er bereits seine Aktiva in Russland, Ungarn und Rumänien verkauft und neue in Asien erworben, wobei er sich auf Länder wie Indien und China konzentriert.
Die Konzentration auf dem polnischen Markt, die zweifellos wirtschaftlich begründet ist, ist politisch und gesellschaftlich nicht von Vorteil, verengt sie doch das Meinungsspektrum der Medien. Der Dominanz ausländischen Kapitals auf dem polnischen Pressemarkt werden viele negative Aspekte zugeschrieben. Aus Sicht der Abnehmer sind dies die Kommerzialisierung, die Verschlechterung der Qualität der Vermittlung (»Boulevardisierung« der Presse), leere, schablonenhafte Inhalte, das Übergewicht von Illustrationen gegenüber Texten, die Dominanz fremder kultureller Muster. Aus Sicht des Marktes sind es die Monopolisierung, Dumpingpreise und der Gewinntransfer ins Ausland. Es werden aber auch positive Aspekte wahrgenommen. Für die Abnehmer ist es trotz allem eine Bereicherung des heimischen Angebots an Publikationen, und positiv aus Sicht des Marktes sind die Konkurrenz, der Technologietransfer und die Managementkultur.
Auch in Polen erwiesen sich die Prophezeiungen über ein rasches Zeitungssterben als deutlich verfrüht. Zwar ist auch in Polen ein allgemeiner Rückgang der Leserschaft der Presse festzustellen, der ausnahmslos alle Titel betrifft. Auf dem Pressemarkt belegt seit dem Jahr 2008 Fakt den ersten Platz. Zurzeit liegt ihre Auflage bei 355.000 Exemplaren; die Gazeta Wyborcza liegt mit 217.000 Exemplaren auf Platz zwei – so die Ergebnisse einer Untersuchung von Millward Brown im Auftrag der Polnischen Leseforschung (Polskie Badania Czytelnictwa). Aus den Daten der Vereinigung für die Kontrolle des Pressevertriebs (Związek Kontroli Dystrybucji Prasy) geht hervor, dass alle regionalen Tageszeitungen allein im ersten Quartal 2013 einen Verkaufsrückgang von durchschnittlich 10 Prozent notierten.
Dagegen hat sich die Presse hervorragend im Internet integriert, indem sie die traditionelle Printversion mit elektronischen Ausgaben kombiniert. Die Boulevardzeitung Fakt verzeichnete im Jahr 2012 im Vergleich zu 2011 einen dreieinhalb Mal so hohen Anstieg bei den mobilen Abrufen, das heißt insgesamt 4,2 Millionen, und ist hier der Rekordhalter. Fakt liegt auch auf Facebook vorn. Auf dem zweiten Platz liegt die Gazeta Wyborcza (2,4 Millionen). Unter den mobil abgerufenen Wochenzeitungen belegt Wprost den ersten Platz (825.000 Zugriffe) und Newsweek Polska den zweiten (504.000).
Auch die meinungsbildende Bedeutung der Presse verringert sich nicht. Zwei Drittel der am häufigsten zitierten Medien sind Pressetitel. Die im Jahr 2012 am häufigsten zitierten waren Gazeta Wyborcza (8.265 Mal), Rzeczpospolita (8.082 Mal, vor dem Verlust ihrer Glaubwürdigkeit) und Dziennik Gazeta Prawna (4.377 Mal). Erst auf Platz Vier findet sich ein elektronisches Medium, nämlich der Radiosender RMF FM (3.157 Mal zitiert); hinter ihm folgt der Nachrichtensender TVN 24 (3.013). Es zeigt sich also, dass in der von elektronischen Medien dominierten Welt die Presse immer noch die meistzitierte Quelle ist, wobei dies mehrheitlich dieselben als gut angesehen Titel sind.
Akteure des Radiomarktes
Auf dem Radiomarkt ist unangefochtener Anführer unter den landesweit ausgestrahlten Sendern Radio RMF FM. Im ersten Quartal 2013 hörten diesen Sender über 25 Prozent der Gesamtheit der polnischen Hörer (so Untersuchungen von Radio Track). An zweiter Stelle steht Radio ZET mit 15 Prozent der Hörer, womit es die niedrigste Hörerquote in seiner Geschichte notiert. Von Beginn an rivalisierten die beiden Sender miteinander, sie erreichten ähnliche Hörerquoten und wechselten sich auf Platz Eins der landesweiten Radiosender ab. Allerdings verliert Radio ZET nach Jahren erfolgloser Marketingaktionen und vor allem in Folge einer schlecht gewählten Entwicklungsstrategie das Interesse von Seiten der Hörer. Das ergibt sich daraus, dass sich Radio ZET deutlich an seinen Rivalen angepasst hat, in der falschen Hoffnung, dass es ihm auf diese Weise Hörer abgewinnen kann. Die Strategen von Radio ZET haben allerdings nicht vorhergesehen, dass die Hörer, die das Original (RMF FM) und den Ersatz (Radio ZET) zur Auswahl haben, sich für das Original entscheiden. Generell überwiegt die Hörerschaft der kommerziellen Sender deutlich die der öffentlichen Sender. Dem entsprechend liegt erst auf dem dritten Platz ein landesweit ausgestrahlter öffentlicher Sender, das 1. Program von Polskie Radio mit 10,1 Prozent Anteil am Hörermarkt.
Auch im Hörfunk lässt sich eine fortschreitende Konsolidierung beobachten. Von 229 lokalen Radiosendern gehört die Hälfte zu vier Radiogruppen, zur RMF-Gruppe, zur Time-Gruppe, zur Eurozet- Gruppe und zur Agora-Gruppe. Diese Gruppen bilden ein Netz von Lokalprogrammen, die in hohem Maße vereinheitlicht sind und nur einen geringen Anteil an regionalen Themen haben.
Der beständig sinkenden Leserschaft der Papierausgaben der Zeitungen ähnlich, reduziert sich auch die traditionelle Radiohörerschaft. Zurzeit hören 24,3 Millionen Hörer täglich Radio, das heißt 80,4 Prozent der Polen. Allerdings verringert sich die Anzahl jährlich um zirka 200.000 Hörer. Interessant ist, dass der Abfluss der Hörer in Richtung mobile Empfangsgeräte läuft, es verändert sich also der Datenträger, was aber nicht unbedingt einen Rückgang des Konsums von Radiosendungen bedeutet.
Die Herausforderungen des TV-Marktes
Der polnische TV-Markt wird vom Oligopol dreier Sender beherrscht, die 80 Prozent des TV-Werbemarktes konzentrieren. Dies sind Telewizja Polska (TVP), TVN und POLSAT. Marktführer ist der kommerzielle Sender TVN mit einer Zuschauerquote von 15 Prozent. TVN verfügt unter anderem auch über den Informationskanal TVN 24, der eine Zuschauerquote von 2,7 Prozent hat. Auf Platz Zwei befindet sich mit gut 12 Prozent der kommerzielle Sender POLSAT. Das 1. Programm des öffentlichen Senders Telewizja Polska (TVP) belegt Platz Drei mit ebenfalls 12 Prozent. Im Vergleich sehen gut 11 Prozent das 2. Programm des TVP und den Informationskanal TVP Info 3 Prozent.
Prognosen zufolge wird der TV-Markt im Jahr 2013 einen 9-prozentigen Rückgang verzeichnen, steht doch das Fernsehen vor einer Reihe von Herausforderungen. Polen befindet sich aktuell in der Phase des Übergangs vom terrestrischen analogen zum digitalen Fernsehen. Unter denjenigen, die nur das terrestrische Fernsehen empfangen, nutzen bereits 84 Prozent das digitale Signal. Dies bedeutet eine Stagnation auf dem Markt des Bezahlfernsehens, hervorgerufen durch eine ernstzunehmende Konkurrenz seitens des kostenlosen terrestrischen Digitalfernsehens. Zum ersten Mal gab es eine Umkehrung der Tendenz der letzten Jahre zu ungunsten des Empfangs von Satelliten- und Kabelfernsehen. Den jüngsten Daten, die von Nielsen Audience Measurement veröffentlicht wurden, ist zu entnehmen, dass im Jahr 2013 die Zahl der Haushalte mit terrestrischem Fernsehen um über 30 Prozent gestiegen ist, während das Satellitenfernsehen einen Rückgang von 38 Prozent und das Kabelfernsehen von 32 Prozent verzeichnete.
Die Nutznießer des terrestrischen Digitalfernsehens sind hauptsächlich kleine Nischensender, die allein von der Tatsache profitieren, dass sie zu einem digitalen Sendepaket gehören, während sie bisher eine begrenzte Reichweite hatten und, damit einhergehend, eine niedrige Einschaltquote.
Angesichts dieser Veränderungen lassen sich auf dem polnischen Markt zwei Tendenzen beobachten. POLSAT verfolgt eine offensive Strategie, die auf die Maximierung der verschiedenen Möglichkeiten, mediale Dienstleistungen zu empfangen, insbesondere den mobilen Empfang, setzt. Im Jahr 2016 werden über die Hälfte der Polen Zugang zu einem Breitbandinternetanschluss haben und 38 Prozent zu mobilem Internet. So können dieselben Inhalte über unterschiedliche Medienformate verbreitet und über Breitbandnetze übertragen werden. Dies ist insofern wichtig, als der Markt der Internetwerbung in Polen eine enorme Wachstumsdynamik von zirka 15 Prozent pro Halbjahr aufweist. In Polen findet ähnlich wie in anderen Ländern die Entwicklung der Internetwerbung vor allem auf Kosten der Presse, zurzeit in noch geringem Maße auf Kosten des Radios, jedoch nicht des Fernsehens statt. Deshalb hat POLSAT eine Holding gegründet, die aus Telewizja Polsat, dem digitalen Polsat, das heißt Cyfrowy Polsat, sowie aus dem übernommenen Telekommunikationsunternehmen Polkomtel SA besteht.
Das aus diesen Segmenten bestehende Unternehmen POLSAT nutzt die Synergieeffekte zwischen Fernsehen, Satellitenformat und Telekommunikation, das heißt Internet, Mobilfernsehen und Mobilfunk. Die mobilen Technologien werden in ländlichen Gebieten außerordentlich attraktiv, mehr als Kabelnetze. POLSAT hat sich geschickt auf die Welle des terrestrischen Digitalfernsehens gesetzt und bietet DVB-T-Decoder für digitales Fernsehen an. Das Cyfrowy Polsat hat heute 3,5 Millionen Empfänger und zählt in diesem Jahr einen Zuwachs seines Portfolios um 700.000 Kunden.
Einen anderen Weg als POLSAT beschreitet TVN. Historisch betrachtet, setzte das Familienunternehmen auf eigene Produktionen und erwarb bewährte Formate wie Big Brother, Milionerzy (dt.: Millionäre) oder Taniec z gwiazdami (dt.: Tanz mit Stars). Man zielte auf den Geschmack der 16- bis 49-Jährigen, die für die Werbung die interessanteste Gruppe sind. Ermuntert durch die spektakulären Erfolge des kommerziellen Fernsehens in den postkommunistischen Ländern Ostmitteleuropas, das 1997 gestartet war, ging TVN zunächst auf einen scharfen direkten Konfrontationskurs gegenüber dem öffentlichen Fernsehen. Zuerst wurden dessen bekannte Gesichter eingekauft, dann sendete TVN seine Nachrichtensendung Fakty zur selben Zeit wie TVP seine Hauptnachrichtensendung Wiadomości. Doch trotz intensiver Bemühungen des neuen Senders kam es im Gegensatz zu Tschechien oder Ungarn nicht zu einem katastrophalen Sinkflug der Zuschauerquote und einem Abdrängen des öffentlichen Fernsehens. Seinen bisherigen Erfolg und seine Position verdankt TVN der Übernahme eines attraktiven Informationsmodells, dem sogenannten Infotainment, also einer Mischung aus Information und Unterhaltung, charakteristisch für die allgemeine »Boulevardisierung« der Medien.
Auch TVN hat Schlussfolgerungen aus den Veränderungen des Marktes gezogen. Gegenwärtig wird die Strategie verfolgt, den Familienbetrieb in eine Korporation zu transformieren. Vollzogen wurden der Rückkauf von Aktien von der Familie des vor drei Jahren verstorbenen TVN-Mitgründers Jan Wejchert sowie der Rückzug von Piotr Walter, Sohn des anderen Gründers, aus dem Vorstand von TVN. Dies bedeutet Veränderungen im bisherigen Management der Firma. Im Gegensatz zu POLSAT beabsichtigt TVN, sich in erster Linie auf sein traditionelles Kerngeschäft zu konzentrieren, das heißt auf das Fernsehen. So wurden das Internetportal Onet und eine Kinokette verkauft und neue Fernsehformate erworben. Polen ist der siebtgrößte Markt des Bezahlfernsehens in der Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA). TVN rechnet damit, dass es in diesem Jahr die Zahl von 3 Millionen Kunden in diesem Marktsegment erreichen wird, das heißt einen Anstieg von 600.000 (aktuell zählt es 2,4 Millionen Kunden).
Große Hoffnungen verband TVN mit der Fusion seiner Satellitenplattform n und der Plattform Canal+ zu einer Plattform nC+. Allerdings erhielt man in Folge der komplett misslungenen Marketingkampagne und einer großen Dosis Arroganz den Klienten beider Plattformen gegenüber (die statt eines Geschäftsvorschlags ein Ultimatum erhielten, wie und wann sie zu der neuen und deutlich teureren Plattform zu wechseln hätten) anstatt eines Markterfolges gesellschaftlichen Protest von empörten Kunden, der, wie heutzutage üblich, im Internet ausgetragen wurde. Und all dies trotz der Ankündigung einer größeren Anzahl von Themenkanälen in Bereichen wie Sport, Kochen, Mode und Esoterik.
Das öffentliche Fernsehen wiederum sah sich in der Falle des ineffizienten Abonnementsystems. Der Erfolg beim Einzug der Abonnementgebühren ist sehr gering. Außerdem sind viele soziale Gruppen von den Gebühren befreit. Schließlich spricht die recht anachronistische Methode, im Zeitalter der technologischen Konvergenz Gebühren für den Besitz eines Empfangsgerätes zu bezahlen, wenn es doch gar nicht notwendig ist, ein Radio- oder Fernsehgerät zu besitzen, um Sendungen zu konsumieren, insbesondere junge Menschen nicht an, die sich zu ebensolchen Zwecken ihres Notebooks oder Smartphones bedienen. Hinzu kommt, dass das Abonnement ständig mit der Gebühr für Satelliten- oder Kabelfernsehen verwechselt wird. Unterdessen hat der Staat keine Ideen entwickelt, das Problem der Finanzierung der öffentlichen Medien zu lösen und diese Frage rechtlich zu regulieren.
Ein gesonderter Aspekt des TV-Marktes ist die wachsende Bedeutung der Themenkanäle. Sie haben die kritische Masse bereits erreicht und eine Zuschauerquote, die der des öffentlichen Senders TVP 1 und TVN insgesamt entspricht. Die innere Dynamik dieser Entwicklung läuft deutlich auf einen Bedeutungsverlust der universal ausgerichteten Sender zugunsten der Themensender hinaus. Erstere bieten ein recht ähnliches Programm an, bestimmte Inhalte begannen die Zuschauer folglich bei kleineren Sendern zu suchen. Der Zuschauer findet allein über 200 polnischsprachige Kanäle. An sie verlieren die Hauptkanäle TVP, TVN und POLSAT ihre Zuschauer. Der Wert der Werbung in den Themenkanälen steigt auf das Niveau von 9,8 Prozent im Jahresdurchschnitt. Der gesamte Werbungsmarkt der Themenkanäle beträgt heute bereits über 20 Prozent an der Fernsehwerbung und wächst kontinuierlich.
Die wachsende Bedeutung des Internets und damit verbunden die »Internetisierung« der Medien bedeutet, dass die traditionellen Medien ihre vorherrschende Position verlieren. Der Medienmarkt als Ganzes unterliegt Fragmentierungs- und Personalisierungsprozessen, was den beständigen Anstieg des mobilen Empfangs auch von Presseinhalten und Radio sowie Themenkanälen erklärt. Dies bedeutet einen Rückgang der Werbeeinahmen der universal ausgerichteten Medien und wird eine weitere Konsolidierung der Unternehmen erzwingen, in der Hoffnung auf Synergieeffekte und ein günstigeres Produkt.
Hier stellt sich auch die Frage nach der Zukunft der sogenannten Massenmedien, durch die schließlich die öffentliche Meinung beeinflusst wird. Die Fragmentierung und Personalisierung des Empfangs begünstigt die Vertiefung der ohnehin schon deutlichen Polarisierung und Atomisierung der Gesellschaft.
Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate