Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der polnischen Ministerpräsidentin Beata Szydło. Warschau, 7. Februar 2017

MP’in Szydło: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle sehr herzlich, und ich möchte ganz herzlich Sie, Frau Bundeskanzlerin, hier in Warschau willkommen heißen. Ich freue mich sehr, Angela, dass wir uns erneut hier in Warschau treffen können.

Wir haben uns schon in unserem ersten Gespräch zu wichtigen Themen unterhalten, aber dieser Besuch ist für uns auch eine Fortsetzung und gewissermaßen auch Ergänzung der Jubiläumsfeierlichkeiten vom letzten Jahr; denn wir hatten im letzten Jahr ja das 25-jährige Jubiläum des Vertrags über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit gefeiert. Wir sind zwei sehr gute, wichtige Nachbarn, wir haben sehr gute wirtschaftliche Beziehungen und uns verbinden auch enge Beziehungen in Sachen Sicherheit und Verteidigung. Es gibt viele gemeinsame Themen, die wir gemeinsam auf europäischer Ebene realisieren. Es werden auch gemeinsam Projekte humanitärer Natur umgesetzt. Das zeigt, dass Deutschland und Polen hier zwei sehr wichtige Länder sind, die zusammenarbeiten. Wir sind Nachbarn, und es liegt uns sehr viel daran, dass diese partnerschaftliche Zusammenarbeit weiter vertieft werden kann.

Frau Bundeskanzlerin, ich möchte mich bei Ihnen dafür bedanken, dass sich Deutschland bei der Realisierung der Beschlüsse des Warschauer Nato-Gipfels sehr engagiert hat. Die Stärkung der Ostflanke der Nato ist mit Blick auf die Sicherheit unserer Region, aber auch mit Blick auf die globale Sicherheit sehr wichtig, und wir wollen diese Projekte in Bezug auf die Vertiefung der gemeinsamen Beziehungen fortsetzen.

Ich bin davon überzeugt, dass eine gute Nachbarschaft zwischen Deutschland und Polen notwendig ist, damit das europäische Projekt erfolgreicher realisiert werden kann. Wir werden uns natürlich heute Abend noch weiter darüber unterhalten wollen; denn für den heutigen Abend ist ein solches Treffen, auf dem diese europäischen Themen unsererseits vertieft behandelt werden können, noch geplant. Ich möchte aber schon sagen, dass unsere beiden Länder, Deutschland und Polen, zwei Länder der Europäischen Union sind, die eine sehr wichtige Rolle im Reformierungsprozess der EU zu spielen haben. Wie gesagt, über die Visionen in Bezug auf die Zukunft der EU deutscherseits und polnischerseits werden wir uns noch unterhalten. Dabei geht es natürlich um die Lösung der Migrationskrise, den Binnenmarkt, die Verteidigung und die Sicherheitspolitik – all das, was mit jenen Veränderungen zusammenhängt, die in der Europäischen Union stattfinden werden müssen.

Wir haben uns in diesem ersten Teil unseres Treffens über die wirtschaftlichen Beziehungen und die bilateralen Beziehungen unterhalten. Ich freue mich sehr und kann hier mit Freude feststellen, dass wir hier in Polen sehr viele deutsche Unternehmen, deutsche Konzerne und Firmen haben. Dieses Klima, diese Atmosphäre für die Unternehmen und für die weitere gute Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen ist auch ein Teil des strategischen Plans der polnischen Regierung, und wir hoffen sehr, dass weitere Firmen aus Deutschland zu uns kommen werden und gerne bei uns investieren.

Ich möchte noch ein wichtiges Thema ansprechen, das wir besprochen haben, und zwar die Klimapolitik. Das ist natürlich etwas, was auch mit der EU-Agenda verknüpft ist. Die Energiewirtschaft und die Klimapolitik sind zwei Dinge, die in unseren bilateralen Beziehungen sehr wichtig sind. Ich habe in unserem Gespräch hervorgehoben, dass es für Polen inakzeptabel ist, wenn Nord Stream 2 umgesetzt wird, und ich habe unterstrichen, dass Polen aufgeschlossen ist, wenn es darum geht, sich über die Klimapolitik der EU zu unterhalten – unter Berücksichtigung des individuellen Energiemixes jedes Landes. Wir beide haben festgestellt, dass wir eine Arbeitsgruppe einrichten wollen, in der unsere diesbezüglichen Positionen erörtert werden. Insbesondere soll in einer solchen Arbeitsgruppe auch das Winterpaket erörtert werden.

Frau Bundeskanzlerin, ich möchte Ihnen auch sehr herzlich für all das danken, was die Bundesregierung für die in Deutschland lebenden Polen macht. Ich habe in unseren Gesprächen auch unterstrichen, dass es unser Wunsch wäre, dass dies ähnlich gehandhabt wird, wie wir das bei der deutschen Minderheit in Polen handhaben. Wir haben uns darüber auch schon während meines Besuchs in Berlin unterhalten, und ich möchte dafür danken, dass nach diesem unserem Gespräch in Berlin bereits gewisse Schritte unternommen wurden. Ich glaube, wir werden hier noch mehr gemeinsame Projekte verwirklichen können und die Zusammenarbeit vertiefen können.

Wir haben uns auch über Themen unterhalten, die sich auf unsere Zusammenarbeit in Bezug auf junge Menschen beziehen; denn das Jugendwerk, der Austausch von Jugendlichen und die Zusammenarbeit der Jugend sind ganz besonders wichtige Themen für unsere beiden Länder.

Vielen herzlichen Dank noch einmal, Frau Bundeskanzlerin, für Ihren Besuch hier in Polen! Wie ich schon erwähnt habe, war dies unser erstes Treffen heute. Am Abend haben wir noch eine zweite Begegnung und können dann noch auf viele wichtige Themen eingehen.

BK’in Merkel: Danke schön! – Sehr geehrte Ministerpräsidentin, liebe Beata, ich möchte mich bedanken für den freundschaftlichen Empfang und für die Einladung, hierhin nach Warschau zu kommen und die bilaterale Kooperation fortzusetzen.

Wir sind Nachbarn, wir haben im letzten Jahr das Jubiläum des Nachbarschaftsvertrages begangen und wissen, dass wir in unserer Kooperation im Grunde auf drei Säulen aufbauen können: Das ist erstens die politische Kooperation – bilateral, aber auch im Rahmen der Europäischen Union –, das ist zweitens die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit und das ist drittens auch die Zusammenarbeit unserer Zivilgesellschaften.

Um mit der politischen Zusammenarbeit zu beginnen: Wir haben uns natürlich über das, was wir gemeinsam tun können, aber auch über unser gemeinsames Auftreten in der Europäischen Union ausgetauscht. Das Thema Klimaschutz ist hier schon genannt worden, vor allen Dingen auch das Stichwort Winterpaket der Europäischen Union, zu dem wir gemeinsam in einer Arbeitsgruppe tätig werden wollen und unsere Positionen einbringen wollen. Wir haben auch darüber gesprochen, dass im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit die polnische Regierung in Konsultationen mit der Europäischen Kommission ist.

Ich will noch einmal sehr persönlich sagen, dass ich als junger Mensch immer mit großer Aufmerksamkeit auf das, was in Polen vor sich gegangen ist, geschaut habe. Solidarność hat auch mein Leben geprägt, und ohne Solidarność wären vielleicht weder die europäische Einigung und das Ende des Kalten Krieges so schnell gekommen noch die deutsche Einheit. Aus dieser Zeit wissen wir, wie wichtig plurale Gesellschaften sind, wie wichtig eine unabhängige Justiz und Medien sind, denn das hat damals alles gefehlt. Insofern war ich froh zu hören, dass Polen die Fragen der Europäischen Kommission und auch der Venedig-Kommission beantworten wird. Ich wünsche mir, dass die Diskussion zwischen beiden Partnern hier auch sehr konstruktiv vonstattengeht.

Wir haben über die polnischen Bürger in Deutschland gesprochen. Als du in Deutschland warst, habt ihr die Bitte geäußert, dass wir mehr tun, was die Möglichkeit betrifft, Polnisch zu lernen. Hierzu sind wir jetzt mit allen Bundesländern in Kontakt getreten, wollen den Bedarf abfragen und danach gegebenenfalls auch mehr Unterrichtsmöglichkeiten anbieten.

Ich habe im Gegenzug auch über die deutsche Minderheit hier in Polen gesprochen. Ich werde sie nachher auch noch kurz treffen. Die Ministerpräsidentin hat mir versichert, dass die Verpflichtungen aus dem Nachbarschaftsvertrag eingehalten werden, und ich glaube, das ist ein wichtiges Zeichen.

Politisch ein Zeichen setzen können wir auch mit dem Jugendwerk. Die deutsche Seite hatte die Mittel in diesem Jahr jetzt auch auf 6 Millionen Euro erhöht. Wir haben verabredet, dass wir auch immer wieder neue Projekte einsetzen können, um hier voranzukommen.

Politisch und auch ein bisschen wirtschaftlich haben wir, glaube ich, den Höhepunkt in diesem Jahr noch vor uns, nämlich dass Polen Gastland bei der Hannover Messe sein wird. Das wird die Möglichkeit bieten, dass sich Polen auf der größten Industriemesse der Welt auch mit seinen industriellen Fertigkeiten präsentieren kann. Wir haben über die wirtschaftliche Zusammenarbeit gesprochen. Große Unternehmen, aber auch mittlere und kleinere Unternehmen engagieren sich in Polen, und die Ministerpräsidentin hat mir – dafür danke ich – versichert, dass sie willkommen sind, wie natürlich genauso polnische Unternehmen auf der deutschen Seite auch willkommen sind.

Noch einmal zurück zur Politik: Hierbei ist die Verteidigungszusammenarbeit sehr wichtig. Wir haben über die deutschen Beiträge im Zusammenhang mit der Verstärkung der östlichen Dimension gesprochen, und ich habe ja auch noch einmal deutlich gemacht, dass Deutschland weiß, dass es seine Verteidigungsausgaben weiter erhöhen muss. Sie sind vom letzten Jahr auf dieses Jahr um 5 Prozent gestiegen, und das wird uns in die Lage versetzen, auch innerhalb der Europäischen Union – nicht im Gegensatz zur Nato, aber unter den europäischen Partnern – enger im sicherheitspolitischen Bereich zusammenzuarbeiten. Ich glaube, Deutschland und Polen haben hierzu sehr gemeinsame Ansichten.

Wir haben auch über die Frage der Grenzsicherung gesprochen. Hierfür unternimmt Polen sehr vieles. Es gibt nämlich auch illegale Migration aus dem Osten, und gegebenenfalls werden unsere Innenminister hier eng zusammenarbeiten.

Zur äußeren Dimension: Wir werden heute noch über die Zukunft Europas und über die Frage Großbritanniens sprechen; das haben wir bis jetzt noch nicht machen können. Ich möchte hervorheben, dass wir ein sehr schönes Projekt haben, das Fortschritte macht, nämlich den Bau einer gemeinsamen Schule im Libanon als ein deutsch-polnisches Zeichen dafür, dass wir Fluchtursachen bekämpfen wollen und dass wir hierin einen wichtigen Schwerpunkt im Umgang mit der Migrationskrise sehen.

Sie können es sich vorstellen: Dafür, dass wir inklusive der militärischen Ehren nur eine Stunde Zeit hatten, haben wir schon sehr intensiv und dicht miteinander gesprochen, und wir werden das heute Abend auch weiter fortsetzen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, inwiefern hat es während des Gesprächs Überschneidungen bezüglich der Dimension, was die EU betrifft, gegeben, und wo gab es vielleicht Unterschiede oder Streitpunkte, die völlig unterschiedlich betrachtet werden?

BK’in Merkel: Die Komplikation besteht darin, dass wir uns heute noch nicht vertieft über die Europäische Union ausgesprochen haben. Wir haben, glaube ich, zum Teil gemeinsame Vorstellungen, was die Vollendung des Binnenmarktes anbelangt, was die Frage einer Energieunion anbelangt oder was auch die Fragen der gemeinsamen verteidigungspolitischen Anstrengungen beziehungsweise der äußeren Grenzsicherung anbelangt. Wir müssen schauen. Es kann sein, dass es auch Vorstellungen gibt, die in die Richtung von Vertragsänderungen gehen. Da werde ich dafür werben, dass wir sehr vorsichtig vorgehen müssen, weil die Einberufung eines Konvents in Europa immer auch zeigen muss, wohin wir wollen und ob wir ein gemeinsames Ziel haben oder ob jedes europäische Land ein anderes Ziel hat. Aber das werden wir heute Abend noch vertieft besprechen.

Ich will aber deutlich sagen, und das sieht man ja auch an unserem Verhalten auf den Europäischen Räten, so gerade wieder in Malta: Wenn es um die innere und äußere Sicherheit geht, wenn es um den Ausbau des Binnenmarktes, des Energiemarkts, des digitalen Markts geht, dann gibt es eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten. Aber es gibt sicherlich auch unterschiedliche Vorstellungen.

Frage: Ich möchte die Frau Premierministerin Folgendes fragen: Haben Sie bei diesem ersten Gespräch die Frage eines Europas unterschiedlicher Geschwindigkeiten besprochen?

Sind Sie, Frau Bundeskanzlerin, Befürworterin eines solchen Europas unterschiedlicher Geschwindigkeiten? Welche dringenden Maßnahmen sollte die Europäische Union treffen, um Krisen zu lösen?

MP’in Szydło: Ja, zum Teil haben wir uns bereits darüber unterhalten. Energiewirtschaft, Flüchtlingspolitik, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sind wichtige Themen, die dann auch beim Gespräch über die Reform der Europäischen Union beziehungsweise über Veränderungen innerhalb der Europäischen Union zu erörtern sind. Alles, was jeder der Mitgliedstaaten vorschlagen wird, wird sich auf jene Bereiche beziehen, die wir heute als jene bezeichnen, die von Krisen betroffen sind beziehungsweise in denen es sich mehr zu engagieren und zu überlegen gilt, was die notwendigen Veränderungen wären, weil dies für die Zukunft der Europäischen Union ja alles unmittelbar eine große Rolle spielt und mit solchen Fragen wie der Migration, der Energiewirtschaft, der Sicherheit und der Verteidigung zusammenhängt.

Detaillierte Gespräche, wie die Frau Bundeskanzlerin bereits gesagt hat, werden dann am Abend weiter fortgesetzt werden. Ich habe nur gesagt, dass es für Polen wichtig sei, dass wir vor allem die nationalen Parlamente stärken, dass die europäischen Staaten, die Mitglieder der EU, das Gefühl und das Bewusstsein haben, dass sie alle gleich behandelt werden und dass wir eine Einheit innerhalb der EU aufbauen. In dieser Richtung wollen wir diskutieren. Wir wollen uns vor allem über Gemeinsamkeiten unterhalten, und in jenen Bereichen, in denen es Meinungsunterschiede gibt, wollen wir nach Ebenen der Verständigung suchen. Nach meiner Einschätzung ist dies notwendig, um überhaupt eine konstruktive Diskussion über Veränderungen in der Europäischen Union einleiten zu können. Diese Veränderungen sind absolut notwendig. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Ich denke, alle Mitgliedsstaaten der EU sind davon überzeugt. Darüber haben wir uns auf Malta unterhalten und vorher in Bratislava. Sie haben das hervorgehoben.

Der Brexit ist eine Tatsache. Das ist passiert, und es ist nun einmal da. Es gibt gewisse Gründe dafür. Wir sollten auf diese Gründe eingehen, und wir sollten die Probleme in der EU so lösen, dass es künftig in den einzelnen Mitgliedsstaaten nicht zu solchen Entwicklungen kommt. Polen geht davon aus, dass wir uns auf die Entwicklung und eine Gesamtheit der EU orientieren, aber mit Achtung und Respektierung der Nationalstaaten.

BK’in Merkel: Was die unterschiedlichen Geschwindigkeiten anbelangt, möchte ich nur Folgendes sagen: Wir haben heute schon die Situation, dass es Mitgliedsstaaten gibt, die am Euro teilnehmen, und Mitgliedsstaaten, die nicht am Euro teilnehmen. Wir haben die Situation, dass einige Mitgliedsstaaten nicht Teil des Schengen-Abkommens sind. Das heißt also, dass wir unterschiedliche Situationen haben. Wir haben in den Verträgen auch den Mechanismus der verstärkten Zusammenarbeit.

Wichtig ist – das muss auch im Sinne dessen, was die Ministerpräsidentin gesagt hat, ganz klar eingehalten werden –: Jedem Mitgliedsstaat muss die Mitarbeit in einem neuen Feld offenstehen. Vielleicht sagt ein Mitgliedsstaat manchmal: Ich möchte das jetzt nicht. – Aber es kann nicht sein, dass man sozusagen exklusive Clubs bildet, in die andere nicht hineinkommen. Das ist die Basis unserer Zusammenarbeit. Wenn aber jemand sagt: »Ich möchte dort noch nicht mitmachen«, dann muss dies möglich sein. Dafür bieten die Verträge die Möglichkeit.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, was die EU angeht, gibt es von polnischer Seite schon eine Reihe von konkreten Vorschlägen, die heute auf den Tisch kommen: mehr Macht für die Parlamente. Im Klartext lesen wir daraus: Vetorecht für die Parlamente, Schwächung der EU-Kommission. Jarosław Kaczyński, den Sie heute noch treffen, hat gesagt, man solle die EU auf Binnenmarkt und Umwelt beschränken. Ist das für Sie akzeptabel?

Zweite Frage, an Premierministerin Szydło: Haben Sie auch darüber gesprochen, ob Polen Donald Tusk für eine nächste Präsidentschaft unterstützt?

BK’in Merkel: Was die Frage der Veränderung in der Europäischen Union anbelangt, so haben wir hier noch keine detaillierte Diskussion geführt. Ich will sagen, dass die Binnenmarktdefinition umfassender ist als nur: freier Warenverkehr und Umwelt. Ich kann mir, ehrlich gesagt, im Augenblick auch nicht vorstellen, dass man eine realistische Möglichkeit hat, hierbei irgendwelche Dinge zurückzudrehen.

Dennoch müssen wir darüber sprechen, wo eigentlich die Grenzen in manchen Fragen sind. Wir haben mit der Kommission auch schon von deutscher Seite darüber gesprochen, wo zum Beispiel die Grenzen für europaweite Ausschreibungen sind und vieles andere. Ich denke also, dass man durchaus auch untervertraglich einiges machen kann.

Was Vertragsänderungen anbelangt, sage ich es noch einmal: Der Mechanismus ist ein großer Konvent. Da muss man aufpassen, dass dort nicht 27 verschiedene Vorstellungen sind plus noch unterschiedliche Vorstellungen des Europäischen Parlamentes und das Ganze dann sehr auseinandergefächert ist. Aber darüber können und werden wir heute noch einmal sprechen.

Was die Macht der nationalen Parlamente anbelangt, so ist das natürlich auch immer wieder Gesprächsgegenstand in Deutschland. Wir haben bereits sehr weitgehende Beteiligungsrechte unseres nationalen Parlaments, wenn es um meine oder die Regierungsposition in Europa geht. Auf der anderen Seite haben wir auch schon einige Elemente, bei denen die nationalen Parlamente Einspruch einlegen können, zum Beispiel in den Subsidiaritätsfragen, also bei der Frage, ob eine neue Kompetenz, die sich die Kommission nehmen will, mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Im Lissabon-Vertrag haben wir eigentlich schon auch eine Stärkung der nationalen Parlamente gehabt. Wir kennen das also schon. Man muss natürlich auch darüber reden, wie man davon Gebrauch macht.

MP’in Szydło: Zu Ihrer zweiten Frage, zur Person des Vorsitzenden des Europäischen Rates: Ich denke, es ist zu früh, um unsere Positionen hier vorzustellen. Diese Frage ist sehr eng mit der Zukunft der Europäischen Union und mit Reformen in der EU verknüpft, mit all dem, was passieren wird. Wir werden auch auf dieses Thema zu sprechen kommen.

Frage: Ich möchte nach der Zukunft der transatlantischen Zusammenarbeit fragen. Europäische Politiker haben kritisch auf die Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten reagiert, der sich auch kritisch zur EU geäußert hatte. War die Zukunft der transatlantischen Zusammenarbeit auch ein Thema? Meine zweite Frage: Ist Ihrerseits auch das Thema des Konflikts in der Ostukraine besprochen worden?

MP’in Szydło: Zum Thema der Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika: Nach meiner Einschätzung braucht die EU hierbei Einheit und Konsequenz.

In der Ukraine dagegen werden das Völkerrecht und die territoriale Integrität des Landes verletzt. Solange sich Russland nicht aus seinen Maßnahmen zurückzieht, sollte die EU an den Sanktionen festhalten. Das betone ich auch bei den Räten immer. Das ist die Position Polens und auch die Position der Frau Bundeskanzlerin.

Ich möchte noch einmal auf die transatlantischen Beziehungen mit den USA zu sprechen kommen. Wir sollten hier konsequent vor allem nach Bereichen der Zusammenarbeit suchen und natürlich beobachten, was die amerikanische Administration unter Donald Trump unternimmt. Wir analysieren auch die Entscheidungen, die in Washington getroffen werden. Aber vor allem haben wir gemeinsame Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheitspolitik und die Wirtschaft. Dabei sollten wir vor allem nach Zusammenarbeit suchen.

BK’in Merkel: Aus meiner Sicht will ich zu den transatlantischen Beziehungen Folgendes sagen: Wir als Bundesrepublik Deutschland und als Europäer haben ein immanentes Interesse an guten transatlantischen Beziehungen auf der Basis auch unserer gemeinsamen Werte. Das, was jetzt von den verschiedenen Stellen – vom Präsidenten, aber auch vom Verteidigungsminister, vom Außenminister – in Richtung der Nato gesagt wurde, sind, meine ich, sehr wichtige Feststellungen. Wir werden dann ja die Gelegenheit haben, innerhalb der Nato zusammenzukommen und über die Zukunft und die Aufgaben zu sprechen.

Alles andere werden wir Schritt für Schritt erkunden, etwa welche Möglichkeiten und welche Situationen wir haben, was einen liberalen Handel anbelangt. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, wie mit Kanada auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein Handelsabkommen zu haben. Das haben andere auch getan. Mit der neuen Administration müssen wir natürlich schauen, wie wir dabei vorankommen.

Was den Konflikt in der Ostukraine anbelangt, so haben Polen und Deutschland hierzu eine gemeinsame Haltung innerhalb des Europäischen Rates. Ich habe heute gerade wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert, weil die Situation uns Sorgen macht. Wir haben weitere Schritte verabredet, die auch im Normandie-Format getroffen werden können.

Nach wie vor ist die Situation nicht zufriedenstellend. Minsk ist nicht implementiert. Deshalb können die Sanktionen zurzeit nicht aufgehoben werden.

Mitschrift Pressekonferenz im Wortlaut, die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.

Quelle: <https://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/02/2017-02-07-pk-merkel-szydlo.html> (abgerufen am 15.02.2017).


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