Das religiöse Polen, das religiöse Europa

Von Tadeusz Szawiel

Zusammenfassung
Seit Beginn der polnischen Transformation wurde die These formuliert, dass, vergleichbar mit den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Prozessen, die in vielen westeuropäischen Ländern zur Schwächung der Religiosität und der Kirchen geführt hatten, auch in Polen ein Prozess der Abwendung vom Glauben und von den Glaubenspraktiken stattfinden werde. Tatsächlich blieben sie aber bis heute in allen Altersgruppen auf einem weitgehend unverändert hohen Niveau. Die stürmischen und tiefgehenden Modernisierungsprozesse hatten wenig Einfluss auf das Niveau der religiösen Praxis, vor allem auch bei der Jugend. So ist die Religiosität in Polen unter den sechs größten Ländern der Europäischen Union (gefolgt von Italien, Irland, Spanien und Deutschland) am höchsten. Sie hat ihre Wurzeln in der polnischen Geschichte, Kultur, den Bräuchen und dem Selbstverständnis von Individualität. Dazu kommen weitere Faktoren: Die Transformation ließ die bestehenden gesellschaftlichen, vor allem lokalen Bande weitgehend intakt. Die Funktionsfähigkeit der kirchlichen Institutionen blieb erhalten. Der Religionsunterricht in der Schule hielt in großem Ausmaß die religiöse Motivation aufrecht. Dazu kommt der Faktor, dass die verehrte Leitfigur Papst Johannes Paul II. (1978–2005) die religiöse Biographie einer ganzen Generation junger Polen begleitet hat.

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Artikel

Zweieiige Zwillinge. PiS und Fidesz: Genotyp und Phänotyp

Von Kai-Olaf Lang
Die regierenden Parteien in Polen und Ungarn haben vieles gemeinsam. Beide streben einen neotraditionalistischen Umbau von Staat und Gesellschaft an. Demokratie verstehen sie als Mehrheitsherrschaft, das Mandat, das sie vom Volk an den Wahlurnen erhalten haben, soll nicht durch „checks and balances“ beschränkt werden. In der EU setzen PiS und Fidesz auf die Sicherung und den Ausbau nationalstaatlicher Hoheitsbereiche. Aufgrund außen- und europapolitischer Differenzen – insbesondere in der Sicherheits- und Russlandpolitik – ist allerdings keine nationalkonservative Achse in Ostmitteleuropa entstanden. (…)
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