Frauen in der polnischen Politik am Beispiel der Außenpolitik und der territorialen Selbstverwaltungswahlen 2018

Von Małgorzata Druciarek, Agnieszka Łada (beide Institut für Öffentliche Angelegenheiten, Warschau)

Zusammenfassung
Frauen sind immer noch in der Minderheit auf der politischen Bühne Polens. Die Anzahl der Frauen auf Positionen im Bereich der Außenpolitik hängt in Polen vom konkreten Arbeitsbereich ab. In der Politik sind sie immer noch deutlich in der Unterzahl. In der Diplomatie stellen Frauen einen sichtbaren Anteil, allerdings sind es auf den Botschafterposten immer noch nicht viele. Relativ am stärksten vertreten sind Frauen auf Expertenposten, beispielsweise in Hochschulen und Think Tanks. Doch auch hier lässt sich beobachten, je höher in der Hierarchie, desto geringer der Frauenanteil. Die Analyse der Ergebnisse der Selbstverwaltungswahlen im Jahr 2018 zeigte, dass sich der Anteil der Frauen in den lokalen politischen Organen etwas vergrößert hat, aber immer noch unter 30 % liegt. Folglich ist ein realer Einfluss von Frauen auf die Entscheidungen in den meisten Gemeinden, Kreisen und Woiwodschaften nicht garantiert.

100 Jahre Frauenwahlrecht

Das Jahr 2018 war mit Blick auf die Gleichberechtigung der Polinnen und Polen ein politisch außerordentlich wichtiges Jahr. 2018 wurde der 100. Jahrestag der Erlangung des aktiven und passiven Wahlrechts für die Polinnen begangen. Die Polinnen hatten sich als eine der ersten in Europa das Frauenwahlrecht erkämpft. Vorher hatten dies nur die Finninnen (1906), die Norwegerinnen (1913) sowie die Isländerinnen und Däninnen (1915) erreicht. Führte die frühe Gleichberechtigung von Männern und Frauen beim Wahlrecht dazu, dass sich Polen mit Blick auf die Präsenz von Frauen auf der politischen Bühne im Vergleich zu anderen Ländern positiv unterscheidet? Nach dem neuesten globalen Ranking der Inter-Parliamentary Union (Stand: 1. Januar 2019) steht Polen auf Platz 55 unter den 193 erhobenen Ländern. In der Klassifikation der 57 Mitgliedsländer der OSZE (2016) belegte Polen Platz 20 in Bezug auf den Frauenanteil in den ersten Parlamentskammern. Im Ranking »Global Gender Gap Report 2018« wiederum stand Polen auf Platz 42 von 149 untersuchten Ländern. Im politischen Bereich (political empowerment), also was die Präsenz der Frauen auf den Minister- und Ministerpräsidentenpositionen betrifft, erhielt Polen allerdings mit dem 50. Platz ein noch niedrigeres Ergebnis.

Das Jubiläumsjahr 2018 ist eine gute Gelegenheit zu resümieren, was die Frauen in der Politik erkämpfen konnten, sowie die Situation der Frauen auf der polnischen politischen Bühne zu betrachten. Die hier vorgestellte Analyse entstand auf der Grundlage von Ergebnissen zweier Untersuchungen: einer Untersuchung der Situation und Rolle von Frauen in der polnischen Außenpolitik und einer Untersuchung zum Thema Frauen in den territorialen Selbstverwaltungswahlen 2018. Während das Institut für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych – ISP) in Warschau (Warszawa) seit dem Jahr 2011 ein Monitoring mit Blick auf die Präsenz von Frauen auf den Wahllisten durchführt, gab es bisher keine Analysen zur Anwesenheit von Frauen in der polnischen Außenpolitik. Eine solche wurde nun vom ISP zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung erstellt. Die erstgenannte Untersuchung beruht auf der Analyse des Zahlenmaterials zur Anzahl der Frauen und den von ihnen eingenommenen Positionen im Bereich der Außenpolitik (zu der auch die Sicherheits- und die Europapolitik gerechnet wurden) sowie auf 27 vertiefenden Einzelinterviews mit Frauen, die folgende Gruppen repräsentieren: Politikerinnen, die sich im Rahmen ihrer Spezialisierung unmittelbar mit der Außen- und/oder Europapolitik beschäftigen; Diplomatinnen und Beamtinnen der zentralen und der Selbstverwaltungsebene; Expertinnen staatlicher und nicht staatlicher Hochschulen sowie anderer Forschungseinrichtungen; Journalistinnen, die sich in diesem Thema spezialisiert haben. Die Folgerungen aus den Interviews reflektieren die Meinungen der Befragten. Die zweitgenannte Untersuchung entstand auf der Basis von Analysen statistischer Daten zum Anteil von Frauen bei den territorialen Selbstverwaltungswahlen sowie auf der Grundlage von Interviews mit Vertreterinnen wichtiger politischer Gruppen über Strategien der unterschiedlichen Parteien gegenüber den Kandidatinnen, die in den Wahlen aufgestellt werden.

Frauen in der polnischen Außenpolitik

Die Repräsentanz von Frauen im Bereich der Außenpolitik wird von den befragten Frauen als bedeutend bewertet, allerdings vor allem in Behörden und im Bereich der Diplomatie. Insbesondere die Anzahl von Beamtinnen und Diplomatinnen, die sich mit der europäischen Thematik befassen, ist vor dem Hintergrund anderer außenpolitischer Bereiche relativ hoch. In der Politik wird die Situation als deutlich schlechter wahrgenommen. In der öffentlichen Sphäre – in den Medien oder bei Diskussionsveranstaltungen – dominieren Männer immer noch deutlich. In allen analysierten Situationen überwiegt der Anteil der Frauen auf der niedrigeren und mittleren Ebene, auf denen die Arbeitsintensität am höchsten, der reale Einfluss auf Entscheidungen jedoch unterschiedlich ist. In Führungspositionen gibt es nach wie vor mehr Männer als Frauen. Dies geht einher mit der selteneren Präsenz von Frauen bei Diskussionsveranstaltungen, wichtigen Treffen oder als Kommentatorinnen in den Medien.

In den Ausschüssen des Sejm und des Senats, die sich mit Außenpolitik befassen, stellen Frauen 20 % der Mitglieder. Jeder vierte Abgeordnete des Europäischen Parlaments aus Polen ist eine Frau. In den zentralen Institutionen (Ministerien ohne Außenministerium, Kanzlei des Ministerpräsidenten bzw. des Präsidenten) werden 28 % der Positionen, die für außenpolitische Angelegenheiten verantwortlich sind, von Frauen bekleidet. Im Außenministerium arbeiten viele Frauen, aber nur jeder fünfte, der das Amt des Botschafters, Generalkonsuls oder Direktors eines Polnischen Instituts (Instytut Polski; vergleichbar mit dem Goethe-Institut, Anm.d.Übers.) innehat, ist eine Frau. Auf leitenden Funktionen in der Zentrale stellen die Frauen 23 %.

Unter den Diplomatinnen herrscht dennoch die Überzeugung, dass die Anzahl der Frauen im Außenministerium sehr groß ist und dass sie wichtige Positionen bekleiden, obwohl gegenwärtig keine Frau der inneren Leitung des Ministeriums angehört. Des Weiteren heißt es, dass sich die Frauen mit solchen Bereichen befassen, die traditionell Männern zugeschrieben wurden, wie Sicherheits- oder Wirtschaftspolitik. Die Politikerinnen nehmen wahr, dass Frauen im Bereich der Außenpolitik unterrepräsentiert sind, was sie unter anderem mit den sozial zugeschriebenen Rollen der Ehefrau und Mutter in Verbindung bringen, aber auch mit der finanziell attraktiven Tätigkeit (Dienstreisen ins Ausland, insbesondere zum Europäischen Parlament oder zum Dienstort), um die die Männer stark kämpfen.

Deutlich sichtbar sind auch Unterschiede zwischen Think Tanks und Hochschulen. In den Think Tanks sind das Bewusstsein der Gleichberechtigung und die Anstrengungen, Frauen nicht zu diskriminieren, relativ hoch und es werden Lösungen gefunden, familiäre und berufliche Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren. An den Hochschulen treten nach wie vor deutliche Formen von Diskriminierung auf, und über Maßnahmen für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern wird selten nachgedacht. Jedoch hat sich auch hier die Lage in den letzten Jahren verbessert. Die Unterschiede in der Wahrnehmung des Problems ergeben sich auch aus den unterschiedlichen Prioritäten, die in diesen beiden Gruppen gesetzt werden, sowie aus dem System der Aufstiegsmöglichkeiten und Einflussnahme. Die Zahlen zeigen, dass der Frauenanteil in beiden Bereichen immer noch geringer ist. An den staatlichen und privaten Hochschulen werden 39 bzw. 32 % der Leitungspositionen von Frauen besetzt, den Doktortitel oder einen höheren akademischen Titel tragen 36 bzw. 40 % der Frauen. In den Think Tanks stellen Frauen 33 % des wissenschaftlichen Personals und üben 30 % der Leitungspositionen aus. Die große Anzahl von Frauen, die niedrigere Positionen an den Universitäten oder in der Verwaltung bekleiden, lässt sich unter anderem damit erklären, dass das Einkommen in diesen Bereichen relativ niedrig ist und sich im Allgemeinen mehr Frauen als Männer für eine Tätigkeit dort entscheiden.

Diskriminierung durch Geringschätzung

Frauen, die im Bereich der Außenpolitik tätig sind, beobachten Veränderungen im Umgang mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Dennoch finden Fälle von Diskriminierung statt, die vor allem auf Geringschätzung seitens der männlichen, insbesondere älteren Kollegen und im Bereich der Hochschulen beruhen, als da wären der fehlende Glaube an die Kompetenzen der Frauen oder Bemerkungen über das Äußere. Allerdings ist eine generationelle Entwicklung deutlich erkennbar: Die jüngeren Kollegen legen gegenüber ihren Kolleginnen ein partnerschaftlicheres Verhalten an den Tag.

Ein Aspekt der Präsenz von Frauen in der öffentlichen Sphäre, der ebenfalls mit dem Bereich der Außenpolitik verbunden ist, ist die Teilnahme von Frauen an Treffen und Diskussionen von Expertinnen und Experten, u. a. in den Medien. Unter den Befragten herrscht die starke Überzeugung, dass die Zahl der teilnehmenden Frauen in diesen Formaten statistisch deutlich unter der Anzahl der beteiligten Männer liegt. Die deutliche Mehrheit der Interviewpartnerinnen meint, dass bei der Zusammenstellung der Einladungen für die Teilnahme an solchen Treffen oder Podiumsdiskussionen schneller die Namen von Männern erinnert werden und keine ausreichende Mühe aufgewendet wird, Expertinnen zu suchen. In manchen Institutionen, wie Hochschulen oder Behörden wird nicht reflektiert, ob man sich um eine angemessene Präsenz von Frauen gekümmert hat. Gleichzeitig sagten die Befragten auch, dass der Mangel an Frauen sowohl in Panels als auch bei Treffen von Expertinnen und Experten, die Frauen selbst organisieren, teilweise darauf zurückzuführen ist, dass Frauen ihre Teilnahme absagen, weil sie sich nicht ausreichend kompetent fühlen. Ähnlich verhält es sich bei der Besetzung von Leitungsposten – Männer lehnen sie selten mit dem Argument des Familienwohls oder fehlender Kompetenz ab, Frauen dagegen führen manches Mal solche Gründe an.

Quoten – eine gute Lösung in der aktuellen Situation

Die befragten Frauen wollen für ihre Kompetenzen wertgeschätzt werden, diese würden, so die Respondentinnen, eine Schlüsselrolle bei der Stellenvergabe, für ihre Karriere sowie bei Personalentscheidungen spielen. Gleichzeitig nehmen die Befragten wahr, dass die Doppelbelastung der Frauen durch Beruf und häusliche Pflichten das Haupthindernis für die Karriere darstellt. Darüber hinaus ist die Mehrheit der Interviewten der Meinung, dass sich eine Frau mehr anstrengen muss, um etwas zu erreichen, und in der Regel harte Arbeit aufwenden muss. Allerdings nimmt hier die Persönlichkeit auch wesentlichen Einfluss, denn von ihr hängt es ab, welche Bedeutung man in der Branche habe. Einfluss kann man auf unterschiedliche Weise ausüben, so durch eine leitende Funktion, durch Aktivitäten in den sozialen Medien oder wissenschaftliche Tätigkeit. Geteilt sind allerdings die Ansichten darüber, in welchem Maße Geschlechterquoten bei der Besetzung von politischen Ämtern und Posten von Expertinnen und Experten eine notwendige Lösung darstellen. Über die Quoten für die Wahllisten herrschte dagegen eine deutlich größere Einigkeit. Fast alle Befragten meinten, dass dieser Mechanismus notwendig war und weiterhin ist. Alle Interviewten stimmten darin überein, dass im Berufsleben die Kompetenzen ausschlaggebend sein sollten und es keine gute Lösung wäre, Frauen vor allem aufgrund ihres Geschlechts auszuwählen. Trotz dieser Vorbehalte sah die Mehrheit der Befragten strukturelle Hindernisse auf den weiblichen Karrierewegen in der Außenpolitik, weshalb das Quotensystem in bestimmten Bereichen zurzeit die beste Lösung sei. Geäußert wurde die Hoffnung, dass weitere Entwicklungen eintreten würden und im Laufe der Zeit gleiche Rechte und die Gleichbehandlung selbstverständlich werden würden.

Frauensolidarität, Frauenthemen, Frauennetzwerke?

Die Schwierigkeiten, sich karrieretechnisch zu behaupten, sowie die zahlenmäßig geringere Repräsentanz auf vielen Treffen und Podien weckt die Frage nach weiblicher Solidarität. Nach Meinung der Interviewpartnerinnen unterstützen sich Frauen nicht nur deshalb, weil sie Frauen sind (Geschlechtersolidarität), sondern bauen Unterstützung um ein konkretes Problem oder Vorhaben auf, abhängig von ihren Kompetenzen.

Viele Befragte fühlen sich dagegen als Repräsentantinnen der Frauen und wollen sowohl ihre Interessen als auch die für sie wichtigen Themen unterstützen. Gleichzeitig geben sie zu, dass sie sich nicht sehr aktiv für Frauenbelange einsetzen würden, und verweisen auf Kolleginnen, die engagierter als sie selbst seien. Als Grund nennen sie, dass sie nicht das innere Bedürfnis hätten oder sich in anderen Bereichen engagieren. Viele meinen, dass das übermäßige Hervorheben dieses Themas zu seiner Karikierung und zu ungewollten Folgen führen könne. Daher wird der Aufbau von Frauennetzwerken in der Außenpolitik mit gemischten Gefühlen betrachtet. Zurzeit sind solche Netzwerke in Polen wenig entwickelt und ihre Chancen und Notwendigkeit werden nicht als hoch eingeschätzt. Die Verantwortung für diese Situation wird jedoch nicht nur den Frauen oder den Institutionen zugeschrieben, sondern den Eigenschaften der polnischen Gesellschaft und der polnischen politischen Kultur. In Polen ist das soziale Kapital niedrig, daher sind jedwede Formen des Netzwerkens nicht besonders entwickelt. Bevorzugt wird, Pools von Expertinnen und Experten aufzubauen, aus denen die Organisatorinnen und Organisatoren von Veranstaltungen und Journalistinnen und Journalisten schöpfen können.

In der Außenpolitik gibt es keine typisch weiblichen oder männlichen Themen. Frauen kennen sich gleichermaßen mit Themen wie Sicherheit und Energie aus und haben Positionen inne, von denen sie die Politik in ihrem Bereich gestalten können. Ein Teil der Interviewten unterstreicht allerdings den unterschiedlichen Arbeitsstil von Männern und Frauen. Gleichzeitig erklären die Respondentinnen, dass Frauen an manche Themen, beispielsweise Migration, etwas anders herangehen als Männer und Aspekte wahrnehmen, auf die ihre Kollegen gewöhnlich nicht achten.

Frauen in der Lokalpolitik

Bei den Selbstverwaltungswahlen im Jahr 2018 tauchte das Thema der Beteiligung von Frauen an der Politik in der öffentlichen Debatte und im Wahlkampf fast nicht auf. Der gesetzlich festgeschriebene Quotenmechanismus sollte nun schon zum zweiten Mal in den Selbstverwaltungswahlen gelten. War es jedoch richtig, dieses Thema nur schwach in die öffentliche Debatte aufzunehmen?

Die Daten für die Wahlen der Woiwodschaftslandtage (sejmiki) in den Jahren 2010, 2014 und 2018 zeigen die Erhöhung des Frauenanteils auf den Wahllisten. Im Jahr 2010 stellten Frauen knapp 30 % aller für die sejmiki Kandidierenden, 44, 5 % im Jahr 2014 und 45,8 % im Jahr 2018. Es ist davon auszugehen, dass dieser Anstieg vor allem eine Folge der Gesetzesänderungen war, das heißt des im Jahr 2011 eingeführten Quotenmechanismus: Er ordnet an, jedem Geschlecht mindestens 35 % der Plätze auf den Wahllisten zu garantieren. Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung würde dazu führen, dass die betreffende Wahlliste nicht registriert werden würde. Die Unterschiede zwischen den Parteien beim Frauenanteil auf den Wahllisten sind relativ gering; bei den großen Wahlkomitees beträgt der Anteil 43,1 % auf den Wahllisten der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) und 50,6 % auf den Listen der Partei Die Grünen (Partia Zieloni). Die Präsenz auf einer Wahlliste ist nur ein erster Schritt zum Erfolg. Die Analysen zeigen deutlich, dass der jeweils eingenommene Platz auf der Liste am wichtigsten ist. Der Anteil der Frauen auf dem ersten Platz übersteigt für die größten Parteien nicht 24 %. Des größten Anteils von Frauen auf dem ersten Listenplatz unter den führenden Parteien kann sich die in Wertefragen gemeinhin als eher traditionell wahrgenommene Polnische Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) rühmen; bei ihr sind es 23,5 %. Bei der liberalkonservativen Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) liegt er einen Prozentpunkt niedriger, bei der PiS beträgt er zirka 19 % und 18 % bei Kukiz ‘15. Negativ setzt sich das Wahlkomitee des linken politischen Spektrums Demokratische Linksallianz – Linke Gemeinsam (SLD – Lewica Razem) ab. Hier machten die Kandidatinnen auf dem ersten Listenplatz nur 14 % von der Gesamtheit der ersten Plätze aus. Aus der Analyse der Staatlichen Wahlkommission (Państwowa Komisja Wyborcza) geht hervor, dass, obwohl der Anteil der Kandidatinnen auf den Wahllisten für die sejmiki im Jahr 2018 45,8 % betrug, der Anteil der Kandidatinnen, die ein Mandat erhielten, mit 28,8 % deutlich niedriger war. Der Anteil der in die Woiwodschaftslandtage gewählten Frauen war jedoch deutlich höher als bei den vergangenen Wahlen: In den Jahren 2010 und 2014 betrug er 22,6 % bzw. 23,1 %.

Auf den Wahllisten für die Kreisräte war der Anteil der Frauen ungefähr gleich hoch wie bei den Wahlen der sejmiki und betrug 46,1 % sowie 45,9 % für die Städte mit Kreisrecht. Im Vergleich zum Jahr 2010, als es keine verpflichtenden Quoten gab, unterschieden sich die Anteile mit damals zirka 30 % deutlich. Im Vergleich zu den Wahlen 2014 traten allerdings mit gut einem Prozentpunkt mehr keine großen Unterschiede auf. Ähnlich wie auf Woiwodschaftsebene sind die Anteile von Frauen unter den Kandidierenden auf den ersten drei Listenplätzen niedriger, was indirekt zeigt, dass Frauen trotz der gesetzlichen Änderungen seltener die »besten« Plätze bekommen. Der Anteil der Frauen auf den drei vordersten Plätzen betrug zirka 38 % bei den Kreiswahlen und 37 % bei den Wahlen der Städte mit Kreisrecht. Noch seltener wurden Frauen auf der Kreisebene auf den ersten Listenplatz gesetzt – 24 % in den Kreisen und 26 % in den Städten mit Kreisrecht. Dies platziert die Kreise unter die Woiwodschaftsebene und spiegelt sich in den Wahlergebnissen wider. Der Anteil der in die Kreisräte gewählten Frauen beträgt knapp 24 %. Bezogen auf alle Ebenen der Selbstverwaltung fallen die Ergebnisse für die Kreise am schlechtesten aus. Etwas besser ist die Situation in den Städten mit Kreisrecht, hier beträgt der Frauenanteil knapp 27 %.

Bei der Betrachtung der Wahlen der Gemeinderäte muss einbezogen werden, dass sie nach anderen Regeln stattfinden, und zwar abhängig von der Größe der Gemeinde. Im Jahr 2018 galt in den Gemeinden über 20.000 Einwohner das proportionale Wahlverfahren; in diesem Punkt unterscheiden sie sich nicht von den Wahlen auf der Kreis- und der Woiwodschaftsebene. In jedem Wahlkreis werden die Mandate zunächst unter den verschiedenen Wahlkomitees verteilt, und erst dann wird festgelegt, welche Kandidatinnen und Kandidaten der betreffenden Komitees ein Mandat erhalten. In den Gemeinden unter 20.000 Einwohnern galt im Jahr 2018 wiederum die Einteilung in »Ein-Mandats-Kreise«, das heißt, die Wahlkreise wurden in der Weise festgelegt, dass die Kandidatinnen und Kandidaten jeweils um ein Mandat konkurrierten.

Im Jahr 2018 betrug der Frauenanteil auf den Wahllisten der Gemeinden mit über 20.000 Einwohnern 45,9 %. Bezogen auf die ersten drei Listenplätze waren es 37 % und im Falle der ersten Plätze 27,5 %. Diese Prozentanteile liegen relativ nahe bei denen der Wahlen zu den sejmiki und den Kreisräten, bei denen die Wahlordnung die gleiche ist. Etwas anders verhält es sich mit der Situation in den Gemeinden unter 20.000 Einwohnern, wo das Recht der »Ein-Mandats-Kreise« galt. Frauen stellten dort 35 %, was ein sieben bis elf Prozentpunkte besseres Ergebnis ist als in den Wahlen auf den anderen Selbstverwaltungsebenen und den größeren Gemeinden. Bemerkenswert ist außerdem, dass in den Gemeinden unter 20.000 Einwohner der Frauenanteil in den Kreisräten höher ist (31,2 %) als in den größeren Gemeinden (27,5 %), den Kreisen (23,8 %) und den Woiwodschaften (28,8 %).

Die Wahlen der Stadtpräsidentinnen und -präsidenten, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Ortsvorsteherinnen und -vorsteher wecken in Polen die größten Emotionen und sind außerdem diejenigen lokalen Wahlen, die sich am besten analysieren lassen. Charakteristisch in Polen ist, dass der Anteil der Frauen unter den Genannten sehr niedrig ist. Der Anteil der Frauen, die als Stadtpräsidentinnen kandidierten, belief sich im Jahr 2010 auf 13,2 %; vier Jahre später stieg er unbedeutend auf 14,4 % und bei den letzten Wahlen erreichte er 17,3 %. Nur wenig besser sieht die Situation bei der Wahl der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und der Ortsvorsteherinnen und -vorsteher aus. Die Anteile der Frauen bei den Wahlen betrugen 2010: Bürgermeisterinnen – 13,2 %, Ortsvorsteherinnen – 13,8 %; 2014: Bürgermeisterinnen sowie Ortsvorsteherinnen: 16,3 % und 2018: Bürgermeisterinnen 18,1 %, Ortsvorsteherinnen 18,3 %. Die verschiedenen Anteile liegen nah beieinander. Immer noch kommen statistisch auf eine Frau, die sich um eines dieser Ämter bewirbt, vier männliche Bewerber. Zwar lässt sich feststellen, dass die Anteile von Wahl zu Wahl steigen, allerdings in einem sehr langsamen Tempo. Es beträgt durchschnittlich zirka zwei Prozentpunkte pro vier Jahre im Falle der Kandidatinnen für die Funktion der Ortsvorsteherin bzw. Stadtpräsidentin und knapp 2,5 Prozentpunkte im Falle der Kandidatinnen für das Bürgermeisteramt. Wenn dieses Tempo beibehalten wird, wird sich das Verhältnis zwischen kandidierenden Männern und Frauen erst in über 50 Jahren angeglichen haben. Noch ungünstiger für die Frauen sind die Anteile bei den Wahlergebnissen. Der Anteil der Frauen unter den Stadtpräsidenten betrug im Jahr 2018 10,3 %, unter den Bürgermeistern 10,7 % und unter den Ortsvorstehern 12,9 %. In den Jahren 2010 bis 2018 ist er jeweils gestiegen, allerdings nicht bedeutend – für das Amt des Bürgermeisters um 1,5 Prozentpunkte und des Ortsvorstehers und Stadtpräsidenten um knapp vier Prozentpunkte.

Wo sind wir?

Die Selbstverwaltungswahlen 2018 waren die ersten landesweiten Wahlen nach den Parlamentswahlen im Jahr 2015, als die PiS die absolute Mehrheit im Sejm erlangt hatte und die Regierung bilden konnte. In diesen drei Jahren hat die Regierung viele Entscheidungen getroffen, die zahlreiche Kommentatorinnen und Kommentatoren der polnischen politischen Szene als Anti-Frauenpolitik interpretierten. [1] Es stand zu hoffen, dass sich in diesem politischen Klima die Förderung der Frauen deutlich vergrößern würde im Vergleich zu den vorangegangenen Wahlen und dass die Parteien tatsächlich handeln, um die niedrige Repräsentanz der Frauen in der Politik auszugleichen. Die hier vorgestellten Analyseergebnisse zeigen allerdings, dass dies – wenn überhaupt – nur in sehr eingeschränktem Ausmaß stattfand. Sogar bei den Parteien, die die Frage der Frauenrechte zu einer Leitlinie ihres Wahlkampfes machten, fehlten systematische Lösungen, die zur Wahl stehenden Kandidatinnen zu unterstützen, die hätten helfen können, die Position der Frauen in der Lokalpolitik zu stärken.

Die Analyse der Daten der Staatlichen Wahlkommission lässt eine Tendenz erkennen, die bereits in den vergangenen Wahlen zu beobachten war: Je höher die Stufe der Selbstverwaltung, desto weniger Frauen in der Politik. Ein ähnliches Muster wird im Bereich der Außenpolitik deutlich. Obwohl ein großer Teil der Befragten die Situation und den Einfluss der Frauen auf die polnische Außenpolitik positiv bewertete, zeigen die statistischen Daten ein etwas anderes Bild dieses Bereiches. Die frauenspezifischen strukturellen Hindernisse stehen ihrer Karriere immer noch im Weg. Die öffentliche Debatte über die Präsenz der Frauen in der Politik sowie die Einführung rechtlich-institutioneller Veränderungen mit dem Ziel, die Chancengleichheit von Frauen und Männern im politischen Bereich zu vergrößern, sind in Polen notwendig, wenn wir nicht noch 50 Jahre auf reale Veränderungen warten wollen.

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

Der Text basiert auf Untersuchungen des Instituts für Öffentliche Angelegenheiten (Instytut Spraw Publicznych – ISP) und der Heinrich-Böll-Stiftung, die ausführlich publiziert wurden in: Małgorzata Druciarek, Agnieszka Łada: U wioseł i za sterem. Kobiety w polskiej polityce zagranicznej. Warszawa 2019. Małgorzata Druciarek, Dariusz Przybysz, Izabela Przybysz: Kobiety w polityce lokalnej. Strategie partii politycznych w wyborach samorządowych w 2018 roku. Warszawa 2019.


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