Das Netzwerk "Landesweiter Frauenstreik": Forderungen

Wir fordern:
1. volle Fortpflanzungsrechte

Aufrechterhaltung der Betreuungsstandards rund um die GeburtZugang zu moderner kostenloser Verhütung und SterilisationZugang zu sicheren SchwangerschaftsabbrüchenZuschüsse zu In-vitro Fertilisationpränatale Untersuchungen der neuesten Generation

2. einen Staat frei von Aberglauben

fundierte SexualerziehungSchulbildung, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprichtmedizinische Betreuung, nicht vatikanischeStreichung der sog. »Gewissensklausel«Religionsunterricht in den Kirchengemeinden und auf Kosten der Kircheeine unabhängige Kommission zu Missbrauchsfällen in der Kircheharte Strafen für Täter und für Personen, die Schuld sind am Verbergen von pädophilen Straftaten in der Kirche

3. Inkrafttreten und Anwendung der Anti-Gewalt-Konvention

die Verlagerung der öffentlichen Finanzierung: weg von der Kirche hin zu Organisationen, die sich im Kampf gegen Gewalt gegenüber Frauen und gegen häusliche Gewalt einsetzenschonungslose Verfolgung und Bestrafung von Tätern häuslicher Gewaltschonungslose Verfolgung von Vergewaltigern und Umsetzung von Maßnahmen, die eine sekundäre Viktimisierung verhindernSchutz der Opfer und Isolierung der TäterZusammenarbeit der Regierung mit Nichtregierungsorganisationen bei der Umsetzung der Anti-Gewalt-KonventionVerfolgung von Hasssprache als Quelle von Gewalt

4. Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Frauen

eine Rentenabsicherung für die unbezahlte Arbeit der Fraueneine reale Absicherung für Familien mit behinderten Familienmitgliederndie wirksame Einziehung von Unterhaltszahlungen durch den Staat und die Bestrafung von Zahlungsunwilligendie Anhebung der Berechtigungsgrenze für Leistungen aus dem Unterhaltsfonds auf die Höhe des mittleren Einkommensgleiche Löhne unabhängig vom Geschlecht

5. Polen für alle

ein Polen, das ein Rechtsstaat ist, in dem es freie Gerichte, freie Wahlen und freie Medien gibtein Polen, in dem die Menschenrechte für alle gelten, inklusiv Frauen, LGBTQIA+-Personen, Menschen mit Behinderungen, nationale, ethnische und religiöse Minderheiten, Senioren, wirtschaftlich schlechter gestellte Menschenein Polen, in dem Organisationen illegal sind, die sich auf Faschismus und Nationalsozialismus berufen, und in dem Maßnahmen gegen die Militarisierung der Gesellschaft unternommen werdenein Polen in der Europäischen Union

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

Anm.: Die Anti-Gewalt-Konvention meint die »Istanbul-Konvention«, d. h. das »Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt«.

Quelle: Strajk kobiet [Frauenstreik]: Postulaty [Forderungen]. http://strajkkobiet.eu/ (abgerufen am 2.12.2020).

Zum Weiterlesen

Analyse

Die politisch-kulturelle Dimension der Frauenproteste in Polen

Von Renata Mieńkowska-Norkiene
In Polen ist eine neue gesellschaftliche Bewegung entstanden, die trotz Corona-Pandemie in Massen auf den Straßen der polnischen Städte protestiert. Wird sie etwas in der polnischen Politik verändern? Aufgrund der großen Unsicherheit infolge der Corona-Pandemie, aber auch des angedrohten Vetos der polnischen Regierung gegen das EU-Haushaltspaket ist es schwer, vorherzusagen, welche Ereignisse Chancen haben, in allernächster Zeit auf eine echte politische Veränderung in Polen hinzuwirken. Zweifellos wird aber eine wesentliche kulturelle Veränderung eintreten – die Abkehr der Polen, insbesondere der jungen Menschen, von der Religiosität und das zunehmende Bedürfnis, die Gleichheit der Geschlechter sowie auch der LGBT+-Personen zu garantieren. Diese kulturelle Veränderung treibt die gesellschaftliche Bewegung an, die vom Netzwerk »Landesweiter Frauenstreik« (Ogólnopolski Strajk Kobiet) organisiert wird. (…)
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