Von Reinhold Vetter
Zusammenfassung
Offenbar geht die Schonzeit für die neue polnische Regierung zu Ende. Der Rücktritt des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Stanisław Gomułka vom Posten des stellvertretenden Finanzministers symbolisiert eine wachsende Kritik von Experten an der zögerlichen Reformbereitschaft der Regierung. Anders als in der Außenpolitik, wo Regierungschef Donald Tusk und seine Minister mutig neue Wege gehen, ist die bisherige Bilanz des Kabinetts auf dem Gebiet der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik eher bescheiden. Zwar kommen nach und nach Gesetzentwürfe und Projekte auf den Tisch, doch fehlt beispielsweise ein überzeugendes Konzept für eine nachhaltige Sanierung der öffentlichen Finanzen. Naturgemäß sind Reformen gerade in diesen sensiblen Bereichen schwierig. In diesem Zusammenhang bestätigt sich der Eindruck, dass die Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) im Herbst letzten Jahres kaum auf die Übernahme der Regierungsverantwortung vorbereitet war. Offenbar werden komplizierte Reformen auch deshalb nicht angepackt, weil Tusk mit Blick auf die Präsidentenwahl 2010 seine Popularität nicht gefährden will. Das ist bedauerlich, schaffen doch die exzellente wirtschaftliche Situation Polens und der große politische Rückhalt für die Regierung in der Bevölkerung gute Ausgangsbedingungen für innovative Arbeit.