Zögerlich reformbereit. Die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk

Von Reinhold Vetter

Zusammenfassung
Offenbar geht die Schonzeit für die neue polnische Regierung zu Ende. Der Rücktritt des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Stanisław Gomułka vom Posten des stellvertretenden Finanzministers symbolisiert eine wachsende Kritik von Experten an der zögerlichen Reformbereitschaft der Regierung. Anders als in der Außenpolitik, wo Regierungschef Donald Tusk und seine Minister mutig neue Wege gehen, ist die bisherige Bilanz des Kabinetts auf dem Gebiet der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik eher bescheiden. Zwar kommen nach und nach Gesetzentwürfe und Projekte auf den Tisch, doch fehlt beispielsweise ein überzeugendes Konzept für eine nachhaltige Sanierung der öffentlichen Finanzen. Naturgemäß sind Reformen gerade in diesen sensiblen Bereichen schwierig. In diesem Zusammenhang bestätigt sich der Eindruck, dass die Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) im Herbst letzten Jahres kaum auf die Übernahme der Regierungsverantwortung vorbereitet war. Offenbar werden komplizierte Reformen auch deshalb nicht angepackt, weil Tusk mit Blick auf die Präsidentenwahl 2010 seine Popularität nicht gefährden will. Das ist bedauerlich, schaffen doch die exzellente wirtschaftliche Situation Polens und der große politische Rückhalt für die Regierung in der Bevölkerung gute Ausgangsbedingungen für innovative Arbeit.

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Analyse

Halbzeitbilanz der Regierung Tusk

Von Reinhold Vetter
Zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt im November 2007 sitzt die Regierungskoalition aus Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) und Polnischer Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL) relativ fest im Sattel. Vorerst deutet nichts darauf hin, dass die Opposition in Gestalt von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) und der Demokratischen Linksallianz (Sojusz Lewicy Demokratycznej – SLD) bei der Parlamentswahl im Jahr 2011 in der Lage sein könnte, die Machtverhältnisse umzukehren. Auch ein Sieg von Ministerpräsident Donald Tusk bei der Präsidentenwahl 2010, sollte er tatsächlich antreten, scheint möglich. Alle bisherigen Meinungsumfragen sprechen dafür, dass die Wähler keinen Machtwechsel wollen – und dies, obwohl Tusk und die PO bei weitem nicht alle Versprechen erfüllt haben, die sie im Wahlkampf 2007 gegeben hatten. Mehr noch: von dem bürgerlich-demokratischen Aufbruch, der sich mit der Wahl 2007 andeutete, ist kaum noch etwas zu spüren. (…)
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Analyse

Die polnische Verfassungsdebatte. Eine nützliche Übung

Von Fryderyk Zoll
Die in Polen geltende Verfassung vom 2. April 1997 stärkte die Rolle des Ministerpräsidenten mit der Absicht, die Kompetenzen des Staatspräsidenten im Vergleich zu der vorher gültigen sog. Kleinen Verfassung (vom 17. Oktober 1992) zu reduzieren. Damit sollte das Verhältnis zwischen beiden Ämtern stärker ausbalanciert werden. (…)
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