Präsident Karol Nawrocki über die Beziehungen zu Deutschland

Interview mit Präsident Karol Nawrocki im TV Republika

8. August 2025

[…]

Die Außenpolitik. Kurz und gut, ich beginne mit unserem westlichen Nachbarn. In der deutschen Presse sind Sie nicht gerade beliebt.

Damit komme ich klar.

Verstehe. Aber der deutsche Kanzler muss auch irgendwie mit dem Wahlergebnis der Präsidentschaftswahlen zurechtkommen. Ich möchte aber fragen, ob Sie gute Beziehungen zu Deutschland haben wollen. Schließlich ist das unser westlicher Nachbar.

Natürlich. Ich behandele unsere westlichen Nachbarn und den Kanzler Deutschlands als Partner sowohl in der Europäischen Union als auch im Nordatlantikbündnis. Wir haben eine gemeinsame Grenze und es gibt viele Dinge, über die wir reden sollten. Ich habe Erfahrungen in der Geschichtsdiplomatie. Über sehr schwierige, schwere Angelegenheiten habe ich mit Vertretern deutscher, ukrainischer, japanischer Institutionen und vielen anderen gesprochen. Natürlich müssen die Regeln der Diplomatie, Nachbarschaft, Partnerschaft, der Umsetzung gemeinsamer Aufgaben auf entsprechende Art und Weise realisiert werden.

Allerdings erlaube ich – ob es nun die deutsche Presse oder der deutsche Kanzler sei – nicht, Polen und die Polen als Juniorpartner zu behandeln. Es ist sicherlich höchste Zeit, dass Deutschland anfängt, Polen als Partner zu behandeln. Der Präsident Polens ist nicht dazu bereit, in Richtung Westen im Allgemeinen oder in Richtung unserer westlichen Grenze so zu schauen, als seien das unsere Mentoren oder Lehrmeister.

Wir haben unsere konkreten Erwartungen an die deutsche Seite, dazu gehören Reparationszahlungen an Polen, auf die die Polen warten, dazu gehört die Frage [der Migration an, Anm.d.Übers.] unserer westlichen Grenze. Wir fühlen uns als Partner und nicht als verlängerte Werkbank für den deutschen Staat. Und in dieser Gefühlslage, so meine Überzeugung, werde ich bereit sein, mich mit dem deutschen Kanzler als Präsident Polens und der Polen zu verständigen, eines unabhängigen, souveränen und stolzen polnischen Staates.

[…]

Übersetzung aus dem Polnischen: Silke Plate

Quelle: Prezydent.pl: https://www.prezydent.pl/aktualnosci/wypowiedzi-prezydenta-rp/wywiady/wywiad-prezydenta-rp-dla-tv-republika-calosc,104914 (abgerufen am 26.08.2025).

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Analyse

Die innenpolitische Situation in Polen nach den Präsidentschaftswahlen 2025

Von Janusz A. Majcherek
Die Regierung von Donald Tusk hat Ende 2023 versprochen, die zahlreichen Reformen des nationalkonservativen Lagers zurückzunehmen und die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit zu betreiben. Dies war angesichts des Vetorechts des konservativen Staatspräsidenten Andrzej Duda nur teilweise möglich. Alle Hoffnungen der Mitte-links-Koalition konzentrierten sich somit auf die im Mai/Juni 2025 stattfindenden Präsidentschaftswahlen, von denen ein wichtiges Signal nach innen und nach außen gesendet werden sollte. Das Wahlergebnis war ein solches Signal, allerdings ein überraschendes, das den Hoffnungen der seit 2023 regierenden Mitte-links-Koalition zuwiderläuft.
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