Die Konföderation – Sammelbecken rechter Nationalisten oder demokratische Alternative?

Von Stefan Garsztecki (Technische Universität Chemnitz)

Zusammenfassung
Die Konföderation Freiheit und Unabhängigkeit (Konfederacja Wolność i Niepodległość) ist seit 2019 im polnischen Parlament vertreten und verzeichnet in den letzten Jahren wachsenden Zuspruch sowohl an der Wahlurne als auch in Umfragen. Dabei kann sie sich auf Vorfeldorganisationen stützen, die sehr viel radikaler auftreten als die mittlerweile um ein gemäßigtes Image bemühte Konföderation. Gleichwohl ist ihr Programm in seinen innen- wie außenpolitischen Positionen zwar nicht per se undemokratisch, würde aber bei einer Umsetzung einen fast schon revolutionären Wandel für Polen bedeuten und die Gefahr von rechts für die polnische Demokratie deutlich vergrößern. Die Konföderation stellt auf der rechten Seite der politischen Landschaft vor allem eine Konkurrenz für die Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) dar, die es allerdings versäumt, sich klar von ihr abzugrenzen. Stattdessen werden, trotz deutlicher programmatischer Unterschiede, ähnliche Themen wie zum Beispiel Patriotismus oder die Sicherung der Grenzen herausgestellt, was die Unterschiede eher verwischt. So bleibt die Konföderation aktuell eine Herausforderung für die polnische Demokratie, da sie die Polarisierung der Gesellschaft vorantreibt, aber eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Konföderation kaum stattfindet.

Bedrohung von rechts

Seit 15 Jahren demonstriert die polnische Nationalbewegung (Ruch Narodowy – RN) am 11. November, dem Nationalfeiertag zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens nach dem Ersten Weltkrieg, ihre Kraft. Zehntausende Anhänger der Nationalbewegung, aber auch ganz gewöhnliche patriotisch gesinnte Polen marschieren dann durch die Straßen Warschaus, wobei der Aufmarsch regelmäßig am Dmowski-Rondo im Zentrum der Hauptstadt startet. Roman Dmowski, der Leiter der polnischen Delegation in Versailles nach dem Ersten Weltkrieg und einer der Väter der polnischen Unabhängigkeit ist aber nicht nur eine positiv besetzte historische Person. Präsident Andrzej Duda, der im August 2025 von Karol Nawrocki als polnischer Präsident abgelöst worden ist, – beide übrigens von der Partei Recht und Gerechtigkeit für dieses Amt nominiert – hatte im Jahr 2018, als die Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens ein Jahr lang feierlich begangen wurde, Dmowski als einen der Väter der Nation bezeichnet, neben dem Staatsgründer Józef Piłsudski, dem Bauernführer Wincenty Witos, dem schlesischen Politiker Wojciech Korfanty, dem kurzzeitigen ersten polnischen Ministerpräsidenten Polens im Jahr 1918 Ignacy Daszyński und dem Ko-Leiter der polnischen Delegation in Versailles, dem Pianisten und Komponisten Ignacy Jan Paderewski, gleichfalls für fast ein Jahr 1919 Ministerpräsident Polens. Aber Dmowski ist eben auch eine umstrittene Figur, da er im Jahr 1897 einer der Mitbegründer der Nationaldemokratie (Narodowa Demokracja – auch Endecja genannt nach den Anfangsbuchstaben) war und auch antisemitische und nationalistische Ansichten vertrat.

Nach 1945 waren nationale und erst recht nationalistische Parteien und Gruppierungen in der Volksrepublik Polen offiziell verboten, aber nach 1989 kam es, wie in anderen postsozialistischen Staaten auch, zur Gründung von nationalen und nationalistischen Parteien und Bewegungen, wobei oft an Traditionen der Zwischenkriegszeit angeknüpft wurde. Am 2. Dezember 1989 wurde die Allpolnische Jugend (Młodzież Wszechpolska) wieder begründet, eine Jugendorganisation, die sich in der Tradition der Nationaldemokratie sieht, an Roman Dmowski anknüpft und den Unabhängigkeitsmarsch am 11. November mit organisiert. Der Name verbindet sich mit einer Vorläuferorganisation, die im Jahr 1922 als Studentenverband unter diesem Namen gegründet wurde. Die Wiederbelebung im Jahr 1989 geht auf Roman Giertych zurück, der im Jahr 2001 auch die nationalistische und katholische Partei Liga polnischer Familien (Liga Polskich Rodzin – LPR) gründete, mit ihr von 2001 bis 2007 im polnischen Sejm vertreten war und von Mai 2006 bis August 2007 Teil einer von der PiS angeführten Regierung gemeinsam mit der linkspopulistischen Bauernpartei Selbstverteidigung (Samoobrona) war. Inzwischen ist Giertych zur derzeit regierenden konservativ-liberalen Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) abgewandert, für die er 2023 ein Listenmandat im Sejm gewinnen konnte. Seit Mitte 2025 gehört er der Partei auch an.

Im Jahr 1993 erfolgte die Neugründung des Nationalradikalen Lager (Obóz Narodowo-Radykalny – ONR), das unter dem gleichen Namen im Jahr 1934 als faschistische Organisation für einige Monate existierte, bevor sie von der Regierung verboten wurde. Auch die heutige Organisation ONR ist nationalistisch und in Teilen antisemitisch. Sie ist als Verein und nicht als Partei organisiert und unterhält in ganz Polen Ableger, sogenannte Brigaden. Langjähriger Vorsitzender war Robert Bąkiewicz, der von 2017 bis 2023 auch dem Verein Unabhängigkeitsmarsch (Stowarzyszenie Marsz Niepodległości) vorstand und der im März 2025 die Bewegung zur Verteidigung der Grenzen (Ruch Obrony Granic) gründete und mit privaten Grenzpatrouillen die Abschiebung von Ausländern aus Deutschland nach Polen verhindern wollte. Wegen Beleidigung von Personen des Grenzschutzes wurde ihm auferlegt, sich der Grenze nicht mehr als einen Kilometer zu nähern. Für einen Angriff auf eine weibliche Aktivistin im Jahr 2020 während einer Demonstration gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts wurde er zu Sozialstunden verurteilt, aber der damalige Präsident Andrzej Duda begnadigte ihn im Jahr 2023. Ebenfalls im Jahr 2023 bemühte sich Bąkiewicz über einen Platz auf der PiS-Liste in Radom erfolglos um ein Sejm-Mandat. Im März 2024 rief er eine neue Partei mit dem Namen Unabhängigkeit (Niepodległość) ins Leben, von der bis heute aber nichts zu vernehmen ist. Die ONR war ursprünglich einer der Mitinitiatoren des Unabhängigkeitsmarsches und ihre Mitglieder sind bis heute beim Marsch präsent, wenn dieser auch seit 2011 vom Verein Unabhängigkeitsmarsch organisiert wird. Sie treten dabei in jüngster Zeit als sogenannte nationalistische Kolonne auf.

Schließlich muss auch die eingangs genannte Nationalbewegung selbst als Milieu und Vorfeld nationalistischer Parteien angeführt werden. Hinter der Bezeichnung Nationalbewegung verbirgt sich ein breites Spektrum nationalistischer Gruppierungen, das sich oft verändert und umgruppiert hat. Gemeinsamer Nenner ist die Berufung auf Roman Dmowski und ein nationalistisches, anti-europäisches bzw. anti-EU Programm, das häufig mit einer sehr konservativen Spielart des Katholizismus einhergeht. Nach dem Unabhängigkeitsmarsch im Jahr 2012 gründeten einige Dutzend nationalistischer Organisationen die Nationalbewegung als engeren Zusammenschluss, aus dem im Jahr 2014 eine gleichnamige Partei hervorging. Die größten Organisationen, welche die Nationalbewegung trugen, waren die Allpolnische Jugend, die ONR und der Verband der ehemaligen Soldaten der Nationalen Streitkräfte (Narodowe Siły Zbrojne), die 1942 im polnischen Untergrund als militärischer Arm der Nationaldemokratie entstanden waren. Der Verband wurde 1990 ins Leben gerufen und soll die Erinnerung an diese Untergrundformation wachhalten. Die ONR verließ allerdings bereits im Jahr 2015 die Nationalbewegung. Da ein selbständiger Start in Parlamentswahlen für die Nationalbewegung zu diesem Zeitpunkt noch wenig erfolgversprechend erschien, schloss sie sich für die Parlamentswahlen 2015 mit der Bewegung Kukiz’15 zusammen, die von dem Rockmusiker Paweł Kukiz ins Leben gerufen wurde. Dieser wollte ein klares Mehrheitswahlrecht in Polen einführen und verstand sich als ideologisch nicht gebunden. Gleichwohl kam es zu einer Verständigung von Kukiz’15 mit der Nationalbewegung und von den insgesamt 42 Mandaten, die Kukiz’15 erzielen konnte, entfielen fünf Mandate auf diese. Die Partei Kukiz’15 hat mittlerweile kaum noch Bedeutung und Kukiz selber gelangte bei den Parlamentswahlen 2023 über die Liste der PiS gemeinsam mit zwei Parteimitgliedern in den Sejm.

Im Dezember 2018 beschloss die Nationalbewegung dann eine gemeinsame Liste mit KORWiN für die Wahlen zum Europaparlament im Mai 2019, die aber kein Mandat erringen konnte. Hinter KORWiN verbergen sich die 2015 entstandene Partei Neue Hoffnung (Nowa Nadzieja – NN) um den Vorsitzenden Sławomir Mentzen und Vertreter der Partei Kongress der Neuen Rechten (Kongres Nowej Prawicy), die ihrerseits im Jahr 2010 aus Vorgängerparteien hervorging und deren Entstehung maßgeblich von Janusz Korwin-Mikke betrieben wurde. Korwin-Mikke ist seit Anfang der 1990er Jahre in der polnischen Politik mit zahlreichen kleineren Parteien vertreten, er war viermal Kandidat bei Präsidentschaftswahlen und wurde zweimal in den Sejm und einmal ins Europäische Parlament gewählt. Er lehnt die Demokratie ebenso ab wie den Feminismus oder die Europäische Union und fällt oft mit bizarren politischen und libertären Positionen auf, aber seine politische Karriere dürfte sich mit 83 Jahren allmählich dem Ende zuneigen. Seit Herbst 2019 gehörte auch die im Sommer 2019 gegründete Partei Konföderation der Polnischen Krone (Konfederacja Korony Polskiej – KKP) um den Monarchisten, Rechtsextremisten und Antisemiten Grzegorz Braun dem Wahlbündnis an. Allerdings wurde Braun, der seit 2024 für die Konföderation im Europäischen Parlament sitzt, im Januar 2025 von der Konföderation ausgeschlossen, so dass die Partei mit Krzysztof Bosak und Sławomir Mentzen jetzt nur noch zwei Vorsitzende hat. Der Zusammenschluss von KORWiN und Nationalbewegung wurde im Juli 2019 dann als Partei unter dem Namen Konföderation Freiheit und Unabhängigkeit (Konföderation Wolność i Niepodległość, im Weiteren kurz Konföderation) registriert, deren beide Vorsitzende gegenwärtig Sławomir Mentzen von der Partei Neue Hoffnung und Krzysztof Bosak von der Nationalbewegung sind. Die Ausgangsparteien bleiben trotz des Zusammenschlusses damit bestehen.

Aus dieser knappen Skizze wird deutlich, dass sich das rechtsextreme und rechtspopulistische Lager in Polen erstens auf Vorgängerorganisationen aus der Zwischenkriegszeit zurückführen lässt, dass es zweitens eine Vielzahl von Vorfeldorganisationen und Zusammenschlüsse gibt, dass drittens das Erbe von Roman Dmowski ein verbindendes Element ist und dass viertens über das Stichwort Patriotismus die Grenzen zu anderen konservativen Parteien wie zum Beispiel der PiS fließend sind. Damit geht ein nationalistisches, bisweilen antisemitisches, Anti-EU-Programm einher, das strikt gegen die liberale Demokratie und ihr zugeschriebene Entwicklungen wie Werteverfall, Feminismus oder Abtreibung gerichtet ist. Der Zusammenschluss zur Konföderation und Versuche, sich gemäßigter zu präsentieren, haben in den letzten Jahren zu einem beträchtlichen Wahlerfolg geführt, wobei noch zu diskutieren ist, ob die Mäßigung im Auftreten auch mit einer programmatischen Mäßigung einhergeht und wie das Verhältnis zu noch deutlich radikaleren Vorfeldorganisationen ist.

Die Konföderation in Wahlen

Nachdem die gerade neu entstandene Konföderation bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 mit 4,55 Prozent der Stimmen noch unter der 5-Prozent-Hürde geblieben war, gelang ihr bei den polnischen Parlamentswahlen im Herbst 2019 mit 6,8 Prozent der Durchbruch. Ungeachtet parteiinterner Querelen gingen die Erfolge an der Wahlurne und in Umfragen weiter. Bei den Parlamentswahlen im Herbst 2023 konnte sich die Konföderation leicht auf 7,2 Prozent der Stimmen verbessern, was für sie sicherlich eine Enttäuschung war, erzielte sie doch in Umfragen vor den Wahlen zeitweilig zweistellige Ergebnisse. Allerdings verzeichnete sie ähnlich wie die Linke (8,6 Prozent) und das konservativ-liberale Parteienbündnis Dritter Weg (Trzecia Droga; 14,4 Prozent) bei jungen Wählern zwischen 18 und 29 Jahren mit 16,9 Prozent einen überdurchschnittlichen Erfolg. Linke und Dritter Weg lagen bei dieser Altersgruppe mit 17,5 Prozent ebenfalls über ihrem Gesamtergebnis. Die Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – KO), ein Zusammenschluss der PO mit kleineren Parteien, lag im Vergleich bei den jungen Wählern mit 28,9 Prozent nur knapp unter dem Gesamtergebnis von 30,2 Prozent. Der eigentliche Verlierer in dieser Altersgruppe war die PiS mit einem Ergebnis von 14,7 Prozent, weniger als die Hälfte ihres Gesamtergebnisses von 35,4 Prozent. Die Konföderation gewinnt bei den jungen Wählern deutlich auf Kosten der PiS.

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2024 konnte die Konföderation erneut ihren Stimmenanteil steigern und kam auf 12,1 Prozent. Sie war damit drittstärkste Partei. Bei den jungen Wählern zwischen 18 und 29 Jahren gewann sie sogar die Wahl in Polen und erzielte nach den Exitpolls gar 30,1 Prozent der Stimmen.

Schließlich ist die Konföderation auch bei den Präsidentschaftswahlen gerade bei jungen Wählern zu einer Alternative geworden. Im Jahr 2020 landete der Kandidat der Konföderation, Krzysztof Bosak, mit 6,8 Prozent der Stimmen noch auf dem vierten Platz, aber im Jahr 2025 konnte Sławomir Mentzen als Kandidat der Konföderation mit 14,8 Prozent bereits ein deutlich besseres Ergebnis erzielen und besetzte den dritten Platz, was allerdings nicht für die Stichwahl reichte. Bei den Wählern zwischen 18 und 29 Jahren gewann Mentzen jedoch deutlich mit 34,8 Prozent vor dem Kandidaten der Partei Die Linke Gemeinsam (Lewica Razem) Adrian Zandberg mit 18,7 Prozent, der bezogen auf alle Wähler nur 4,9 Prozent der Stimmen erhielt. Die Jugend wählt also deutlich die politischen Ränder.

Auch die jüngsten Umfragen vom Herbst 2025 bestätigen diesen Trend. Danach hält sich die Konföderation bei unterschiedlichen Umfrageinstituten bei etwa plus/minus 15 Prozent und wäre drittstärkste Partei mit einem etwa doppelt so guten Ergebnis wie bei den Parlamentswahlen im Herbst 2023. Auch wenn die KO in Umfragen bei ca. 30 Prozent liegt, in etwa ihr Ergebnis der letzten Wahlen, würde es für sie dennoch nicht für eine neue Regierung reichen, da ihr jetziger Koalitionspartner Dritter Weg bzw. die darin zusammengeschlossenen Parteien an der 5-Prozent-Hürde scheitern würden. Gegenwärtig wäre damit ein Bündnis von PiS und Konföderation möglich. Die Frage ist allerdings, ob sich die beiden Parteien auch programmatisch finden würden.

Programm und Ausrichtung der Konföderation

Bei der Analyse des Programms der Konföderation muss erstens zwischen ihren Vorfeldorganisationen wie dem Verein Unabhängigkeitsmarsch, der Allpolnischen Jugend oder dem National-Radikalen Lager und der Partei selbst unterschieden werden. In deren programmatischen Erklärungen lassen sich viele Anknüpfungspunkte für extremistische, nationalistische, homophobe oder Anti-EU-Aussagen finden. Ein integraler Nationalismus und ein fast schon fundamentalistischer Katholizismus sind hier weit verbreitet. Zweitens sind programmatische Aussagen über die Jahre etwas milder und damit für viele Polen wählbarer geworden. Beispielsweise wirbt die Nationalbewegung als Teil der Konföderation im Jahr 2019 noch offen für den Polexit, den Austritt aus der EU, während im Programm der Konföderation aus dem Jahr 2023 davon nicht mehr die Rede ist.

Bei einer kurzen Analyse programmatischer Aussagen der Partei Konföderation muss zudem unterstrichen werden, dass es sich lediglich um einen Parteienzusammenschluss handelt. Es gibt zwar gemeinsame Dokumente, aber die Parteien bestehen weiter fort und mit der Konföderation der Polnischen Krone hat nach dem Ausschluss von deren Vorsitzendem Grzegorz Braun eine Partei im Januar das Parteienbündnis gar wieder verlassen. Die Konföderation ist also ein fragiles Gebilde. Weiterhin ist offensichtlich, dass die Partei Neue Hoffnung von Sławomir Mentzen programmatisch schwach aufgestellt ist und fast nur von den Aussagen der prominenten Parteimitglieder, hier vor allem Mentzen, lebt, während ein eigentliches Programm nicht existiert. Die Nationalbewegung bietet hingegen auf ihren Internetseiten umfangreiche Programme und Texte und auch das Wahlprogramm der Konföderation ist hier verlinkt. Die Vorfeldorganisationen sind enger mit der Nationalbewegung als mit der Konföderation verbunden und hier gibt es viele, zum Teil extreme Aktionen und Aussagen.

Der Ko-Vorsitzende der Konföderation Sławomir Mentzen ist als Ökonom, Unternehmer und Steuerberater eher für wirtschaftliche Fragen ausgewiesen, zumal er ja auch jahrelang mit dem libertären Janusz Korwin-Mikke verbunden war. Aber auch Mentzen ist für seine starken gesellschaftspolitischen Aussagen bekannt. So sagte er während des Wahlkampfes zum Europäischen Parlament am 19. März 2019 in Krakau: »Wir wollen keine Juden, Homosexuellen, Abtreibung, Steuern und keine Europäische Union«. Davon hat er sich später distanziert und bekundet, dass dies nie seine Ansichten gewesen seien. Gleichwohl ist die Konföderation klar gegen Abtreibung, Scheidungen und auch gegen die Europäische Union. Krzysztof Bosak vertritt gesellschaftlich gleichfalls konservative Positionen, d. h. er ist gegen Abtreibung (Ausnahme Gefährdung des Lebens der Frau), gleichgeschlechtliche Ehen und gegen Masseneinwanderung nach Polen.

Das Wahlprogramm der Konföderation von 2023 (siehe Rubrik »Dokumentation«) fordert auf dem Feld der Außenpolitik zwar nicht mehr den Austritt aus der EU, wirft aber der EU eine nicht vertragskonforme Ausdehnung ihrer Kompetenzen vor. Zudem implementiere die EU eine Ideologie des »Klimatismus« (Ideologia klimatyzmu), die zur Verarmung der Bürger beitrage. Der menschengemachte Klimawandel wird nicht direkt geleugnet, aber Klimaschutzmaßnahmen, die hier nicht einzeln aufgeführt werden, sind durch den Ideologievorwurf diskreditiert. Die EU wird im Weiteren als Moloch bezeichnet, d. h. es taucht eine für Populisten typische Gegenüberstellung des Volkes gegen die abgehobenen Eliten, in diesem Fall die EU, auf. Für diese negativ umrissene Politik sind nach Einschätzung der Konföderation die alten Parteien, also PO und PiS, gleichermaßen verantwortlich. Typisch für rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien ist auch die hier verkündete Ansicht, dass vor allem das polnische Nationalinteresse vertreten werden solle. Das ist natürlich nicht undemokratisch, aber es passt in einen Politikansatz, wonach nicht von einer Win-win-Situation im Kontext der EU ausgegangen wird, sondern von Politik als Nullsummenspiel.

Die Sicherung der Grenzen und damit einhergehende eine Stärkung des eigenen militärischen Potentials Polens wird ebenfalls im Programm besprochen. Es gelte, die polnische Armee zu stärken und eine positive Haltung zur Verteidigung zu fördern. Dafür sei eine Kultur des Waffenbesitzes erforderlich. Bürgern sollte der Waffenbesitz erleichtert, ein entsprechendes Training angeboten, und das Netz von Schießplätzen ausgebaut werden.

Auf dem Feld der Bildungs- und der Gesundheitspolitik möchte die Konföderation mehr Möglichkeiten für den Bürger und über Marktmechanismen mehr Wettbewerb zwischen Schulen bzw. Gesundheitseinrichtungen erreichen. Der Staat soll hier deutlich zurückgefahren werden. Gleiches gilt für die Steuerpolitik, wo sich die Konföderation für ein einfacheres Steuersystem und insgesamt niedrigere Steuern ausspricht.

Aufschlussreich sind darüber hinaus Dokumente, die etwas über den ideologischen Hintergrund der Konföderation und die Genese der Parteipositionen aussagen.

Da ist zum einen die Konföderation von Gietrzwałd (siehe Rubrik »Dokumentation«). Gietrzwałd (dt. Dietrichswalde) ist ein Dorf in der Woiwodschaft Ermland-Masuren und zugleich ein bekannter Wallfahrtsort, seit zwei junge Mädchen im Jahr 1877 von Marienerscheinungen an diesem Ort berichteten. Diesen Ort haben Vertreter der Konföderation ausgewählt, um die sogenannte Gietrzwałder Konföderation zu schließen. Dabei handelt es sich um ein Dokument, das sich klar zu katholischen Werten bekennt und in dem sich die Unterzeichner in ihrem privaten wie öffentlichen Leben der Herrschaft Jesu Christi als König von Polen und der Fürsorge der Gottesmutter Maria unterstellen. Neben den religiösen Prinzipien, die hier herausgestellt werden, sind die Implikationen für die Politik offensichtlich. Das Ziel ist ein katholisches Polen, das völlig souverän ist und in gesellschaftlichen Fragen sehr konservative Positionen vertritt. Zu den Erstunterzeichnern gehören unter anderem Sławomir Mentzen (NN), Krzysztof Bosak (RN) und Grzegorz Braun (KKP), der im Jahr 2018 ein Buch über Gietrzwałd, die Marienerscheinungen und deren Auswirkungen auf die Geopolitik geschrieben hat.

Zum anderen ist auch ein längerer Text der Nationalbewegung interessant, und zwar ein ideengeschichtliches Dokument mit dem Titel »Mit Tradition in die Zukunft« (Z tradycją w przyszłość) aus dem Jahr 2023. In dem umfangreichen Text (134 Seiten) geht es um den polnischen Nationalgedanken, seine Form und die sich ihm entgegenstellenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Unterschrieben ist das Vorwort vom damaligen Vorsitzenden der Allpolnischen Jugend, Marcin Kowalski. Bereits im ersten Abschnitt wendet sich der Text gegen die konstruktivistische Schule der Nationalismusforschung, die Intellektuellen eine große Rolle bei der Entstehung moderner Nationen zuschreibt – so zum Beispiel der amerikanische Politikwissenschaftler Benedict Anderson in seinem berühmten Buch »Die Erfindung der Nation«. Im Gegensatz zu dieser gegenwärtig dominanten Richtung in der Nationalismusforschung geht der Text von Nationen als natürlichen Gemeinschaften aus. Auch die Unterscheidung zwischen ethnischen und politischen Nationen (im Text »Bürgernation« – naród obywatelski) wird abgelehnt und stattdessen eine Einheit postuliert, die beide Elemente umfasst. Diese hier nur sehr kurz wiedergegebenen Analysen zur polnischen Nation haben umfangreiche Implikationen für die Politik, und zwar unter anderem im Bereich der Erziehung und Bildung, der Staatsbürgerschaft und der Verteidigung der nationalen Souveränität, um nur einige Politikfelder zu benennen. Die Nation ist Richtschnur und oberster Wert und damit wird auch der polnische historische Weg in den Vordergrund gestellt, ganz konkret die Verbindung mit dem Katholizismus. Dass damit viele Elemente der Geschichte Polens wie zum Beispiel religiöse Toleranz, die Anwesenheit unterschiedlicher Bekenntnisse und die Multiethnizität der alten Adelsrepublik vor den Teilungen des Staates Ende des 18. Jahrhunderts ebenso ausgeblendet werden wie wissenschaftliche Erkenntnisse, ist offensichtlich. Aber es handelt sich bei dem Text ja vor allen Dingen um ein ideengeschichtliches Bekenntnis. Interessant ist auch, dass die gleichen Väter der Unabhängigkeit angeführt werden, wie vom damaligen Staatspräsidenten Andrzej Duda im Jahr 2018, also Dmowski, Paderewski, Daszyński, Witos, Korfanty und Piłsudski. Auf dem Feld der Außenpolitik wird zwar die Mitgliedschaft in der NATO akzeptiert, aber Polen sollte Distanz sowohl zu China als auch zu den USA wahren und sich vor allem von seinem eigenen nationalen Interesse leiten lassen. Hinsichtlich der Mitgliedschaft in der EU gelte es, stärker die Vor- und Nachteile abzuwägen und die Polen auf einen eventuellen Austritt aus der EU in der Zukunft vorzubereiten. Entscheidungen der EU-Kommission und des Europäischen Gerichtshofes sollten, wenn sie schädlich für Polen seien, nicht umgesetzt werden. Schließlich wird auch der Prometheismus in der polnischen Ostpolitik abgelehnt. Dies war eine Idee, die auf Józef Piłsudski in der Zwischenkriegszeit zurückgeht und die die Unabhängigkeitsbestrebungen auf dem Gebiet der Sowjetunion förderte. Zwar sei die Unabhängigkeit der Ukraine, von Belarus oder Litauen allgemein im polnischen nationalen Interesse, aber dies sollte stärker von spezifischen Interessen geleitet sein und beispielsweise Unterstützung für diese Staaten von der Situation der polnischen Minderheit in diesen Ländern abhängig machen.

Dieser Überblick über unterschiedliche Programme und Dokumente der Konföderation bzw. der Nationalbewegung verdeutlicht, dass die Partei im Bereich der Innen- wie der Außenpolitik deutlich andere Ansätze verfolgt, als die anderen im Parlament vertretenen Parteien:

Im Bereich der Innenpolitik wird eine Begrenzung der Rolle des Staates postuliert, mehr Marktmechanismen sollen zum Beispiel im Bereich der Bildungs- und der Gesundheitspolitik greifen. Zuwanderung ist danach deutlich zu begrenzen und sie wird vor allem als negative Massenimmigration skizziert. Im Bereich der Außenpolitik wird eine souveräne, interessengeleitete Politik gefordert, die den souveränen Nationalstaat voraussetzt und die Mitgliedschaft in der EU vor allem als Bedrohung wahrnimmt. Alle Allianzen müssen das eigene Nationalinteresse befördern. Grundlage jeglicher Politik ist die Nation, die Verbindung mit dem Katholizismus und die Vorstellung, dass Politik ein Nullsummenspiel ist.

Rechtspopulismus oder Rechtsextremismus: die Konföderation und die polnische Demokratie

Die Konföderation wird von politischen Gegnern vor allem als extremistische Partei beschrieben, aber naturgemäß erfolgt diese Charakterisierung eher von Seiten der politischen Linken und liberaler Parteien. Ohne Zweifel kann man die Konföderation als rechtspopulistische Partei bezeichnen. Die Ablehnung von Multikulturalismus, die Betonung der Nation und des nationalen Interesses sowie die Frontstellung gegen die alten Eliten der PO und der PiS beglaubigen diese Charakterisierung. Ob diese Partei aber auf der Grundlage ihrer nachlesbaren Äußerungen als rechtsextrem eingestuft werden kann, ist doch eher zweifelhaft. Weder werden demokratische politische Institutionen und Verfahren abgelehnt noch äußern sich Spitzenpolitiker offen rassistisch oder antidemokratisch. Dies gilt jedoch nicht für Grzegorz Braun, der sich offen antisemitisch bekennt, allerdings seit Januar 2025 nicht mehr der Konföderation angehört, und ebenso nicht für frühere Äußerungen von Sławomir Mentzen, die eine Diskriminierung von Juden und Homosexuellen postulierten, von denen er sich heute aber distanziert. Die Vorfeldorganisationen wie die Allpolnische Jugend oder die ONR sind allerdings deutlich kritischer zu beurteilen und ganz offensichtlich sind die Grenzen zur Konföderation fließend, wie aus der politischen Karriere ihrer Abgeordneten hervorgeht.

Dennoch muss festgehalten werden, dass die politischen Positionen der Konföderation erzkonservativ sind und politische Sprengkraft enthalten. Die Ablehnung von Abtreibung und Homosexualität ist offensichtlich, der katholische Glaube wird zur normativen Leitschnur und außenpolitisch würde eine Regierung unter Beteiligung der Konföderation eine Infragestellung der EU-Mitgliedschaft und traditioneller Bündnisse bedeuten. Dies ist per se nicht undemokratisch, würde aber fast schon revolutionäre Veränderungen verursachen und die gesellschaftlichen Spaltungen vertiefen, zumal auf dem Feld der Sozial- und Wirtschaftspolitik eher libertäre Positionen vertreten werden – im Unterschied zum programmatischen Ansatz der PiS.

Die PiS und die Konföderation – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Während bei den anderen im Parlament vertretenen Parteien die Abgrenzung von der Konföderation offensichtlich ist, muss das bei der PiS zumindest hinterfragt werden, da eine Koalition mit der Konföderation nach den nächsten Parlamentswahlen womöglich die Chance auf eine Regierungsbildung bieten würde. Allerdings sind die programmatischen Unterschiede gewaltig. Anders als die Konföderation hat die PiS ein stark akzentuiertes Sozialprogramm und hat wohl vor allem gestützt darauf im Jahr 2015 die Parlamentswahlen gewonnen. Nichts dergleichen weist die Konföderation auf. Sie setzt auf den Markt und Wettbewerb. Auch im Bereich der Außenpolitik sind die Unterschiede deutlich. Die PiS betont das enge Verhältnis zu den Vereinigten Staaten und auch zu Israel, während die Konföderation eine souveräne Außenpolitik mit Distanz zu den USA (und China) vertritt und Israel sehr kritisch sieht. Auch die Haltung zur EU ist im Falle der PiS, trotz aller berechtigter Kritik (Stichwort Artikel-7-Verfahren gegen Polen wegen der Verletzung der Rechtsstaatlichkeit, im Mai 2024 durch die Europäische Kommission eingestellt), sehr viel konstruktiver und sieht in bestimmten Bereichen wie der Verteidigungs- oder Migrationspolitik eine Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit vor, während die Konföderation trotz einer Abschwächung ihrer Position letztlich die EU verlassen möchte.

Die größte Schnittmenge zwischen der PiS und der Konföderation besteht sicherlich auf dem Feld des Patriotismus und der nationalen Erzählung, wobei die Ansätze der Konföderation deutlich akzentuierter und weniger mehrheitsfähig sind. Hier muss sich die PiS den Vorwurf gefallen lassen, sich nicht hinreichend von der Konföderation abzugrenzen. Eine kritischere Lesart der Traditionen der Endecja und von Roman Dmowski würde die Unterschiede herausarbeiten. Stattdessen wird unkritisch auch auf Traditionen der Nationaldemokratie verwiesen, wo dies doch eher die Domäne der Vorfeldorganisationen der Nationalbewegung und damit auch der Konföderation sind. Auch verschiedene Historiker, die mit PiS verbunden sind, wie zum Beispiel Jan Żaryn, aktuell für die PiS Senator, verteidigen regelmäßig das Erbe der Nationaldemokratie. Ungeachtet der Verdienste von Roman Dmowski für die Unabhängigkeit Polens nach 1918 darf seine antisemitische und nationalistische Haltung aber nicht ignoriert werden. Er gehört eher in die Traditionslinie der Nationalbewegung und sollte von der PiS nicht beansprucht werden.

Im Europäischen Parlament treten die Unterschiede deutlicher hervor. Abgeordnete der PiS sind Mitglieder in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer, während Vertreter der Konföderation (NN) unter anderem mit Abgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD) der Fraktion Europa der Souveränen Nationen angehören bzw. die Vertreter der Nationalbewegung der Fraktion Patrioten für Europa beigetreten sind. Grzegorz Braun ist hingegen fraktionslos.

Trotz der gesellschaftspolitisch eher polarisierenden Positionen der Konföderation, die bei ihren Vorfeldorganisationen auch extreme Haltungen annehmen können, ist die Wahrnehmung der Konföderation in der polnischen Gesellschaft doch eher unkritisch. Eine erwartbare Distanz gegenüber extremen gesellschaftlichen Positionen ist kaum anzutreffen und in neuesten Umfragen käme selbst Grzegorz Braun mit seiner Partei Konföderation der Polnischen Krone ins Parlament und die Konföderation wäre weiter gestärkt hinter der KO und der PiS.

Auf die Schwäche in den Umfragen reagiert die PiS aktuell mit einer Akzentuierung von Positionen wie der Betonung der nationalen Souveränität, Schutz der Grenze und Ablehnung von Migration, während doch eine Hervorhebung ihrer Sozialpolitik oder die Forderung nach einem solidarischen Europa sehr viel eher die Unterschiede zur Konföderation verdeutlichen könnte. Auch der neu gewählte polnische Präsident Karol Nawrocki streicht demonstrativ den polnischen Patriotismus heraus und seine gesellschaftspolitischen Positionen sind nahe an Haltungen der Konföderation.

Es scheint, als würde die Auseinandersetzung mit der Konföderation vor allem von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie der auch in Polen vertretenen Gruppe »Die letzte Generation« geführt werden müssen. Das wird allerdings nicht ausreichen, um den wachsenden Erfolg der Konföderation einzudämmen, da sie insbesondere bei Jugendlichen, die den über zwanzig Jahre alten Konflikt zwischen der PO und der PiS leid sind, populär ist – unter anderem auch aufgrund erfolgreicher Kampagnen in den sozialen Medien. Von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Konföderation wird aber sowohl die Stabilität der polnischen Demokratie als auch eine konstruktive Mitgliedschaft in der EU abhängen. Momentan deutet allerdings wenig auf ein Ende der wachsenden Popularität der Konföderation hin.

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