Das polnische Parteiensystem nach den Regional- und Kommunalwahlen im November 2006

Von Tadeusz Szawiel

Zusammenfassung
Nach den Sejmwahlen im September 2005 kam es nicht zu der erwarteten Koalition der beiden Mitte-Rechts-Parteien Bürgerplattform (PO) und Recht und Gerechtigkeit (PiS) , sondern zu einer Regierung von PiS mit der nationalistischen Liga polnischer Familien (LPR) und der populistischen Bauernpartei Selbstverteidigung (Samoobrona) . Die Regional- und Kommunalwahlen im November 2006 brachten keine wesentlichen Verschiebungen zwischen PO und PiS , der es gelang, die LPR zu marginalisieren. Die skandalgeplagte Selbstverteidigung verlor wieder einen Teil der ehemaligen Wählerschaft an die traditionelle Bauernpartei PSL , die aus den Novemberwahlen als der eigentliche Sieger hervorging. Die zweite Gruppierung, die wieder erstarkte, sind die in einem Wahlbündnis vereinigten Linksparteien. PiS strebt danach, mangels anderer Koalitionsoptionen die gegenwärtige Regierungskoalition aufrechtzuerhalten, während PO auf Neuwahlen hinwirkt, was zu einer Eskalation des Konflikts zwischen PO und PiS führen wird. Aus der Perspektive des Parteiensystems ist die Frage nach den Chancen und dem Tempo des Wiederaufstiegs der Linken wichtig. Zwei Phänomene werden die politische Bühne in Polen im Jahr 2007 bestimmen: das Andauern des für beide beteiligten Seiten zerstörerischen Konfliktes zwischen PO und PiS und die ständig aktuelle Perspektive vorgezogener Wahlen, falls – aus welchen Gründen auch immer – die Koalition von PiS mit Selbstverteidigung und LPR auseinander brechen sollte.

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Analyse

Polens Linke und alternative Milieus: Ansätze für ein Revirement der polnischen Sozialdemokraten?

Von Stefan Garsztecki
Polens Linke hatte es in den vergangenen Jahren schwer. Nach der Ablösung der von der Demokratischen Linksallianz (Sojusz Lewicy Demokratycznej – SLD), der Nachfolgepartei der polnischen Kommunisten, geführten Regierung von Marek Belka waren Polens Linke jahrelang fast in der Bedeutungslosigkeit versunken. Der an Korruptionsaffären und internen Streitigkeiten fast zerbrochenen Partei, von der sich ein Erneuerungsflügel um Marek Borowski im Jahr 2004 abspaltete und mit Mitgliedern der Arbeitsunion (Unia Pracy – UP) die Polnische Sozialdemokratie (Socjaldemokracja Polska – SdPl) gründete, ohne bei Wahlen nennenswerte Erfolge erzielen zu können, gelang es erst im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen im Juni 2010 mit ihrem Kandidaten und Parteivorsitzenden Grzegorz Napieralski, der überraschend 13,7 % der Stimmen erzielte, wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Allerdings schien dieser Wahlerfolg eher durch die Wahlentscheidung solcher Menschen verursacht worden zu sein, die sich vom verbreiteten Pathos und den religiösen Gefühlen in Teilen der Bevölkerung nach der Flugzeugkatastrophe von Smolensk nicht mehr repräsentiert sahen. Das klare Bekenntnis von Napieralski zum säkularen Staat schien hier genau zu passen. (…)
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Analyse

Die Bürgerplattform (PO) vor den Parlamentswahlen

Von Janusz A. Majcherek
Die Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) entstand vor zehn Jahren aus einem gesellschaftlichen Aufruhr gegen die erstarrte politische Elite der III. Republik. Mittlerweile ist sie selbst eine Machtpartei – tief in die staatlichen Strukturen eingewachsen und gezwungen, der Rebellion gegen das System Widerstand zu bieten, die von der größten oppositionellen Kraft entfacht wurde. Trotzdem oder dank dessen hat sie die Chance, die erste polnische politische Gruppierung nach 1989 zu werden, die bei den Parlamentswahlen wiedergewählt werden und die Regierungsverantwortung für eine zweite Amtszeit übernehmen könnte. Dieser Erfolg ist jedoch noch nicht sicher, denn es zeichnen sich einige Gefahren ab, die für die PO ernsthafte Herausforderungen darstellen. (…)
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