Von Alexander Tschepurenko
Zusammenfassung
Die Ergebnisse der Dumawahlen haben einen Teil der intellektuellen „Eliten“ in Russland und viele Experten im Ausland überrascht. Indes erlaubt eine Einbeziehung der tiefgreifenden Veränderungen der Sozialstruktur, der Werte und Einstellungen der Bevölkerung zum einen eine nüchterne Bewertung des Wahlergebnisses und zum anderen zumindest eine mittelfristige Prognose künftiger Entwicklungen. Eine solche umfassendere Analyse lässt vor allem erkennen, dass sich die soziale Basis der Reformen in Russland wenigstens zwei Mal geändert hat. Die derzeitige politische Führung sieht ihre soziale Basis in erster Linie in der staatlichen Bürokratie, die mittlerweile einen großen Teil der Mittelschicht stellt. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die klassischen liberalen Werte immer weniger Anhänger finden. Der Anteil derjenigen, die für eine verstärkte Rolle des Staates in der Wirtschaft, für eine im Wesentlichen paternalistische Sozialpolitik und für eine äußerst instrumentale Interpretation der Demokratie (Demokratie als Mittel und nicht als Ziel der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung) eintreten, nimmt wieder zu.