Von Thomas Bremer
Zusammenfassung
Die enge Beziehung zwischen Kirche und Staat hat in Russland Tradition. Nach dem Ende der Sowjetunion sah sich die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) in vieler Hinsicht in einer völlig neuen Situation. Nach einer Phase der Unterdrückung bzw. der Duldung in sehr engen Grenzen konnte sie nun in großer und für sie ungewohnter Freiheit agieren. Zugleich hatte sie in der russischen Gesellschaft, die sich neu formierte, einen Platz zu finden. Damit tat sich die ROK nicht leicht. Heute sieht sich heute die Kirche als Vertreterin der Interessen des Volkes, wobei das keinen Gegensatz zur Regierung bedeutet. Die ROK sieht diese Interessen sowohl beim bisherigen Präsidenten Putin als auch bei seinem Nachfolger Medwedjew gut aufgehoben. Der Staat selber hingegen sieht die Kirche als Garantin für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Die Mehrheit der Bevölkerung vertraut der Kirche und sieht in ihr eine Institution, die Werte vermitteln und den inneren Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken kann. Die Frage, ob man mit solchen Positionen Antworten auf die Herausforderungen einer globalisierten Welt finden wird, werden sich in Russland sowohl der Staat als auch die Kirche stellen müssen.