Russlands Polizei – Reform oder neues Geschäftsmodell

Von Leonid Kosals (Moskau)

Zusammenfassung
Die russische Polizei genießt bei der Bevölkerung nur ein geringes Vertrauen. Zu den größten Problemen der Polizei zählen Militarisierung, Intransparenz und die Verfolgung von privaten Wirtschaftsinteressen, oft in Verbindung mit Korruption. Die bisherigen Polizeireformen zielten alle nicht auf eine Verbesserung der Sicherheit für die einfache Bevölkerung. Stattdessen versucht die politische Führung, die eigene Kontrolle über die Polizei zu stärken. Ernsthafte Reformen würden jedoch die Auseinandersetzung mit den tiefer liegenden Problemen verlangen.

Unzufriedenheit mit der Polizei

Das Vertrauen der russischen Bevölkerung in die Polizei liegt deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Beim European Social Survey 2008, der 28 Länder erfasste, war das Vertrauen in die Polizei nur in zwei Ländern (Bulgarien und Ukraine) noch niedriger als in Russland. Auf einer Skala von 0 bis 10 erreichte die russische Polizei einen Wert von 3,8, während der europäische Durchschnitt bei 5,5 lag und z. B. die deutsche Polizei auf einen Wert von 6,7 kam.

Hinter diesem niedrigen Vertrauen steht die schlechte Erfahrung, die viele Russen im Umgang mit der Polizei gemacht haben. Selbst als Opfer einer Straftat scheuen sich viele, sich an die Polizei zu wenden. Meinungsumfragen zufolge verständigen weniger als 40 % der Geschädigten die Polizei um eine Straftat zu melden, ein Strafverfahren einzuleiten oder eine Entschädigung einzuklagen. Die meisten Befragen geben an, mit der Reaktion der Polizei auf ihre Eingabe enttäuscht zu sein. Nur etwas mehr als ein Viertel äußerte Zufriedenheit, während fast ein Drittel angab, dass die Polizei überhaupt nicht auf ihr Hilfegesuch reagierte. Betroffene, die die Polizei zur Hilfe gerufen haben, bewerten die Tätigkeit der Beamten schlechter als jene, die noch keinen persönlichen Kontakt mit Polizisten hatten.

Geschädigte, die Straftaten nicht an die Polizei meldeten, gaben hierfür unterschiedliche Gründe an. Insgesamt zwei Prozent waren eigenen Angaben zufolge Opfer von kriminellen Machenschaften der Polizei. Die Zahl von zwei Prozent mag gering erscheinen. Bei offiziell 2,3 Million Beschwerden dürfte sich die Zahl der nicht erfassten Opfer von Übergriffen der Polizei aber nach meinen Schätzung auf immerhin 70.000 belaufen.

Feindschaft und Misstrauen gegenüber der Polizei sind in Russland so hoch, dass mehr als ein Zehntel der Befragen angibt, Straftaten nicht bei der Polizei zu melden, sondern das Problem selbst in die Hand zu nehmen. Wenn diese Zahlen verlässlich sind, dann suchen jährlich mehr als 200.000 Personen außerhalb des Polizeisystems nach Wegen der Selbstjustiz. Einige Fälle, die als Gewalttaten in der Statistik auftauchen, können demnach als Racheakte gegen Kriminelle und korrupte Polizisten gesehen werden. Einer der extremsten Fälle, in denen die Bürger Racheakte an Polizeibeamten vornahmen, ereignete sich im Sommer 2010 im Bezirk Primorsk, wie in der Russland-Analyse Nr. 205 (http://www.laender-analysen.de/russland/pdf/Russlandanalysen205.pdf) dokumentiert wurde.

Institutionelle Defekte

All diese Probleme weisen darauf hin, dass das russische Polizeiwesen grundlegende Defizite aufweist. Die drei wichtigsten sind Militarisierung, Intransparenz und die Verfolgung von privaten Wirtschaftsinteressen, oft in Kombination mit Korruption.

Militarisierung

Das aktuelle russische Polizeisystem besteht aus einer stark militarisierten Hierarchie, in der der Befehl des Vorgesetzten mehr zählt als Gesetz oder gesellschaftliche Interessen. Dieses zentralisierte System ist ein Erbe des stalinistischen NKWD (Innenministeriums), das als Instrument der Massenrepressionen sowie zur totalitären Kontrolle des Alltagsverhaltens der Bevölkerung eingesetzt wurde. Das heutige Russland ist zwar kein totalitärer Staat, die »Miliz« bleibt jedoch teilweise eine Waffe der Staatsgewalt, um Unternehmen, politische Parteien oder Versammlungen von »Menschen mit abweichender Meinung« aus dem öffentlichen Raum verdrängen zu können.

Intransparenz

Es existieren keine öffentlich zugänglichen und verlässlichen Daten zur aktuellen Größe, Struktur oder den Einsätzen der russischen Polizei. Die letzten offiziellen Angaben über die Zahl der Polizisten in Russland wurden 1994 im Rahmen der fünften UN-Studie zu »Kriminalitätsentwicklung und Einsätzen des Strafjustizsystems« an die Vereinten Nationen mitgeteilt. Bis zum Jahr 2000 übermittelte Russland noch seine Kriminalitätsstatistik, im ersten Jahr der Präsidentschaft Putins wurde die Teilnahme an der UN-Studie eingestellt. Den UN-Daten zufolge erhöhte sich die Zahl der russischen Polizisten zwischen 1990 und 1994 von 1,5 auf 1,8 Millionen. Neuere offizielle Statistiken sind zugänglich. Hochrangige Polizei-Offiziere geben aber vereinzelt Interviews, in denen sie ausgewählte Zahlen mitteilten. Die aktuellste Angabe von Polizeivertretern nannte im Jahr 2009 die Zahl von 1,4 Million Polizisten in Russland. Gleichzeitig gibt es keine Daten zur regionalen Stärke der Polizei, zur Anzahl der Polizeistationen insgesamt oder in verschiedenen Regionen und Städten sowie zu einer Reihe anderer, interessanter Themen.

Des Weiteren gibt es strenge Vorschriften, die Polizisten im Kontakt mit der Öffentlichkeit und Journalisten, selbst in Fällen öffentlicher Diskussionen zu wichtigen Polizeiangelegenheiten, einschränken. So gab es zum Beispiel einen Geheimbefehl, der es Polizisten untersagte, an öffentlichen Diskussionen zum jüngsten Entwurf des neuen Polizeigesetzes teilzunehmen.

Ökonomisierung

Ökonomisierung meint die Verfolgung von privaten Wirtschaftsinteressen und bezieht sich auf die Herausbildung weit verbreiteter, informeller wirtschaftlicher Aktivitäten der Polizisten. Diese beinhalten vor allem Tätigkeiten in der Privatwirtschaft. Zentrales Anliegen ist dabei, neben dem offiziellen Einkommen Geld zu verdienen, zum Beispiel durch Dienstleistungen im privaten Sicherheitsbereich, der Unterstützung von Firmenübernahmen, der Annahme von Bestechungsgeldern oder dem Missbrauch der Dienstposition zum eigenen Vorteil. In vielen Ländern gelten solche Tätigkeiten als Korruptionsvergehen und Rechtsverletzungen, die eine Anklage nach sich ziehen.

In Russland (wie auch in vielen anderen Transformations- und Entwicklungsländern) sind die wirtschaftlichen Aktivitäten von Polizeikräften jedoch »mehr als nur Korruption«. Die Polizeiarbeit ist geprägt von den wirtschaftlichen Aktivitäten einer Vielzahl ihrer Mitarbeiter von der kommunalen bis zur nationalen Ebene. In einer von uns herausgegebenen Studie aus dem Jahr 2001, die vom Open Society Institute finanziert wurde, gaben 49 % der Polizisten an, einer weiteren Arbeit nachzugehen. 18 % erklärten dies auch während ihrer regulären Arbeitszeit zu tun. Unseren Schätzungen zufolge erwirtschafteten die russischen Polizisten in Nebenjobs zu Beginn der 2000er Jahre insgesamt pro Jahr ein zusätzliches Einkommen von mindestens einer und bis zu drei Milliarden US-Dollar.

Eine unter Polizeibeamten durchgeführte Studie des Lewada-Zentrums, einem unabhängigen russischen Meinungs- und Marktforschungsinstitut, bestätigte im Jahr 2005 unsere Ergebnisse im wesentlichen. Fast 60 % der befragten Polizisten gingen einer zusätzlichen Arbeit nach und nahezu 20 % verdienten sich ein Zusatzeinkommen während ihrer regulären Arbeitszeit. Gleichzeitig stieg wohl in Folge des Wirtschaftsbooms das Nebeneinkommen der Polizisten stark an. Nach einer Studie von INDEM hatte es sich bis 2005 bereits auf 30 Mrd. US-Dollar verzehnfacht.

Nebenjobs von Polizisten sind selbstverständlich keine rein russische Besonderheit. Selbst in etablierten Demokratien und Marktwirtschaften wie den USA ist die »private Beschäftigung von staatlichen Polizeikräften« seit Jahrzehnten verbreitet und stieg in den vergangen Jahren sogar beständig an. Einer Studie von J.R. Brunet zufolge, gehen in verschiedenen Städten in den USA 20 % bis 90 % der Polizisten außerhalb ihrer Arbeitszeit einem Nebenjob nach. Diese Tätigkeiten werden jedoch von den Polizeibehörden kontrolliert. Die amerikanischen Polizisten arbeiten nicht einfach auf eigene Faust auf einem »freien Markt«, wie es bei ihren russischen Kollegen der Fall ist. Die Konsequenzen der Zweitjobs sind somit vergleichbar mit anderen Beschäftigungsbereichen.

Im Gegensatz zu etablierten Demokratien überwacht in Russland, wie auch in vielen anderen Transformationsländern, der Staat nicht die privatwirtschaftlichen Aktivitäten seiner Polizeikräfte. Den Polizisten drohen allenfalls Einschränkungen, wenn sie mit anderen Einflussgruppen, zum Beispiel Politikern, Oligarchen, Mitarbeitern der Spezialeinheiten oder des Militärs, in Konflikt geraten.

Im Alltag der russischen Polizeiarbeit führte die Ökonomisierung zur Institutionalisierung von Bestechungszahlungen zwischen den Beamten. Ein Verkehrspolizist, der beispielsweise in einem Gebiet patrouillieren möchte, in dem er bei der Kontrolle wohlhabender Autofahrer möglicherweise private Zusatzeinnahmen erwirtschaften kann, muss seinen Vorgesetzten für dieses Privileg bezahlen. Wenn ein Ermittlungsbeamter die vorgegebene Verhaftungsquote nicht erreichen kann, weil in seinem Bezirk aber keine wirklichen Verbrechen zu verzeichnen sind, so muss der Beamte einen Kontrolleur bestechen, um einer Bestrafung zu entgehen. Ein weiterer Bereich der Ökonomisierung betrifft die eigene Karriere. In einigen Fällen müssen Polizisten für ihre Beförderung in höhere Ämter bezahlen – besonders dann, wenn diese Stellung den Zugang zu informellen Verdienstmöglichkeiten eröffnet. Die Summen belaufen sich hierbei teilweise auf bis zu 100.000 US-Dollar. Der neu ernannte Amtsträger muss daraufhin umfangreiche Wirtschaftsaktivitäten entwickeln, um seine Investition in die Beförderung wieder zu erwirtschaften.

Vor diesem Hintergrund lassen sich die Polizeiposten in drei Gruppen einteilen: Erstens, die »goldenen Posten«, auf denen deren Inhaber sehr reich werden können. Diese Posten konzentrieren sich auf die oberen Entscheidungsebenen oder in lukrativen Gebieten (zum Beispiel im Zentrum Moskaus oder anderen Großstädten) oder in bestimmten Abteilungen (Verkehrspolizei, die Behörde für Wirtschaftskriminalität, Ermittlungsbehörde u. a.). Zweitens, reguläre Positionen, die es Beamten ermöglichen, in die Mittelschicht aufzusteigen; und drittens, Posten, die alleine von gesellschaftlichem Interesse sind und keine informellen Verdienstmöglichkeiten bieten. Positionen der ersten Klasse werden sehr häufig verkauft; die der zweiten Klasse seltener und Ämter, in denen kein Zusatzverdienst erwirtschaftet werden kann, sind unterbesetzt.

Die Ökonomisierung des Polizeiwesens hat zwei zentrale Auswirkungen. Zum einen genießt die Polizei ein beachtliches Maß an Unabhängigkeit von der russischen Regierung. Diese ist heute nicht mehr der einzige Arbeitgeber der Polizei. Die Regierung und manche Entscheidungsträger können natürlich bedeutende Strafverfahren besonders überwachen, dem Polizeisystem als Ganzes können sie dadurch jedoch nicht zu mehr Effizienz verhelfen. Stattdessen profitieren einige private Wirtschaftsgruppen von der Schwächte des Staates und »privatisieren« Aktivitäten der Polizei. Diese privatwirtschaftlichen Gruppen kontrollieren die Personalpolitik, individuelle Karrieren von Polizisten, die Höhe ihres tatsächlichen Einkommens und beeinflussen zum Teil sogar die allgemeinen Richtlinien im Bereich der Strafverfolgung. Zum anderen ignoriert die Polizei öffentliche Forderungen zur Gewährleistung von Sicherheit und konzentriert sich stattdessen auf ihre eigenen Wirtschaftsinteressen.

Umstrukturierung der russischen Polizei: Pseudo-Reformen

In den frühen 1990er Jahren, als die wirtschaftliche Transformation in Russland gerade erst begonnen hatte, kümmerte sich niemand um eine Umstrukturierung der Polizei. Die Entscheidungsträger sowie die sich entwickelnde Unternehmerklasse waren alleine an der Privatisierung sowie der Stabilität des Wirtschaftssystems interessiert. Daraufhin stieß die sowjetische Miliz eine Ökonomisierung von Unten an. In jener Zeit konkurrierte die Miliz bei der Bereitstellung von Sicherheitsdienstleistungen auf einem gemeinsamen Markt mit organisierten kriminellen Banden, die von der neu entstehenden Unternehmerklasse Schutzgeld erpresste. In Sorge vor einem Anwachsen der organisierten Kriminalität, behielten die Entscheidungsträger die Stärke der Exekutivorgane bei und erhöhten die Zahl der Polizeikräfte.

Die Polizei, die im Wesentlichen mit den Kriminellen konkurrierte, ging zunehmend eine Verbindung mit einzelnen kriminellen Banden ein. Schließlich begann sie damit, die «Erpresser zu erpressen« und übernahm deren kriminelle Geschäfte. Schritt für Schritt häufte die Polizei einen wirtschaftlichen Wohlstand an, den sie Anfangs in Konsumgüter (Luxusautos, Datschen, ausländische Immobilien u. a.) investierte. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre begann sie dann zu investieren, zu Beginn u. a. im Einzelhandel (Märkte, kleine Läden usw.). Diese Aktivitäten machten die Bemühungen der Entscheidungsträger, die Kontrolle über die Polizei zu behalten, zunehmend zunichte.

Schlussendlich versuchte die politische Führung dann tatsächlich, das übermächtige Innenministerium zu schwächen. Die wesentlichen Schritte dieser Politik waren:

1998: Übertragung des Gefängnissystems mit seinen 350.000 Beschäftigten vom Innen- zum Justizministerium; 2001: Eingliederung der Feuerwehr in das Ministerium für Katastrophenschutz mit Übertragung von 275.000 Mitarbeitern;2003–06: politische Kampagne und Strafverfolgung von «Werwölfen in Uniform« in deren Verlauf hunderttausende Polizisten bestraft wurden, wobei aber genaue Zahlen nicht vorliegen; Seit 2009: politische Kampagne zur Bekämpfung von Korruption im Polizeiapparat einschließlich Reduzierung der Polizeikräfte um 200.000 Mitarbeiter innerhalb von zwei Jahren sowie Ausgliederung einiger für Korruption anfälliger Abteilungen, wie z. B. die technische Fahrzeugkontrolle.

All diese Schritte waren keine Reformen die darauf abzielten, die Sicherheit der Bevölkerung zu verbessern oder die Kriminalität einzugrenzen. Zentrale Merkmale dieser Maßnahmen waren und sind weiterhin die organisatorische Umstrukturierung, die öffentliche Kritik korrupter Polizeikräfte und die selektive Bestrafung einzelner, je nach politischem Bedarf.

Das zentrale Ziel der Regierung besteht darin, die administrative Kontrolle über die Polizei auszuweiten und ihre Autonomie einzuschränken, damit die Polizei Dienstleistungen für die Behörden besser erfüllen kann, darunter Sicherheitsdienste, direkte Gewalt gegen politische Gegner (Liberale, Kommunisten, Nationalisten und Faschisten) sowie die Unterstützung bei Geschäftsübernahmen. Nur unter direktem Druck von Oben und in politisch sensiblen Fällen, kann die Polizeiarbeit als gewissenhaft bezeichnet werden. Doch selbst in solchen Fällen arbeitet die Polizei häufig ineffektiv und bestraft Unschuldige, nur um erklären zu können, ihre Arbeit getan zu haben.

Diese Situation basiert auf einem informellen sozialen Vertrag zwischen den politischen Entscheidungsträgern, der Polizei und der Wirtschaftsgemeinschaft. Diesem informellen sozialen Vertrag zufolge kann die Polizei, durch Gebrauch ihrer Dienstposition und anderer Ressourcen, auf dem Markt begrenzt Geld erwirtschaften. Die Grenze hierfür ergibt sich informell in Auseinandersetzungen zwischen den Entscheidungsträgern und der Polizei (für gewöhnlich sind dies politische Kampagnen und Aufsehen erregende Strafverfahren). Im Gegenzug hat die Polizei der Staatsgewalt zu dienen. Unternehmer müssen die Polizei bezahlen, um auf bestimmten Märkten tätig zu werden oder geschützt zu sein. Zum Schutz vor Polizeimissbrauch können sie sich aber auch an Entscheidungsträger wenden.

Die Öffentlichkeit spielt bei alldem keine Rolle und sämtliche Reformen stellen allein Versuche dar, die administrative Kontrolle über die Polizei auszuweiten, ohne jedoch die Polizeikräfte zu tatsächlichen Dienstleistern der Öffentlichkeit zu machen. Die aktuelle Reform ist dafür bezeichnend.

Reformbedarf

Für eine ernsthafte Reform der russischen Polizei ist es notwendig, die Öffentlichkeit in den Prozess zu integrieren und eine wirkliche gesellschaftliche Kontrolle der staatlichen Exekutive zu garantieren. Eine Vorbedingung wäre die Auflösung des informellen sozialen Vertrages zwischen Politik, Polizei und Wirtschaft. Dazu müssten Maßnahmen in drei Richtungen unternommen werden:

Entmilitarisierung der Polizei und Umwandlung in eine mehrheitlich zivile Organisation, geleitet durch Gesetze und öffentliches Interesse;Offenlegung der Polizeistrukturen und deren Aktivitäten. Bereitstellung von genauen Informationen zu den wesentlichen Tätigkeiten des Innenministeriums sowie der lokalen Polizeieinheiten; Wirtschaftliche Entflechtung der Polizeitätigkeiten. Abgrenzung ihrer Dienstleistungen vom Markt.

Dies wären jedoch nur die ersten Schritte auf einem steinigen Weg in Richtung einer professionellen Polizei in Russland.

Übersetzung aus dem Englischen: Christoph Laug

Lesetipps / Bibliographie

  • Ergebnisse der im Text erwähnten Studie des Autoren und seines Teams wurden veröffentlicht als: O. Kolennikova, L. Kosals, R. Ryvkina, Yu. Simagin, D. G. Wilson: The ‘economic activities’ of Russian police, in: International Journal of Police Science and Management, Volume 10, No. 1, 2008.
  • Die im Text erwähnte Studie des Lewada-Zentrums wurde nur auf Russisch veröffentlicht: L. Gudkov, B. Dubin: Priwatisazija polizii, in: Westnik obschtschestwennogo mnenija, Nr. 1, 2006.
  • Eine Darstellung der im Text zitierten INDEM-Studie ist online abrufbar unter http://www.indem.ru/corrupt/2005diag_press.htm
  • Die Studie zu Nebentätigkeiten US-amerikanischer Polizisten wurde publiziert als: Brunet, J. R. (2008). Blurring the line between public and private sectors: The case of police officers’ off-duty employment. Public Personnel Management, 37(2), 161–174.

Zum Weiterlesen

Analyse

Das neue russische Polizeigesetz

Von Caroline von Gall
Das zum März in Kraft getretene neue russische Polizeigesetz bringt teilweise Verbesserungen. Es konkretisiert die Rechte der Polizei gegenüber dem Bürger. Gleichwohl bleibt das Gesetz in weiten Teilen unbestimmt und unstrukturiert. Dies aber scheint unerheblich, solange die Gerichte in Russland nur unzureichend in der Lage sind, die Rechte der Bürger gegenüber dem Polizeiapparat auch unabhängig durchzusetzen. Für mehr Kontrolle über die Polizei setzt das Gesetz auf die Machtvertikale. (…)
Zum Artikel
Analyse

Radikalisierung und gewaltsame Konflikte im Nordkaukasus: Eine Faktorenanalyse

Von Alexey Gunya
Radikalisierung steht in einem engen Zusammenhang mit Mobilisierung und Sozialisierung. Im Nordkaukasus begünstigen folgende Faktorengruppen der modernen Sozialisation und Mobilisierung eine Radikalisierung: 1) kulturelle und geographische Faktoren; 2) das historische Erbe und verschleppte Kränkungen; 3) ein drastischer Wandel der politischen Institutionen; 4) intensive Informationsflüsse; 5) mangelhafte Beziehungen zwischen Staat und Gemeinschaft; 6) das Entstehen neuer Sozialisierungsräume für junge Menschen. Es bestehen große regionale Unterschiede bei der Mobilisierungsaktivität und dem Einsatz von Gewalt. Sie reichen von unterdrückter Mobilisierung in Tschetschenien bei hohem Gewaltniveau bis zu sehr starker Mobilisierung bei einem relativ niedrigen Niveau der Gewalt in Karatschai-Tscherkessien. Zu den allgemein im Nordkaukasus bestehenden Voraussetzungen für eine Radikalisierung gehören die ungünstigen Bedingungen für die Sozialisierung junger Menschen und für deren Integration in das Geflecht gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Beziehungen sowie das fehlende Vertrauen in die Sicherheits- und Justizbehörden.
Zum Artikel

Logo FSO
Logo DGO
Logo ZOIS
Logo DPI
Logo IAMO
Logo IOS