Einleitung
Die Idee zur Wiedereinführung der Direktwahl der Gouverneure war Teil eines Reformpakets, welches der damalige Präsident Dmitrij Medwedew am 22. Dezember 2011 vor den beiden Kammern des Parlaments vorstellte. Neben der Wiedereinführung der Gouverneurswahlen kündigte Medwedew auch an, die Bedingungen zur Registrierung politischer Parteien erleichtern zu wollen, Hindernisse für die Teilnahme von Parteien und Kandidaten an Wahlen abzubauen, das Wahlsystem für die Wahl zur Staatsduma zu reformieren und ein russisches öffentlich-rechtliches Fernsehens einzuführen. Allerdings dominiert in der öffentlichen Meinung die Einschätzung, dass das gesamte Reformpaket eine etwas eigenartige Antwort der russischen Regierung auf die im Laufe des 10. Dezember bei den Demonstrationen auf dem Bolotnaja-Platz laut gewordenen Forderungen nach Demokratisierung sei. Russische Politiker betonten mehrfach, dass die Reform seit langem vorbereitet worden sei und deswegen nichts mit den Protesten zu tun habe, die Aufrichtigkeit dieser Erklärung ist jedoch zu bezweifeln. Es ist bezeichnend, dass das Wahlsystem, welches Medwedew ursprünglich für die Parlamentswahl vorgeschlagen hatte, im Zuge der Umsetzung in einen Gesetzesentwurf bis zur vollständigen Unkenntlichkeit abgeändert wurde. Bedeutende Änderungen wurden im Gesetzgebungsprozess auch bei weiteren Reformvorschlägen vorgenommen, einschließlich der Neuregelung der Gouverneurswahlen. Eine Analyse der an den ursprünglichen Reformvorschlägen vorgenommenen Änderungen erlaubt einen Einblick in die Handlungslogik und auch die Ziele der russischen Führung.
Der Kontext der Reform
Unter den jetzt diskutierten politischen Reformen hat die Wiedereinführung der Gouverneurswahlen eine besondere Stellung. Während Medwedew die anderen Reformen zum ersten Mal am 22. Dezember 2011 vor den beiden Kammern des Parlaments ankündigte, schlug die Wiedereinführung der Gouverneurswahlen erstmalig Wladimir Putin eine Woche vorher, am 15. Dezember auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz vor. Putin erinnerte daran, dass er seinerzeit persönlich die Regelung entwickelt hatte, nach der das jeweilige Regionalparlament über vom Präsidenten vorgeschlagene Kandidaten für das Amt des Gouverneurs abstimmte. Diese Regelung hat – so Putin – nun ihre Aufgabe erfüllt und muss deswegen geändert werden. Um zu verhindern, dass in den Regionen Separatisten an die Macht kommen, müsste aber weiterhin das föderale Zentrum die Möglichkeit zum Eingreifen in den Wahlprozess haben.
Putin erklärte, dass die neue Regelung so aussehen könnte, dass »alle Parteien, die dem Regionalparlament aufgrund direkter und geheimer Wahlen angehören, dem Präsidenten ihre Kandidaten für das Amt des Gouverneurs – des Leiters der Regionen – vorschlagen. Diese Vorschläge gehen dann über den Tisch des Präsidenten [wörtlich: durch den Präsidentenfilter] und er präsentiert sie dann schon nicht mehr den Abgeordneten des Regionalparlaments, sondern der gesamten Bevölkerung der Region zur direkten und geheimen Wahl«. Medwedew sparte diese Details in seiner Rede aus. Offensichtlich wurde angenommen, dass Putin sie ausreichend erläutert hatte.
Die Wiedereinführung der Gouverneurswahlen war somit die erste Reform der politischen Führung nach den für sie enttäuschenden Ergebnissen der Parlamentswahlen am 4. Dezember. Von der Bedeutung dieser Reform zeugt auch, dass Medwedew ihr in seiner Rede höchste Priorität gab. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass die Neustrukturierung der regionalen Machtstrukturen überhaupt nicht von den Demonstranten auf dem Bolotnaja-Platz gefordert wurde. Könnte dieser Umstand bedeuten, dass der Kreml in Bezug auf die Gouverneurswahlen von Anfang an eigene Ziele verfolgte und die Reformen überhaupt keine Reaktion auf die Massenproteste darstellten? Dieser Schluss ist so wohl nicht zutreffend. Wohl aber zeigten die Umfrageergebnisse seit dem Zeitpunkt der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure 2004 eine stetig wachsende Unzufriedenheit der Bürger mit der neuen föderalen Ordnung. Von allen Maßnahmen Putins in den Jahren 2004 bis 2006, die auf eine Einschränkung der Demokratie abzielten, wurde die Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure von der Bevölkerung am stärksten als Verlust eines Rechtes wahrgenommen, welches ihr eigentlich zustehe. Deswegen kann man davon ausgehen, dass, selbst wenn die Wiedereinführung der Gouverneurswahlen nicht auf den Demonstrationen gefordert wurde, sie doch eine beschwichtigende Wirkung auf die kritischen Bürger haben sollte.
Zweifelsohne verfolgten die Machthaber bei der Reform des Wahlrechts jedoch eigene Interessen, welche nicht mit den Massenprotesten, sondern vielmehr mit den Ergebnissen der Parlamentswahl vom 4. Dezember zu tun hatten. Um zu verstehen, welche Interessen hier eine Rolle spielten, muss man die Machtverteilung im föderalen System analysieren, wie sie in Russland seit der letzten Reform 2004 bestand.
Die alte Regelung
Das zentrale Merkmal der 2004 eingeführten Regelung zur Ernennung der Gouverneure war, dass die Gouverneure nun nicht mehr, wie vorher üblich, von der Bevölkerung direkt gewählt wurden, sondern vom Präsidenten ernannt wurden und diesem gegenüber voll politisch verantwortlich waren. Mit der 2004 vorgenommenen Reform hatte die Wahl der vom Präsidenten zur Abstimmung vorgeschlagenen Kandidaten durch das regionale Parlament rein symbolischen Charakter. Häufig stimmten zwei bis drei Abgeordnete gegen den Kandidaten des Präsidenten, in vielen Fällen wurde er aber sogar einstimmig »gewählt«. Der Grund hierfür lag nicht allein darin, dass das Regionalparlament bei fehlender Unterstützung die eigene Auflösung fürchten musste. Hinzu kam vielmehr, dass die Gouverneure in den Regionen bis zur Reform von 2004 eine starke Machtstellung besaßen, da sie de facto sowohl das Regionalparlament als auch die politischen Parteien in der Region kontrollierten oder unter Druck setzen konnten. Die wissenschaftliche Literatur stimmt deswegen weitestgehend in der Einschätzung überein, dass die regionalen politischen Regime seit Mitte der 1990er Jahre einen autoritären Charakter annahmen.
Das größte Problem für die politische Führung Russlands bestand vor der Reform von 2004 darin, dass die regionalen Organe, welche über wichtige Kontrollkompetenzen vor Ort verfügten, auch weiterhin ein hohes Maß an Autonomie vom Zentrum einforderten. Wie die Wahlen zu den regionalen Parlamenten 2003 und 2004 zeigten, versuchten die regionalen Akteure, ihre Kontrollkompetenzen aufrecht zu erhalten und missachteten in vielen Fällen eine vom Kreml vorgegebene Priorität: gute Wahlergebnisse für »Einiges Russland« zu sichern. Stattdessen organsierten die Gouverneure Koalitionen aus mehreren Parteien und schufen sich somit selbst stabile Machtbündnisse, sogenannte »Gouverneursblöcke«. Sie waren dadurch nicht mehr auf die Unterstützung von »Einiges Russland« angewiesen und gewannen die Gouverneurswahlen in der Regel als unabhängige Kandidaten. Die Gouverneure konnten also die Wahlergebnisse in ihrer Region nachhaltig beeinflussen und waren bereit, diesen Einfluss zu ihrem eigenen Vorteil – und nicht unbedingt im Interesse der nationalen politischen Führung – zu verwenden.
Der Sinn der Reform von 2004 bestand deshalb vor allem darin, durch die direkte Verantwortlichkeit der Gouverneure gegenüber dem Zentrum ihren Einfluss auf die Wahlergebnisse im Interesse der herrschenden Gruppen nutzen zu können. Die Reform hatte aber Vorteile für beide Seiten. Das Zentrum sollte von den Gouverneuren die benötigten Wahlergebnisse erhalten, während im Gegenzug die Gouverneure – in dem Maß, in dem sie diese Vorgabe erfüllen konnten – volle Handlungsautonomie vor Ort bekamen. Die zentralen Elemente ihrer unkontrollierten Macht blieben so erhalten oder verstärkten sich noch. Auf diese Weise wurden die regionalen autoritären Regime in eine gesamtstaatliche autoritäre Struktur eingegliedert. Diese Entwicklung markierte einen entscheidenden Schritt bei der Abweichung Russlands vom demokratischen Entwicklungsweg. Die Regionalwahlen in den Jahren 2007 und 2008 bestätigten die kurzfristige Effektivität dieser Strategie.
Allerdings wurden bald auch die ersten Probleme sichtbar. In den Jahren 2005 und 2006, unmittelbar nach der Einführung der neuen Regelung, zeigte sich, dass es nur selten zu einem Wechsel der Gouverneure kam. In der Regel ernannte Putin dieselben Gouverneure, die vorher auch in den Wahlen gewonnen hatten. Ab 2008 wurden die Gouverneure allerdings merklich häufiger ausgewechselt. 2010 erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt. Dadurch wurde deutlich, dass es dem Zentrum nicht gelungen war, ein effektives System zur Rekrutierung von Gouverneuren zu schaffen. Viele der vom Präsidenten neu ernannten Kandidaten kannten die jeweilige Region nicht – in der sie als beinahe absolute Herrscher regierten. Sie waren mit den Führungsaufgaben überfordert und wurden von der umfangreichen Korruption erfasst. Meinungsumfragen zeigten, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Gouverneure beständig sank. Darüberhinaus haben sich einige der neu ernannten Gouverneure in die latenten Konflikte zwischen einflussreichen Politikern und Unternehmern hineinziehen lassen, welche sich noch unter ihren Vorgängern entwickelt hatten. Neben der Tatsache, dass die Gouverneure allgemein an Ansehen verloren, wirkte sich dies auch äußerst negativ auf ihre Fähigkeit aus, die Wähler zu mobilisieren und Wahlfälschungen zu koordinieren. Mit anderen Worten: Die Gouverneure haben sich nur eingeschränkt als fähig erwiesen, ihren Teil des Vertrags mit dem Zentrum zu erfüllen.
Ab Frühling 2010 wurde also deutlich, dass die Gouverneure nicht in der Lage waren, gute Ergebnisse für »Einiges Russland« in Regional- und Kommunalwahlen zu gewährleisten. Diese Signale wurden vom Zentrum allerdings ignoriert. Offenbar vertraute man darauf, dass die Bedeutung der bevorstehenden landesweiten Wahlkampagnen mit direkter Beteiligung des Präsidenten die Wahlergebnisse positiv beeinflussen würde. Ein Problem bestand aber darin, dass die Gouverneure bei Regionalwahlen trotz geringer Unterstützung in der Bevölkerung – vor allem aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung und aufgrund der Existenz von Einzelwahlkreisen – in der Lage waren, eine Mehrheit für »Einiges Russland« zu sichern. Ohne diese beiden Faktoren konnte auch die landesweite Wahlkampagne die Situation nicht retten. Hinzu kam, dass viele der neuernannten Gouverneure nicht genug Erfahrung besaßen, um den Sieg in wichtigen Wahlen zu sichern, bei denen die Wähler echtes Interesse zeigten. Früher hatten die Gouverneurswahlen eine ähnlich wichtige Bedeutung gehabt. Mit der Abschaffung der Gouverneurswahlen gehörte die Beeinflussung wichtiger Wahlen aber nicht mehr zu den relevanten Fähigkeiten der Gouverneure.
Die aktuelle Reform
Der Kreml könnte also die Wiedereinführung der Direktwahl der Gouverneure als Schritt zur Wiederherstellung eines funktionierenden Systems betrachtet haben und es gab tatsächlich ausreichende Gründe für eine optimistische Einschätzung. Tatsächlich verändert die Wiedereinführung der Wahlen die monopolistische politische Struktur in den Regionen nicht. Auch wenn er in Zukunft gewählt wird, kann der Gouverneur weiterhin herrschen – frei von institutionellen Einschränkungen (wie sie ein starkes Regionalparlament schaffen könnte) und ohne politische Konkurrenz (wie sie von einer starken Opposition käme). Um eine langfristige demokratische Entwicklung anzustoßen, wäre somit nicht die Wiedereinführung der Direktwahl, sondern eine tiefgreifende Reform der regionalen Machtstrukturen einschließlich einer Erweiterung der Vollmachten der Regionalparlamente und der Einführung von Elementen parlamentarischer Regierungssysteme auf der regionalen Ebene erforderlich. Dies ist jedoch ohne eine breit angelegte Demokratisierung nicht möglich und sinnvoll.
Zugleich birgt die Wiedereinführung der Direktwahl der Gouverneure auch einige Risiken für die autoritäre politische Ordnung des Landes. Der Kreml kann nicht ausschließen, dass ein unvorhergesehenes Ereignis, beispielsweise eine dramatische Wirtschaftskrise oder ein öffentlicher Skandal, das Interesse der Bevölkerung an der Politik steigert und kritische Stimmen zu einer Massenbewegung anschwellen lässt. In einer derartigen Situation kann der Anteil der Protestwähler, die für jeden Kandidaten stimmen, solange er nicht mit der aktuellen politischen Führung verbunden ist, deutlich ansteigen. Damit wurden die Handlungsmöglichkeiten der Opposition erheblich ausgeweitet. Erfolge bei Gouverneurswahlen würden es dann der Opposition erlauben, regionale Machtzentren zu bilden. Das bisherige Fehlen solcher regionalen Machtzentren der Opposition ist eine der zentralen Ursachen für den Wahl-Autoritarismus in Russland. Darüber hinaus wurde deutlich, dass, selbst wenn die von offizieller Seite aufgestellten Kandidaten die Wahl gewinnen, Massenproteste gegen das Wahlergebnis ebenfalls eine beachtliche Bedrohung für die politische Führung darstellen.
Es versteht sich, dass diese Risiken von Anfang an bei der Konzeption der Reform berücksichtigt wurden, die in der ursprünglichen Formulierung Putins nicht die freie Beteiligung aller Kandidaten an den Wahlen vorsah, sondern nur eine Abstimmung der Bevölkerung über vom Präsidenten genehmigte Kandidaten. Im Verlauf der Ausarbeitung des entsprechenden Gesetzes zeigte sich allerdings, dass die rechtliche Umsetzung der Idee des »Präsidentenfilters« nicht einfach ist. Der erste Gesetzesentwurf sah vor, dass »die politischen Parteien nach Konsultationen mit dem Präsidenten der Russischen Föderation ihre Kandidaten aufstellen können, wobei der Präsident die Form der Konsultationen bestimmt«. Schon bei den ersten Debatten über den Gesetzesentwurf kam von Vertretern der Partei »Einiges Russland« der Einwand, dass die Regelungen zu der Konsultation einer Konkretisierung bedürfen. Diese war aber nicht einfach. Falls die Konsultationen nicht obligatorisch wären und der Präsident nicht das Recht hätte, vorgeschlagene Kandidaten abzulehnen, wäre der »Präsidentenfilter« nur eine leere Hülle. Darüberhinaus wäre der Präsident eigentlich nicht legitimiert, die von den Parteien aufgestellten Kandidaten abzulehnen. Würden dem Präsidenten solche Rechte allerdings eingeräumt, hätte das Zentrum die volle Verantwortung für die Auswahl an Kandidaten, und im Konfliktfall würde die Verantwortung automatisch von der regionalen auf die föderale Ebene verlagert werden.
In der von der Staatsduma am 24. April 2012 verabschiedeten Fassung des Gesetzes war der »Präsidentenfilter« als unverbindliches Element nur noch von sekundärer Bedeutung. Stattdessen enthält das Gesetz nun die Idee eines »Kommunalfilters«, welcher zum ersten Mal bei einem Treffen von Medwedew mit Repräsentanten der Regionen am 6. April vorgestellt wurde. Die endgültige Fassung sieht nun so aus: Es können sich nur diejenigen Kandidaten für die Gouverneurswahl registrieren, die sich die Unterstützung von 5 bis 10 % der Abgeordneten der Kommunalparlamente sowie die Unterstützung von drei Vierteln der Verwaltungschefs der Kommunen innerhalb der entsprechenden Region sichern können. Die Abgeordneten können ihre Unterstützung, welche dann auch durch eine notariell beglaubigte Unterschrift bestätigt werden muss, nur einem Kandidaten geben. Die Festsetzung der genauen prozentualen Grenzwerte obliegt dem regionalen Gesetzgeber. Er wird auch entscheiden, ob an der Gouverneurswahl nur von Parteien nominierte Kandidaten oder auch unabhängige Kandidaten teilnehmen können. Falls unabhängige Kandidaten erlaubt werden, benötigen sie für ihre Kandidatur die Unterstützung von 0,5 % bis 2 % der Wahlberechtigten in ihrer Region.
Es ist offensichtlich, dass der »Kommunalfilter« die Aufstellung von Kandidaten verhindern soll, die von den jeweiligen Machthabern in Zentrum und Region nicht gewollt werden. In den Kommunalparlamenten sitzen fast ausschließlich Vertreter von »Einiges Russland«, was sogar schon zu der Situation führte, dass, um ein gewisses Maß an Wettbewerb bei den Wahlen vorzutäuschen, die Vertreter von »Einiges Russland« die Kandidatur von Konkurrenten mit ihrer Unterschrift unterstützt haben. Es ist somit jetzt schon absehbar, dass nur solche »Oppositionelle« bei Gouverneurswahlen aufgestellt werden, welche gegenüber der politischen Führung absolut loyal sind und für diese somit keine Bedrohung darstellen.
Resümee
Somit ist die Idee der direkten Gouverneurswahlen ihres Sinns de facto absolut entleert worden. Der wichtigste Erklärungsfaktor hierfür ist sicherlich, dass die Proteststimmung im Lande nachgelassen hat: Die politische Führung sieht sich nicht mehr veranlasst, Zugeständnisse zu machen. Gleichzeitig ist aber festzuhalten, dass andere Teile des politischen Reformpakets nicht in dem Maße inhaltlich entkernt wurden, wie es bei der Wahlreform der Fall war. Beispielsweise erfuhr das Gesetz über die politischen Parteien keine bemerkenswerten Abänderungen.
Wodurch lassen sich diese Unterschiede erklären? Die hohe Fragmentierung des Parteiensystems, die auch ein Ergebnis dieser Reform sein wird, passt nicht nur zur langfristigen Strategie der Sicherung autoritärer politischer Macht, sondern auch zur kurzfristigen Neutralisierung akuter Bedrohungen. Bezogen auf die Gouverneurswahlen würde nur der langfristige Aspekt zutreffen, nicht aber der kurzfristige, denn in Anbetracht der Tatsache, dass die nächsten landesweiten Wahlen erst 2016 anstehen, könnten gerade regionale Wahlen kurzfristig zu einer Quelle von Instabilität werden. Da das zentrale Ziel der von Medwedew eingeleiteten politischen Reformen nicht die Demokratisierung ist, sondern die Konsolidierung der bestehenden Machtverhältnisse durch die Schaffung effektiverer institutioneller Formen, ist es nicht verwunderlich, dass das potentiell gefährlichste Element, direkte Gouverneurswahlen, vollständig ausgehöhlt wurde.
Übersetzung aus dem Russischen: Eva Wachter