Vom "Vaterländischen Krieg 1812" zum "Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945" Siegesmythen als Fundament staatlicher Geschichtspolitik in der Sowjetunion, der Russländischen Föderation, der Ukraine und Belarus

Von Stefan Troebst (Leipzig)

Zusammenfassung
Die Geschichtspolitik der Russländischen Föderation weist eine Konstante und etliche Variablen auf: Fest steht allein der »Sieg über den Faschismus« im »Großen Vaterländischen Krieg 1941–1945« als Gründungsmythos des 1992 als Zerfallsprodukt der UdSSR entstandenen Konglomeratstaats. Weiterhin unklar hingegen ist, ob erinnerungskulturell künftig »Stalin« oder der »Entstalinisierung« der Vorzug gegeben werden soll. Der 2005 erfolgte Rückgriff auf den nur Wenigen präsenten patriotischen Erinnerungsort »1612« war ebenso erratisch wie der 2012 verstärkte Bezug auf den heroischen lieu de mémoire »1812« nahe liegend. Der selektive geschichtspolitische Bezug auf die Vergangenheiten von Sowjetunion, Zarenreich, Großfürstentum und Rus hält überdies das Spannungsverhältnis zwischen multiethnisch-russländischem Imperium und monoethnisch-russischem Nationalstaat aufrecht und hemmt damit den Prozess der Bildung einer corporate identity der Bürger der Russländischen Föderation.

Der »Vaterländische Krieg von 1812«

Die mediale, visuelle und repräsentationsmäßige Verwertung des russischen Sieges über Napoleon 1812 und seiner »Architekten«, der Generäle Alexander Suworow und Michail Kutusow, stellte eine Neuausrichtung in der Geschichtspolitik des Zarenreiches dar. Denn bis dahin waren die imperial propagierten Erinnerungsorte sämtlich religiös konnotiert, was auch und gerade für militärische Ereignisse galt: Die Schlacht auf dem Peipus-See 1242 gegen den Deutschen Orden oder der Sieg auf dem Schnepfenfeld über die Tataren 1380 wurden im Moskauer Staat wie im petrinischen Russland als Triumphe der Orthodoxie über Ketzer und Ungläubige kanonisiert, die Sieger Alexander Newskij und Dmitrij Donskoj als Heilige verehrt. Hinzu kam, dass beide als Vertreter russischer Staatsmacht agierten (des Großfürstentums Wladimir-Susdal der eine, des Großfürstentums Moskau der andere) und damit in eine Traditionslinie zu den späteren Zaren gestellt wurden.

Anderen siegreichen Befreiern »russischer Erde« wurde diese Qualität nicht beigemessen, so dass sie als Heroen höchstens zweiter Klasse eingestuft wurden. Dies galt etwa für das Aufgebot eines Volksheeres (russ.: »opoltschenije«) gegen die polnisch-litauische Besetzung Moskaus der Jahre 1610 bis 1612, in der sogenannten »Zeit der Wirren« (»Smuta«). Mit dem Sieg der Insurgenten wurde der Weg frei für die Krönung Michail Romanows 1613 zum Zaren durch seinen Vater, den Patriarchen Filaret. Die Dynastie Romanow, die bis 1917 herrschte, war damit begründet. Zwar war einer der Anführer der Aufständischen, Dmitrij Poscharskij, ein Fürst aus dem Haus der Rjurikiden, doch sein Partner, der Kaufmann (oder Metzger?) Kusma Minin aus Nischnij Nowgorod war nichtadliger, überdies wohl auch nichtrussischer, mutmaßlich tatarischer Herkunft. Das 1818 auf dem Roten Platz in Moskau aufgestellte Minin-und-Poscharskij-Denkmal ging folglich nicht auf eine Initiative der Monarchie, sondern auf die der Bürger Nischnij Nowgorods zurück. Und seine Errichtung wäre ohne die im Zuge des Sieges von 1812 erfolgte Wende in der Geschichtspolitik, die nun auf Reichspatriotismus und Russentum und nicht mehr auf Orthodoxie und Dynastie ausgerichtet war, nicht möglich gewesen. Überdies waren am Sieg über Napoleon nicht zuletzt ethnisch russische Freischärler beteiligt, die wie exakt 200 Jahre zuvor unter der Bezeichnung »opoltschenije« (»Landwehr«) firmierten und deren Zahl auf nicht weniger als 400.000 (bei einer nur geringfügig höheren Zahl regulärer zarischer Truppen) geschätzt wird.

Allerdings bestand Zar Aleksandr I. darauf, den in der Folgezeit als »Vaterländischen Krieg« bezeichneten Waffengang gegen Frankreich und seine Verbündeten religiös einzubinden. In seinem Manifest »über die Erstattung der Dankbarkeit an Gott den Herrn für die Befreiung Russlands vom feindlichen Angriff« vom 25. Dezember 1812 (a. St.) dekretierte er:

»Von nun an soll der 25. Dezember, der Tag der Geburt Christi, im kirchlichen Kontext auch der Tag der Dankbarkeitsfeier sein – unter der Bezeichnung: Geburt unseres Erlösers Jesus Christus sowie Erinnerung an die Errettung der Kirche und des Russländischen Staates vor dem Angriff der Gallier mit ihren zwölf Heeren.« (Polnoe sobranie Sakonow Rossijskoj Imperii, SPb,1830, t. 32, S. 486–487). Der Sieg über Napoleon 1812 ist seitdem ein zentraler staatlicher Erinnerungsort, wie nicht zuletzt die aufwändigen Feiern zum 100. Jubiläum 1912 im Zarenreich, 1962 zum 150. in der Sowjetunion und 2012 zum 200. in der Russländischen Föderation belegen, die jeweils mit Medienkampagnen, Publikationsoffensiven sowie (partei-)politischen und militärischen Inszenierungen unter dem Rubrum »Vaterländischer Krieg« einhergingen.

…und der »Große Vaterländische Krieg«

Die bereits am Tag nach dem Angriff NS-Deutschlands auf die Sowjetunion in einer in der Parteizeitung »Prawda« veröffentlichten Rede getroffene Sprachregelung vom »Großen Vaterländischen Krieg« (»Welikaja Otetschestwennaja Wojna«) war in mehrfacher Hinsicht ein Geniestreich von Stalins Chefpropagandisten Jemeljan Jaroslawskij . Jaroslawskij, damals Vorsitzender der »Gesellschaft der Gottlosen«, also des sowjetischen Atheistenverbandes, knüpfte damit zum einen an den »Vaterländischen Krieg« gegen Napoleon an, stellte aber zum anderen durch das Adjektiv »welikaja« implizit die Sowjetunion über das Zarenreich und damit Stalin über Alexander I. Unterschwellig unterstrich er damit den russischen Charakter der Sowjetunion und gab zugleich den Startschuss zur Propagierung des neuen Konzepts eines »Sowjetpatriotismus«, der bald durch eine »allslavische« Komponente sowie durch eine propagandistische Instrumentalisierung der zuvor repressierten Russischen Orthodoxen Kirche ergänzt wurde. In Stalins berühmter Rede am 7. November 1941 zum 24. Jahrestag der Oktoberrevolution vor Soldaten der Roten Armee auf dem Roten Platz in Moskau hörte sich die neue Linie wie folgt an: »Möge Euch in diesem Krieg das heldenmütige Vorbild eurer großen Vorfahren beseelen – das Vorbild Alexander Newskijs, Dmitrij Donskojs, Kusma Minins, Dmitrij Poscharskijs, Alexander Suworows, Michail Kutusows. Möge Euch das siegreiche Banner des großen Lenin Kraft verleihen!« (Stalin, I.: Rede bei der Parade der Roten Armee am 7.11.1941 auf dem Roten Platz in Moskau, in: Stalin, I.: O Welikoj Otetschestwennoj Wojne Sowetskogo Sojusa. Moskau 1943, S. 34–37, hier S. 37). Die Kontinuitätslinie von 1242 und 1380 über 1612 und 1812 zu 1917 und 1941 war damit gezogen.

Was Jaroslawskij bei seiner Prägung der Formel vom »Großen Vaterländischen Krieg« Ende Juni 1941 nicht ahnen konnte, war der Umstand, dass das zweite Adjektiv »vaterländisch« – und nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, »sowjetisch« – den russländischen, ukrainischen und belarussischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion die reibungslose Weiternutzung der sowjetischen Formel vom »Großen Vaterländischen Krieg« auch in post-kommunistischer Zeit ermöglichen würde. Zwar war mit »Vaterland« ursprünglich die UdSSR gemeint, aber da diese eben nicht beim Namen genannt wurde, konnte nach 1991 problemlos ein »Vaterlandstransfer« zum neuen Russland und sogar zur neuen Ukraine und zum neuen Belarus hergestellt werden. Und die seit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. bzw. 9. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst dem dreiteiligen Standardbegriff angehängten Jahreszahlen »1941–1945« ermöglichten es der Russländischen Föderation, der Ukraine und Belarus wie zur Zeit der Sowjetunion die Ausblendung der Anfangsphase des Zweiten Weltkriegs vom 1. September 1939 bis zum 22. Juni 1941. In das jetzt auch russländische Narrativ vom heldenhaften Kampf der Völker der Sowjetunion gegen den nationalsozialistischen »Drang nach Osten« mussten folglich der Hitler-Stalin- bzw. Molotow-Ribbentrop-Pakt samt Geheimen Zusatzprotokoll über die Aufteilung Ostmitteleuropas, der Einmarsch der Roten Armee in Polen, der Deutsch-sowjetische Grenz- und Freundschaftsvertrag, die zwischen Berlin und Moskau koordinierte deutsch-sowjetische Okkupation Polens samt Kooperation von Wehrmacht und Roter Armee sowie Gestapo und NKWD, die gewaltsame Einverleibung Estlands, Lettlands, Litauens, Ostpolens, der Bukovina und Bessarabiens in die UdSSR, die Lieferung kriegswichtiger Rohstoffe aus der Sowjetunion ins »Dritte Reich« und andere sperriger Tatbestände nicht eingepasst werden. In der Geschichtspolitik der Ukraine hingegen wurde vor allem unter dem Präsidenten Leonid Kutschma für die Annexion Südostpolens durch die UdSSR bei Angliederung an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik im Herbst 1939 der Terminus »Goldener September« geprägt. Und unter dem belarussischen Präsidenten Lukaschenka wurde ernsthaft erwogen, den 17. September, an dem 1939 die Rote Armee in Polen einfiel, zum staatlichen Feiertag »der Wiedervereinigung der belarussischen Lande« zu proklamieren. Gemeint war natürlich der gewaltsame Anschluss Nordost-Polens an die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik.

Russländische Erinnerung

Geschichtspolitik in Zarenreich, Sowjetunion und Russländischer Föderation gleicht der Echternacher Springprozession: Nach jedem Regimewandel – und dazu rechne ich auch die innersowjetischen Brüche von 1929, 1953 und 1985 – wurden zuvor ausrangierte Erinnerungsorte reaktiviert sowie bisher gültige abgeschaltet. Frithjof Benjamin Schenk hat in seinem fulminanten Buch über Alexander Newskij als »Erinnerungsfigur im russischen kulturellen Gedächtnis« die »Entthronung« dieses Nationalhelden durch die Bolschewiki sowie seine umgehende »Rehabilitierung« durch Stalin beschrieben, und Jutta Scherrer hat ihre 2005 vorgenommene und mit »Siegesmythos versus Vergangenheitsaufarbeitung« überschriebene Analyse sowjetischer wie post-sowjetischer Geschichtspolitik mit folgendem skeptischem Fazit beendet: »Rußland [gemeint ist die heutige Russländische Föderation – S. T.] hat sich in erstaunlich kurzer Zeit von dem Mythos der »Großen Sozialistischen Oktoberrevolution« befreit. Wird es sich jemals von dem Mythos des Großen Vaterländischen Krieges, der heroischen Heldentat des Siegs befreien können oder wollen?« (Scherrer: Sowjetunion/Rußland…, S. 655 – s. die Lesetipps).

Aus heutiger Sicht muss die Antwort lauten: weder noch. Der Sieg über Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg ist der Gründungsmythos des Putinschen Russland und wird es auf absehbare Zeit hinaus auch bleiben. Dafür sprechen mindestens drei gewichtige Gründe:

Ein Alternativmythos ist nicht in Sicht. Die Entstalinisierungspolitik Chruschtschows, die bezüglich Lebensstandard und Konsum »goldenen«, politisch und kulturell aber verlorenen Jahre unter Breschnew, die halbherzige Perestrojka unter Gorbatschow die Gründung der Russländischen Föderation durch Jelzin oder die abgewehrten Putschversuche gegen die beiden Letztgenannten taugen sind sowohl aus der Sicht der »Vertikale der Macht« als auch aus Sicht der Bevölkerungsmehrheit dafür nicht tauglich.Die Stalinsche Formel von der »Befreiung der Völker Europas vom Faschismus« 1945 durch die Rote Armee festigt den imperialen wie globalen Machtanspruch von Putins Russland. So gering das internationale Prestige der Russländischen Föderation auch ist, so unbestritten ist selbst im Westen der sowjetische Beitrag zum gemeinsamen Sieg über Hitler. Indirekter Beleg hierfür ist etwa die Proklamierung des 27. Januar zum internationalen Gedenktag für die Opfer des Holocaust, denn an diesem Tag befreiten 1945 Sowjettruppen das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.Die Traditionslinie vom »Vaterländischen Krieg 1812« zum »Großen Vaterländischen Krieg 1941–1945« wirkt als »allrussische« Kontinuitätsbrücke sowohl zum zarischen Russland als auch zum neuen Russland, denn sowohl Jelzin wie Putin haben den »Sieg über den Faschismus« zum Gründungsmythos der Russländischen Föderation stilisiert. Die Sowjetperiode und mit ihr Stalin als »Führer« (»woschd«) sind damit in die russländische Meistererzählung und in das amtlicherseits propagierte Geschichtsbild integriert.

All dies heißt aber nicht, dass der umgangssprachlich mit »WOW« abgekürzte lieu de mémoire »Großer Vaterländischer Krieg« (»Welikaja Otetschestwennaja Wojna«) auf einem gesellschaftlichen Konsens basiert, im Gegenteil: Die innerrussländischen geschichtspolitischen Debatten der letzten Jahre kreisten um eben dieses Thema. Die rudimentäre Zivilgesellschaft hat ihren fundamentalen Dissens zur staatlichen Geschichtspolitik in die Formel »pobeda bes Stalina« gefasst – »Sieg ohne Stalin«. Der Sieg ist zu feiern, so diese Sichtweise, aber nicht der Diktator. Nach der Abwicklung des Medwedewschen Konzepts einer »zweiten Entstalinisierung« lautet die aktuelle Sprachregelung des Kreml wie folgt: Ja, Stalin war ein Mensch mit gewissen Schwächen und Defiziten, die indes durch seine politischen wie militärischen Leistungen im Kampf gegen den Faschismus mehr als aufgewogen werden. Jutta Scherrers Skepsis ist daher auch zehn Jahre später vollauf berechtigt.

Putins Geschichtspolitik

Dennoch ist die Putinsche Geschichtspolitik weniger starr als es auf den ersten Blick scheinen mag. Auf Initiative des Kreml wurde 2005 der von Jelzin in »Tag der Eintracht und Versöhnung« umbenannte sowjetische Staatsfeiertag am 7. November, damals der »Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution«, abgeschafft und durch einen neuen, zeitlich nahe gelegenen Feiertag am 4. November ersetzt. Dieser neue »Tag der nationalen Einheit« rekurriert auf das Jahr 1612, als das besagte Volksaufgebot unter Minin und Poscharskij in der »Zeit der Wirren« von Nischnij Nowgorod nach Moskau zog und die polnischen Besatzer aus der Hauptstadt vertrieb.

Die Konstanzer Historikerin Isabelle de Keghel hat 2009 in einem Band über »Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im neuen Russland« eine eindringliche Analyse der zahlreichen Konnotationen zivilgesellschaftlicher, EU-feindlicher, multiethnischer, nationalistisch-rechtsextremer, sozialkohäsiver und anderer Art dieses neuen russländischen Staatsfeiertages geliefert. Der machtpolitische Kern ihrer Untersuchung zur beabsichtigten und tatsächlichen Wirkung des neuen »Tags der nationalen Einheit« lautet: »In den Vergangenheitsdiskurs der Transformationszeit schrieb sich dieser Vorschlag insofern gut ein, als die »Zeit der Wirren« dort ein Schlüsselbegriff gewesen war. Häufig war dieser Terminus, der […] zur Bezeichnung einer historischen Entwicklungsphase im frühen 17. Jahrhundert diente, auch zur Beschreibung der Umbruchsituation im Russland der Transformationszeit benutzt worden. Diese Periode raschen und verunsichernden Wandels sollte nun offiziell für beendet erklärt werden.« Und weiter: »Der neue Feiertag transportierte also zugleich die Aussage, Putin habe das Chaos der Ära [Jelzin] beseitigt und Russland konsolidiert. Implizit wurde dabei eine Analogie zwischen dem ersten Romanow und Präsident Putin hergestellt: So wie das Land [1613] mit der Inthronisierung von [Michail Romanow] erstmals nach der »Zeit der Wirren« wieder einen starken Herrscher bekam, ging Putin nun in seinem Selbstverständnis gegen Anarchie und Regionalismus vor, indem er die »Machtvertikale« und einen starken Staat forcierte« (de Keghel: Verordneter Abschied von der revolutionären Tradition…, S. 124f. – s. die Lesetipps).

Der siegreiche Widerstand gegen ausländische Militärinterventionen ist gemeinsamer Nenner zarischer, sowjetischer und russländischer Geschichtspolitik. Gemäß sowjetischer Tradition ist dabei auch in post-sowjetischer Zeit der »Tag des Sieges« am 9. Mai als Apotheose des »Großen Vaterländischen Krieges 1941–1945« zentraler Fluchtpunkt, der wiederum in direkter historischer wie terminologischer Traditionslinie zum »Vaterländischen Krieg 1812« steht. Eine Putinsche Innovation ist die Proklamierung des 4. November zum »Tag der nationalen Einheit«, mit dem der Vertreibung der polnisch-litauischen Interventen 1612 gedacht wird. Eine weitere, zu zarischen wie sowjetischen Zeiten aus unterschiedlichen Gründen nur halbherzig gefeierte erfolgreiche militärische Beendigung einer feindlichen Intervention ist damit geschichtspolitisch beträchtlich aufgewertet. Stützpfeiler des auf einem Unbesiegbarkeitsmythos beruhenden neuen russländische Gedenkkanons ist somit neben 1812 und 1945 jetzt auch das Jahr 1612, während das Revolutionsjahr 1917 nicht mehr und 2000, das Jahr des Beginns der ersten Präsidentschaft Wladimir Putins, noch nicht in dieser Reihe steht.

Lesetipps / Bibliographie

  • Schenk, Frithjof Benjamin: Aleksandr Nevskij. Heiliger – Fürst – Nationalheld. Eine Erinnerungsfigur im russischen kulturellen Gedächtnis (1263–2000) Köln, Weimar, Wien 2004, S. 226–287.
  • Scherrer, Jutta: Sowjetunion/Rußland: Siegesmythos versus Vergangenheitsaufarbeitung, in: Monika Flacke (Hg.): Mythen der Nationen. 1945 – Arena der Erinnerungen. . Bd. II, Mainz 2004, S. 619–670.
  • Keghel, Isabelle de: Verordneter Abschied von der revolutionären Tradition: Der »Tag der nationalen Einheit« in der Russländischen Föderation, in: Lars Karl, Igor J. Polianski (Hg.): Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im neuen Russland. Göttingen 2009, S. 119–140.

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