Analyse Von Angelika Nußberger
Die Rechtsstaatsidee lässt sich nicht abstrakt verwirklichen, sondern nur im jeweiligen nationalen und historischen Kontext und damit unter den Bedingungen der jeweiligen Rechtskultur, die die Einstellung zum Recht und somit die Bedeutung des Rechts als gesellschaftliches Regelungsinstrument prägt. In Russland werden traditionelle Defizite, zu denen etwa die unsystematische Rechtskodifizierung, die verspätete Herausbildung der Rechtswissenschaft, die geringe Verbreitung von Rechtskenntnis der Bevölkerung zu zählen sind, nur langsam aufgeholt. Immerhin unternimmt die politische Führung Anstrengungen, die Situation durch Kodifizierungen, Umbau der Juristenausbildung und Einbindung in eine gemeineuropäische Rechtskultur zu verändern. Allerdings tragen in sich widersprüchliche rechtliche Regelungen, Scheinargumentationen, eine zum Teil mehr quantitativ als qualitativ ausgerichtete Rechtsproduktion und nach wie vor bestehende Vollzugsdefizite dazu bei, dass das Erbe des Rechtsnihilismus so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird.
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Analyse Von Robert W. Orttung
Die politischen Institutionen Russlands sind in den letzten Jahren zunehmend von demokratischen Standards abgewichen. Bei der Analyse dieser Veränderungen haben Politikwissenschaftler eine Reihe von analytischen Werkzeugen vorgelegt, die für die Beschreibung des aktuellen politischen System in Russland hilfreich sind. Nach einer kurzen Zusammenfassung der jüngsten politischen Entwicklungen und der Ansätze zu ihrer Interpretation wird in diesem Beitrag argumentiert, dass das System am ehesten als ein autoritäres verstanden werden kann, welches durch das Fehlen einer Opposition, Schwierigkeiten in der Rekrutierung neuer Führer sowie durch einen zunehmend brüchigen Prozess der Informationsbeschaffung charakterisiert wird.
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