Problembereich Käsesektor
Die Milchwirtschaft bleibt einer der am stärksten importabhängigen Sektoren der russischen Wirtschaft. Dies betrifft insbesondere den Käsesektor. Vor dem selbst verhängten Lebensmittelembargo sind in Russland in der Spitze 428 000 Tonnen Käse erzeugt worden, während 85 % des russischen Käsebedarfs durch Importe abgedeckt wurden. Wie aus den Daten von »Rosstat« hervorgeht, ist die Produktion von Käse und Quark in Russland von 2013 bis 2017 um über ein Drittel gestiegen. Darüber hinaus erhöhte sich der Anteil des einheimischen Käses auf 72–75 %. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2014 hatte dieser Anteil nur bei 50 % gelegen. Das Marktforschungsunternehmen »BusinesStat« schätzt den aktuellen Marktanteil von importiertem Käse auf etwa 30 %. Das Lebensmittelembargo wird von vielen Experten deshalb als eine Chance für die russischen Käsehersteller betrachtet. Seit dem Inkrafttreten des Lebensmittelembargos sanken die Käseimporte nach Russland um rund die Hälfte während die Inlandsproduktion um 40 % anstieg. Jedoch werden nach Angaben des »Instituts für die Konjunktur der Agrarmärkte« (IKAR) durchschnittlich 50 Tonnen Käse pro Tag illegal nach Russland eingeführt. Das Volumen des russischen Käsemarktes beträgt rund 300 000 Tonnen pro Jahr. Etwa ein Drittel davon sind illegale Waren. Die beliebtesten Sorten, die dem Lebensmittelembargo unterliegen, sind Brie, Parmesan, Cambozola, Camembert, Dorblu, Roquefort, Emmentaler und Gruyère. In der Regel handelt es sich dabei um Lieferungen aus den vom Embargo betroffenen Ländern, die über Belarus und Kasachstan erfolgen und dann – umverpackt und umdeklariert – nach Russland eingeführt werden. Ein anderer Weg besteht darin, dass die Ware nicht als Käse, sondern zum Beispiel als Baustoffe deklariert und so ins Land geschmuggelt wird. Es kommt aber auch vor, dass ein Transitcontainer, der durch Russland nach Kasachstan transportiert wird, sein Ziel nicht erreicht und in Russland »verloren geht« (das ist der dritte Weg zur Umgehung des Embargos). Der Nettogewinn der schmuggelnden Organisatoren variiert zwischen 400 Rubeln (5,7 Euro) und bis zu 500 Rubeln (7,2 Euro) pro Kilogramm Käse. Nach Expertenschätzungen sind im gesamten Jahr 2016 aus den Ländern, die dem russischen Lebensmittelembargo unterliegen, 26 200 Tonnen Käse im Wert von 62,3 Millionen US-Dollar (57,36 Mio. Euro) auf Umwegen oder durch falsche Produktdeklarierung nach Russland eingeführt worden. Die weitere Entwicklung wird davon abhängen, ob das Einfuhrverbot für Käse aus Europa aufrechterhalten wird.
Es scheint allerdings, dass das Lebensmittelembargo der Qualität und der Preisbildung auf dem russischen Käsemarkt geschadet hat. In einem Interview gegenüber der »Russischen Agraragentur« sprach Ljudmila Manizkaja, Geschäftsführerin des russischen Verbands der Molkereiunternehmen, am 27. Dezember 2017 über das, was in der Branche wirklich geschieht. Die Produktion von Käse und Käseprodukten habe im Jahr 2016 etwa 600 000 Tonnen erreicht. Die Produktion von reinem Käse wird allerdings für das Jahr 2016 auf 460 000 Tonnen geschätzt. In den ersten drei Quartalen 2017 belief sich die Produktion im Käsesegment auf ungefähr 330 000 Tonnen. Im gesamten Jahr 2017 wurden schätzungsweise 600 000 Tonnen Käseprodukte (darunter ca. 400 000 t Käse) hergestellt. Laut der russischen Agraraufsicht »Rosselchosnadsor« wird in Russland derzeit bis zu 35 % des Käses gefälscht. Dies sei eine direkte Folge des Kaufkraftrückgangs der Bevölkerung in Russland sowie des Einfuhrverbots für Qualitätskäse. Von einem plötzlichen und rasanten Boom zu sprechen, wäre nicht zutreffend, weil die Probleme der russischen Käsehersteller sehr ernst sind, als da wären: die niedrige Qualität, der Mangel an Rohmilch und die sinkende Nachfrage durch die Bevölkerung. Die ohnehin armen Verbraucher werden ärmer, eine nennenswerte Mittelschicht gibt es in Russland nicht, und der Bedarf der Reichen ist nicht gestiegen. Die Nachfrage sinkt und damit auch die Gewinne und die Profitabilität der Hersteller. Ein guter Käse hat hohe Produktionskosten. Die Produktion eines Kilogramms Käse erfordert etwa 10 Liter Milch zu mindestens 25 Rubel (0,363 Euro) pro Liter. Daraufhin wird der Käse in einem speziellen Verfahren zubereitet, was die Produktionskosten erhöht. Dieser Prozess dauert zwischen einigen Wochen und mehreren Monaten, je nach Art des Käses. Hinzu kommen weitere Kosten für Verpackung, Logistik und Werbung. Der Preis von gutem Hartkäse kann nicht unter 700 Rubel (10,1 Euro) pro Kilogramm liegen. Qualität ist in jedem der Segmente schwer zu erreichen, da die Nachfrage sinkt und der Staat die verarbeitende Industrie nicht unterstützt. Auch wenn das Lebensmittelembargo aufgehoben werden sollte, dürfte kein Anstieg der Käseimporte zu erwarten sein, weil der Rubel ständig schwächer wird und die ausländischen Käsehersteller um einen wenig zahlungskräftigen russischen Verbraucher werden kämpfen müssen. Nicht jedes importierte Produkt wird überleben.
Entspricht die Statistik der Rohmilchproduktion nicht der Realität?
Den Daten von Rosstat zufolge belief sich 2017 die Milchproduktion in landwirtschaftlichen Betrieben aller Kategorien auf 31,1 Millionen Tonnen, was einem Anstieg von 1,2 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Milchproduktion ist innerhalb von vier Jahren (2013–2017) um 2 % auf 31,1 Millionen Tonnen gestiegen. Die Milchkuhbestände beliefen sich zum 1. Januar 2018 auf 8,2 Millionen Kühe (0,7 % weniger gegenüber dem Vorjahr). Im Zeitraum 2013 bis 2017 betrug der Rückgang der Milchkuhbestände 6 %. Trotz der rückläufigen Kuhbestände in den letzten Jahren bleibt die Milchproduktion auf dem gleichen Niveau. Dies wurde dank der wachsenden Milchleistung möglich (3792 kg Milch pro Kuh im Jahr 2017). Nach Einschätzung von »Rusprodsojus« ist der Anteil russischer Produkte in den Regalen seit dem Embargo innerhalb von vier Jahren von 60 auf 80 % gestiegen.
Nach Angaben von Manizkaja, die im September 2017 in Sotschi auf einer Konferenz zur Milchwirtschaft einen Vortrag hielt, stimmen die Produktionszahlen von Rohmilch in der Statistik nicht mit den tatsächlichen Produktionsmengen überein. Sie behauptete, das tatsächliche jährliche Produktionsvolumen in Russland betrage nur 17Millionen Tonnen. Der Rest (ca. 13–14 Mio. t) existiere nur auf dem Papier bzw. werde durch Lebensmittelproduktfälschung erzielt. Seit 2012 gehe der Bestand an Kühen jährlich zurück. Die staatliche Unterstützung sei veraltet. Die Milchwirtschaft erhalte zwar Subventionen, es fehlten aber die Erfolge. Das dürfte jedoch Ergebnis eines sinkenden Konsums aufgrund steigender Preise und einer »künstlichen« Erhöhung des Produktionsvolumens durch Lebensmittelproduktfälschung und Panschen sein. Inzwischen sei der Konsum von Milchprodukten von 387 Kilogramm pro Person im Jahr 1991 auf nur 236 Kilogramm 2016 zurückgegangen (ein Rückgang von 40 % innerhalb von 25 Jahren); dieser Wert liege um 30 % unter der Empfehlungsnorm des russischen Gesundheitsministeriums.
Der Milchkrieg zwischen Russland und Belarus 2017/18
Die Situation 2017
Belarus hat in den letzten zwei Jahren seine Position als Exporteur von Milchprodukten nach Russland ausgebaut. Aus diesem Grund begann Rosselchosnadsor zu zweifeln, dass die als belarussisch deklarierten Milchprodukte, die nach Russland geliefert werden, tatsächlich in Belarus produziert wurden. Hieraus entwickelte sich ein Konflikt zwischen Russland und dem Nachbarland hinsichtlich des Handels mit Milchprodukten. Russland vermutet, dass Belarus Milchpulver/ Trockenmilch aus den Ländern bezieht, die dem Lebensmittelembargo unterliegen, und diese wieder nach Russland exportiert, obwohl Russland das verboten hat. Außerdem hat Russland Belarus vorgehalten, dass es bei den gelieferten Milchprodukten erhebliche Qualitätsmängel gegeben habe. Die belarussischen Behörden reagierten auf diese Kritik jedoch mit Unverständnis und beschuldigten ihrerseits Russland, es würde nach Gründen suchen, belarussische Unternehmen zu diskriminieren und Belarus den Zugang zum russischen Markt zu verwehren.
Bei einem Treffen der Leitungsebene der Generalstaatsanwaltschaften von Russland und Belarus am 29. September 2017 erklärte Wladimir Malinowskij, der stellvertretender Generalstaatsanwalt Russlands, dass es schwerwiegende Diskrepanzen zwischen dem Volumen der Agrarexporte aus Belarus und der Menge der dort erzeugten Güter gebe. Produkte aus Ländern, die dem russischen Importverbot unterliegen, würden oft mit gefälschten phytosanitären Begleitdokumenten nach Belarus geliefert und dann als belarussische Waren nach Russland weiterexportiert, erklärte Malinowskij. Nach Angaben des Staatssekretärs des Ständigen Komitees des Unionsstaates von Russland und Belarus, Grigorij Rapota, hat sich Belarus nach der Einführung des Lebensmittelembargos durch Russland zunehmend zu einem »Transitkanal« für die betroffenen Produkte entwickelt.
Belarus reagierte auf die Anschuldigungen Russlands mit großer Empörung. Der Ministerpräsident und das Landwirtschaftsministerium halten die meisten Vorwürfe Russlands wegen illegaler Re-Exporte für unbegründet. Die Behauptungen der russischen Seite, dass sanktionierte Produkte umdeklariert und als belarussische Ware nach Russland eingeführt würden, seien zum größten Teil »erfunden«. Dies erklärte der Ministerpräsident von Belarus, Andrej Kabjakau, am 30. Oktober 2017 in einem Interview gegenüber dem Fernsehsender »Mir24«. Falls Rosselchosnadsor den Verdacht habe, dass jemand Dokumente über die Herkunft der Produkte gefälscht hat, müssten die betreffenden kriminellen Personen ermittelt und strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums von Belarus vom 30. September 2017 gegenüber der Nachrichtenagentur »RIA Novosti« seien die Einwände Russlands unbegründet und unzutreffend.
Darüber hinaus teilte der belarussische Präsident Aljaxandr Lukaschenka Anfang Februar 2017 als Antwort auf eine Anfrage von Rosselchosnadsor mit, dass er die Anschuldigungen der russischen Behörde nicht verstehen könne und er die belarussische Staatsanwaltschaft angewiesen habe, ein gerichtliches Ermittlungsverfahren gegen Sergej Dankwert, den Chef von Rosselchosnadsor, einzuleiten. Als Grund dafür nannte er den »finanziellen Schaden, der dem belarussischen Staat aus eigenen wirtschaftlichen Interessen« zugefügt worden sei. Nach Lukaschenkas Angaben besitzt Dankwert Anteile an mehreren russischen Unternehmen der Agrarbranche, so dass ihm und Interessenkonflikte zu bescheinigen und Habsucht als Motiv für das diskriminierende Vorgehen gegen belarussische Agrarunternehmen vorzuwerfen sei. Als Chef einer Agrarbehörde sei er befangen und nicht berechtigt, Exportliegerungen aus Belarus zu diskriminieren, da er auf diese Weise seine eigenen Unternehmen schützen und bevorteilen würde. Daraufhin erwiderte Dankwert, dass er bedaure, solche Anschuldigungen gegen seine Person zu hören, und dass es in Zukunft schwierig wäre, mit Belarus als Handelspartner zu arbeiten.
Auch der belarussische Agrarminister Leanid Sajaz antwortete auf die Frage, ob Belarus illegal Milch aus den vom Lebensmittelembargo betroffenen Ländern auf Umwegen nach Russland exportiert habe, dass diese Anschuldigungen unbegründet seien. Er erklärte, die beiden Präsidenten hätten im August 2014 vereinbart, dass Belarus den russischen Markt mit Milch und Milchprodukten beliefert. Von August bis Dezember 2014 habe Belarus seine Lieferungen auf Anregung Russlands um 37 % gesteigert und somit Russlands Bitte erfüllt. Nun aber stelle sich heraus, dass belarussische Waren in Russland unerwünscht sind. Nach Ansicht des Agrarministers verfolge Rosselchosnadsor mit seinen Anschuldigungen das Ziel, belarussische Produzenten vom russischen Markt zu verdrängen. Er fügte hinzu, dass es von Seiten anderer Länder keine Beanstandungen hinsichtlich der Qualität belarussischer Milchprodukte gebe, sondern diese im Gegenteil darum bäten, die Liefermengen zu erhöhen.
Die Situation 2018
Rosselchosnadsor kündigte am 22. Februar 2018 auf seiner Internetseite an, dass ab dem 26. Februar ein Verbot für die Einfuhr von Milchprodukten aus Belarus in Kraft tritt. Zu den betroffenen Kategorien der Milchprodukte gehören Milch und Sahne sowie Molke und Milcheiweiß. Der Agrarminister Russlands Alexander Tkatschow begrüßte die Maßnahme und äußerte sich am 22. Februar gegenüber dem Fernsehsender »Rossija 24«. Seiner Ansicht nach ist das verhängte Einfuhrverbot gerechtfertigt, weil in der Vergangenheit aus Belarus sehr oft gefälschte (gepanschte) oder aus anderen Ländern re-importierte Milchprodukte geringerer Qualität nach Russland geliefert worden seien. Nach Angaben des Nationalen Verbandes der Milchproduzenten Russlands »Sojusmoloko« ist Belarus der Hauptlieferant von Milcherzeugnissen nach Russland. Der Anteil der belarussischen Lieferungen an Russlands Gesamtimporten wird auf 79 % geschätzt.
Die Regierung in Belarus äußerte ihr Erstaunen über die Entscheidung von Rosselchosnadsor. Der Erste stellvertretende Agrarminister von Belarus, Leanid Marynitsch, sagte gegenüber »RIA Novosti« am 22. Februar, dass er gerade erst über das Einfuhrverbot erfahren habe und herauszufinden versuche, welche Gründe dazu geführt haben könnten. Das Einfuhrverbot für Milcherzeugnisse aus Belarus, das am 26. Februar in Kraft treten sollte, wurde mehrfach verschoben. Rosselchosnadsor begründete den Aufschub mit technischen Schwierigkeiten. Schließlich verhängte Russland am 6. Juni 2018 ein Importverbot für belarussische Milchprodukte (Milch, Milchpulver, normale und konzentrierte Sahne, Kondensmilch, Molke sowie Molkenkonzentrat und Milcheiweiß in Behältern von mehr als 2,5 Litern. Laut dem Pressedienst von Rosselchosnadsor sollen Milchprodukte in Verpackungen bis 2,5 Liter nicht unter das Verbot fallen und dürfen weiterhin aus Belarus nach Russland geliefert werden. Grund für die Einschränkungen seien zahlreiche Verstöße gegen phytosanitäre und Veterinärvorschriften gewesen. Die Produkte hätten verbotene oder gesundheitsschädliche Stoffe enthalten. Das belarussische Agrarministerium glaubte weiterhin, dass das Einfuhrverbot nicht ausreichend begründet ist. Laut dem Vorsitzenden von »Sojusmoloko«, Andrej Danilenko, hat Rosselchosnadsor die dem Einfuhrverbot unterliegenden Produkte sehr genau gewählt, und lediglich die Lieferung nur solcher Produkte untersagt, deren Reserven in Russland recht umfangreich sind, so dass die Verbraucher darunter nicht zu leiden hätten.
Im Juli 2018 wurden zahlreiche Gespräche zwischen Politikern der beiden Seiten geführt, die jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis führten. Am 2. Juli, hatten sich die Landwirtschaftsminister von Belarus und Russland zu Gesprächen in Moskau getroffen. Auf der Grundlage dieser Verhandlungen wurde ein Verzeichnis belarussischer Unternehmen ausgearbeitet, die Russland beliefern dürfen. Belarussische Fabriken sollten nicht nur die Qualität, sondern auch die Herkunft der Rohstoffe belegen können. Am 13. Juli 2018 führten Vertreter von Rosselchosnadsor und der Abteilung für Veterinär- und Lebensmittelkontrolle des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährung von Belarus weitere Gespräche in Brjansk. Daraufhin erklärte der Chef von Rosselchosnadsor, Sergej Dankwert, dass er nicht beabsichtige, die Zahl der belarussischen Lieferanten zu erhöhen, die auf dem russischen Markt zugelassen sind. »Wir sehen keine Möglichkeit, die Restriktionen zu beseitigen«, lautete Dankwerts Kommentar. Rosselchosnadsor beschwerte sich über belarussischen Unternehmen, deren deklarierte Produktionskapazität geringer sei als die tatsächlich von ihnen gelieferten Mengen. Die russische Seite glaubt, dass diese Lieferungen auf gefälschten Dokumenten beruhen. Rosselchosnadsor vermutet, dass die Importeure bei der Einfuhr ihrer Produkte absichtlich die Kontrollpunkte umgehen, und es nimmt an, dass in den letzten Jahren auf diese Weise Produkte im Umfang von 350 000 Tonnen ins Land eingeführt wurden. Interessant ist hier, dass Dankwerts Ankündigung vom 13. Juli der Stellungnahme des russischen Landwirtschaftsministers Dmitrij Patruschew widerspricht, die dieser während des »Allrussischen Tags des Feldes« am 6. Juli in Lipezk abgegeben hatte. Der Agrarminister hatte sich nämlich bereit erklärt, den russischen Markt für weitere Lieferanten aus Belarus zu öffnen.
Wadim Semikin, Experte für Milchmärkte am Moskauer Institut IKAR vertritt die Meinung, dass die Entscheidung von Rosselchosnadsor politische Beweggründe hat. Russland importiere schließlich große Mengen von Milchpulver aus Belarus. 2018 senkte Belarus zweimal die Exportpreise für Milchpulver, was dazu führte, dass das Preisniveau auf dem russischen Markt auf das Niveau von 2013 gesunken ist. Inländische Unternehmen können der Konkurrenz aus Belarus nicht mehr standhalten.
Ausblick
Die derzeit gültige Doktrin für Ernährungssicherheit Russlands wurde im Januar 2010 per Dekret des Präsidenten verabschiedet und gilt bis 2020. Als Kriterium für die Bewertung der Ernährungssicherheit verwendet diese den Anteil inländischer Produkte auf dem gesamten Inlandsmarkt. Die Schwelle für Milch und Milchprodukte liegt der Doktrin zufolge bei 90 %. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums wurden in den vergangenen acht Jahren nahezu sämtliche Indikatoren erreicht, mit Ausnahme von Milch (82,4 % im Jahr 2017). Der Erste stellvertretende Landwirtschaftsminister Russlands, Dschambulat Chatuow, teilte am 12. Oktober 2018 in Moskau auf dem Forum »Milchviehzucht: Erfolge, Probleme, Richtungen der weiteren Entwicklung« im Rahmen der Messe »Goldener Herbst 2018« mit, dass die Milchproduktion in Russland bis zum Jahr 2024 auf 33,6 Millionen Tonnen gegenüber 31,2 Millionen Tonnen im Jahr 2017 steigen werde (+7,7 %). Zumindest lautet so die Prognose. Wie die Realität aussehen wird, bleibt abzuwarten.