Der Stand der Wissenschaftsfreiheit in Russland 2022–2024

Von Dmitry Dubrovskiy (Karls-Universität Prag und Brīvā universitāte, Riga)

Zusammenfassung
Diese Analyse liefert detaillierte Einblicke in die Entwicklung, die die russische Wissenschaft und die Hochschullandschaft Russlands, gemessen an den fünf Dimensionen akademischer Freiheit, wie sie durch den »Academic Freedom Index« festgelegt werden, in den Jahren 2022 bis 2024 durchlaufen hat.

Freiheit von Forschung und Lehre[1]

Nach dem Beginn der russischen Vollinvasion im Februar 2022 ist die Wissenschaftsfreiheit ganz erheblich beschnitten worden (siehe Grafik 1 auf Seite 10). Russland gehört jetzt weltweit zu den 20 Prozent der Länder mit der geringsten Wissenschaftsfreiheit.[2] Der großangelegte Angriffskrieg ging mit einer umfassenden ideologischen Neuausrichtung der Hochschulbildung in Russland einher.[3] Die Unterdrückung andersdenkender Lehrkräfte und Studierender wurde intensiviert. Das führte dazu, dass Russland in den Indizes zur Freiheit der Lehre und der Forschung erheblich zurückfiel. Wissenschaftler:innen werden Opfer von (Selbst-) Zensur sowie verwaltungsrechtlicher oder gar strafrechtlicher Verfolgung.

Seit 2022 werden im russischen Hochschulwesen verstärkt »traditionelle Werte« propagiert, insbesondere in den Sozial- und Geisteswissenschaften. Ganze Forschungsbereiche wie etwa Gender– oder Queerstudies wurden als »den Werten des russischen Volkes fremd« eingestuft.[4] Sie sind anschließend entweder zwangsaufgelöst oder auf euphemistische Weise unbenannt worden.[5] Die Vermittlung von Menschenrechten ist vollkommen unmöglich geworden.[6] Forschung und Lehre von Politikwissenschaft und Soziologie in Bezug auf das derzeitige politische Regime und dessen Merkmale wird zunehmend problematisch, hauptsächlich durch staatlich geförderten »Patriotismus«, der sich auf militaristische Propaganda und antiwestliche Stimmungen stützt.[7] Die aggressive Geschichtspolitik der Russischen Föderation hat historische Forschungen zum 20. Jahrhundert zu einem riskanten Unterfangen gemacht.[8] Der russische Staat zwingt die Hochschulen und Universitäten, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen und zu legitimieren. Das erfolgt vorwiegend durch neu eingeführte Kurse zu den »Grundlagen der russischen Staatlichkeit« und zu einer »Geschichte Russlands«, in denen ein aggressives antiukrainisches Narrativ vermittelt wird.[9]

Durch neue Gesetze wurde im Land praktisch Kriegszensur eingeführt, wobei sich Wissenschaftler:innen wegen ihrer Forschung und ihrer Lehre einer drohenden Strafverfolgung gegenübersehen (siehe Grafik 6 auf S. 12). Gemäß dem »Fake News-Gesetz« (zum § 207.3 des Strafgesetzbuches, eingeführt am 04. März 2022) kann die Verbreitung von »Falschinformationen über den Einsatz der Streitkräfte der Russischen Föderation« mit bis zu 15 Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. »Diskreditierung der Streitkräfte der Russischen Föderation« (§ 280.3 des Strafgesetzbuches) kann mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft werden. Ein Aufruf zu restriktiven Maßnahmen (also Sanktionen) gegen Russland kann laut Paragraf 284.2 des Strafgesetzbuches seit dem 4. März 2022 mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Seit April 2022 ist ein Vergleich der Sowjetunion mit Nazi-Deutschland mit Geldstrafen belegt.[10]

2012 war der Status des »ausländischen Agenten« eingeführt worden, mit dem russische NGOs versehen wurden, die Gelder aus dem Ausland erhalten. Später, 2015, wurden diese Maßnahmen durch das Konzept der »unerwünschten Organisation« ergänzt, deren Tätigkeit auf dem Territorium der Russischen Föderation verboten wurde. Das bedeutete für viele Bildungs– und Forschungsprojekte, die Zuwendungen aus dem Ausland erhielten, eine Einschränkung. 2017 wurde das Konzept des »ausländischen Agenten« ausgeweitet und betraf nunmehr Medienportale und später auch einzelne Personen. Seit 2021 sind »ausländische Agenten« nicht mehr berechtigt, irgendeine Form von Bildungsarbeit zu unternehmen. Das diskriminierende Gesetz über »ausländische Agenten« beeinträchtigt weiterhin die Freiheit von Forschung und Lehre.[11] Die Zahl der Wissenschaftler:innen, die als »ausländische Agenten« eingestuft wurden, ist seit 2022 drastisch gestiegen. 2021 noch waren nur zwei Wissenschaftler:innen als »ausländische Agenten« gelistet. Mitte 2024 waren es bereits 48 Wissenschaftler:innen und zwölf Wissenschaftseinrichtungen (siehe Grafik 4 auf S. 12). Sie alle verloren formal ihr Recht, in Russland zu unterrichten.[12] Das Gesetz untersagt den Betroffenen zwar nicht, in anderen akademischen Bereichen als der Lehre aktiv zu sein, auch nicht in der Forschung. In der Praxis haben jedoch alle »ausländischen Agenten« umgehend ihre Stelle an der Universität verloren.

Eine erhebliche Anzahl russischer Wissenschaftler:innen hat das Land verlassen.[13] Zielländer sind vor allem jene Staaten, in die Menschen aus Russland visafrei einreisen können: Kasachstan, Georgien, Armenien, die Türkei, Serbien und Montenegro.[14] Einige Schätzungen lassen den Umfang der Emigration erahnen: Die Studie von »The Bell« kommt zum Beispiel zu dem Schluss, dass die Zahl der kürzlich aus Russland Emigrierten rund 650.000 beträgt.[15] Der »Novaya Gazeta Europe« zufolge haben seit Februar 2022 mindestens 2.500 Wissenschaftler:innen das Land verlassen.[16] Eine Analyse der Daten von ORCID[17] zu Veränderungen bei der Affilierung ergibt, dass die genannten visafreien Zielländer keine Möglichkeiten zur Fortsetzung der akademischen Karriere bieten. Aus der Analyse geht auch hervor, dass 15 Prozent derjenigen, die seit Februar 2022 ihren Arbeitsplatz gewechselt haben, nun eine Affiliation mit einer Institution in Deutschland nannten, bei 7 Prozent war es Israel, bei 4 Prozent Kasachstan, bei 4 Prozent China, bei unter 4 Prozent Italien und bei 3 Prozent Spanien. Ein Anteil von sieben Prozent ist über eine Reihe postsowjetischer Staaten verteilt. Trotz einer beträchtlichen Emigration von Russ:innen nach Serbien und Montenegro sowie in die Türkei treten diese Länder bei den Beschäftigungspfaden der Emigrant:innen kaum in Erscheinung.

Aus Daten von OVD-Info[18] geht hervor, dass es sich von 220 Fällen politisch motivierter Verfolgung von Lehrkräften an Hochschulen und Schulen[19] bei 41 Prozent um Druck durch Polizei und Justiz und bei 40 Prozent um Druck durch die Hochschulverwaltungen handelt. 18 Prozent der registrierten Fälle umfassten direkten Druck auf Lehrkräfte und Schulverwaltungen durch »Z-Aktivist:innen« (also Personen, die aktiv den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine unterstützen).

Die Praxis des Denunzierens tritt gehäufter auf, was eine Verfolgung von Professor:innen und Studierenden nach sich zieht, die eine kritische Haltung zum Krieg haben.[20] Das Monitoring von OVD-Info ergab 54 Fälle, in denen Universitätsdozent:innen unter Druck gesetzt wurden, und darunter in 17 Fällen aufgrund von Denunziationen, vor allem durch Studierende.[21] So wurde Irina Sedelnikowa, eine Professorin an der Filiale der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung (RANEPA) in Nischnij Nowgorod von Studierenden denunziert und dann zu drei Jahren auf Bewährung verurteilt: Sie habe »ihre Stellung ausgenutzt«, um Äußerungen über ukrainische Kinder zu machen, die durch das Vorgehen der russischen Armee ums Leben kamen.

Diese Daten verweisen auf eine systematische Einmischung staatlicher Behörden in die Wissenschaft. Ebenso machen sie die starke Beteiligung der Hochschulverwaltungen an politischer Kontrolle und Zensur deutlich. Die Daten zeigen auch, dass der Druck auf Wissenschaftler:innen nicht nur von oben erfolgt, sondern ebenso von unten, durch illiberale politische Graswurzelbewegungen.

Die Methoden, mit denen Wissenschaftler:innen verfolgt werden, sind vielfältig. Neben verwaltungsrechtlichen Verfahren und Strafverfahren werden sie auch jenseits der Justiz unter Druck gesetzt, etwa durch anonyme Drohungen, Belästigung im Internet, Verhöre und Durchsuchungen, Festnahmen ohne Anklage, Auflösung ihrer Organisation, Suspendierung als Dozent:in, Entlassung, Beschädigung ihres Eigentums, Einstufung als »ausländische:r Agent:in«, Nötigung zu Entschuldigungen oder durch Zensur. Zu den Maßnahmen von Polizei und Justiz gehören »präventive Gespräche« mit Beamt:innen oder die Drohung mit Strafverfahren. Universitätsverwaltungen reagieren auf Aktivismus gegen den Krieg und ähnliche zivilgesellschaftliche Betätigung von Dozent:innen und Studierenden mit der Drohung, Arbeitsverträge nicht zu verlängern, und mit informellen »präventiven Gesprächen« mit der Universitätsverwaltung. Auch werden einzelne Fälle vor Ethikkommissionen verhandelt, die oft in eine Exmatrikulation oder Entlassung »wegen Verstößen gegen den Ethikkodex« münden. In diesem System spielen Aktivist:innen, die den Krieg unterstützen, eine gesonderte Rolle. Sie durchkämmen die sozialen Medien nach Anzeichen von »staatsfeindlicher Betätigung« von Dozent:innen und Studierenden und senden Berichte an die Polizei und die Universitätsverwaltung. Diese Aktivist:innen drohen den Betroffenen auch unmittelbar, um sie einzuschüchtern. Durch diesen vielseitigen Druck sehen sich Wissenschaftler:innen gezwungen, entweder ihre Arbeit oder ihr Land zu verlassen; eine weitere Folge kann Selbstzensur sein.

Freiheit des wissenschaftlichen Austauschs und der Verbreitung von Forschungsergebnissen

Der großangelegte Einmarsch Russlands in die Ukraine hatte schwerwiegende Folgen für die Freiheit des wissenschaftlichen Austauschs und die Verbreitung von Forschungsergebnissen: Nach dem 24. Februar 2022 haben viele internationale Forschungseinrichtungen und Wissenschaftsverlage wie etwa »Brill«, »Elsevier« und »Springer« umgehend ihre Zusammenarbeit mit russischen Wissenschaftler:innen ausgesetzt. Publikationen von russischen Wissenschaftler:innen wurden beschränkt.[22] Gleichzeitig übten die russischen Behörden Druck auf russische Autor:innen aus, indem sie ihnen »empfahlen«, nicht in Zeitschriften von »Elsevier« zu veröffentlichen. Diese würden angeblich die Open-Access-Gebühren einsetzen, um die Ukraine zu unterstützen, und das werde von der russischen Gesetzgebung als »Hochverrat« betrachtet.[23] (siehe Grafik 3 auf S. 11) Die Zahl russischer Wissenschaftler:innen, die an internationalen Konferenzen teilnehmen, ist beträchtlich zurückgegangen. Das ist auf finanzielle Schwierigkeiten zurückzuführen wie auch darauf, dass russische Universitätsverwaltungen das direkt untersagen,[24] und dass international eine Zusammenarbeit mit russischen Wissenschaftler:innen, die mit russischen staatlichen Institutionen verbunden sind, ausgesetzt wurde.[25] Um weiterhin an internationalen akademischen Veranstaltungen teilnehmen zu können, melden sich Wissenschaftler:innen, die mit staatlichen Institutionen affiliiert sind, bei Konferenzen oft als unabhängige Forscher:innen an und geben ihre offizielle Affiliation gar nicht erst preis.

Eine Reihe russischer Universitäten, etwa Skolkowo oder das Moskauer Institut für Physik und Technologien (MIPT), wurden auf die Liste sanktionierter Institutionen gesetzt, weil sie mutmaßlich an einer technologischen Unterstützung für den Krieg gegen die Ukraine beteiligt waren und sind. In mehreren Fällen wurden die Sanktionen auf deren Absolvent:innen ausgedehnt. So weigerte sich die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) in Zürich, russische Absolventen sanktionierter Institutionen in ihre Masterprogramme aufzunehmen.[26]

Im Juli 2022 zog sich Russland aus dem Europäischen Hochschulraum (EHEA) zurück, wobei es offiziell aus dem Bologna-System ausstieg und die Schaffung eines »national ausgerichteten« Hochschulsystems verkündete, das auf den »besten Vorzeigebeispielen russischer Hochschulbildung« basieren soll. Trotz offizieller Statements über die Errichtung eines »einzigartigen Bildungssystem« ist bislang nichts Erwähnenswertes unternommen worden, wenn man von einem Pilotprojekt an sechs Universitäten absieht. Dort wird der Abschluss als »Spezialist« wieder eingeführt (dieser Abschluss war typisch für das postsowjetische russische Hochschulsystem, bis Russland sich dem Bologna-Prozess anschloss).

Ideologische Trends haben einen direkten Einfluss auf wissenschaftliche Publikationen. Einige Begriffe wie etwa »Autoritarismus« (bezogen auf das russische politische System) sind bereits vor 2022 praktisch aus russischen wissenschaftlichen Publikationen verbannt worden. Es wurden auch systemische Hindernisse für die Veröffentlichung von Artikeln zu LGBTQ+-Themen in russischen wissenschaftlichen Zeitschriften geschaffen. In historischen Zeitschriften sind seit 2014 verschiedene Formen der Zensur zu beobachten gewesen.[27] Veröffentlichungen von »ausländischen Agent:innen« müssen mit Hinweisen auf diesen diskriminierenden Status versehen werden. Solche Artikel können in Russland weder in anderen Publikationen zitiert werden, noch dürfen sie in russischen Bibliotheken öffentlich zugänglich gemacht werden, da sie nur für Menschen über 18 Jahren erscheinen und nicht an Minderjährige verkauft werden dürfen.

Durch die Einstufung ausländischer Forschung und ausländischer Bildungseinrichtungen als »unerwünscht«[28] (mit Stand von Oktober 2024 umfasst diese Liste 17 Einrichtungen, siehe Grafik 5 auf S. 12) oder sogar als »extremistisch«[29] [wie die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, einer der institutionellen Herausgeber der Russland-Analysen, Anm. d. Red.] verletzt Russland weiterhin die Rechte von Studierenden und Wissenschaftler:innen. Russland entwertet damit die Bildungsergebnisse, die durch diese Einrichtungen erzielt wurden, auf dem russischen Arbeitsmarkt. Darüber hinaus bestehen bei einer Zusammenarbeit mit diesen Institutionen ernsthafte Risiken einer verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Verfolgung.

Institutionelle Autonomie

Die russische Regierung hat zunehmend die institutionelle Autonomie russischer Hochschulen eingeschränkt, also deren Fähigkeit, Entscheidungen hinsichtlich des internen Vorgehens, der Finanzen und der Verwaltung eigenständig zu treffen. Die institutionelle Autonomie ist jener Indikator für akademische Freiheit, bei dem Russland am schlechtesten abschneidet, und der Indikator ist seit 2022 noch weiter zurückgegangen. Im März 2022 veröffentlichte der Russische Verband der Hochschulrektoren eine Erklärung zur Unterstützung der »militärischen Spezialoperation (mit 182 Unterzeichnenden). Die russischen Universitäten bauten die Beziehungen zu den Universitäten in den »neuen Territorien« [offizielle russische Propagandasprache für die von Russland völkerrechtswidrig besetzten und annektierten ukrainischen Gebiete, Anm. d. Red.] aus. Es besteht jetzt eine direkte Zusammenarbeit der Universitäten mit dem Militär. Bis Ende 2023 wurde an den Universitäten ein klares System aus politischer Kontrolle und Repressionen errichtet, unter anderem durch die für Sicherheit und Jugendpolitik zuständigen Vizerektoren, durch die »Koordinationszentren« und die Zentren zur Extremismusbekämpfung. Insbesondere wurde die Rolle der Dozent:innen und Studierenden bei der universitären Selbstverwaltung reduziert, wobei universitäre Gremien ihre Rolle nur noch formal wahrnahmen. Sie sind immer noch an der Erarbeitung von Bildungsinhalten (Lehrplänen und neuen Studiengängen) beteiligt und bestätigen Anwärter:innen auf Lehr– und Forschungsstellen.

Der russische Staat mischt sich weiterhin in die Hochschulbildung ein, indem er Universitäten zwingt, Nationalismus und »Patriotismus« zu fördern und sie damit militarisiert und für seinen Krieg mobilisiert.[30] Das wird im ganzen Land durch die Einführung von militärischen und »patriotischen« Kursen in den Lehrplan, die Einrichtung von militärischen Ausbildungszentren und die Gründung patriotischer Studentenorganisationen an Universitäten bewerkstelligt.[31] Im Dezember 2022 empfahl das Ministerium für Wissenschaft und Hochschulbildung, dass der Kurs »Grundlagen der Militärausbildung« in den Lehrplan aufgenommen wird. Am Jahresende 2024 wird die Zahl der militärischen Ausbildungszentren an Universitäten russlandweit 120 betragen.[32] Seit Mai 2022 werden 10 Prozent der staatlich finanzierten Studienplätze für Kinder derjenigen reserviert, die an der »militärischen Spezialoperation« teilnehmen. Ein nationaler Verband der patriotischen Studierenden-Clubs wurde unter dem Namen »Ich bin stolz« gegründet, um Studierende in eine patriotische Erziehung einzubinden. Viele etablierte Studierendenorganisationen unterstützen aktiv die offizielle, patriotische Rhetorik.[33] Universitäten werden für eine unmittelbare Zusammenarbeit mit Stellen des Militärs belohnt.[34]

Campus-Integrität

Der russische Universitätscampus[35] erinnert zunehmend an eine »geschlossene Einrichtung«, in der die Bewegungen und das Handeln der Dozent:innen und Studierenden regelmäßig überwacht und kontrolliert werden. Die für Sicherheit und Jugendpolitik zuständigen Vizerektor:innen wie auch die sogenannten Koordinationszentren und Zentren zur Extremismusbekämpfung dienen genau diesem Zweck. Sie stellen ein umfassendes Kontrollsystem dar, das die Integrität eines Campus ernstlich untergräbt.

Die für Sicherheit zuständigen Vizerektor:innen sind die Leiter:innen der sogenannten Ersten Abteilungen, einem Erbe aus der Sowjetzeit, das nie vollständig aus dem russischen Hochschulwesen verschwunden ist.[36] Die für Sicherheit zuständigen Vizerektor:innen sind für gewöhnlich pensionierte oder aktive Mitarbeiter:innen des Inlandsgeheimdienstes FSB. Sie koordinieren die Überwachung der Studierenden und des Personals; sie üben psychischen Druck auf »Illoyale« aus und initiieren deren Entlassung. Zu den Kontrollmaßnahmen gehören Checks an den Eingängen zur Universität und bei Besuchen in Wohnheimen, und darüber hinaus rechtswidrige Durchsuchungen und Maßnahmen zur Einschüchterung. Die Ethikkommissionen sind ebenfalls zu einem Bestandteil dieses Systems geworden, zu einem Instrument zur Unterdrückung von Dissens. Unter dem Vorwand einer »Verletzung der akademischen Ethik« werden Wissenschaftler:innen entlassen und Studierende exmatrikuliert, weil sie sich an Protestbewegungen beteiligt oder sich kritisch geäußert haben[37] (siehe Grafik 7 auf S. 13) Nach den Protesten von 2021 gegen die Verhaftung von Alexej Nawalnyj, an denen sich viele Studierende und Dozent:innen beteiligten, hielten die Vizerektor:innen für Jugendpolitik Einzug an russischen Universitäten. De facto ist deren Aufgabe, politische und oppositionelle Aktivitäten von Studierenden zu beobachten und zu verhindern. Die »Koordinationszentren« sind an Hochschulen in allen Föderalbezirken des Landes eingerichtet worden. Sie sind den Abteilungen für Extremismusbekämpfung bei der Polizei nachempfunden. Diese Zentren durchsuchen die sozialen Medien nach Informationen, die auf kriegskritische und oppositionelle Aktivitäten von russischen Wissenschaftler:innen und Studierenden hinweisen.[38]

Die Seminarräume russischer Hochschulen sind zu einem unsicheren Bereich geworden, der offen für Eingriffe von außen ist. Oft besuchen Vertreter:innen des Staates oder armeefreundliche Aufpasser:innen Vorlesungen oder Seminare, um Druck auszuüben und die Lehrinhalte zu überwachen.[39] Von besonderer Bedeutung ist die Überwachung von Dozent:innen und Studierenden durch Videoaufnahmen. Offiziell sind die Überwachungssysteme zur Abwehr von Terrorgefahren gedacht und können nur auf den Fluren und an den Eingängen von Hochschulgebäuden angebracht werden.[40] Es gibt allerdings Hinweise, dass in vielen Universitäten auch in Seminarräumen Kameras installiert wurden und die Aufnahmen dazu dienen, jene Dozent:innen unter Druck zu setzen, die in ihren Vorlesungen und Seminaren von der »offiziellen Linie« abweichen.

Freiheit der akademischen und kulturellen Meinungsäußerung

Von allen Dimensionen der Wissenschaftsfreiheit hat die Freiheit der Meinungsäußerung in Wissenschaft und Kultur seit 2022 am stärksten gelitten. Unmittelbar nach Beginn der großangelegten Invasion in die Ukraine ist praktisch eine Kriegszensur eingeführt worden, die jenen mit Strafverfolgung droht, die die offizielle Version des Geschehens in Frage stellen oder die auf zivile Opfer und genozidale Verbrechen durch die russischen Streitkräfte aufmerksam machen.[41] Jedes öffentliche Statement über den Krieg – insbesondere eine Diskussion über Verstöße gegen die Genfer Konvention oder über Kriegsverbrechen der russischen Armee – kann nun mit einer heftigen Geldstrafe oder bis zu 15 Jahren Gefängnis geahndet werden. Viele Wissenschaftler:innen sind wegen ihrer politischen Haltung und sogar wegen früherer Zusammenarbeit mit ausländischen Kolleg:innen aufgrund dieser Neuerungen im Strafgesetzbuch zur Verantwortung gezogen worden.[42] Einigen Schätzungen zufolge liegt die Zahl der Gerichtsverfahren wegen »Falschinformationen« über die russischen Streitkräfte von März 2022 bis Dezember bei über 8.000. Die Universitäten haben ihr Monitoring der sozialen Medien verstärkt, um die neuen Strafparagrafen zu berücksichtigen und abweichende Äußerungen von Studierenden und Lehrkräften aufzuspüren.

Die Datenbank des »Menschenrechtszentrums Memorial« enthält für den Zeitraum 2022–2024 Angaben zu 600 politischen Häftlingen.[43] In der Datenbank werden 154 Fälle geführt, die mit Forschung oder Hochschulbildung im Zusammenhang stehen. Von den Betroffenen wurden 53 Personen nach jenen Paragrafen strafrechtlich verfolgt oder verurteilt, durch die praktisch eine Kriegszensur eingeführt worden war (siehe Grafik 6 auf S. 12). Zehn von diesen 53 wurden nach Paragraf 207.3 (»öffentliche Verbreitung von falschen Informationen über den Einsatz der Streitkräfte der Russischen Föderation«) verfolgt oder verurteilt.[44] Von März 2022 bis Dezember 2023 lag die Zahl der Verfahren wegen Falschinformationen über die russische Armee insgesamt bei über 8.000.[45] Die Datenbank von Memorial führt auch 14 Wissenschaftler:innen, die wegen Hochverrat verurteilt wurden, weil sie angeblich Staatsgeheimnisse verraten haben. Die meisten von ihnen wurden zu langen Haftstrafen verurteilt,[46] zwei von ihnen starben während der Ermittlungen.[47]

Studierende und Wissenschaftler:innen, die ihre Haltung gegen Russlands Krieg gegen die Ukraine öffentlich kundgetan haben – sei es, indem sie Propagandaplakate für den Krieg zerstört haben, sei es, indem sie Graffitis an Wände gesprayt haben – werden ebenfalls verfolgt. Brandstiftung bei Rekrutierungsstellen des Militärs ist ebenfalls eine Form des Protests gegen zwangsweise Einberufung in eine Armee im Krieg und wird strafrechtlich verfolgt; das wird manchmal als »Terrorismus« eingestuft.

OVD-Info berichtet, dass nach 2022 die Verfolgung von Wissenschaftler:innen wegen ihrer Äußerungen gegen den Krieg erheblich zurückgegangen ist (von 17 registrierten Fällen 2022 auf sieben 2023 und drei in den ersten neun Monaten 2024); die meisten Verfahren waren verwaltungsrechtlich. Dieser Rückgang kann dem Umstand zugeschrieben werden, dass Wissenschaftler:innen, die öffentlich ihre Haltung gegen den Krieg gezeigt haben, bereits 2022 entweder freiwillig ihren Hochschulen gekündigt hatten oder entlassen wurden. Ein weiterer Grund könnte die Einführung der Kriegszensur sein, die Äußerungen gegen den Krieg viel riskanter machte, da sich die Gefahr einer Strafverfolgung erhöhte.

Das Menschenrechtsprojekt »Molnija« (dt.: »Blitz«) hat eine eigene Studie zu politisch motivierten Ausschlüssen von russischen Studierenden in der Zeit von 2018 bis 2023 durchgeführt.[48] Aus der Studie geht hervor, dass sich die politisch motivierten Exmatrikulationen von russischen Universitäten seit Beginn des Krieges vervielfacht haben (siehe Grafik 7 auf S. 13). Über die Hälfte von ihnen erfolgte aufgrund studentischer Proteste gegen den Krieg oder wegen anderer Proteste. Der zweithäufigste Grund ist studentische Sabotage von kriegsfreundlichen Veranstaltungen an der Universität. Als Begründung für die Exmatrikulationen nannten die Hochschulverwaltungen »Verstöße gegen interne Regularien« oder »Verstöße gegen den ethischen Kodex«.

Übersetzung aus dem Englischen: Hartmut Schröder

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Verweise

[1] Keine der der an dieser Stelle genannten Verletzungen der akademischen Rechte und Freiheiten kann oder darf mit dem Horror der militärischen Aggression und den Verlusten verglichen werden, die die ukrainische Wissenschaft und das ukrainische Hochschulwesen erlitten haben. Der Autor fordert die unverzügliche Wiederherstellung der Ukraine in den international anerkannten Grenzen von 1991.

[2] Katrin Kinzelbach et al., “Academic Freedom Index – 2023 Update,” (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), 2023), https://doi.org/10.25593/OPUS4-FAU-21630; Katrin Kinzelbach, Staffan I. Lindberg, and Lars Lott, “Academic Freedom Index – 2024 Update” (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg [FAU], March 7, 2024), https://doi. org/10.25593/OPEN-FAU-405.

[3] Chirikov, Igor, 2023. “The Weaponization of Russian Universities: A Neo-Nationalism and University Brief”, Center for Studies in Higher Education, UC Berkeley.

[4] Buyantueva Radzhana (2018). LGBT rights activism and homophobia in Russia. Journal of homosexuality, 65(4), 456–483.

[5] Temkina, Anna. Conservative swing and gender studies in Russia. Gaudeamus. December 2nd, 2022, https://cisrus. org/2022/12/02/gender-study/; Academic freedom and freedom of expression in educational institutions. Political and LGBT+ content. Submission prepared by the Sphere Foundation for the Special Rapporteur on the right to education, Sphere Foundation, 2024; https://spherequeer.org/academic-freedom/.

[6] Dubrovskiy, Dmitry: Menschenrechte in der Hochschullehre in Russland, in: Russland-Analysen Nr. 450, 14. 05. 2024, S. 16–20; https://laender-analysen.de/russland-analysen/450/menschenrechte-hochschullehre-russland/.

[7] Khodzhaeva, Ekaterina, Barsukova, Svetlana and Yasaveev Iskender. “Mobilizing patriotism in Russia.” Russian Analytical Digest (RAD) 207 (2017), https://www.research-collection.ethz.ch/handle/20.500.11850/200136?show=full.

[8] Zajda, Joseph (2017). Ideology, national identity and patriotism in prescribed history textbooks: Secondary teachers’ responses. Globalisation and National Identity in History Textbooks: The Russian Federation, 105–116; Kurilla, Ivan. What kind of history will investigators write? Gaudeamus, September 28th, 2020, https://cisrus.org/2020/09/28/kakuyu-istoriyu-napishut-sledovateli/.

[9] Dubrovskiy, Dmitry. Ukraine and Ukrainians in Russian Higher Education and Science. “Russia’s project anti-Ukraine” Center for Democratic Integrity. (2024) https://democratic-integrity.eu/dmitry-dubrovsky-ukraine-and-ukrainians-in-russian-higher-education-and-science/.

[10] McCarthy, Lauren A., Rice, Douglas, Lokhmutov, Aleks. (2023). Four Months of “Discrediting the Military”: Repressive Law in Wartime Russia. Demokratizatsiya: The Journal of Post-Soviet Democratization, 31(2), 125–160.

[11] Katarzyna Kaczmarska. Russian ‘foreign agent’ rules are chilling academic freedom. The Times Higher Education. January 8th, 2020. https://www.timeshighereducation.com/opinion/russian-foreign-agent-rules-are-chilling-academic-freedom.

[12] Krupskiy, Maxim. The Impact of Russia’s ‘Foreign agent’ Law on Civil Society. Fletcher Forum, Tufts University. June 26th, 2023. https://sites.tufts.edu/fletcherrussia/the-impact-of-russias-foreign-agents-legislation-on-civil-society/.

[13] Maia Chankseliani and Elizaveta Belkina, “Academic Exodus from Russia: Unravelling the Crisis,” Journal of Comparative & International Higher Education 16, no. 3 (2024): 97–105.

[14] “Begstwo Ot Wojny,” 2023, Re:Russia, https://re-russia.net/review/347/; Denis Kasyanchuk, “Skolko Rossijan w 2022 Godu Uechalo Is Strany i Ne Wernulos,” The Bell, 2022, https://thebell.io/skolko-rossiyan-v-2022-godu-uekhalo-iz-strany-i-ne-vernulos.

[15] Denis Kasyanchuk, “Posle Natschala Wojny Is Rossii Uechali i Ne Wernulis Okolo 650 Tysjatsch Tschelowek,” The Bell, 2024, https://thebell.io/posle-nachala-voyny-iz-rossii-uekhali-i-ne-vernulis-bolshe-700-tysyach-chelovek-issledovanie-the-bel.

[16] Oleg Levin, “Haemorrhaging Brains,” Novaya Gazeta Europe, 2024, https://novayagazeta.eu/articles/2024/01/30/haemorrhaging-brains-en.

[17] Oleg Levin, “Utetschka Wysokoj Stepeni,” Novaya Gazeta Europe, 2024, https://novayagazeta.eu/articles/2024/01/18/utechka-vysokoi-stepeni.

[18] “‘Either the State’s Opinion or None at All’: How Teachers Accused of an Anti-War Stance Are Persecuted.” OVD-Info. September 1st, 2024. https://reports.ovd.info/teachers#1.

[19] Die Studie analysiert Daten zu 54 Universitätsdozent:innen, 65 Schullehrer:innen und 10 Lehrer:innen an Berufsschulen, die zwischen dem 24. Februar 2022 und dem 14. Juli 2024 politisch motiviertem Druck ausgesetzt wurden. Zu den Fällen gehörten auch 18 Erzieher:innen für ergänzende Bildungsangebote und 1 Kindergärtner:in. Diese Analyse konzentriert sich auf Wissenschaftler:innen. Es ist zu berücksichtigen, dass OVD-Info nur Zahlen zu öffentlich bekannten Fällen von Druck und Repressionen gegen Wissenschaftler:innen und Lehrer:innen angibt. Die tatsächlichen Zahlen könnten sehr viel höher ausfallen.

[20] “Pandora’s Sisters.” The Anonymous Tips in Post-War Academia. Gaudeamus, August 1, 2024. https://cisrus. org/2024/08/01/delation/ (Zugriff am 2.10.2024).

[21] “‘Either the State’s Opinion or None at All’: How Teachers with Anti-War Views Are Persecuted.” OVD-Info, September 1st, 2024. https://reports.ovd.info/teachers#1.

[22] Nazarovets, Maryna, Teixeira da Silva, Jaime A. (2022). Scientific publishing sanctions in response to the Russo-Ukrainian war (Chichester: Wiley). Chichester: Wiley. https://doi.org//10.1002/leap.1487.

[23] Izvestia: Russian scientists were advised not to publish in Elsevier journals. TASS, August 13, 2024 (RUS) https://tass.ru/obschestvo/21589903.

[24] Lem, Pola. Russia bars academics from international conferences. The Times of Higher Education. March 22, 2022. https://www.timeshighereducation.com/news/russia-bars-academics-international-conferences

[25] News in depth: Russian researchers disappear from academic conferences as isolation bites. Science/Business, November 14th, 2023, https://sciencebusiness.net/news/international-news/news-depth-russian-researchers-disappear-academic-conferences-isolation.

[26] Faulhaber, Daniel. «Russische Studierende: ‹Die ETH schlägt uns die Tür vor der Nase zu›», Beobachter, June 6, 2024. https://www.beobachter.ch/arbeit-bildung/bildung/russische-studierende-die-eth-schlagt-uns-die-tur-vor-der-nase-zu-718896.

[27] Jobert, Véronique. New censorship in Russia in the 21st century. Observations of a French scholar. Istoricheskaja Expertisa, 2024, https://www.istorex.org/post/25-07-2024-veronique-jobert.

[28] Auf Liste der »unerwünschten Organisation« stehen z. B. das »Kennan Institute«, das »Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien« (ZOiS), das »Bard College«, die »Zentraleuropäische Universität« in Wien und die »Brīvā Universitāte« (»Freie Universität«) in Riga.

[29] Im Juli 2024 wurde die »Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde« (DGO) von den russischen Behörden als »extremistische Organisation« eingestuft.

[30] Chirikov, Igor. Weaponisation of universities: a ‘back-to-the-future’ story. University World News. November 9, 2023. https://www.universityworldnews.com/post.php?story=20231109104134745.

[31] Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft empfahl, dass ab September mit der Militärausbildung an Universitäten begonnen wird [russ]. RBC, 28. Dezember 2022; https://www.rbc.ru/society/28/12/2022/63ac85949a7947d0160d4209, Mishustin unterzeichnet Anordnung zur Einführung von militärischen Ausbildungszentren an den Universitäten [russ.], RBC, 27. Dezember 2022; https://www.rbc.ru/politics/27/12/2022/63ab332d9a794761ede04941.

[32] Pri uniwersitetach budut sosdany 16 nowych wojennych utschebnych zentrow [16 neue militärische Ausbildungszentren werden an Universitäten gegründet]. https://minobrnauki.gov.ru/press-center/news/novosti-ministerstva/62710/.

[33] Dmitry Dubrovskiy, “Russian ‘Student Societies,’” Gaudeamus (blog), 2024, https://cisrus.org/2024/01/29/students-and-war/.

[34] Nikita Anissimow, der Rektor der »Higher School of Economics«, wurde zum Beispiel bereits im November 2022 mit einer Medaille des Verteidigungsministeriums ausgezeichnet – mit der Medaille »Für Verdienste um die Stärkung der militärischen Zusammenarbeit« (siehe: https://www.hse.ru/staff/anisimov).

[35] »Campus« bezieht sich hier auf das Gelände mit den Gebäuden einer Universität, Hochschule usw. Russische Universitäten haben nur selten Strukturen entwickelt, die zu diesem Begriff passen. Eine Ausnahme bilden drei Universitäten: Die Fernöstliche Föderale Universität, die Sibirische Föderale Universität und die nichtstaatliche Universität Innopolis.

[36] Oleksiyenko, Anatoly V. “World-class universities and the Soviet legacies of administration: Integrity dilemmas in Russian higher education.” Higher Education Quarterly 76, no. 2 (2022): 385–398.

[37] Skibo, Daria. Ethics Codes: Mere Fashion or a Tool for Resolving Conflicts? Gaudeamus. October 23, 2021.

[38] Dubrovskiy, Dmitry. “The Vertical of Ideological Power.” Gaudeamus. November 1, 2023. https://cisrus.org/2023/11/01/ideological-vertical/.

[39] Dubrovskiy, Dmitry. “War and the academic community in Russia.” Baltic Worlds 15, no. 1 (2022): 38–44, https://balticworlds.com/war-and-the-academic-community-in-russia/.

[40] Ständige Vertretung der Russischen Föderation bei den Stellen der Vereinten Nationen in Genf: Informationen der Russischen Föderation in Beantwortung einer Anfrage des Sonderberichterstatters des Menschenrechtsrates der UNO zum Recht auf Bildung zum Thema »Wissenschaftsfreiheit und Meinungsfreiheit in Bildungseinrichtungen« [russ.], 12. Februar 2024; https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/issues/education/cfis/cfi-expression/subm-academic-freedom-sta-ru-federation-input-2.pdf

[41] Legucka, Agnieszka. Russia’s war-time censorship and propaganda. PISM, # 52 (1969), April 1, 2022.

[42] Chroniken über die Verfolgung von Wissenschaftler:innen sind auf der Website von T-invariant zu finden: https://www.t-invariant.org/category/ timeline-en/.

[43] Bei den Verfahren gegen Wissenschaftler:innen mit abweichenden Ansichten ist nicht immer klar feststellbar, inwieweit Vertreter:innen der betreffenden Universität involviert waren.

[44] Der Autor betrachtet alle Wissenschaftler:innen auf dieser Liste, die nach Paragraf 275 des russischen Strafgesetzbuches (Hochverrat) verfolgt wurden als Opfer politischer Repressionen und einer Verletzung der Wissenschaftsfreiheit. Diese Verfahren beziehen sich auf eine Weitergabe von Informationen oder Daten, die die Erste Abteilung der betreffenden Institutionen zunächst genehmigt hatte. Später wurde diese Tatsache von den Ermittler:innen als Verrat qualifiziert. Bei allen Verfahren gibt es Hinweise auf plumpe Fabrikation.

[45] Abrufbar unter https://data.ovd.info/svodka-antivoennykh-repressiy-dekabr-2023#1.

[46] Livadina, Mira. Hypersonic paranoia. As treason cases at the highest level of Russian science pile up, is Kremlin-sanctioned spy mania out of control?, Novaya Gazeta Europe, 30. Mai 2024, https://novayagazeta.eu/articles/2024/05/30/hypersonic-paranoia-en.

[47] Treason and espionage cases are rising in Russia since the war in Ukraine began. Associated Press, July 14, 2024.

[48] Students against the war. Study on how universities expel students for political reasons. Molniya, 2024, https://molnia.org/students-against-war#block-fb54cddf24314b4bac0b43cfafd43855. Es ist zu beachten, dass die tatsächliche Zahl der politisch motivierten Exmatrikulationen höher sein könnte.

Zum Weiterlesen

Analyse

Das Leben russischer Wissenschaftler:innen als »Relokant:innen« in Deutschland

Von Nikolay Petrov
Der Beitrag liefert die Skizze zu einem kollektiven Portrait russischer Wissenschaftler:innen im Exil (»Relokant:innen«). Dabei wird ihre Situation analysiert und eine Reihe von Empfehlungen für Verbesserungen formuliert. Der Beitrag stützt sich auf die Ergebnisse einer Umfrage, die im Sommer 2023 unter russischen Wissenschaftler:innen durchgeführt wurde, die seit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine nach Deutschland und in andere Länder emigrierten. Die wichtigste Schlussfolgerung lautet, dass die philanthropischen Anstrengungen für die vom andauernden Krieg Betroffenen, die traditionell von westlichen Ländern unternommen werden, beträchtlich verlängert wurden. Es ist dringend notwendig, die Ansätze zu ändern und Strategien zu entwickeln, die auf eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen abzielen. (…)
Zum Artikel

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