Analyse Von Lilija Schewzowa
In Russland hat sich das Putin-System als bürokratisch-autoritäres Regime konsolidiert. Allerdings könnten die Bestrebungen des Machtzentrums, die Lenkbarkeit von Staat und Gesellschaft durch Überzentralisierung zu erhöhen, früher oder später zum gegenteiligen Resultat führen: es wird zu einer Zunahme spontaner Prozesse kommen, zu wachsendem Kontrollverlust und steigender Verantwortungslosigkeit. Im Wirtschaftsbereich sind die vor 2003 begonnenen Reformen nicht fortgeführt worden. Die günstige Lage wurde nicht dazu genutzt, die Wirtschaft zu reformieren, die so weiter von Rohstoff exporten abhängig ist. In der Gesellschaft wächst das Protestpotential und in der Außenpolitik stößt die pragmatisch begründete Zusammenarbeit angesichts wachsender Interessenkonflikte an ihre Grenzen. (…)
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Analyse Von Reinhard Krumm
In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich in der russischen Gesellschaft die Wahrnehmung von Europa und Deutschland stabilisiert. Dem allgemeinen politischen Schmerz und den oftmals persönlichen wirtschaftlichen Sorgen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist eine realistische Einschätzung Russlands in der Weltpolitik gefolgt. Nicht eine Wiederherstellung des Weltmachtanspruchs der Sowjetunion wünschen sich die Bürger, sondern ein Staat unter mehreren zu sein, allerdings mit weltweitem Einfluss. Doch bei allem Selbstbewusstsein und dem Einzug einer gewissen Normalität sucht Russland nach einer postsowjetischen Identität. Zum einen als eurasisches Land, zum anderen als europäisches Land. (…)
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