Kommentar Von Jens Siegert
Am 23. November hat die russische Staatsduma in erster Lesung Änderungen des Gesetzes über „Gesellschaftliche Organisationen“ mit großer Mehrheit bei nur 18 Gegenstimmen beschlossen. Die Änderungen werden die Arbeit und Existenz vieler russischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) erheblich erschweren, sollten sie tatsächlich, wie von den Initiatoren geplant, zum 1. Januar 2006 in Kraft treten. Zugleich, und das könnte durchaus das Hauptziel dieser Gesetzesänderungen sein, würde damit die Arbeit ausländischer Stiftungen und Geberorganisationen, darunter auch der deutschen politischen Stiftungen, erheblich erschwert. (…)
Zum Artikel Analyse Von Caroline von Gall
Die Bilder der »Pussy Riot«-Musikerinnen Nadeschda Tolokonnikowa, Jekaterina Samuzewitsch und Maria Alechina auf der Anklagebank im Moskauer Chamowniki-Gericht gingen um die Welt. Wie kein anderes Verfahren bestimmte der Prozess die politische Debatte in diesem Sommer und rief auch in Deutschland starken öffentlichen Protest hervor. Aus juristischer Perspektive zeigt das Verfahren dagegen nur exemplarisch die bekannten Mängel der russischen Strafjustiz: Die russische Verfassung und die Europäische Konvention für Menschenrechte (EMRK) sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) werden bei der Auslegung der relevanten Normen nicht beachtet. Die Auseinandersetzung mit den Tatbestandsvoraussetzungen bleibt in Anklage und Urteil an der Oberfläche. Wenn auch in diesem Fall eine politische Einflussnahme nicht nachgewiesen werden kann, fehlt es den politischen Eliten seit langem am erkennbaren Willen, die Strafjustiz zu professionalisieren, die Urteile des EGMR systematisch umzusetzen und die Unabhängigkeit der Justiz deutlich zu verbessern. (…)
Zum Artikel