Erklärung des Kiewer Generalstaatsanwalts, Serhij Juldaschew, zu Gewaltkriminalität in der Hauptstadt

Als erstes möchte sagen, dass ich wie alle Ukrainer begeistert und stolz auf unsere Jungs bin, unsere unbesiegbaren »Cyborgs«, wie sie von den eingeschüchterten Feinden genannt werden. Ich verneige mich vor ihnen.

Faktisch wurde innerhalb von fünf Monate vor unseren Augen eine ukrainische Armee geschaffen. Es gibt keinen Zweifel, dass freiwillige Bataillone dabei ein wichtiger Bestandteil geworden sind, insbesondere das Bataillon zur Territorialverteidigung »Ajdar«. Übrigens, genau für dieses Bataillon haben die Mitarbeiter der Kiewer Staatsanwaltschaft am 11. August Munition und Medikamente für verwundete Kämpfer gespendet.

Allerdings sehe ich mich jetzt gezwungen, eine unpopuläre Aussage zu machen. Lasst uns der Wahrheit in die Augen schauen, es gibt Helden und Patrioten und es gibt Plünderer in Tarnkleidung, die bis an die Zähne bewaffnet durch die Stadt ziehen. Vielleicht ist die Gesellschaft nicht bereit das zu hören. Unabhängig davon existiert aber das Problem bereits. Jeder, der aus der Zone der ATO [Anti-Terror-Operation] schwer bewaffnet in der Stadt eintrifft, ist für mich ein Verbrecher. Besonders, wenn diese Menschen sich zusammenschließen und Gruppierungen bilden.

Als Staatsanwalt der Hauptstadt kann ich nicht und werde ich nicht ohne entsprechende Reaktion der Reihe von Verbrechen zuschauen, die die Vertreter verschiedener Bataillone in Kiew begehen. Ich möchte dazu ein paar Zahlen nennen. Seit Beginn des Jahres wurden 557 Strafverfahren wegen illegaler Benutzung von Schusswaffen und Stichwaffen aufgenommen. Dies ist doppelt so viel wie im Vorjahr.

Fast die Hälfte von ihnen (245) wurde in den letzten 4 Monaten registriert. Es wurden Tausende Feuerwaffen und Stichwaffen darunter Sprengstoff, Granaten und Munition gefunden und beschlagnahmt.

Im gleichen Zeitraum wurden allein in der Hauptstadt fast 30 Fälle von schweren oder besonders schweren Straftaten von Mitgliedern der Bataillone registriert.

Das beste Beispiel, das in aller Munde ist, ist die Besetzung des sogenannten Hubschrauberlandeplatzes von Janukowitsch durch Mitglieder des Militärbataillons »Aydar.« Ich glaube, dass sie gute Absichten gehabt haben, aber solche Methoden wie diese sind Selbstjustiz. Das kann man nicht anders nennen. Bei allem Respekt, niemand bekam eine Freikarte für Gesetzlosigkeit. Es ist nicht möglich einen Rechtstaat mit rechtswidrigen Methoden zu schaffen.

Ich möchte auch betonen, dass in Kiew 17.000 Polizisten tätig sind. Dies ist eine absolut ausreichende Zahl, um Recht und Ordnung in der Hauptstadt aufrecht zu halten.

Offensichtlich gibt es ein Problem, das von uns allen gemeinsam angegangen werden muss – das sind Menschen mit Waffen, die die Hauptstadt überschwemmen. Ich bin bereit, einen Dialog mit allen Kommandeuren der freiwilligen Bataillone zu führen.

Wir müssen die Machnowschtschina [Anarchie, bezogen auf die Bewegung des ukrainischen Anarchisten Nestor Machno 1917–22 – Anm. d. Übers.] auf den Straßen Kiews stoppen und einen einheitlichen Garanten für die Erhaltung von Recht und Ordnung schaffen. Wir müssen die Mechanismen überdenken und sicherstellen, dass die Waffen in der Kampfzone bleiben, um den Staat vor Aggressoren zu schützen und sich nicht im ganzen Land verteilen. Ich bin sicher, dass wir in dieser Sache Verbündete und gleicher Meinung sind.

Übersetzung aus dem Ukrainischen: Lina Pleines

Quelle: Die Kiewer Generalstaatsanwaltschaft, <http://www.kyiv.gp.gov.ua/ua/news.html?_m=publications&_c=view&_t=rec&id= 146716>.

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