Kampfhandlungen und Düsternis – Übersetzerbuchpreis für Donbass-Roman

Zhadans Roman

Der Roman des ukrainischen Schriftstellers, der 1974 in der Nähe von Luhansk geboren wurde und heute in Charkiw lebt, spielt im Januar 2015. Serhij Zhadan erzählt vom jungen Lehrer Pascha, der versucht, seinen 13-jährigen Neffen aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause zu holen, nachdem die Schule unter Beschuss geraten ist. Er braucht einen ganzen Tag, um den Ort zu durchqueren. Das zivile Leben ist zusammengebrochen, die vertraute Umgebung – unheimliches Territorium. Auf dem Heimweg geraten Pascha und sein Neffe in unmittelbare Nähe der Kampfhandlungen.

Die Originalausgabe des Romans erschien im Jahr 2017 unter dem Titel Internat im Verlag Meridian Czernowitz in Kiew. In der Übersetzung von Sabine Stöhr und Juri Durkot ist Zhadans Roman 2018 im Suhrkamp Verlag erschienen (hier eine Leseprobe: <http://www.suhrkamp.de/download/Blickinsbuch/9783518428054.pdf>).

Die Auszeichnung

Die Jury der Leipziger Buchmesse begründete die Auszeichnung der Übersetzerin Sabine Stöhr und des Übersetzers, Publizisten und Produzenten Juri Durkot folgendermaßen:

»Es ist Winter, ein Winter mit Schnee, der ›blau-rosa‹ aussieht, einem Abendhimmel, der ›aus tiefen Poren dunkelt‹, während über der Bahnstation ein ›feuchter Signalton‹ hängt und die Sonne untergeht und nichts als Kälte herrscht. Kälte und Kampfhandlungen, denn der von Sabine Stöhr und Juri Durkot so prägnant und packend aus dem Ukrainischen übersetzte und im Deutschen einfühlsam ausgelotete Roman Internat erzählt von einem fast vergessenen Krieg. Dem Krieg im äußersten Osten der Ukraine. Dass Zhadans großartiger Roman auch in der Übersetzung eine enorme Wucht entwickelt, liegt nicht nur am Sujet und der eigentümlichen, hyperwachen Stimmung, sondern auch an den kaskadenartigen Satzketten, die im Deutschen einen drängenden Erzählrhythmus erzeugen, und an der Sprache. In Sabine Stöhrs und Juri Durkots Übertragung entfalten die dichten Beschreibungen eine große Kraft. Lebendiger als in diesem Roman kann man vom Krieg nicht erzählen, lebendiger kann eine Übersetzung nicht sein. Sabine Stöhrs und Juri Durkots Schattierungen der Düsternis sind von großer Schönheit.« (siehe <http://www.preis-der-leipziger-buchmesse.de/de/Preistraeger/Sabine-Stoehr-Juri-Durkot/>)

Die Redaktion der Ukraine-Analysen

Zum Weiterlesen

Analyse

Die Referenden in Donezk und Luhansk

Von Heiko Pleines
Am 11. Mai 2014 haben die selbst-erklärten Volksrepubliken in Donezk und Luhansk Referenden über ihre Unabhängigkeit abgehalten. Der vorliegende Text erläutert die verschiedenen Kritikpunkte an den Referenden, die sich auf Völkerrecht und demokratische Standards beziehen, und gibt eine kurze Einschätzung der Lage.
Zum Artikel
Analyse

Föderalisierung versus Bosnisierung – Russlands Ukraine-Strategie

Von Stefan Meister
Russlands Provokationen in der Ostukraine und die Präsenz russischer Truppen an der östlichen Grenze der Ukraine zielen darauf, die ukrainische Übergangsregierung zu destabilisieren, die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai zu verhindern und die eigene Verhandlungsposition über den zukünftigen Status der Ukraine gegenüber der EU und den Vereinigten Staaten zu verbessern. Dabei ist das vorrangige Ziel Russlands nicht die Annexion des Ostens der Ukraine, sondern die EU und die USA dazu zu bringen, die begrenzte Souveränität der Ukraine als Teil der russischen Einflusssphäre anzuerkennen. Die Ostukraine zu annektieren, wäre für Russland mit hohen wirtschaftlichen und politischen Kosten verbunden, jeder Versuch, weiteres ukrainisches Territorium zu kontrollieren, würde zu Widerstand in der ukrainischen Gesellschaft führen und die Bereitschaft der EU-Mitgliedsstaaten erhöhen, härtere ökonomische Sanktionen gegen Russland zu erlassen. Für die russische Führung gibt es letztlich nur zwei Optionen für die Zukunft der Ukraine: Föderalisierung oder Bosnisierung. (…)
Zum Artikel

Logo FSO
Logo DGO
Logo ZOIS
Logo DPI
Logo IAMO
Logo IOS