Die aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten 2019

Von Denis Trubetskoy (Kiew), Steffen Halling (Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen), Mattia Nelles (Zentrum Liberale Moderne, Berlin)

Zusammenfassung
Am 31. März stehen in der Ukraine Präsidentschaftswahlen an. Die Zentrale Wahlkommission hat insgesamt 44 Bewerber – darunter vier Frauen – zugelassen. Das sind mehr als doppelt so viele wie bei der letzten Wahl vor fünf Jahren (21) und so viele wie noch nie. Gleichzeitig räumen aktuelle Umfragen der seriösen Meinungsforschungsinstitute nur wenigen Bewerbern reale Chancen auf den Sieg ein. Dazu zählen vor allem der Amtsinhaber Petro Poroschenko, seine Dauerrivalin Julija Tymoschenko sowie der Fernseh-Comedian und politische Newcomer Wolodymyr Selenskyj. Daneben gibt es einige weitere Kandidaten, die in den Umfragen mehrere Prozent erlangen. Angesichts der Tatsache, dass selbst die drei führenden Kandidaten keine überragende Zustimmung genießen und eine Stichwahl als wahrscheinlich gilt, sind auch die Bewerber aus dieser »zweiten Gruppe« nicht völlig chancenlos. In einer Kooperation mit dem Online-Portal »Ukraine verstehen« (www.ukraineverstehen.de) werden die aussichtsreichsten Präsidentschaftsanwärter in Kurzporträts vorgestellt. Wir danken der Redaktion von »Ukraine verstehen«, wo die Texte parallel veröffentlicht werden, für die Kooperation.

Anatolij Hryzenko

Anatolij Stepanowytsch Hryzenko wurde 1957 in Bahatschiwka, im zentralukrainischen Oblast Tscherkassy geboren. Nach dem Besuch einer Militärschule studierte er an der angesehenen Militärischen Luftfahrtakademie in Kyjiw, wo er einen Abschluss als militärischer Elektroingenieur erlangte. Es folgten der Militärdienst und mehre Stationen im ingenieurswissenschaftlichen Sektor der Luftwaffe. Zwischen 1992 und 1994 leitete er das Analysezentrum des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte. In dieser Zeit hielt er sich auch in den USA auf, wo er die Akademie der Luftstreitkräfte der Vereinigten Staaten besuchte. Später leitete er den analytischen Dienst des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine. Nach dem Tod seines damaligen Chefs Oleksandr Razumkow baute Hryzenko zusammen mit mehreren Kollegen das Ukrainische Zentrum für Ökonomische und Politische Studien auf, das heute als Razumkow-Zentrum bekannt ist. Hryzenko leitete den Think Tank, der auch zu den renommiertesten Meinungsforschungsinstituten des Landes zählt, von 1999 bis 2005.

Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2004 schloss sich Hryzenko dem Wahlkampfstab von Wiktor Juschtschenko an. Nach der Orangen Revolution, als sich die Ukraine um eine Annäherung an EU und NATO bemühte, wurde er von Juschtschenko zum Verteidigungsminister ernannt, verlor diesen Posten allerdings 2007 wieder in Folge eines Regierungswechsels. Im selben Jahr kandidierte er erfolgreich auf der Liste von Juschtschenkos Parteienbündnis Nascha Ukrajina (Unsere Ukraine) um ein Abgeordnetenmandat in der Werchowna Rada. Im Parlament leitete er den Ausschuss für Nationale Sicherheit und Verteidigung. 2008 gründete Hryzenko die Organisation Hromadjanska Posyzija (Bürgerliche Position), die er 2010 als Partei registrieren ließ. Im selben Jahr kandidierte Hryzenko für das Amt des Präsidenten der Ukraine, erhielt jedoch nur 1,2 Prozent der Stimmen. Mit etwas mehr als 5 Prozent der Stimmen scheiterte er auch 2014 als Präsidentschaftskandidat. Zuvor war er bei der Parlamentswahl 2012 erneut ins Parlament eingezogen, dieses Mal an dritter Stelle der Wahlliste von Julija Tymoschenkos Vaterlands-Partei. Anfang 2014 verließ er Tymoschenkos Fraktion und reichte seinen Rücktritt als Abgeordneter ein. Seiner Partei, die an der vorgezogenen Parlamentswahl 2014 zusammen mit der Partei Demokratische Allianz teilnahm, nützte dies jedoch nichts. Sie scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde.

Trotz dieser Wahlniederlagen galt Hryzenko, der mit Julija Mostowa, der Chefredakteurin der renommierten ukrainischen Wochenzeitung »Dzerkalo Tyschnja«, verheiratet ist, zuletzt noch als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat. Lange Zeit lag er in Umfragen an zweiter Stelle hinter Tymoschenko und hatte Chancen, sie bei einer direkten Stichwahl zu bezwingen – obwohl seine rhetorischen Fähigkeiten im Vergleich zu der redegewandten Populistin nicht unbedingt zu seiner Stärke zählen. Das Image, das ihm anhaftet, ist vor allem das eines nicht-käuflichen Politikers, der anders als die meisten Vertreter der ukrainischen Elite kein luxuriöses Leben führe und der als erfahrener Militär vor allem den außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen der Ukraine begegnen könne. Mit steigender Popularität ist jedoch auch Kritik an ihm gewachsen, die sich aus seiner Zeit als Verteidigungsminister speist: So hatte die Generalsstaatsanwaltschaft bereits 2014 Untersuchungen bezüglich illegaler Waffengeschäfte gegen hochrangige Beamte des Verteidigungsministeriums eingeleitet. 2016 behauptete die Sprecherin des Generalstaatsanwalts Jurij Luzenko, dass das größte illegale Waffengeschäft in jene Zeit falle, in der Hryzenko das Ministerium leitete. 2018, als sich Hryzenko noch große Hoffnungen auf das Präsidentenamt machen konnte, wurde eine parlamentarische Untersuchungskommission eingerichtet, um Korruptionsfälle in den ukrainischen Streitkräften zwischen 2004 und 2014 zu untersuchen. Hryzenko betrachtet dies als Diskreditierungsversuch gegen ihn.

Hryzenkos Umfragewerte sind zuletzt zurückgefallen: Je nach Umfrage würden zwischen 6–9 Prozent der Wähler, die sich bereits entschieden haben, für Hryzenko stimmen. Neben den kursierenden Korruptionsfällen aus der Vergangenheit wird das vor allem auch damit erklärt, dass er von keinem Oligarchen gefördert werde und dementsprechend über weitaus weniger Wahlkampressourcen und Fernsehpräsenz als viele seiner Kontrahenten verfüge. Dennoch soll Hryzenko ein gutes Verhältnis zum Oligarchen Wiktor Pintschuk pflegen. Seine Tochter arbeitet in dessen Stiftung und sowohl Hryzenko als auch seine Ehefrau sind in der Vergangenheit bei Veranstaltungen des Milliardärs aufgetreten. Hryzenko und seine Partei Hromadjanska Posyzija, seit 2016 Mitglied in der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), erfuhren zuletzt Unterstützung von prominenten Vertretern der interfraktionellen Gruppe der sogenannten »Eurooptimisten« (Mustafa Najem, Serhij Leschtschenko, Switlana Zalischtschuk) und anderer kleinerer Graswurzelparteien. Ihr Ziel wird es vor allem sein, in Zukunft eine möglichst starke Parlamentsfraktion zu stellen. Die Bildung einer bürgerlichen Allianz mit der Partei Samopomitsch des Bürgermeisters von Lwiw und Präsidentschaftsanwärters Andrij Sadowyj ist bisher jedoch nicht zustande gekommen.

(Steffen Halling)

Oleh Ljaschko

Oleh Walerijowytsch Ljaschko wurde 1972 im nordukrainischen Tschernihiw geboren und wuchs in der Luhansker Oblast auf. Er absolvierte ein Jura-Studium an der Nationalen Pädagogischen Universität in Charkiw und arbeitete zunächst als Journalist, bevor er 2006 auf der Liste von Julija Tymoschenko in die Werchowna Rada einzog. 2010 wurde er aus Tymoschenkos »Vaterlands«-Partei entlassen und übernahm 2011 den Vorsitz der rechts-populistischen »Radikalen Partei«, die sich in »Radikale Partei von Oleh Ljaschko« umbenannte.

Oleh Ljaschko stellt sich als Anführer der »Radikalen Partei« gerne als patriotischer Nationalist dar, der das Land von den Oligarchen befreien will – die Mistgabel im Parteilogo soll den Kampf der Bauern gegen die Oligarchie symbolisieren. Seine Nähe zum Oligarchen Achmetow ist jedoch ein offenes Geheimnis. So setzt er sich im Parlament für dessen Geschäftsinteressen ein und tritt regelmäßig in Achmetows Fernsehsender »Ukraine« auf. Mit politischen Skandalen, wie jüngst der Forderung nach der Entlassung der als Reformerin geltenden Gesundheitsministerin Ulana Suprun, sorgt er regelmäßig für Aufmerksamkeit.

Außerdem ist Ljaschko für seine außerpolitischen Aktivitäten bekannt. Er zählt zu den Gründern der Freiwilligenbataillone »Asow« und »Schachtar«, von denen vor allem »Asow« für seine nationalistische Ausrichtung berüchtigt ist. Nach eigenen Aussagen war Ljaschko 2014 an der gewaltsamen Erstürmung eines Verwaltungsgebäudes in der Donezker Oblast beteiligt, bei der auch Menschen zu Tode kamen. Amnesty International warf ihm daraufhin vor, für eine »Kampagne der Gewalt, Einschüchterung und Entführung« verantwortlich zu sein.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2014 landete er mit 8,3 Prozent der Stimmen hinter Petro Poroschenko und Julija Tymoschenko auf Platz 3. Aktuelle Umfragen sehen ihn zwischen vier und fünf Prozent. Sein großes Ziel wird daher sein, die Präsidentschaftswahlen als Werbebühne für seine Partei zu nutzen, mit der er bei der Parlamentswahl im Herbst wieder in die Werchowna Rada einziehen will, wo die »Radikale Partei« aktuell die fünftstärkste Fraktion bildet.

(Denis Trubetskoy)

Petro Poroschenko

Petro Oleksijowytsch Poroschenko wurde 1965 im Oblast Odesa geboren. 1982 begann er ein Studium an der prestigeträchtigen Fakultät für Internationale Beziehungen der Taras-Schewtschenko-Universität in Kyjiw. Nach dem Militärdienst schloss er 1989 sein Studium der internationalen Wirtschaftsbeziehungen ab. Während seines Studiums arbeitete Poroschenko als Berater für Im- und Exportgeschäfte. Anfang der 1990er Jahre wurde er dann selbst im Außenhandel aktiv und handelte mit Kakaobohnen. Später gründete er zusammen mit seinem Vater den Industrie- und Investmentkonzern »Ukrprominvest«, der zahlreiche Beteiligungen in der Lebensmittel-, Agrar-, Maschinenbau-, Rüstungs- und Automobilindustrie erwarb. Unterschiedliche Medienbeteiligungen, allen voran der Fernsehsender »5. Kanal«, kamen hinzu. 1996 erfolgte die Gründung des Süßwarenkonzerns »Roshen«, der Poroschenko später den Namen »Schokoladenkönig« einbrachte.

Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2014 kündigte Poroschenko an, seine Unternehmensbeteiligungen verkaufen zu wollen, sollte er Präsident werden. Für die Verwaltung und den Verkauf seiner Unternehmen beauftrage er eine Treuhandgesellschaft. Veröffentlichungen im Zusammenhang der »Panama Papers« im April 2016 haben jedoch Zweifel an Poroschenkos Versprechen bestärkt. Die ukrainische Wochenzeitschrift »Nowoe Wremja« schätzte 2018 sein Vermögen auf 1,1 Mrd. US-Dollar.

Politischer Karrierebeginn

Poroschenkos Image als »ultimativer Insider« kommt nicht von ungefähr: Kaum ein anderer ukrainischer Politiker hat so oft die Seiten gewechselt wie er. Seine politische Karriere begann 1998, als er im Alter von 32 Jahren mit einem Direktmandat aus der Stadt Winnyzja, dem bis heute wichtigsten Produktionsstandort von »Roshen«, in die Werchowna Rada einzog. Poroschenko gehörte zu diesem Zeitpunkt der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei der Ukraine (SDPU(o)) an. Unter der Führung von Wiktor Medwedtschuk – heute zentraler Strippenzieher im kremltreuen Oppositionslager und ein guter Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin (der Patenonkel von Medwedtschuks Tochter Darina ist) – galt diese Partei damals zusammen mit der Partei Demokratytschnyj Sojuz (Demokratische Union) und der Partei Trudowa partija Ukrajiny (Arbeiterpartei der Ukraine) als eine von drei »Oligarchen-Parteien«. Ihnen gelang es, zur Jahrtausendwende den Weg für die Privatisierung jener Großbetriebe zu ebnen, die einen maßgeblichen Vermögensanteil der heutigen ukrainischen Oligarchen darstellen.

Der Parlamentsfraktion der SDPU(o), in deren Namen sich Poroschenko 1999 unter anderem noch über das »aggressive Verhalten der NATO gegenüber Jugoslawien« echauffierte, gehörte der heutige ukrainische Präsident knapp zwei Jahre an. Im Jahr 2000 verließ er die SDPU(o) und gründete die Fraktion Solidarnist (Solidarität), die er kurz darauf als Partei registrierte. 2001 war Solidarnist zusammen mit vier weiteren Parteien Gründungsmitglied der Partei der Regionen. Poroschenkos Hoffnung, deren Führung übernehmen zu können, zerschlug sich jedoch.

Orange Revolution

Während die Partei der Regionen sich als Donezker Elitenprojekt etablierte und zur späteren »politischen Maschine« Wiktor Janukowytschs wurde, stellte sich Poroschenko nun auf die Seite des 2001 entlassenen Ministerpräsidenten Wiktor Juschtschenko. Hier wurde er zunächst Leiter des Führungsstabs von Juschtschenkos Wahlblock Nascha Ukrajina (Unsere Ukraine) und nach der Parlamentswahl 2002 auch Mitglied der gleichnamigen Fraktion. Eine Schlüsselrolle spielte er schließlich bei der Orangen Revolution: Die Kandidatur Juschtschenkos, dem Taufpaten von Poroschenkos Zwillingstöchtern, unterstützte er nicht nur finanziell, sondern insbesondere auch durch den von ihm 2003 gegründeten Fernsehsender »5. Kanal«. Anders als alle übrigen bedeutenden TV-Kanäle, berichtete Poroschenkos Sender rund um die Uhr über die Wahlfälschungen des Janukowytsch-Lagers, übertrug Bilder der Massendemonstrationen aus Kyjiw in die Wohnzimmer und Küchen der Nation und wurde so zum wichtigsten Sprachrohr der Opposition.

Im Januar 2005 berief Präsident Juschtschenko Poroschenko, der auch als möglicher Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gehandelt wurde, an die Spitze des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates. Ministerpräsidentin wurde Julija Tymoschenko. Zwischen diesen beiden Protagonisten der Orangen Revolution flammten schnell persönliche Fehden auf, die für eine schwere innenpolitische Krise und einen herben Glaubwürdigkeitsverlust gegenüber der »orangen Koalition« sorgten. Unter gegenseitigen Korruptionsvorwürfen mussten Poroschenko und Tymoschenko im September 2005 ihre Ämter aufgeben.

Euromajdan und Wahl zum Präsidenten

Nach einem kurzen Intermezzo als Außenminister zwischen 2009 und 2010 war Poroschenko 2012 für etwa ein halbes Jahr Wirtschaftsminister unter Präsident Janukowytsch. Aus Sicht von Janukowytschs Partei der Regionen erfolgte die Einbindung Poroschenkos, der als liberal und reformorientiert galt, offensichtlich zu dem Zweck, die Verhandlungen über das Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union voranzutreiben. Im Zuge der Parlamentswahl 2012, bei der Poroschenko als unabhängiger Kandidat erneut erfolgreich um ein Direktmandat in Winnyzja kandidierte, schied er aus der Regierung aus und wurde fraktionsloser Abgeordneter.

Das Zwischenspiel mit Janukowytsch sollte dem wendigen Poroschenko im weiteren Verlauf seiner Karriere keinen Abbruch tun. Im Zuge der Euromajdan-Proteste gegen Janukowytsch im Winter 2013/2014 zeigte sich, dass es Poroschenko erneut gelungen war, sich rechtzeitig auf die »richtige« Seite zu stellen. Er unterstützte von Beginn an die Proteste gegen den unbeliebten Präsidenten und es gelang ihm, sich glaubhaft als »pro-europäischer« Politiker, zugleich aber auch als durchsetzungsstarker zukünftiger Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte zu präsentieren. Vor allem letzteres hatte unter dem Eindruck der Annexion der Krim durch Russland sowie der ersten militärischen Auseinandersetzungen im Donbas höchste Priorität gewonnen, sodass Poroschenko im Mai 2014 bereits im ersten Wahlgang zum Präsidenten gewählt wurde. Seine Partei, der Block Petro Poroschenko, der sich aus der wiederbelebten Partei Solidarnist zusammensetzte und mit der Partei UDAR von Witalij Klytschko verbündet hatte, ging aus der anschließenden vorgezogenen Parlamentswahl im Oktober 2014 als stärkste Kraft hervor.

Wiederwahl?

Poroschenkos Präsidentschaftsbilanz sieht bestenfalls gemischt aus. Gemessen an der Reformbegeisterung, die die Ukraine nach dem Euromajdan trotz (oder auch gerade wegen) der Bedrohung durch Russland ergriffen hatte, ist Poroschenko weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zwar wurden beispielsweise makroökonomische und sicherheitspolitische Reformen angegangen und die regionale Selbstverwaltung im Zuge der Dezentralisierung erfolgreich gestärkt. Auch im Bereich der Korruptionsbekämpfung lassen sich zumindest zaghafte Erfolge vorweisen. Mit Inkrafttreten des Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit der EU sowie der Einführung der Visafreiheit für Reisen von Ukrainern in die EU konnte Poroschenko zudem wichtige Landmarken setzen. Allerdings ist es ihm im Laufe der vergangenen Jahre nicht gelungen, sich dem Eindruck zu entledigen, dass Reformen, die dem Rechtsstaat und der Disziplinierung der Eliten dienlich sind, auch ohne Druck von der ukrainischen Zivilgesellschaft und internationalen Akteuren vollzogen worden wären. Im Gegenteil: Auch unter Poroschenko haben informelle Praktiken, Hinterzimmerdeals und Günstlingswirtschaft nach wie vor Hochkonjunktur. Ähnlich wie Janukowytsch hat auch Poroschenko in den vergangen Jahren Schlüsselpositionen im Staat mit Personen besetzt, die sich nicht durch ihre Qualifikation, sondern durch ihre Loyalität zum Staatsoberhaupt auszeichnen. Das eklatanteste Beispiel stellt gewiss der Fall Jurij Luzenko dar, für dessen Ernennung zum Generalstaatsanwalt gar das Gesetz geändert werden musste, da er nicht die dafür eigentlich nötige Qualifikation als Jurist besaß.

Trotz der allgemeinen Frustration über Poroschenko, die sich in Umfragen unter anderem darin ausdrückt, dass etwa 50 Prozent der Ukrainer angeben, dass sie ihn keinesfalls wählen würden, ist die von ihm angestrebte Wiederwahl nicht aussichtslos. Zuletzt konnte er sich aus einem Umfragetief befreien: In aktuellen Umfragen würden zwischen 15–18 Prozent der Wähler, die sich bereits entschieden haben, für den aktuellen Amtsinhaber stimmen. Poroschenko profitierte dabei unter anderem von der jüngst erzielten Autokephalie der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, die ein zentraler Markenkern seiner patriotischen Wahlkampflosung »Armee, Sprache, Glaube« ist. Sollte Poroschenko der Einzug in die Stichwahl gelingen, so wird er wohl vor allem versuchen, seine Kontrahentin/seinen Kontrahenten als unberechenbares Risiko für die nationale Sicherheit und die Unabhängigkeit der Ukraine auszubooten und sich selbst als »Stabilitätsanker« und Garant für den pro-westlichen Kurs zu profilieren.

(Steffen Halling)

Andrij Sadowyj

Andrij Iwanowytsch Sadowyj wurde 1968 in Lwiw geboren. Nach dem Militärdienst schloss er 1995 ein Ingenieursstudium an der Nationalen Technischen Universität in Lwiw ab. Es folgten ein Studium der Finanzwissenschaften sowie ein weiterer Abschluss an der Akademie für Staatsverwaltung beim Präsidenten der Ukraine in Verwaltungswissenschaften.

2002 gründete er die Fernsehen- und Radiogesellschaft »Lux«, die er später auf den Namen seiner Ehefrau überschreiben ließ. Das Unternehmen betreibt heute zwei Radiosender, das in der Westukraine populäre Online-Medium »zaxid.net« sowie den landesweit ausstrahlenden Nachrichtensender »24 Kanal«. Dieser hat sich zuletzt als Sprachrohr der liberalen, reformorientierten Opposition etabliert.

Die politische Karriere von Sadowyj, der Vater von fünf Söhnen ist, begann 1998, als er in den Stadtrat von Lwiw gewählt wurde. Dort leitete er bis 2002 die Kommission für städtische Wirtschaftspolitik. 2004 gründete er die Bürgervereinigung Samopomitsch (Selbsthilfe), die zunächst als eine Art Selbstverwaltungsbewegung fungierte und sich durch ein Netz von Freiwilligen sozialen Problemen in Lwiw annahm. Zwei Jahre später wurde Sadowyj zum Bürgermeister von Lwiw gewählt. Seine Wiederwahl 2010 und 2015 gelang ihm auch deshalb, weil er es schaffte, sich als bürgernaher und integrer Politiker zu profilieren und sich damit von vielen seiner ukrainischen Amtskollegen positiv abgrenzen konnte. Die sichtbare Verbesserung der städtischen Infrastruktur, die Aktivierung der lokalen Wirtschaft wie auch die Entwicklung Lwiws zu einem beliebten Touristenziel werden Sadowyj zugeschrieben.

2012 ließ Sadowyj Samopomitsch als Partei registrieren, nachdem er drei Jahre zuvor aus dem Parteirat von Nascha Ukrajina des damaligen Präsidenten Juschtschenko ausgetreten war. Nach dem Euromaidan wurde Samopomitsch – laut Sadowyj eine ideologische Partei mit christlich-konservativen Positionen – bei der Parlamentswahl 2014 mit einem Stimmanteil von elf Prozent auf Anhieb drittstärkste Partei des Landes. Es zeigte sich, dass die Partei nicht nur ein regionales, westukrainisches Phänomen darstellt, sondern in fast allen Regionen des Landes beachtliche Ergebnisse erzielen konnte. Dies bestätigten auch die Lokalwahlen 2015. Sadowyj selbst, der sich auf Listenplatz 50 seiner Partei aufstellen ließ, zog nicht ins Parlament ein. Eine Offerte der Regierung, Vize-Premierminister im Kabinett von Arsenij Jazenjuk zu werden, lehnte er ab. Kritiker warfen ihm damals vor, dass er sich davor scheue, Verantwortung für unpopuläre Reformmaßnahmen zu übernehmen. Anfang 2016 verließ Samopomitsch die Regierungskoalition und löste eine Regierungskrise aus, an deren Ende der Rücktritt Jazenjuks stand.

Als Vorsitzender der Partei, die nun die größte Oppositionsfraktion im Parlament stellte, brachte Sadowyj fortan offen sein Misstrauen gegenüber Poroschenko zum Ausdruck. Das Angebot, Jazenjuk als Ministerpräsident zu beerben, soll er abgelehnt haben. Den Austritt aus der Regierungskoalition begründete er damit, dass Samopomitsch der Regierung und dem Präsidenten, die in erster Linie die Interessen von Oligarchen bedienen würden, nicht länger als Feigenblatt dienen wollte. Umfragen zufolge galt Sadowyj zu dieser Zeit als einer der beliebtesten Politiker des Landes und somit auch als Hoffnungsträger der reformorientierten Opposition. Gespräche über die Gründung einer gemeinsamen politischen Kraft mit Micheil Saakaschwili, der Demokratischen Allianz sowie der interfraktionellen Gruppe der sogenannten »Eurooptimisten« scheiterten jedoch. Zugleich formierte sich gegen die wachsende Popularität Sadowyjs zunehmend Widerstand. Neben dem Vorwurf, dass er eine Marionette des in Lwiw geborenen russischen Milliardärs Michail Fridman sei, wurde ihm vor allem die sogenannte Müllkrise zum Verhängnis. Nachdem auf der größten Müllkippe der Ukraine, die sich unweit des Stadtzentrums von Lwiw befindet, ein Feuer ausgebrochen war, bei dem mehrere Menschen starben, war die Stadt mehr als ein Jahr vergebens auf der Suche nach alternativen Deponien. Die Regierung machte Sadowyj für die Krise verantwortlich. Die Müllkrise hat Sadowyjs Chancen auf einen Wahlerfolg bei der Präsidentschaftswahl minimiert. Laut aktuellen Umfragen würden nur 1–3 Prozent der Bevölkerung den einstigen Hoffnungsträger wählen. Er wird seine Kandidatur daher voraussichtlich vor allem dazu nutzen, um Samopomitsch frühzeitig für die kommende Parlamentswahl zu bewerben.

(Steffen Halling)

Wolodymyr Selenskyj

Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj wurde 1978 in der südukrainischen Industriestadt Krywyj Rih geboren und ist vor allem als Fernseh-Comedian bekannt. Selenskyj stammt aus einer jüdischen Akademikerfamilie; seine Mutter war eine Ingenieurin und sein Vater ist Professor. Selenskyj absolvierte ein Jura-Studium an einer Filiale der renommierten Nationalen Wadym-Hetman-Wirtschaftsuniversität in Krywyj Rih, schlug jedoch früh eine Karriere als Entertainer ein. 1997 gründete er seine Produktionsfirma »Studio Kwartal-95«, die ab 2003 TV-Shows für große private Fernsehkanäle produzierte und den Grundstein für seine erfolgreiche Medienkarriere legte. Der als intelligent und rhetorisch begabt geltende Selenskyj produziert zum Großteil auf Russisch, was ihm trotz klarer Bekennung zum Majdan viel Kritik von ukrainischen Nationalisten einbrachte. Ende Dezember 2018 – nur wenige Tage vor der Bekanntgabe seiner Kandidatur – erschien sein jüngster Spielfilm, der zugleich sein erster auf Ukrainisch ist und zum erfolgreichsten ukrainischen Film seit der Unabhängigkeit avancierte.

Politische Ambitionen

Obwohl Selenskyj durch zahlreiche Auftritte in Comedy-Formaten und bekannten Spielfilmen spätestens ab 2008 einem größeren Publikum bekannt wurde, machte er vor allem ab 2015 mit der Politsatire »Diener des Volkes« auf sich aufmerksam. Darin spielt er den Geschichtslehrer Wasyl Holoborodko, der überraschend zum ukrainischen Präsidenten gewählt wird, nachdem ein Schüler ein heimlich aufgezeichnetes Video ins Internet stellt, in dem Holoborodko sich über die Korruption im Land echauffiert und das zum Hit wird. Die beim Streaming-Anbieter »Netflix« abrufbare Serie zeigt ihn als ehrlichen und zum Teil naiven Präsidenten, der sich in einen fast aussichtslosen Kampf gegen die gesamte politische und oligarchische Elite begibt.

Im Herbst 2018 tauchten Plakate in der Ukraine auf, die den »Präsidenten des Volkes« bewarben. Zunächst war unklar, ob es sich um eine Werbung für die dritte Staffel von »Diener des Volkes« handelte, die pünktlich zu den Präsidentschaftswahlen Ende März im Fernsehen ausgestrahlt werden soll. Mit der offiziellen Bekanntgabe seiner Kandidatur am 31. Dezember wurde klar, dass die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen und Selenskyj sein Image des sauberen Fernsehpräsidenten nutzen will, um nächster Präsident der Ukraine zu werden.

Führender Kandidat in den jüngsten Umfragen

Seit der Bekanntgabe sind Selenskyjs Beliebtheitswerte sprunghaft gestiegen: Bereits im Januar landete er vor Amtsinhaber Poroschenko und der Herausforderin Julija Tymoschenko, die in den letzten Monaten in Führung lag. In den jüngsten Umfragen von Mitte Februar konnte Selenskyj seine Führung sogar ausbauen. Das Kiewer Internationale Institut für Soziologie (KIIS) sah ihn beispielsweise mit 26,9 Prozent vor Poroschenko mit 17,7 und Tymoschenko mit 15,8 Prozent. Dabei schneidet er besonders unter jungen und gebildeten Wählern gut ab sowie regional betrachtet im Süden und Osten der Ukraine, wo er sowohl Tymoschenko als auch den pro-russischen Kandidaten, wie Olexander Wilkul oder Jurij Boiko, Stimmen wegnimmt. Einige ukrainische Experten bezweifeln jedoch, ob es Selenskyj gelingen wird, seine guten Umfragewerte am Wahltag auch in Wählerstimmen zu übersetzen. So verfügt er (noch) über keinen erfahrenen Parteiapparat, der traditionell für die Mobilisierung von Wählern entscheidend ist. Seine Partei, die nach der gleichnamigen Serie »Diener des Volkes« benannt und im März 2018 gegründet wurde, liegt in aktuellen Umfragen jedoch vorne und hat gute Chancen, bei den Parlamentswahlen im Oktober ins Parlament einzuziehen.

Selenskyj wird bereits mit Donald Trump oder dem italienischen Komiker und Politiker Beppe Grillo verglichen. Wie sie profitiert auch Selenskyj von dem Wunsch der Wähler nach neuen Gesichtern und der Verachtung des politischen Establishments. Fünf Jahre nach dem Majdan ist angesichts zahlreicher nicht umgesetzter Versprechungen und der schwierigen wirtschaftlichen Lage eines großen Teils der Bevölkerung die einstige Hoffnung in Resignation und offene Verachtung für die Politiker des Landes umgeschlagen. Im Februar 2019 gaben 40 Prozent der Wähler in einer Umfrage des KIIS an, unter keinen Umständen für Amtsinhaber Petro Poroschenko stimmen zu wollen; Julija Tymoschenko würden 25,2 Prozent auf keinen Fall wählen. Selenskyjs Beliebtheit hat also auch mit dem Scheitern der »Revolution der Würde« zu tun, die politische Elite grundlegend zu erneuern. Gestärkt wird seine Kandidatur zudem durch die Absage des überaus beliebten Rockstars Swjatoslaw Wakartschuk. Der Hoffnungsträger der liberalen Opposition hatte Ende Januar nach langem Zögern bekanntgegeben, nicht antreten zu wollen.

Innovativer Wahlkampf

Der spektakulären Ankündigung seiner Kandidatur, die auf dem TV-Kanal »1+1« statt der geplanten Neujahrsansprache des amtierenden Präsidenten Petro Poroschenko ausgestrahlt wurde, folgte ein für ukrainische Maßstäbe innovativer Wahlkampf. Selenskyj führt seinen Wahlkampf, stets begleitet von seinen Kameraleuten, eher wie eine Reality Show und weigert sich mit wenigen Ausnahmen beharrlich, kritischen Interviews zu stellen. Sein Umgang mit Journalisten wirft die Frage auf, wie er als Präsident mit den vielfältigen und oft bitterscharfen ukrainischen Medien umgehen würde.

Anstelle der klassischen Medien setzt Selenskyj stark auf Soziale Medien und nutzt dabei verschiedene Kanäle wie Instagram, wo er 2,6 Millionen Follower hat, oder den YouTube-Kanal von Kwartal-95, über den er 2,27 Millionen Menschen erreicht. Bis vor kurzem konnte man per Livestream sogar die Aktivitäten in seiner Wahlzentrale beobachten. Auf der offiziellen Webseite seiner Kampagne haben sich mehr als 540.000 Unterstützer registriert. Inwiefern er diese tatsächlich für seinen Wahlkampf nutzen kann, ist allerdings unklar. Hinzukommt, dass der Fernsehsender »1+1«, der dem Oligarchen Ihor Kolomojskyj gehört und auf dem der Großteil von Selenskyjs Sendungen ausgestrahlt wird, ausschließlich positiv über Selenskyj berichtet – eine willkommene Wahlkampfunterstützung.

Wofür steht Selenskyj?

Jenseits seiner Satiresendungen beteiligte Selenskyj sich bisher nicht am politischen Diskurs. Deswegen dienen seine wenigen Interviews am ehesten als Anhaltspunkte, wofür er steht. Zum Krieg im Donbas sagte er, dass er bereit wäre, direkt mit Putin über eine Lösung zu verhandeln und zeigte sich offen, über die Ergebnisse per Referendum abstimmen zu lassen. Gleichzeitig betonte er, dass er zwar zu Kompromissen bereit sei, aber die Krim und der Donbas zur Ukraine gehören. Das Minsker Abkommen, das nicht eingehalten werde, will er nachverhandeln, aber nicht aufkündigen.

Anfang Januar rief er dazu auf, ihm via Social Media Vorschläge für sein Wahlprogramm zu schicken. Daraus entstand ein jüngst fertiggestelltes Programm, in dem sich schwammige und populistische Elemente finden, wie die Forderung nach mehr direkter Demokratie. Im Programm finden sich aber auch konkrete Wahlversprechen, wie die Einführung offener Wahllisten oder die Verbesserung des Geschäftsklimas durch den Abbau irrsinniger Regularien. Wie die Konkurrenz auch lässt Selenskyj allerdings offen, wie er seine Vorhaben realisieren möchte.

Seinem Image als integrer Korruptionsbekämpfer entsprechend, kündigt er eine »Nulltoleranz für Korruption auf allen Ebenen« an und spricht dem neuen Antikorruptionsgericht und den Antikorruptionsbehörden seine maximale Unterstützung zu. Auch war Selenskyj einer der ersten, der eine Antikorruptionsagenda der führenden zivilgesellschaftlichen Organisationen unterzeichnete und sich verpflichtete, deren Prioritäten nachzukommen.

Seine große Stärke als Außenseiter und neues Gesicht in der ukrainischen Politik ist zugleich auch seine größte Schwäche, denn seine politische Unerfahrenheit stellt viele Beobachter vor die Frage, ob er die Reife, Ernsthaftigkeit und Geduld mit sich bringt, das Land mit seinen intransparenten politischen Prozessen in einer äußerst schwierigen Situation zu führen. Auch seine Nähe zu Ihor Kolomojskyj wird ihm angelastet. Selenskyj selbst spricht hingegen von einer geschäftlichen Beziehung und weißt stets darauf hin, dass er weder mit Kolomojskyj befreundet sei noch der Oligarch Einfluss über ihn oder seine Kampagne habe.

Bisher griffen die Kritik an und die Angriffe auf Selenskyj ins Leere und auch der jüngste Skandal um seine Produktionsfirma in Russland scheint ihm nicht geschadet zu haben. Er beteiligt sich explizit nicht an der politischen Schlammschlacht und bietet dadurch nur wenig Angriffsfläche. Das Fehlen eines klaren politischen Profils scheint ihm eher zu nutzen als zu schaden und so stehen die Chancen nicht schlecht, dass ein Komiker der nächste Präsident der Ukraine werden könnte.

(Mattia Nelles)

Julija Tymoschenko

Julija Wolodymyriwna Tymoschenko wurde 1960 in Dnipropetrowsk (heute Dnipro) in der Ostukraine geboren. Die studierte Wirtschaftsingenieurin betätigte sich ab der Perestroika zusammen mit ihrem Ehemann Oleksandr und ihrem Schwiegervater Hennady als Unternehmerin. Zusammen gründeten sie zu Beginn der 1990er Jahre »Ukrajinskyj Bensin«, das Fabriken mit Treibstoff versorgte, bevor sie kurze Zeit später ins Ölgeschäft einstiegen. Zu größeren Vermögen gelangte Tymoschenko als Chefin des Energiekonzerns »Vereinigte Energiesysteme der Ukraine« (EESU), den sie von 1995–1997 leitete. EESU entwickelte sich durch lukrative Gasverträge mit Gazprom zu einem einflussreichen Wirtschaftsunternehmen. Ihr Aufstieg wurde vom ebenfalls aus Dnipropetrowsk stammenden Premierminister Pawlo Lasarenko gefördert, der später in den USA wegen Korruption und Erpressung zu neun Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Der politische Aufstieg von Tymoschenko

Noch während ihrer Tätigkeit als EESU-Chefin wurde Julija Tymoschenko 1996 in die Werchowna Rada gewählt, der sie bis heute angehört. Zwischen Dezember 1999 und Januar 2001 war sie als Vizepremierministerin der Regierung von Wiktor Juschtschenko für Energie und Kohleindustrie zuständig. 1999 gründete sie gemeinsam mit Oleksander Turtschynow, dem Übergangspräsidenten nach dem Majdan und heutigem Chef des Nationalen Sicherheitsrats, die Partei »Batkiwschtschyna« (»Vaterland«). Tymoschenko führt die Partei bis heute und verfügt mit ihr über die einzige langjährige und gutorganisierte Parteistruktur mit regionaler Verwurzelung.

2004 wurde Julija, wie Tymoschenko von vielen Ukrainern genannt wird, zusammen mit Wiktor Juschtschenko zum Gesicht der Orangen Revolution. Zwischen Februar 2005 und September 2005 war sie das erste Mal Premierministerin, bevor die tief zerstrittene orange Regierungskoalition zerbrach. Von Dezember 2007 bis März 2010 war sie erneut Premierministerin. Als es in Folge des Gaskonfliktes mit Russland im Winter 2008/2009 zu erheblichen Versorgungsengpässen in der Ukraine kam, handelte sie mit Wladimir Putin, damals russischer Premierminister, einen bis heute umstrittenen Gas-Deal aus. 2010 trat Tymoschenko das erste Mal als Präsidentschaftskandidatin an und unterlag im zweiten Wahlgang mit 45,75 Prozent nur knapp Wiktor Janukowytsch, der mit 48,95 Prozent zum neuen Präsidenten gewählt wurde.

Verurteilungen und Freisprüche

Kurz nach der Amtsübernahme von Janukowytsch wurde Tymoschenko im Oktober 2011 wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit den umstrittenen Gasverträgen von 2009 zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt. Die USA, die EU sowie Russland kritisierten das Urteil als politisch motiviert. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR), die Parlamentarische Versammlung des Europarats (PACE) sowie der US-Senat forderten Tymoschenkos Freilassung.

Noch während der Haft kam es zu einem zweiten Strafprozess wegen Steuerhinterziehung, der jedoch nicht zu Ende gebracht wurde. Am 21. Februar 2014 wurde Tymoschenko im Zuge der »Euromajdan«-Proteste vom Parlament zusammen mit anderen politischen Gefangenen freigesprochen und kurze Zeit später vollständig rehabilitiert. Im Juni 2014 stellte das Oberste Gericht der Ukraine fest, dass sich Tymoschenko beim Abschluss der Gasverträge keines Verbrechens schuldig gemacht hatte.

Politischer Neuanfang

Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen im Mai 2014 scheiterte Tymoschenko deutlich und erhielt nur 12,8 Prozent der Stimmen. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Oktober 2014 musste ihre Vaterlandspartei herbe Verluste einfahren und kam mit 5,68 Prozent nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde. Viele Beobachter sahen die Karriere der ambitionierten Politikerin bereits als gescheitert, was, wie sich zeigen sollte, jedoch verfrüht war.

Ab Herbst 2018 pendelten sich die Umfrageergebnisse von Tymoschenko zwischen 15 und 20 Prozent ein – zum Teil 10 Prozent vor Amtsinhaber Poroschenko. In aktuellen Umfragen von Februar 2019 kommt sie mit Werten um die 15 Prozent jedoch nur noch auf Platz drei hinter Selenskyj und Poroschenko und muss um den Einzug in die wahrscheinliche Stichwahl – die sie laut Umfragen gegen Poroschenko gewinnen, aber gegen Selenskyj verlieren würde – bangen.

Im Wahlkampf versucht Tymoschenko sich als seriöse und erfahrene Politikerin zu stilisieren und ihrem populistischen Image zu entkommen. Sie stellte auf mehreren Foren ihr umfassendes Wirtschaftskonzept, ihre Pläne einer Verfassungsreform sowie ihren Friedensplan für den Krieg im Donbas vor. Dafür fordert sie, das Normandie-Format auszuweiten und die USA, Großbritannien und China stärker einzubeziehen.

Nachdem Präsident Poroschenko Tymoschenko mehrfach vorwarf, mit Russland anzubandeln, tauchten im November Plakate mit einer klaren Bekennung zum NATO- und EU-Beitritt auf. Auch die im Februar 2019 verabschiedeten Verfassungsänderungen, die die Beitritte zu strategischen Zielen erklärte, hat ihre Fraktion mitgetragen. Die Kritik, pro-russisch zu sein, kontert Tymoschenko stets damit, dass es der pro-russische Präsident Janukowytsch gewesen sei, der sie ins Gefängnis gesteckt hätte.

Innenpolitischer Fokus

Tymoschenkos Kampagne hat einen explizit innenpolitischen Fokus. Anders als Poroschenko, der sich mit den Themen Armee, Religion und Sprache profilieren möchte, konzentriert sich Tymoschenko auf die prekäre wirtschaftliche Lage vieler Ukrainer. Im November 2018 griff sie die Regierung und den Präsidenten mehrfach wegen der Gaspreiserhöhung an. Sie verspricht, im Falle eines Sieges die Gaspreise halbieren zu wollen. Das kommt vor allem bei der älteren Wählerschaft gut an, bei der Tymoschenko traditionell den größten Rückhalt genießt. Wie sie das angesichts der hohen Schulden und der damit verbundenen Abhängigkeit von internationalen Geldgebern erreichen will, ist allerdings unklar.

Seit ihrem Nominierungsparteitag am 22. Januar absolviert sie Wahlkampfauftritte im gesamten Land. Auf ihren Kundgebungen betont Tymoschenko immer wieder, mit dem oligarchischen System brechen zu wollen und die Wirtschaft durch rigorose Korruptionsbekämpfung und eine Privatisierungswelle sowie den Abbau von Regularien ankurbeln zu wollen.

Auch verspricht Tymoschenko, die Machtfülle des Präsidenten einschränken und die parlamentarischen Kontrollfunktionen des Parlaments stärken zu wollen. Über ihre Verfassungspläne zur Einführung einer parlamentarischen Demokratie will sie noch vor den Parlamentswahlen abstimmen. In diesem Zuge soll auch das Wahlsystem reformiert werden. Ginge es nach Tymoschenko, würde die Ukraine die Direktwahlmandate abschaffen und zu einem reinen Verhältniswahlrecht wechseln – eine Forderung, die von vielen internationalen Experten und der Zivilgesellschaft unterstützt wird.

Tymoschenkos Glaubwürdigkeitsproblem

Trotzdem bleibt der Zweifel an Tymoschenkos Authentizität groß. Einladungen an die Zivilgesellschaft, sich auf ihren Programmforen einzubringen, wurden zum Großteil ausgeschlagen. Zu tief ist die Skepsis, die nicht irgendwoher kommt: Laut dem ukrainischen Think-Tank »Vox:Ukraine« (https://voxukraine.org/longreads/lie-theory/index-en.html) ist Tymoschenko die größte »Lügnerin« unter den ukrainischen Politikern, da sie regelmäßig Fakten bzw. Statistiken verzerre, nur teilweise richtig wiedergebe bzw. bewusst falsch interpretiere.

Gleichzeitig wirft ihr teurer Wahlkampf Fragen zur Finanzierung auf. Anders als Poroschenko stehen ihr offiziell kein Privatvermögen und keine Fernsehkanäle zur Verfügung. In der Ukraine halten sich bis heute beharrlich Gerüchte, dass sie vom Oligarchen Ihor Kolomojskyj unterstützt werde, der sich mit Präsident Poroschenko überworfen hat. Tymoschenko und Kolomojskyj eint der Wunsch, Poroschenko abzuwählen. Mehrere Medien berichteten von einem geheimen Treffen der beiden im Sommer vergangenen Jahres in Warschau. Schlagkräftige Beweise für eine engere Kooperation gibt es allerdings nicht. Auch ist die Berichterstattung über Tymoschenko auf Kolomojskyjs Fernsehsender 1+1 zurückgegangen, seit Selenskyj, dem ebenfalls eine Nähe zum Oligarchen unterstellt wird, seine Kandidatur bekanntgegeben hat.

Letztlich hat ihr Glaubwürdigkeitsproblem auch mit ihrer Vergangenheit zu tun – etwa den Streitigkeiten mit Präsident Juschtschenko, die bei vielen Ukrainern im Gedächtnis geblieben sind, oder dem umstrittenen Gas-Deal mit Russland. Tymoschenko steht, genau wie Poroschenko, sinnbildlich für das unbeliebte alte politische Establishment – und das könnte es, angesichts der Kandidatur des politischen Neulings Selenskyj, bei dieser Wahl schwer haben.

(Mattia Nelles)

Die Kandidaten der pro-russischen Opposition

Bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen treten mehrere Kandidaten an, die mal mehr, mal weniger offen, pro-russische Positionen vertreten und daher in der öffentlichen Debatte oftmals als »pro-russische Kandidaten« zusammengefasst werden. Für sie spielt der militärische Konflikt mit Russland eine besondere Rolle, nicht nur, weil sie durch ihre (vermeintliche) Nähe zu Russland bei großen Teilen der Wählerschaft als diskreditiert gelten, sondern auch, weil die russische Annexion der Krim sowie der Krieg im ostukrainischen Donbas die Struktur der ukrainischen Wählerschaft stark verändert hat. Man kann davon ausgehen, dass rund vier Millionen Wählerstimmen faktisch weggefallen sind, die traditionell vor allem für die prorussische (ehemalige) »Partei der Regionen« des Ex-Präsidenten Wiktor Janukowytsch und die »Kommunistische Partei« von Petro Symonenko abgestimmt haben.

Dennoch haben es bereits bei der vorgezogenen Präsidentschaftswahl 2014 gleich vier pro-russische Kandidaten unter die ersten zehn geschafft (von insgesamt 21 Kandidaten). Gemeinsam kamen sie auf zwölf Prozent, was nicht nur wegen der damaligen schweren Gesamtlage bemerkenswert war.

Bedenkt man, dass dieses politische Lager 2014, als sich der Konflikt mit Moskau extrem zuspitzte, respektable Ergebnisse erzielte, dann ist das Potenzial für sie 2019 vielleicht größer als von vielen wahrgenommen – auch wenn ein pro-russischer Präsident wegen des Konflikts mit Russland als äußerst unwahrscheinlich gilt. Zusammengenommen kommen die als pro-russisch geltenden Kandidaten in aktuellen Umfragen auf bis zu 20 Prozent der Stimmen.

Da keiner der aktuell in Umfragen führenden Kandidaten mit großer Mehrheit führt und damit ein Sieg in der ersten Runde als unwahrscheinlich gilt, war lange Zeit unklar, ob nicht sogar ein pro-russischer Kandidat in die Stichwahl einziehen könnte. Nun, da der Fernsehkomiker Wolodymyr Selenskyj besonders in den russischsprachigen Regionen der Ostukraine gute Umfragewerte vorweisen kann, sind die Chancen der drei aussichtsreichsten pro-russischen Kandidaten, die im Folgenden vorgestellt werden, jedoch gesunken.

Jurij Bojko

Der aktuell führende pro-russische Kandidat ist der 1958 geborene Jurij Anatolijowytsch Bojko, der während der Präsidentschaft Wiktor Janukowytschs Vizepremier der Regierung von Mykola Asarow war. Bojko stammt aus der Donezker Oblast und war in der Energiebranche tätig (u. a. leitete er von 2002–2005 den staatlichen Energiekonzern »Naftohaz«), bevor Janukowytsch ihn in die Politik holte. 2003 war er zunächst stellvertretender Energieminister; nach der Orangen Revolution 2006 und, nachdem er diesen Posten 2007 wieder verlor, wieder ab 2010, war er Energieminister.

Bojko trat bereits bei der Präsidentschaftswahl 2014 an, unter anderem mit den Forderungen, Russisch als Staatssprache durchzusetzen und die wirtschaftlichen Beziehungen mit Moskau zu verbessern, was allerdings nicht zu Lasten der europäischen Integration der Ukraine geschehen sollte. Doch er blieb mit Rang 14 und nur 0,19 Prozent der Stimmen vollkommen erfolgslos. Umso bemerkenswerter ist, wie stark seine Beliebtheit gewachsen ist. In der jüngsten Umfrage von »Socis« kommt er auf 8,3 Prozent, andere Meinungsforschungsinstitute wie das Razumkow-Zentrum oder das Kiewer Internationale Institut für Soziologie schätzen Bojko bei 6 Prozent ein. In all diesen Umfragen rangiert er nach Wolodymyr Selenskyj, Petro Poroschenko und Julia Timoschenko auf dem vierten Platz.

Ende des letzten Jahres haben sich die Partei »Sa Schyttja« (»Auf das Leben«) des Oligarchen Wadym Rabinowytsch und ein großer Teil des hinter Bojko stehenden »Oppositionsblockes« vereint – so ist die politische Formierung »Die Oppositionsplattform – Sa Schyttja« entstanden, die Bojko ins Rennen schickt. Die Politik der Partei, die laut Umfragen zwischen 5,5–7 Prozent liegt und damit gute Chancen hätte, bei der Wahl im Herbst ins Parlament einzuziehen, wird allerdings nicht von Bojko, sondern vom Oligarchen und Putin-Freund Wiktor Medwedtschuk bestimmt, der als Vorsitzender des Parteirates sich stark für den Wiederaufbau der Russland-Beziehungen einsetzt und keinen Hehl aus seiner Kreml-Nähe macht.

Olexander Wilkul

Bei der Vielzahl an unterschiedlichen Umfragen, die aktuell kursieren, gibt es auch solche, bei denen Olexander Jurijowytsch Wilkul, der sich deutlich zurückhaltender in Bezug auf Russland äußert, bis auf 5 Prozent kommt. Die seriösen Studien sehen ihn allerdings eher zwischen 1,5 und 2 Prozent. Wilkul wurde 1974 in Krywyj Rih geboren; sein Vater war Rektor der örtlichen Technischen Universität (an der Wilkul ein Studium als Bergbauingenieur abschloss) und ist aktuell Bürgermeister der Industriestadt. Ab 2006 saß Wilkul für die »Partei der Regionen« im Parlament und wurde 2012 vom damaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch zum stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannt. Außerdem war er von 2010–2012 Gouverneur der Oblast Dnipropetrowsk und trat 2015 als Bürgermeisterkandidat in der wichtigen Finanzmetropole Dnipro an, unterlag jedoch knapp. Wilkul werden enge Verbindungen zum Oligarchen Rinat Achmetow nachgesagt. Nach der faktischen Teilung des Oppositionsblocks wurde Wilkul trotz seiner pro-russischen Ansichten auf die Sanktionsliste Russlands gesetzt, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass er sich dem neuen Politprojekt von Medwedtschuk nicht anschließen wollte.

Jewhen Murajew

Auch der pro-russische Präsidentschaftskandidat Jewhen Wolodymyrovych Murajew kämpft vor allem um die Stimmen im Südosten der Ukraine. Murajew wurde 1976 in der Charkiwer Oblast geboren, studierte Wirtschaft und Finanzwesen an der renommierten Nationalen Karazin-Universität in Charkiw und ist seit 2014 Eigner des Nachrichtensenders »NewsOne«. 2006 stieg er in die Kommunalpolitik ein und zog 2012 für die »Partei der Regionen« ins Parlament. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl 2014 kandidierte er für den »Oppositionsblock«, kehrte diesem jedoch 2016 den Rücken und trat »Sa Schyttja« bei. Er überwarf sich jedoch anscheinend mit den Parteigrößen Wiktor Medwedtschuk und Wadym Rabinowytsch, verließ »Sa Schyttja« und gründete 2018 seine eigene Partei »Naschi« (»Unsere«), die ihn als Präsidentschaftskandidat nominierte. Seither positioniert sich Murajew deutlich Ukraine-freundlicher und zählt zu den schärfsten Kritikern des ehemaligen Oppositionsblocks.

2018 eröffnete die Generalstaatsanwaltschaft ein Verfahren wegen »Landesverrats« gegen Murajew, weil er den in Russland verurteilten und inhaftierten ukrainischen Regisseur Oleh Senzows als »Terrorist« bezeichnet haben soll. Murajew kommt mit etwa 1,5–2 Prozent auf ähnliche Umfragewerte wie Wilkul. Beide verlieren somit klar gegen Bojko – und vor allem profitiert keiner von diesem Trio davon, dass sie alle gegeneinander antreten und den anderen die Stimmen wegnehmen.

(Denis Trubetskoy)

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