Russland erhält Stimmrecht im Europarat zurück – Reaktionen

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine

“I tried to convince Mr. Macron and Mrs. Merkel that the return of the Russian delegation to the PACE is possible only after Russia’s compliance with the Assembly’s fundamental requirements. Unfortunately, our European partners did not hear us and acted differently. […] The main argument in favor of the return of the Russian delegation was the need to protect human and civil rights as the highest democratic values. I hope that in the issue of protecting democratic values no one had any thoughts about material values. I also want to see how supporters of the return of the Russian delegation to the PACE—an organization that has defended the rule of law in Europe for 70 years—will defend and demand another return—the return of captured Ukrainian sailors.”

Quelle: Offizielle Website des Präsidenten der Ukraine, 25.06.2019, https://www.president.gov.ua/en/news/volodimir-zelenskij-visloviv-rozcharuvannya-rishennyam-parye-56049.

Sergej Lawrow, Außenminister der Russischen Föderation

“Speaking of PACE, yesterday, it voted in favour of the resolution that the UK and Ukraine delegates, first and foremost, attempted to block by introducing over 200 amendments (none of which has been passed) in order to prevent the adoption of this document and suppress the desire of most Council of Europe member countries to readmit Russia to the Parliamentary Assembly as a full member of this organisation.

The resolution was adopted. We believe this to be a positive step. It is important that the delegations that voted in favour of it (which, I repeat, was the majority of them) clearly stated that the rights reinstated to the Russian Federation cannot be challenged. However, attempts to undermine this process continue. They continue today, and they will continue tomorrow. We will proceed from how this situation unfolds and what the results of the PACE session will be. It is ongoing. The election of the Secretary General is ahead. Following this session, we will be able to make a final decision. I hope it will be to consider the crisis resolved.

Speaking of paying annual contributions to the Council of Europe, this issue will be resolved as soon as the decision on reinstating Russia’s rights is finalised. We said this many times. Reinstate our rights in full, and we will be ready to pay the contributions that we withheld due to the unacceptable and discriminatory attitude towards the delegation of the Russian Federation’s Federal Assembly.”

Quelle: Außenministerium der Russischen Föderation, 25.06.2019, http://www.mid.ru/en/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/content/id/3699960

Heiko Maas, Außenminister der Bundesrepublik Deutschland

»Russland gehört in den Europarat – mit allen Rechten und Pflichten. Es freut mich, dass die Parlamentarische Versammlung des Europarats jetzt den Weg für einen Kompromiss zur russischen Mitgliedschaft geebnet hat.

Das ist auch eine gute Nachricht für die russische Zivilgesellschaft. Die russischen Bürgerinnen und Bürger müssen weiter die Möglichkeit haben, sich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Recht zu verschaffen.

Jetzt ist wichtig, dass wir einen Mechanismus erarbeiten, mit dem einzelne Staaten bei Fehlverhalten satzungskonform sanktioniert werden können. Der Parlamentarischen Versammlung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Die neuen Regeln werden den Europarat stärken.

Moskau ist aufgerufen, konstruktiv zu diesem Kompromiss beizutragen. Wir werden Russland weiter an die Verpflichtungen erinnern, die es mit der Mitgliedschaft im Europarat selbst eingegangen ist. Dazu gehört die zügige Wiederaufnahme der russischen Mitgliedsbeiträge. Und dazu gehört, dass Russland sich an die Standards hält, zu denen es laut Europäischer Menschenrechtskonvention verpflichtet ist.«

Quelle: Auswärtiges Amt, 25.06.2919, https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-russland-europarat/2229304.

Andreas Nick, Leiter der Delegation des Deutschen Bundestages in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats

»Wir haben eine unveränderte Position zu den materiellen Fragen, die etwa die Annexion der Krim und den Konflikt in der Ostukraine und im Asowschen Meer angehen. Aber wir sind der Auffassung, dass Russland mit allen Rechten und Pflichten Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates bleiben sollte. Dabei geht es uns insbesondere um die Sicherstellung des Zugangs zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für die 140 Millionen Bürger der Russischen Föderation, aber auch darum, dass der Europarat seine Rolle als Forum des Dialogs und des Austausches auch zu schwierigen Problemen zwischen den Mitgliedsstaaten erfüllen kann. Und da ist die Russische Föderation ein unverzichtbarer Partner. […]

Ich glaube, der Europarat hat ein Mandat, das sich vorrangig auf den Schutz der Menschenrechte, die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in der pluralistischen Demokratie konzentriert. Da ist der Zugang zum Menschenrechtsgerichtshof für die Bürger Russlands ein entscheidendes Datum. Auch der Zugang der Organe des Europarats, etwa der Menschenrechtskommissarin, auf das Territorium Russlands ist eine der Forderungen, die im Raum steht. […]

Ich würde das für einen großen Fehler [der Ukraine] halten, sich aus dem Europarat zurückzuziehen. Ich glaube, es wäre eine vertane Chance und würde der Ukraine sicherlich in der Gesamtschau eher schaden.«

Quelle: Deutsche Welle, Interview mit Andreas Nick, 26.06.2019, https://www.dw.com/de/europarat-warum-russland-bleiben-sollte/a-49351177.

Statement by Members of Delegations of Estonia, Georgia, Latvia, Lithuania, Poland, Slovakia and Ukraine in the Parliamentary Assembly of the Council of Europe, 26.06.2019

“The unconditional restoration of the Russian Delegation’s rights without the Russian Federation honouring any of the Assembly’s numerous demands runs counter to the core values of the Council of Europe and its Statute. This step sends a very wrong signal to the country that has resorted to armed aggression, poisoning of individuals, does not observe human rights of its citizens and does not promote but seeks to destabilize democracies throughout Europe.

Today, we as the delegates of our nations have no answer to our people how exactly the CoE is protecting their rights if it comes across as more interested in protecting the well-being of an aggressor than the victims of aggression and repression.

The future of the CoE is under threat as a whole because the CoE is losing the trust of the people it stands to protect.

We return home to consult our Parliaments and Governments about the joint actions in the Assembly in the next sessions.

We wish good luck to the newly elected Secretary General and hope she/he finds a way to solve this unprecedented crisis of trust which was created this week.”

Quelle: Twitter-Account von Włodzimierz Bernacki, 26.06.2019, https://twitter.com/W_Bernacki/status/1143938292058140672.

Kersti Kaljulaid, Staatspräsidentin der Republik Estland

“Last night’s decision made by #PACE—manuevering #Russia back behind the table with procedurical moves—is an embarrassment to PACE. None of the reasons Russia was stripped of its voting rights have disappeared.”

Quelle: Twitter-Account von Kersti Kaljulaid, 25.06.2019, https://twitter.com/KerstiKaljulaid/status/1143420783328448512

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Analyse

Ukraine vs. Russland vor dem Internationalen Gerichtshof: Juristische Argumente und politische Erwartungen

Von Dmytro Koval
Im Fall Ukraine gegen Russland, der derzeit am Internationalen Gerichtshof (IGH) anhängig ist, geht es um mutmaßliche Verletzungen zweier UN-Konventionen – der Konvention zur Beseitigung von Rassendiskri minierung und der Konvention gegen die Finanzierung des Terrorismus. Beide Konventionen besagen, dass Streitigkeiten darüber vor dem höchsten UN-Gericht ausgetragen werden können, wenn politische Verhand lungen im Vorfeld gescheitert sind. Bei den öffentlichen Anhörungen zur Anordnung sogenannter einstwei liger Maßnahmen legten beide Parteien ihre Argumente dar, die voraussichtlich auch die Grundlage ihrer Argumentationslinien im Hauptverfahren sein werden. Bisher unterstützte der IGH teilweise die Forderung der Ukraine, einstweilige Maßnahmen gegen Rassendiskriminierung auf der Halbinsel Krim zu ergreifen, wies jedoch die Forderungen in Bezug auf die Konvention gegen die Finanzierung des Terrorismus zurück.
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Analyse

Die Ukraine im Sicherheitsradar 2019

Von Simon Weiß
Die Europäische Sicherheit ist nicht erst seit der Annexion der Krim, die sich in diesen Tagen zum fünften Mal jährt, fragil. Der neue »Sicherheitsradar 2019: Weckruf für Europa« des FES Regionalbüros für Zusammenarbeit und Frieden in Europa zeigt anhand ausgewählter Staaten, welche Risiken für Frieden und Sicherheit aus Sicht von Bürgern und Experten bestehen. Für die Ukraine zeigt der »Sicherheitsradar«, dass sich eine deutliche Mehrheit eine Annäherung an die EU wünscht, während Russland überwiegend als Bedrohung aufgefasst wird. Ein zentraler Befund ist, dass für die Lösung des Donbas-Konflikts eine inländische Konfliktlösung einer vielfach diskutierten internationalen Blauhelmmission vorgezogen wird.
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