Der Krieg

Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen?

Mykola Bielieskov (Nationales Institut für Strategische Studien, Kyjiw), 23.02.2024

Der Beitrag bietet einen Überblick über die politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse, die sich in den letzten zwei Jahren im großen russisch-ukrainischen Krieg herauskristallisiert haben. Auf beiden Seiten reichten die Ressourcen bisher nicht aus, um die strategische Initiative auf dem Schlachtfeld herzustellen und die politischen Ziele zu erreichen. An Land führt diese Situation aktuell zu einem fast statischen Frontverlauf, der sich jedoch schnell wieder ändern könnte. In der Luft konnte die Ukraine Russlands enorme Lufthoheit fast neutralisieren. Und auf See gelang es der Ukraine sogar ohne nennenswerte eigene Marine die russische Schwarzmeerflotte zurückdrängen und auf Jahre erheblich zu schwächen. Für die Ukraine wird es in 2024 darum gehen, gute Voraussetzungen für eine erneute Offensive in 2025 zu legen.

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Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet

James Sherr (International Centre for Defence & Security, Tallinn/Chatham House, London), 23.02.2024

Angesichts zunehmender Zweifel und Unentschlossenheit droht der Westen seine Handlungsfähigkeit bei der Unterstützung der Ukraine zu verlieren. Sollte Donald Trump erneut US-Präsident werden, könnte das die Situation im westlicher Lager – und damit die Ukraine – weiter destabilisieren.

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Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur

Oleg Nivievskyi, Dmytro Goriunov (beide Kyiv School of Economics, Kyjiw), Anna Nagurney (Universität von Massachusetts Amherst), 15.03.2024

2014 begann Russland seine Invasion in die Ukraine in kleinerem Rahmen, bevor im Februar 2022 die großangelegte Invasion folgte. Ein Ende des Kriegs ist nicht in Sicht und sein Preis ist schon jetzt riesig. Fast 20 Prozent des ukrainischen Territoriums sind besetzt, der Gesamtschaden an der Infrastruktur ist fast so hoch wie das ukrainische Bruttoinlandprodukt (BIP). Wirtschaftliche Verluste und infrastrukturelle Schäden sind zweieinhalbmal so hoch wie das ukrainische BIP von 2023. Trotz des andauernden Kriegs ist die Ukraine bereits mit dem Wiederaufbau beschäftigt und hat es bislang geschafft, etwa 4,5 Prozent der beschädigten Infrastruktur wiederherzustellen. Wiederaufbau und wirtschaftliche Erholung erfordern eine gemeinsame Koordination der Ukraine und ihrer Partner:innen und Geldgeber:innen. Eine große Herausforderung wird sein, die Balance zwischen dringlichen Wiederaufbaubedarfen und einem nachhaltigeren Entwicklungspfad zu finden, der mit den EU-Beitrittsverpflichtungen und -Nachhaltigkeitszielen im Einklang steht.

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Unerwartete Kriegsverläufe

Nikolay Mitrokhin (Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen), 23.02.2023

Der bisherige Kriegsverlauf in der Ukraine lässt sich in vier Phasen unterteilen, die in diesem Beitrag nachgezeichnet werden: Invasion und Gegenwehr, Verteidigung und Frontbildung, Gegenoffensive und Frontfestigung und schließlich der Übergang in einen hochtechnisierten Krieg. Aus den bisherigen Phasen des Krieges lässt sich für die Zukunft schließen, dass der Krieg gegen die Ukraine noch lange andauern und enorme Schäden mit sich bringen wird.

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Russlands Aggression in der Ukraine: die Dokumentation der aus dem Konflikt resultierenden Verbrechen

Kateryna Busol (Nationale Universität Kyjiwer-Mohyla-Akademie/Leibniz Institut für Ost- und Südosteuropäische Studien, Regensburg), Dmytro Koval (Nationale Universität Kyjiwer-Mohyla-Akademie),

Der folgende Artikel zeichnet die Entwicklung der Bemühungen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und dem ukrainischen Staat nach, konfliktbezogene Verbrechen auf dem Gebiet der Ukraine, die im Zusammenhang mit der russischen Aggression seit 2014 begangen wurden, zu dokumentieren. Der Beitrag analysiert weiterhin, wie die Erfahrungen von 2014 bis 2021 die Dokumentation von Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen seit der russischen Invasion im Februar 2022 beeinflusst haben.

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Das Asow-Regiment und die russische Invasion

Ivan Gomza (Kyiv School of Economics, Kyjiw), 22.06.2022

Wegen seiner teilweise rechten Wurzeln wird das Asow-Regiment häufig, vor allem von russischer Propaganda, als brutale Neonazi-Bande dargestellt. Tatsächlich ist Asow jedoch ein sehr komplexes und widersprüchliches Phänomen, das dieser Artikel näher zu beleuchtet versucht. Die meisten rechtsextremen Kämpfer verließen das Regiment bereits 2014 mit dessen Einbindung in die Nationalgarde. Später führten die Aufteilung von Asow in eine soziale bzw. politische Bewegung und eine Militäreinheit sowie das Verbot politischer Agitation in der Armee zu seiner weiteren Entradikalisierung und Entideologisierung. Vor dem Hintergrund der momentanen russischen Invasion gilt das Asow-Regiment als eine der professionellsten Einheiten des ukrainischen Militärs und war lange Zeit die letzte ukrainische Bastion im inzwischen von Russland eroberten Mariupol, was dem Asow-Regiment in der Ukraine einen Heldenstatus einbrachte.

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Cyber-Operationen im Kontext des Russland-Ukraine-Krieges 2022

Matthias Schulze (Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin), 02.05.2022

Im Vorfeld des russischen Einmarsches in der Ukraine befürchteten Analyst:innen schwerwiegende Cyber-Angriffe etwa gegen kritische Infrastrukturen, die so Strom oder Kommunikationsnetze abschalten könnten. Größere destruktive Cyber-Vorfälle sind bisher im Kontext des Krieges nicht eingetreten. Das Cyber-Konfliktbild ist von gezielten Angriffen, Cyber-Spionage und den störenden Tätigkeiten von pro-russischen oder pro-ukrainischen Hacktivist:innen gekennzeichnet. Insgesamt haben diese Angriffe jedoch kaum Effekte im Krieg auf dem Boden und in der Luft. Es werden fünf Gründe für das Ausbleiben schwerwiegenderer Cyber-Angriffe genannt: erstens eine gute Defensive der Ukraine, zweitens eine unklare Datenlage, drittens überzogene Erwartungen an ein »Cyber-Pearl Harbor«-Szenario, viertens staatliche Zurückhaltung und fünftens die hohe wechselseitige Verwundbarkeit.

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Zur Dokumentation: Cybervorfälle im Verlauf von Russlands Krieg gegen die Ukraine (Februar bis April 2022)


Russlands Überfall auf die Ukraine: Warum gerade jetzt?

Felix Riefer (Bonn), 28.03.2022

Imperiales Gedankengut konstituierte sich auch im postsowjetischen Russland. Mit dem Eroberungskrieg Putins gegen die Ukraine wurden aus diesen Gedanken Taten. Es musste erst zum offenen Krieg in der gesamten Ukraine kommen, bis eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der revisionistischen Politik Russlands unumgänglich wurde und seitens der Bundesregierung, die über Jahre besonders nachsichtig mit dem Kreml umging, eine »Zeitenwende« deklariert wurde. Doch warum kommt es gerade jetzt zum Krieg gegen die Ukraine und der Eskalation mit dem Westen?

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Putins Angriff auf die Ukraine und die erzwungene Rückkehr zur Logik des Kalten Krieges

Jakob Hauter (University College London), 14.03.2022

Der Kreml spielt gezielt mit der Angst des Westens vor einem Atomkrieg. Die Vorstellung, dass ein gereizter und unter Druck geratener Putin alleine mit dem roten Knopf im Bunker des Kremls sitzt und über das Wohl der Menschheit entscheidet, nützt letztendlich vor allem dem russischen Regime.

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Russland will die Ukraine kontrollieren – und wird langfristig das Gegenteil erreichen

Eduard Klein (Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen), 14.03.2022

Russlands Invasion hat zu einem eklatanten Bruch geführt, allerdings anders, als von Putin und seinen Beratern erwartet worden war: Anstatt eines schnellen Zusammenbruchs des ukrainischen Staates (den es laut Putin gar nicht gibt) ist die ukrainische Gesellschaft – im gesamten Land, unabhängig davon ob West oder Ost – enger zusammengerückt. Wenn Putin mit seinem militärischen Einmarsch etwas zerstört hat, dann nicht den ukrainischen Staat, sondern das Band zwischen der Ukraine und Russland.

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Kommentar

Russland will die Ukraine kontrollieren – und wird langfristig das Gegenteil erreichen

Von Eduard Klein
Russlands Invasion hat zu einem eklatanten Bruch geführt, allerdings anders, als von Putin und seinen Beratern erwartet worden war: Anstatt eines schnellen Zusammenbruchs des ukrainischen Staates (den es laut Putin gar nicht gibt) ist die ukrainische Gesellschaft – im gesamten Land, unabhängig davon ob West oder Ost – enger zusammengerückt. Wenn Putin mit seinem militärischen Einmarsch etwas zerstört hat, dann nicht den ukrainischen Staat, sondern das Band zwischen der Ukraine und Russland.
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