Die Annexion der Krim

Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim

Sebastian Cwiklinski (Freie Universität Berlin), 21.03.2024

Am 18. März 2014 annektierte Russland die ukrainische Halbinsel Krim, was weitreichende Folgen hatte: Die Menschenrechtslage auf der Halbinsel verschlechterte sich seitdem erheblich, das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde faktisch abgeschafft, die ukrainische und die krimtatarische Kultur gerieten unter erheblichen Druck. Durch infrastrukturelle, bevölkerungspolitische und administrative Maßnahmen versuchte Russland, die Krim zu einem Teil ihres Landes zu machen, so wurde die Halbinsel etwa mit einer Brücke über die Straße von Kertsch mit dem russischen Festland verbunden. In der Rückschau müssen viele der Maßnahmen zur Eingliederung der Krim in Russland als Vorbereitung auf den großangelegten Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 und die Annexion selbst als Auftakt des seit zehn Jahren andauernden russischen Krieges gegen die Ukraine gewertet werden.

Zum Text


Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) lässt Klage der Ukraine gegen Russland in Bezug auf Menschenrechtsverstöße auf der Krim zu

Yulia Gorbunova (Human Rights Watch, Moskau), 29.01.2021

"Bereits 2014 und 2015 informierte die Ukraine den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über Menschenrechtsverletzungen auf der Halbinsel Krim, für die Russland verantwortlich sei. Die nun akzeptierte Klage der Ukraine gegen Russland vor dem EGMR in Strasbourg zielt vor allem auf die Ereignisse zwischen Ende Februar und Mitte März 2014 ab. Russland wird unter anderem vorgeworfen, schon im Vorfeld der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim dort russisches Recht angewandt zu haben, zudem sei das Land laut Klage für Einschüchterungen, Verhaftungen, die Schließung nicht-russischer Medien und entschädigungslose Enteignungen verantwortlich. Ein Urteil über mögliche Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention wird erst in mehreren Jahren erwartet."

Zum Text


Die Krim – ist das Völkerrecht fit genug?,

Kateryna Busol (Global Rights Compliance, Kiew), Maria Issaeva (Threefold Legal Advisors LLC, Moskau), Cindy Wittke (Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, Regensburg), 12.04.2019

"Der folgende Beitrag erschien zuerst am 20.03.2019 im Multimedia-Dossier Archipel Krim. Diese Publikation ist im Rahmen des Projektes Wissenstransfer hoch zwei – Russlandstudien, das von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen und dekoder.org mit finanzieller Unterstützung der VolkswagenStiftung durchgeführt wird, und in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) entstanden (https://crimea.dekoder.org/de)."

Zum Text


Ist die Krim wirklich russisch? Russische Juristen diskutieren über die Rechtmässigkeit der Aufnahme der Krim

Caroline von Gall (Universität Köln), 08.05.2015

„Am 19. März 2014 hatte das russische Verfassungsgericht den Vertrag über den Anschluss der Krim geprüft und für verfassungsgemäß erklärt. Dieses Urteil hat nun die Verfassungsrechtlerin Lukjanowa in der »Nowaja Gaseta« einer scharfen Kritik unterzogen. Darauf antwortete niemand Geringeres als Verfassungsgerichtspräsident Walerij Sorkin in der Regierungszeitung »Rossijskaja Gaseta«. In einer heftigen Replik warnte er vor einer Schwächung des Staates durch Kritik. Angesichts der allgemeinen Gefahr für das Recht, sei eine juristische Debatte über Verfassungsverstöße bei Maßnahmen gegen größeres Unrecht selbstzerstörerisch. Tatsächlich vertreten die rechtswissenschaftlichen Eliten in der Mehrheit die Argumentation der staatlichen Propaganda und kreieren so zusätzliche Legitimation für die Politik. Auch das Urteil des Verfassungsgerichts zur Krim-Frage dient dazu, die staatliche Politik zusätzlich zu legitimieren. Der Streit zwischen Lukjanowa und Sorkin zeigt aber auch, dass die Rechtswissenschaft in Russland keineswegs ein homogener Monolith ist.“

Zum Text


Geschichtspolitik statt Völkerrecht. Anmerkungen zur historischen Legitimation der Krim-Annexion in Russland

Wilfried Jilge (Wien), 27.02.2015

„Die Unabhängigkeitserklärung der »Autonomen Republik der Krim und der Stadt Sewastopol« sowie das vom 16. März 2014 stellten bereits eine Verletzung des ukrainischen Verfassungs- und Staatsrechts dar. Russland legitimiert die Annexion der Krim aber seinerseits über den Hinweis auf das problematische Referendum vom 16. März 2014. Die russische Führung geht allerdings noch weiter: In Schulbüchern und geschichtspolitischen Darstellungen sucht sie die Ukraine als Staat zu delegitimieren und ihr insbesondere den Anspruch auf die Krim abzusprechen. Bei genauerem Hinsehen erweisen sich aber sowohl die russischen Geschichtsdarstellungen wie die Argumente, mit denen Russland das militärische Eingreifen auf der Krim rechtfertigt, als wenig haltbar.“

Zum Text


Die Krim nach dem Zerfall der Sowjetunion: Aufstieg und Niedergang der prorussischen Bewegung (1991–1995). Zur Vorgeschichte der Krim-Krise

Jan Zofka (Geisteswissenschaftliches Zentrum für Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas, Leipzig), 23.05.2014

„Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion entstand auf der Krim eine prorussische Bewegung. Deren Mobilisierung kulminierte im Wahlsieg des Wahlbündnisses »Block Russland« bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 1994. Aufgrund ihrer internen Schwäche und einer nur begrenzten Unterstützung aus Moskau zerfiel die prorussische Bewegung aber kurz nach ihrer Machtübernahme weitgehend wieder. Nicht nur, weil einige Überreste von Organisationen und institutionelle Kontinuitäten bis in die heutige Zeit reichen, kann bei der Analyse der jetzigen Geschehnisse ein Blick zurück hilfreich sein. Damals waren die Konfliktlinien fragmentiert, und die Akteure vor Ort spielten eine bedeutende Rolle; auch diese zentralen Erkenntnisse können womöglich zu einer Differenzierung der Debatte über die aktuelle Situation beitragen.“

Zum Text


Russische Infrastrukturprojekte für die Krim. Neues Sotschi oder Versorgungsengpässe?

Julia Kusznir (Jacobs University Bremen), 13.11.2014

„Nach der Annexion der Republik Krim und der Stadt Sewastopol von der Ukraine hat Russland ein umfangreiches wirtschaftliches Förderprogramm für die Halbinsel entwickelt, das umfangreiche Infrastrukturprojekte vorsieht. Viele Probleme der Halbinsel, vor allem in den Bereichen der Wasser- und Energieversorgung sowie der Verkehrsanbindung, sind allerdings so schnell nicht lösbar und stellen eine große Herausforderung für die russischen Behörden und die ambitionierten Pläne Russlands dar.“

Zum Text


Die Krimtataren in der Ukraine-Krise

Uwe Halbach (Berlin), 13.11.2014

"Die Annexion der Krim durch Russland wirft Fragen aktueller und geschichtlicher Relevanz auf, die nicht zuletzt die tatarische Volksgruppe betreffen. Auch wenn die Krimtataren dort nur etwa 12 Prozent der lokalen Bevölkerung stellen, verdienen ihre gegenwärtige Situation, ihre historische Erfahrung und der aus ihr abgeleitete Vorbehalt gegen russische Oberherrschaft Aufmerksamkeit. Moskau schwankte unmittelbar nach der Annexion zwischen Initiativen zur Rehabilitation der Krimtataren, die zu den »bestraften Völkern« der ehemaligen Sowjetunion gehören, und repressiven Maßnahmen wie Einreiseverboten für ihre politischen Führer. In der Folgezeit wuchs der Druck auf die seit 1991 bestehenden krimtatarischen Repräsentationsorgane Medschlis (Rat) und Kurultai (Nationalversammlung). Die tatarische Minderheit wird von der neuen Regierung in Simferopol nun zunehmend bezichtigt, Konflikte zu schüren, und mit Hausdurchsuchungen und anderen Kontrollmaßnahmen unter Druck gesetzt."

Zum Text

Zum Weiterlesen

Analyse

Ist die Krim wirklich russisch? Russische Juristen diskutieren über die Rechtmässigkeit der Aufnahme der Krim

Von Caroline von Gall
Am 19. März 2014 hatte das russische Verfassungsgericht den Vertrag über den Anschluss der Krim geprüft und für verfassungsgemäß erklärt. Dieses Urteil hat nun die Verfassungsrechtlerin Lukjanowa in der »Nowaja Gaseta« einer scharfen Kritik unterzogen. Darauf antwortete niemand Geringeres als Verfassungsgerichtspräsident Walerij Sorkin in der Regierungszeitung »Rossijskaja Gaseta«. In einer heftigen Replik warnte er vor einer Schwächung des Staates durch Kritik. (…)
Zum Artikel
Dokumentation

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) lässt Klage der Ukraine gegen Russland in Bezug auf Menschenrechtsverstöße auf der Krim zu

Von Yulia Gorbunova
Bereits 2014 und 2015 informierte die Ukraine den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über Menschenrechtsverletzungen auf der Halbinsel Krim, für die Russland verantwortlich sei. Die nun akzeptierte Klage der Ukraine gegen Russland vor dem EGMR in Strasbourg zielt vor allem auf die Ereignisse zwischen Ende Februar und Mitte März 2014 ab. Russland wird unter anderem vorgeworfen, schon im Vorfeld der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim dort russisches Recht angewandt zu haben, zudem sei das Land laut Klage für Einschüchterungen, Verhaftungen, die Schließung nicht-russischer Medien und entschädigungslose Enteignungen verantwortlich. Ein Urteil über mögliche Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention wird erst in mehreren Jahren erwartet.
Zum Artikel

Logo FSO
Logo DGO
Logo ZOIS
Logo DPI
Logo IAMO
Logo IOS